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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 34 SchH 10/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 709 Abs. 2
ZPO § 1031
ZPO § 1066
Zur Zulässigkeit der Abänderung einer individualvertraglichen Vereinbarung über das schiedsrichterliche Verfahren durch gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsbeschluss (hier: Bestellung des Schiedsrichters durch das Oberlandesgericht anstelle der Rechtsanwaltskammer).
Gründe:

I.

Der Antragsgegner wurde zum 1.7.1999 Gesellschafter der Antragstellerin, eines Zusammenschlusses von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. In dem im Juni 1999 vom Antragsgegner unterzeichneten Aufnahmevertrag heißt es unter anderem:

§ 1

(...) Der Neupartner (erg. der Antragsgegner) ist Sozius der Gesellschaft. Gemäß des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft in der Fassung von Dezember 1997 (" Gesellschaftsvertrag") obliegt die Aufnahme von Partnern der Partnerversammlung. Der Gesellschaftsvertrag liegt dem Neupartner bereits vor und ist diesem bekannt.

Der Neupartner wird zum 1. Juli 1999 Partner der Gesellschaft.

§ 2

Der Neupartner erkennt den Gesellschaftsvertrag - auch in bezug auf seine nunmehrige Position als Partner - in jeder Hinsicht an.

Am 19.1.2000 unterzeichnete der Antragsgegner folgenden Beitritt zu einer Schiedsvereinbarung, die am 25.1.2000 gegengezeichnet wurde:

Beitritt zur Schiedsvereinbarung

Im Hinblick auf § 24 des Gesellschaftsvertrages der H. & Partner Sozietät von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern:

(1) Alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsvertrag oder über seine Gültigkeit, die zwischen den Gesellschaftern und/oder zwischen einem oder mehreren Gesellschaftern einerseits und der Gesellschaft andererseits entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem aus drei Personen bestehenden Schiedsgericht endgültig entschieden.

(2) Die Schiedsrichter werden auf Verlangen einer Partei vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer in M. ernannt.

(3) Für die Hinterlegung des Schiedsspruchs und das sonstige Verfahren ist das Landgericht M. zuständig.

(4) Im Übrigen gelten für das Verfahren die §§ 1025 ff ZPO.

§ 24 des Gesellschaftsvertrages von 1997 lautet:

§ 24

Schlussbestimmungen

(1) Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs von einem Schiedsgericht endgültig entschieden. Die Schiedsgerichtsvereinbarung ist in einer gesonderten Urkunde als Anlage zu diesem Vertrag niedergelegt.

(2) Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dem Schriftformerfordernis ist genügt, wenn - je nach Zuständigkeit - ein entsprechender Gesellschafter- bzw. Partnerbeschluss gefasst und protokolliert wird.

Eine aktuelle Fassung des Gesellschaftervertrages wird jedem Gesellschafter vor der jährlichen ordentlichen Gesellschafterversammlung übersandt. Wird der übersandten Fassung des Gesellschaftsvertrages nicht innerhalb von einem Monat nach Versendung widersprochen, gilt der Gesellschaftsvertrag rückwirkend als genehmigt.

(...)

(4) Jeder Gesellschafter wird die Schiedsgerichtsvereinbarung unterzeichnen.

Auf der Gesellschafterversammlung vom 28.5.2001 beschlossen die Gesellschafter mit 146 von 158 möglichen Stimmen einen neuen Gesellschaftsvertrag, der unter anderem folgende Regelung enthält:

§ 23 a

Schiedsklausel

(1) Alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis, diesem Vertrag oder dessen Gültigkeit, die zwischen den Gesellschaftern und/oder einem oder mehreren Gesellschaftern einerseits und der Gesellschaft andererseits entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem aus drei Personen bestehenden Schiedsgericht endgültig entschieden.

(2) Das Schiedsgericht besteht aus drei Schiedsrichtern, nämlich zwei beisitzenden Schiedsrichtern und einem Vorsitzenden. Jede Partei bestellt einen beisitzenden Schiedsrichter. Die von den Parteien bestellten Schiedsrichter bestellen den Vorsitzenden Schiedsrichter.

(3) Für die Hinterlegung und das sonstige Verfahren ist das Landgericht München zuständig.

(4) Im übrigen gelten für das Verfahren die §§ 1025 ff ZPO.

