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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.04.2007
Aktenzeichen: 32 Wx 64/07
Rechtsgebiete: GBO, WEG


Vorschriften:

GBO § 29
WEG § 12 Abs. 1
Ist als Inhalt des Sondereigentums vereinbart, dass ein Eigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters bedarf, sofern nicht an Verwandte veräußert wird, so erfasst diese Privilegierung nicht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Mitglieder alle - derzeit - persönlich privilegiert wären.
Gründe:

I.

a) Der Beteiligte zu 1) ist Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Wohnungseigentums. Im Grundbuch ist das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung des Wohnungseigentums vermerkt, ausgenommen bei Veräußerungen an den Ehegatten, Verwandte in gerader Linie oder zweiten Grades in der Seitenlinie, im Wege der Zwangsvollstreckung, durch den Konkursverwalter sowie in den Fällen des § 19 WEG. Die Beteiligte zu 2) ist Ehefrau des Beteiligten zu 1), die Beteiligten zu 3) und 4) sind deren Töchter.

b) Am 29.12.2006 errichteten sämtliche Beteiligte zur Urkunde ihres jetzigen Verfahrensbevollmächtigten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Beteiligte zu 1) verpflichtete sich in dieser notariellen Urkunde zur Einbringung des oben bezeichneten Wohnungseigentums in die Gesellschaft und erklärte sowohl im eigenen Namen als auch namens der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Auflassung und bewilligte und beantragte die Eintragung dieser Rechtsänderung im Grundbuch. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten legte dem Grundbuchamt die Urkunde zum Vollzug vor.

c) Das Grundbuchamt wies darauf hin, dass die erforderliche Verwalterzustimmung fehle. Sie sei erforderlich, da Eigentümer eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden soll und nicht eine Person, die in den Ausnahmetatbeständen für das Nichtbestehen der Zustimmungsbedürftigkeit aufgeführt sei. Die gegen diese Zwischenverfügung eingelegte Beschwerde der Beteiligten wies das Landgericht mit Beschluss vom 27. März 2007 zurück. Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten ihr Ziel der Eintragung weiter. Sie sind der Auffassung, eine Zustimmung des Verwalters sei nicht erforderlich, da die Übertragung des Wohnungseigentums ausschließlich auf die in den Ausnahmetatbeständen für das Nichtbestehen der Zustimmungsbedürftigkeit aufgeführten Personen erfolge. Die Verwalterzustimmung zur ersten Übertragung des Wohnungseigentums auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts müsse ohnehin erteilt werden, weil die Beteiligten nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts einen Anspruch auf Zustimmungserteilung hätten. Die Möglichkeit der Weiterübertragung der Gesellschafteranteile außerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft und außerhalb der Überprüfungsmöglichkeit des Verwalters rechtfertige nicht die Versagung der Zustimmung.

II.

Die gemäß § 78 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde erweist sich als unbegründet:

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Ausnahmetatbestand sei vorliegend nicht erfüllt, weil im vorliegenden Fall das Eigentum nicht auf eine der dort bezeichneten natürlichen Personen, sondern auf eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts übertragen werden solle. Darüber hinaus widerspreche es Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses, das Einbringen des Wohnungseigentums in eine Gesamthandsgemeinschaft unter den im Grundbuch aufgeführten Ausnahmetatbestand zu fassen.

2. Diese Ausführungen halten in vollem Umfang rechtlicher Nachprüfung stand:

a) Die Übertragung des Wohnungseigentums erfolgt nicht an eine in der Teilungserklärung hinsichtlich der notwendigen Verwalterzustimmung privilegierte Person. Dies ergibt die Auslegung der Grundbucheintragung gemäß § 12 Abs.1 WEG, die der Senat ohne Bindung an die Auffassung des Landgerichts selbst vornehmen kann (vgl. Demharter, GBO, 25.Auflage, RN. 17 m. w. N.). Für die Auslegung der Eintragung gilt der Grundsatz, dass auf deren Wortlaut und Sinn abzustellen ist, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt (BayObLZ 1982, 69/73).

b) Durch die Einbringung in die Gesellschaft wird das dem Gesellschaftszweck gewidmete Vermögen der Gesellschafter ein dinglich gebundenes Sondervermögen. Dies ist ein Inbegriff von Sachen und Rechten, der vom sonstigen Vermögen der Gesellschafter, dem Privatvermögen, streng zu unterscheiden ist (BGH NJW 1999, 1407). Die bezeichnete Sonderstellung zeigt sich insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in den Anteil eines Gesellschafters an den einzelnen zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen (§ 859 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Auch wenn die Gesellschaft bürgerlichen Rechts - bisher - nicht grundbuchfähig ist, besteht zwischen den einzelnen Gesellschaftern und der Gesellschaft keine Personenidentität.

c) Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, würde eine den Wünschen der Beteiligten entsprechende Auslegung der Vorschrift in der Teilungserklärung auch dazu führen, dass die Verwalterzustimmung künftig überhaupt für eine Übertragung nicht mehr notwendig wäre. Wechselt nämlich in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Gesellschafterbestand, vollzieht sich der Rechtserwerb durch den neuen Gesellschafter außerhalb des Grundbuchs. Einer Auflassung und Eintragung im Grundbuch bedarf es nicht mehr, denn es handelt sich nicht um die Übertragung eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts, sondern um die Übertragung der Mitgliedschaft (OLG Hamm, MittBayNot 1999, 152/153). Eine Zustimmungspflicht besteht dann nicht mehr (Riecke/Schmid/Schneider, Kompaktkommentar zum WEG, Rn. 32 zu § 12 WEG). Damit würde der Sinn der Vereinbarung gemäß § 12 Abs.1 WEG in ihr Gegenteil verkehrt werden.

d) Für das Grundbuchverfahren unerheblich ist dagegen die Frage, ob die Beteiligten gegenüber dem Verwalter einen Anspruch auf Zustimmung zu der beabsichtigten Übertragung des Wohnungseigentums haben. Das Grundbuchamt hat lediglich zu prüfen, ob eine derartige Zustimmung vorliegt. Falls sie verweigert wird, besteht unter Umständen ein klagbarer Anspruch des Beteiligten zu 1) gegenüber dem Verwalter auf Zustimmung. Die Prüfung der Berechtigung einer solchen Zustimmungsverweigerung erfolgt jedoch im Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz und nicht im Grundbuchverfahren. Materiellrechtlich ist der Vertrag gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 WEG mangels Vorliegen der erforderlichen Zustimmung der Vertrag schwebend unwirksam. Für das Grundbuchamt ist jedoch allein maßgeblich, dass eine Eintragungsvoraussetzung fehlt (vgl. Riecke/Schmid/ Schneider, RN. 104 zu § 12 WEG); die endgültige Verweigerung würde sogar wie eine Grundbuchsperre wirken (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Auflage, RN 47 zu § 12 WEG).

3. Die Kostenfolge ergibt sich direkt aus dem Gesetz. Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, die vom Landgericht vorgenommene Festsetzung des Geschäftswertes von Amts wegen zu ändern.

Ende der Entscheidung

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