Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 08.10.2009
Aktenzeichen: 32 Wx 88/09
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 146 Abs. 1
KostO § 147 Abs. 2
Bei der Beschaffung von Unterlagen für die nach einem Grundstückskaufvertrag geschuldete Löschung von Grundpfandrechten fällt auch dann keine zusätzliche Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO neben der Vollzugsgebühr des § 146 Abs. 1 KostO an, wenn sie mit einer Treuhandauflage des Gläubigers an den Notar verbunden ist, da zum Vollzug des lastenfreien Erwerbs auch die Beachtung der Auflage des Gläubigers, die Löschungsbewilligung erst nach Eingang des Darlehensrestes zu verwenden, gehört.
Tatbestand:

Der Kostengläubiger beurkundete einen Grundstückskaufvertrag zwischen der Kostenschuldnerin, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als Verkäuferin und einer Gesellschaft französischen Rechts als Käuferin. Das Grundstück war mit Grundschulden zugunsten einer Bank belastet. In dem Vertrag wurde vereinbart, dass der Verkauf lastenfrei erfolge und die in Abteilung III eingetragenen Belastungen zu löschen seien (§ 1 Nr. 1 und 4). Der Notar wurde in § 2 Nr. 4e des Vertrages beauftragt, die Unterlagen zur Lastenfreistellung anzufordern, für alle am Vertrag und der Kaufpreisfinanzierung Beteiligten auch gemäß § 875 Abs. 2 BGB entgegenzunehmen und zu verwenden. Der Kostengläubiger übersandte der finanzierenden Bank den Entwurf einer Löschungsbewilligung mit der Bitte, diesen in grundbuchmäßiger (notariell beglaubigter) Form zu unterzeichnen und zurückzusenden. Ferner wies er darauf hin, dass ein Treuhandauftrag erteilt und angenommen werden könne, wenn die Auflagen durch die Zahlung des Kaufpreises erfüllbar seien. Daraufhin übersandte die finanzierende Bank dem Kostengläubiger die Löschungsbewilligung zu treuen Händen mit der Maßgabe, dass er hierüber nur verfügen dürfe, wenn ihre bezeichneten Forderungen in einer bestimmten Höhe beglichen worden seien und der vom Darlehensnehmer unterzeichnete Aufhebungsvertrag vorliege. Der Treuhandauftrag wurde befristet. Für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Einholung der Lastenfreistellungserklärung und dem Treuhandauftrag übersandte der Kostengläubiger dem Kostenschuldner eine Rechnung, mit der er eine Vollzugsgebühr nach § 146 Abs. 1 KostO für die Beschaffung von Löschungsunterlagen sowie die Einholung verschiedener Genehmigungen bzw. Erklärungen berechnete, sowie die weitere verfahrensgegenständliche Kostenrechnung, der eine 5/10-Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO zugrunde liegt.

Die Kostenschuldnerin legte am 14.4.2009 gegen die verfahrensgegenständliche Kostenrechnung vom 30.7.2008 Beschwerde ein mit der Begründung, der Ansatz einer Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO sei unzulässig und die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Lastenfreistellung durch die Vollzugsgebühr gemäß § 146 KostO abgegolten; eine zusätzliche Gebühr für die Einholung der Löschungsbewilligung sowie die Durchführung des Treuhandauftrags der finanzierenden Bank sei nicht berechtigt. Der Kostengläubiger führte zu dem Beschwerdevorbringen aus, dass sich der Auftrag zur Nebentätigkeit mit Haftungsübernahme direkt aus dem Vertrag ergebe; für die Übernahme der Treuhandtätigkeit im Zusammenhang mit der Löschungsbewilligung stehe ihm eine Betreuungsgebühr zu.

Das Landgericht wies die Beschwerde zurück, ließ aber die weitere Beschwerde zu.

Diese hatte Erfolg.

Gründe:

1. Bei dem Rechtsmittel handelt es sich um eine sofortige weitere Beschwerde i. S. d. § 156 Abs. 2 KostO in der vor dem 1.9.2009 geltenden Fassung und nicht um eine Erstbeschwerde i. S. d. § 156 Abs. 3 KostO in der nach dem 31.8.2009 geltenden Fassung. Es kann dahingestellt bleiben, ob es für die Anwendung der Neufassung der Vorschrift nach § 161 KostO auf die Fälligkeit der Kostenrechnung oder nach Art. 111 Satz 1 FGG-RG auf die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ankommt, da das Rechtsmittel gegen die im Jahre 2008 fällige (§ 141, 7 KostO) Notarrechnung vom 30.7.2008 am 14.4.2009 beim Landgericht eingegangen ist.

2. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, wegen des Treuhandauftrages sei neben der Vollzugsgebühr nach § 146 KostO die Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO geschuldet.

3. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand (§ 156 Abs. 2 Satz 3 KostO a.F., § 546 ZPO).

Der landgerichtliche Beschluss und die verfahrensgegenständliche Notarkostenrechnung waren aufzuheben, da der Senat mit dem OLG Dresden (MittBayNot 2009, 403), dem OLG Hamm (Beschluss vom 15.7.2009 - 15 Wx 350/08, zitiert nach juris; ZNotP 2003, 39f) und dem OLG Oldenburg (ZNotP 2007, 279) der Auffassung ist, dass bei der Beschaffung von Unterlagen für die nach einem Grundstückskaufvertrag geschuldete Löschung von Grundpfandrechten auch dann keine zusätzliche Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO anfällt, wenn sie mit einer Treuhandauflage des Gläubigers an den Notar verbunden ist, da zum Vollzug des lastenfreien Erwerbs auch die Beachtung der Auflage des Gläubigers, die Löschungsbewilligung erst nach Eingang des Darlehensrestes zu verwenden, gehört und die Leistung deshalb mit der Vollzugsgebühr des § 146 Abs. 1 KostO abgegolten ist.

a) Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2007, 3212) fällt für die Beschaffung der Unterlagen für die nach einem Grundstückskaufvertrag geschuldete Löschung von Grundpfandrechten eine Vollzugsgebühr, keine Betreuungsgebühr an. Der BGH wendet insoweit einen weiten kostenrechtlichen Vollzugsbegriff an.

aa) Unter Zugrundelegung dieses Begriffs ist jede Tätigkeit des Notars bei der Vorbereitung der vertragsgemäßen Eigentumsumschreibung als Vollzugstätigkeit anzusehen, die die Ausführung des Geschäfts erst ermöglicht (BGH aaO.). Nicht unter die Vollzugstätigkeit fallen Hilfestellungen, von deren Anerbieten der Vollzug nicht abhängt (BGH NJW 2005, 3218/3219), z.B. Fälligkeitsmitteilungen und die Überwachung der Kaufpreiszahlung.

bb) Löschungsbewilligungen werden jedoch, solange Grundpfandrechte, wie hier, noch valutiert sind, vom Grundpfandrechtgläubiger nur im Zusammenhang mit einer Treuhandauflage erteilt, um den Rechtsverlust vor Zahlung zu vermeiden. Ohne das Anerbieten eines Treuhandauftrages kann der mit dem Vertrag beabsichtigte lastenfreie Erwerb nicht durchgeführt werden. Dass mit Annahme des Treuhandauftrages der Notar zu einem am Grundstückskaufvertrag nicht beteiligten Dritten in Beziehung tritt, ist unerheblich.

cc) Im Übrigen war nach dem Sachverhalt des Beschlusses des BGH vom 12.7.2007 (NJW 2007, 3212) ebenfalls die Löschungsbewilligung mit der Anweisung erteilt, von ihr nur Gebrauch zu machen, wenn die Überweisung des wesentlichen Teils des Kaufpreises auf das bei ihr geführte Darlehenskonto der Verkäuferin sichergestellt sei.

b) Der Senat ist an dieser Entscheidung weder durch die Entscheidungen des OLG Hamm vom 29.10.2001 (ZNotP 2003, 39) noch des OLG Celle vom 4.6.1999 (NdsRpfl 2000, 34) gehindert; eine Vorlage an den BGH nach § 28 Abs. 2 FGG ist nicht veranlasst. Das OLG Hamm hat die in der genannten Entscheidung vertretene Auffassung in den Entscheidungen vom 15.07.2009 (15 Wx 350/08, zitiert nach juris) aufgegeben. Die Entscheidung des OLG Celle betraf nicht eine Treuhandauflage im Zusammenhang mit einer Löschungsbewilligung, sondern die Überwachung der Umschreibungs- bzw. Auflassungsreife durch den Notar bei einem Grundstückskaufvertrag.

Ende der Entscheidung

Zurück