Der Antragsgegner schied im Jahr 2004 aus der Antragstellerin aus. In der Folgezeit entstand zwischen den Verfahrensbeteiligten Streit über die Auseinandersetzungsabrechnung. Mit Schreiben vom 28.6.2006 machte die Antragstellerin geltend, der Antragsgegner habe in der Vergangenheit Erlöse aus Mandaten vereinnahmt, die er nach dem Gesellschaftsvertrag an die Antragstellerin hätte abführen müssen, weswegen mit einem Saldo zugunsten der mittlerweile in Liquidation befindlichen Antragstellerin zu rechnen sei. So habe der Antragsgegner als Insolvenzverwalter der Gebrüder S. - GmbH einen der Gesellschaft zustehenden Betrag von 48.105,16 EUR zuzüglich 7.750 EUR Auslagen zuzüglich Umsatzsteuer vereinnahmt. Diesen Anspruch sowie einen Auskunftsanspruch - letzteren als ersten Teil einer Stufenklage, die sich auf Abführung erzielter Einnahmen an die Gesellschaft richte - kombiniert mit einem Zwischenfeststellungsantrag wolle die Antragstellerin vor dem Schiedsgericht durchzusetzen, für das sie Rechtsanwalt Dr. T. als Schiedsrichter benenne.

Nachdem der Antragsgegner trotz der Aufforderungen der Antragstellerin in den Schreiben vom 28.6., 31.7. und 7.9.2006 seinerseits keinen Schiedsrichter benannt hatte, hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28.9.2006 beim Oberlandesgericht einen Antrag auf Bestellung eines zweiten Schiedsrichters für das zu bildende Schiedsgericht gestellt. Sie stützt sich auf § 23 a des Gesellschaftsvertrages vom 28.5.2001 und trägt vor, der Antragsgegner, der den Vertrag per e-mail erhalten habe, habe den Änderungen zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Als Schiedsrichter hat die Antragstellerin einen Wirtschaftsprüfer vorgeschlagen, der in einem zwischen der Antragstellerin und einem anderen ausgeschiedenen Gesellschafter anhängigen Schiedsverfahren als von letzterem benannt tätig ist.

Der Antragsgegner hat sich dem Antrag widersetzt. Er macht geltend, der Gesellschaftsvertrag in der Fassung von 1997 regle in § 24 lediglich, dass jeder Gesellschafter eine Schiedsgerichtsvereinbarung unterzeichnen werde. Der Beschluss vom 28.5.2001 sei unwirksam. Der Antragsgegner habe an der Gesellschafterversammlung vom 28.5.2001 nicht teilgenommen und Dokumente hierzu nicht zugeleitet bekommen. Weitere Gesellschafter hätten den Vertrag ebenfalls nicht erhalten, zudem hätten mehrere Gesellschafter den Beschlüssen ausdrücklich widersprochen. Auch könne ein allgemeiner Gesellschafterbeschluss nicht die individuelle Vereinbarung der Beteiligten vom 19./25.1.2000 aufheben. Der Antragstellerin stehe bereits deshalb kein Anspruch auf Benennung eines zweiten Schiedsrichters zu.

Zudem stehe der Einleitung des Schiedsverfahrens die Durchsetzungssperre entgegen, wonach im Zuge einer Auseinandersetzung die Gesellschafter und die Gesellschaft Einzelansprüche nicht mehr selbständig im Wege der Leistungsklage durchsetzen könnten, sondern diese als unselbständige Rechnungsposten in die Schlussabrechnung einzubringen seien. Da ein isolierter Leistungsanspruch nicht bestehe, bestehe auch kein isolierter Auskunftsanspruch, somit auch kein Anspruch auf Benennung eines Schiedsrichters für eine entsprechende Auskunftsklage. Ohnehin sei zweifelhaft, ob die Antragstellerin angesichts der anzunehmenden Unterdeckung die Aufstellung einer Auseinandersetzungsrechnung beabsichtige. Jedenfalls müsse sie zunächst die vielfältigen Ansprüche des Antragsgegners in einer entsprechenden Abrechnung bündeln, bevor isolierte Auskunftsansprüche zu deren Vervollständigung zuzulassen seien.

Darüber hinaus sei der Streitgegenstand, für den die Antragstellerin die Bestellung eines Schiedsrichters begehre, zu unbestimmt. Die Monatsfrist des § 1035 Abs. 3 ZPO sei nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Die Antragstellerin habe den Antragsgegner nicht auf die Monatsfrist hingewiesen. Mit dem von der Antragstellerin vorgeschlagenen Schiedsrichter sei der Antragsgegner nicht einverstanden, da er zu diesem kein besonderes Vertrauen habe und die Sach- und Rechtslage in dem bereits laufenden Schiedsverfahren nicht vergleichbar sei. Angesichts des unbestimmten Streitgegenstandes der Schiedsklage sei ohnehin unklar, über welche Qualifikation der Schiedsrichter verfügen müsse.

II.

1. Der Antrag ist zulässig. Die Zuständigkeit des Senats folgt aus § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 und Abs. 5, § 1025 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 8 GZVJu vom 16.11.2004 (GVBl S. 471). Es besteht die abschließende und zwingende erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts (Reichold in Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. § 1062 Rn. 1). Da der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (noch) nicht bestimmt ist, begründet der Sitz der Antragstellerin, der in Bayern liegt, die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München.

2. Der Antrag ist begründet. Die Voraussetzungen für die Bestellung des zweiten beisitzenden Schiedsrichters durch den Senat sind gegeben (§ 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO).

a) Die Verfahrensbeteiligten haben jedenfalls am 19./25.1.2000 eine der Form des § 1031 Abs. 1 ZPO (in der Fassung vom 1.1.1998) entsprechende, rechtswirksame Schiedsabrede getroffen.

Fraglich ist, inwieweit diese Schiedsabrede durch § 23 a des in der Gesellschafterversammlung vom 28.5.2001 mehrheitlich beschlossenen Gesellschaftsvertrages abgeändert worden ist. In der Literatur ist umstritten, ob in einer Personengesellschaft nach § 1066 ZPO durch Mehrheitsbeschluss Schiedsvereinbarungen mit Wirkung für alle Gesellschafter getroffen werden können, ohne dass die Form des § 1031 ZPO gewahrt sein muss (vgl. Habersack, SchiedsVZ 2003, 241 ff; Haas, SchiedsVZ 2007, 1 ff). Die grundsätzliche Frage der Formbedürftigkeit entsprechender Vereinbarungen bedarf vorliegend jedoch keiner abschließenden Entscheidung.

Denn im konkreten Fall besteht die Besonderheit, dass durch § 23 a des Gesellschaftsvertrages im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner nicht erstmals mehrheitlich ohne (ausdrückliche oder angenommene) Zustimmung des Antragsgegners eine Schiedsvereinbarung begründet wurde. Die in § 23 a Abs. 1 statuierte Schiedsklausel wiederholt inhaltlich nur, was ohnehin bereits Gegenstand der individuellen und formgültigen Schiedsabrede vom 19./25.1.2000 war, dass nämlich aus dem Gesellschaftsvertrag resultierende Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern unter Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit von einem aus drei Personen bestehenden Schiedsgericht endgültig entschieden werden. Im Verhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner bedurfte § 23 a Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages damit nicht der Form des § 1031 Abs. 1 ZPO. Gemäß § 24 des Gesellschaftsvertrages von 1997 hatten im Übrigen alle Gesellschafter eine entsprechende Schiedsvereinbarung akzeptiert.

Die Abweichung zwischen der Schiedsklausel vom 28.5.2001 und der davor jeweils gesondert zwischen den Gesellschaftern vereinbarten Schiedsabrede besteht im hier maßgeblichen Punkt darin, dass die Schiedsrichter nicht mehr auf Verlangen einer Partei vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer in M. ernannt werden (vgl. Ziffer 2 der Schiedsabrede, der in § 23 a ersatzlos entfallen ist), sondern insoweit die gesetzliche Regelung des § 1035 Abs. 3 ZPO eingreift. Modifiziert wurde damit nur das Verfahren zur Bestellung der Schiedsrichter und nicht die grundlegende Festlegung auf ein schiedsrichterliches Verfahren. Anders als die Schiedsvereinbarung, aufgrund derer sich die Parteien auf den Ausschluss der ordentlichen Gerichte zugunsten eines Schiedsgerichts einigen, sind Vereinbarungen über das schiedsrichterliche Verfahren formfrei möglich (vgl. Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. § 1029 Rn. 11 und § 1035 Rn. 1). Auch im Hinblick auf das in § 23 a des Gesellschaftsvertrages vom 28.5.2001 nicht mehr enthaltene Bestellungsverfahren durch die Rechtsanwaltskammer bedurfte die Schiedsklausel somit nicht der Form des § 1031 Abs. 1 ZPO.

b) Die Antragstellerin war nicht gehalten, zunächst die Rechtsanwaltskammer um Berufung eines Schiedsrichters zu ersuchen (§ 1035 Abs. 4 ZPO), da in der Versammlung vom 28.5.2001 mit einer über 90 -% igen Mehrheit auch im Verhältnis zum Antragsgegner rechtswirksam die unter a) dargelegte abweichende Vereinbarung zum schiedsrichterlichen Verfahren beschlossen worden ist. Weder gesellschaftsrechtliche noch zivilprozessuale Regelungen stehen der Abänderung entgegen.

Grundsätzlich sieht das Gesetz zwar für Gesellschaften bürgerlichen Rechts vor, dass Gesellschafterbeschlüsse einstimmig gefasst werden (§ 709 Abs. 2 BGB), im Gesellschaftsvertrag können aber hiervon abweichend Mehrheitsklauseln vereinbart werden. Ein mehrheitlich gefasster Gesellschafterbeschluss ist für alle Gesellschafter bindend, wenn nach dem von der Rechtsprechung entwickelten "Bestimmtheitsgrundsatz" die Mehrheitsklausel den Beschlussgegenstand umfasst. Der Anwendungsbereich von allgemeinen Mehrheitsklauseln ist nach der Rechtsprechung regelmäßig auf "gewöhnliche" Beschlussgegenstände beschränkt. Im Gegensatz dazu stehen Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen, welche bei der im Gesellschaftsvertrag außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbarten Unterwerfung unter den Mehrheitswillen typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst werden und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig nicht erfasst werden können. Der Bestimmtheitsgrundsatz erfordert nicht, dass eine Mehrheitsklausel jeden in Betracht kommenden Beschlussgegenstand minutiös auflistet. Es genügt, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag - sei es auch durch dessen Auslegung - eindeutig ergibt, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung zugänglich sein soll. Darüber hinaus muss der Beschluss inhaltlich mit der dem Minderheitenschutz dienenden "Kernbereichslehre" in Einklang stehen (vgl. zuletzt BGH vom 15.1.2007, Az. II ZR 245/05 = WM 2007, 501 ff; Palandt/Sprau BGB 66. Aufl. § 705 Rn. 16 m.w.N.).

Vorliegend sieht der Gesellschaftsvertrag von 1997, dem der Antragsgegner in der Beitrittsvereinbarung von 1999 zugestimmt hat, Mehrheitsentscheidungen vor und zwar auch hinsichtlich der Änderung des Gesellschaftsvertrages selbst (vgl. § 24 des Gesellschaftsvertrages vom 1997). Dies schließt auch die Schiedsvereinbarung mit ein, die Regelungsgegenstand im Gesellschaftsvertrag und damit Teil des Vertrages ist. Nachdem die hier maßgebliche Änderung lediglich darin besteht, dass auf die gesetzlichen Vorschriften zurückgegriffen wird, somit das Oberlandesgericht und nicht die Rechtsanwaltskammer anstelle einer Partei den Schiedsrichter bestimmt, wird durch den Beschlussgegenstand weder in die Grundlagen der Gesellschaft eingegriffen noch eine vollkommen unvorhergesehene, in ihrer Tragweite ursprünglich nicht absehbare Vertragsänderung vorgenommen. Aus dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgrundsatzes bestehen damit keine Bedenken gegen die mehrheitlich beschlossene Vereinbarung. Ebenso wenig führt die Regelung zu einem Eingriff in schlechthin unverzichtbare oder in "relativ unentziehbare" Mitgliedschaftsrechte des Antragsgegners, so dass auch die sogenannte "Kernbereichslehre" der Wirksamkeit von § 23 a des Gesellschaftsvertrages vom 28.5.2001 nicht entgegensteht.

Auch aus den Vorschriften der ZPO über das schiedsrichterliche Verfahren ergeben sich keine Beschränkungen, wonach es den Parteien verwehrt wäre, Änderungen des schiedsrichterlichen Verfahrens durch gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsbeschluss zu ermöglichen. Die getroffene Regelung steht inhaltlich nicht im Widerspruch zu den Vorschriften der ZPO. Sie ermöglicht der Antragstellerin insbesondere nicht, in unzulässiger Weise die Zusammensetzung des Schiedsgerichts zu ihren Gunsten bzw. zu Lasten des Antragsgegners zu beeinflussen (vgl. 1034 Abs. 2 ZPO).

Ob der Antragsgegner an der Gesellschafterversammlung vom 28.5.2001 teilgenommen und dem Vertrag persönlich zugestimmt hat, ist damit unerheblich. Auch kommt es nicht darauf an, ob ihm der Gesellschaftsvertrag übersandt wurde und er oder andere Gesellschafter den Änderungen widersprochen haben.

c) Die weitere Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag auf gerichtliche Bestellung, nämlich die unterlassene Bestellung eines eigenen Schiedsrichters trotz entsprechender Aufforderung durch die andere Partei binnen eines Monats (§ 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO), ist ebenfalls erfüllt. In ihrem Schreiben vom 28.6.2006 hat die Antragstellerin dargelegt, welche Ansprüche sie im Einzelnen gegen den Antragsgegner erhebt und im Wege des Schiedsverfahrens durchsetzen will. Der Gegenstand des zu entscheidenden Streits ist damit hinreichend konkret und klar umschrieben. Die Antragstellerin hat weiterhin einen eigenen Schiedsrichter benannt und den Antragsgegner zur Bestellung ihres Schiedsrichters aufgefordert und damit den Anforderungen des § 1035 Abs. 3 ZPO Genüge getan (vgl. Zöller/Geimer § 1035 Rn. 14). Ein Hinweis auf die gesetzliche Monatsfrist war nicht erforderlich. Ohne Fristsetzung läuft die Frist des § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO ab Zugang des Aufforderungsschreibens von selbst (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 10 Rn. 19). Sie war zum Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Bestellungsverfahrens durch die Antragstellerin abgelaufen.

d) Der im Aufforderungsschreiben angekündigte Streitgegenstand ist, da er vermögensrechtliche Ansprüche betrifft, schiedsfähig (§ 1030 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die geltend gemachten Ansprüche, die die Antragstellerin mit den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen begründet, fallen in den Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner mittlerweile aus der Antragstellerin ausgeschieden ist (vgl. BGH vom 1.8.2002, Az. III ZB 66/01 = NJW-RR 2002, 1462 im Anschluss an BayObLG vom 25.10.2001, Az. 4Z SchH 006/01 = BayObLGZ 2001, 311). Die Schiedsvereinbarung ist weit gefasst und bezieht alle Streitigkeiten der Gesellschaft mit den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsvertrag einschließlich Streitigkeiten über die Gültigkeit des Vertrages ein. Auf den (Fort-) Bestand der Gesellschafterstellung wird nicht abgestellt. Dass die Schiedsvereinbarung für den häufigsten Streitfall, nämlich Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter nach dessen Ausscheiden über gesellschaftsrechtliche Ansprüche, insbesondere über Auskunftspflichten, Einnahmen, Ausgaben und Abrechnung des Auseinandersetzungsguthabens nicht zum Zuge kommen solle, lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus Sinn und Zweck der Vereinbarung noch aus dem Vorbringen der Parteien ableiten.

e) Die Frage, ob den von der Antragstellerin erhobenen Ansprüchen der gesellschaftsrechtliche Grundsatz der Durchsetzungssperre entgegen steht, ist nicht im Rahmen des gerichtlichen Bestellungsverfahrens nach § 1035 Abs. 3 ZPO zu prüfen. Die Bildung des Schiedsgerichts ist nicht davon abhängig, dass die beabsichtigte Klage Erfolg hat. Zur Entscheidung über die prozessualen und materiell-rechtlichen Fragen, die hierfür von Bedeutung sind, ist das Schiedsgericht berufen. Gleiches gilt für den Einwand des Antragsgegners, die Antragstellerin müsse zunächst aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen eine Auseinandersetzungsabrechnung aufstellen, bevor sie vom Antragsgegner Auskunft über zu berücksichtigende Posten verlangt bzw. die gerichtliche Feststellung des Bestehens einzelner Rechnungsposten anstrebt. Auch diese Rechtsfragen sind für die gerichtliche Bestellung des Schiedsrichters ohne Belang. Es obliegt dem Schiedsgericht und nicht dem staatlichen Gericht, sich gegebenenfalls mit diesem Einwand auseinander zu setzen. Für das staatliche Gericht ist im Rahmen des § 1035 Abs. 3 ZPO nur festzustellen, ob die Parteien eine Schiedsvereinbarung getroffen haben, die formalen Voraussetzungen für die gerichtliche Bestellung eines Schiedsrichters vorliegen und ob der Gegenstand des Schiedsverfahrens der Schiedsvereinbarung unterfällt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

3. Gemäß § 1035 Abs. 5 ZPO wählt der Senat die oben genannte Person zum zweiten Beisitzer des Schiedsgerichts aus.

Besondere Anforderungen an die Qualifikation des Schiedsrichters haben die Parteien nicht festgelegt. Sie haben insbesondere nicht bestimmt, dass der Schiedsrichter einer bestimmten Berufsgruppe angehören muss oder über eine bestimmte fachliche Ausbildung zu verfügen hat.

Gegenstand des Schiedsverfahrens sind Zahlungs-, Auskunfts- und Feststellungsansprüche der Antragstellerin gegen ihren ausgeschiedenen Gesellschafter. Der von der Antragstellerin vorgeschlagene Wirtschaftsprüfer und Steuerberater erscheint ohne weiteres qualifiziert für das Amt eines Schiedsrichters in einem solchen Verfahren. Dass das Schiedsgericht voraussichtlich nicht nur mit betriebswirtschaftlichen, sondern auch mit juristischen Fragen befasst sein wird, gebietet nicht die Berufung eines Volljuristen zum Schiedsrichter. Zum einen sind Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern die Befassung mit Rechtsfragen nicht fremd, zum anderen ist bereits der erste Schiedsrichter ein Rechtsanwalt und zum dritten steht es den beiden Schiedsrichtern frei, als Obmann einen weiteren Juristen zu wählen, wenn sie dies für sachdienlich halten. Der Benannte ist zudem in einer anderen streitigen Auseinandersetzung zwischen der Antragstellerin und einem ausgeschiedenen Gesellschafter, mit der der Antragsgegner eine Insolvenzverwalterkanzlei betreibt, auf Vorschlag des ausgeschiedenen Gesellschafters zum Schiedsrichter bestimmt worden, so dass gewisse Vorkenntnisse über Streitpunkte zwischen der Antragstellerin und ihren Gesellschaftern zu erwarten sind. Er ist zur Übernahme eines weiteren Schiedsrichteramtes bereit. Umstände, die gegen seine Person sprechen, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der vom Senat bestellte Schiedsrichter zu einer Partei, insbesondere zur Antragstellerin, eine engere Bindung oder persönliche Beziehung unterhält, die seine Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit in Frage stellen könnte.

4. Entsprechend § 91 ZPO hat der Antragsgegner die Kosten des Bestellungsverfahrens zu tragen, da aufgrund seiner nicht gerechtfertigten Weigerung, an der Bildung des Schiedsgerichts mitzuwirken, die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens notwendig war.

5. Die Streitwertbemessung beruht auf § 3 ZPO, §§ 48, 63 Abs. 2 GKG, wobei das Interesse der Antragstellerin am Streitgegenstand zugrunde zu legen ist. In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung hält der Senat nunmehr im Regelfall bei der Bestellung von Schiedsrichtern einen Bruchteil des Hauptsachestreitwerts, etwa ein Drittel, für angemessen (vgl. dazu Senat vom 10.1.2007, 34 SchH 008/06 = OLG-Report 2007, 189). Im Rahmen der vorläufigen Streitwertfestsetzung hatte sich der Senat noch an dem vollen Streitwert des angestrebten Schiedsverfahrens orientiert und diesen in Übereinstimmung mit den Verfahrensbeteiligten auf 60.000 EUR geschätzt. Hieraus errechnet sich somit der endgültige Streitwert von 20.000 EUR für das Bestellungsverfahren.

Ende der Entscheidung

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