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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: 34 SchH 2/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 1060
Jedenfalls dann, wenn ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut im Hinblick auf Folgestreitigkeiten eine Schiedsklausel enthält, sind materiellrechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht zu prüfen.
Gründe:

I.

Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine inzwischen in Liquidation befindliche, in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebene Sozietät von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern. Der Antragsteller ist ein ehemaliger Gesellschafter, der inzwischen ausgeschieden ist.

In dem zwischen den Parteien geführten Schiedsverfahren erließ das Schiedsgericht am 4.4.2005 den im Tenor auszugsweise wiedergegebenen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut. Der unter Ziff. 2 Buchst. a. genannte Betrag wurde inzwischen gezahlt. Unter dem 10.1.2006 teilte die darlehensgebende Bank mit, dass für das im Schiedsspruch unter Ziff. 4 a. genannte Darlehen per 30.12.2005 die fällige Zinsrate in Höhe von 2.164,49 EUR unbezahlt zurückgebucht wurde.

Der Antragsteller hat unter Vorlage einer von seinem bevollmächtigten Rechtsanwalt beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs beantragt, diesen in Ziff. 2 Buchst. b. und c. (in Verbindung mit Ziff. 3), Ziff. 4 und Ziff. 8 für vollstreckbar zu erklären.

Die Antragsgegnerin widersetzt sich dem Antrag, soweit er sich auf Ziff. 4 und 8 des Schiedsspruchs bezieht. Ziff. 4 Satz 1 habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Ziff. 4 Satz 2 sei nicht für vollstreckbar zu erklären, da das Entstehen des zu titulierenden Zahlungsanspruchs einen Zahlungsrückstand voraussetze, der tatsächlich nicht bestanden habe. Zur Begründung beruft sich die Antragsgegnerin im Wesentlichen darauf, dass der Antragsteller seine sich aus Ziff. 6 des Schiedsspruchs ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt habe, so dass die Einrede des nicht erfüllten Vertrages bestehe. Der Antragsteller habe das Leasingfahrzeug nicht vertragsgemäß, sondern beschädigt (Schaden laut Schätzung der Dekra: 3.950 EUR) zurückgegeben. Der Antragsgegnerin stehe ferner ein Anspruch auf Rückerstattung der Leasingraten von Januar bis Dezember 2005 in Höhe von 3.758,59 EUR zu; eine insoweit vom Antragsteller erklärte Aufrechnung mit einer Honorarforderung greife allenfalls in Höhe von 421,08 EUR durch. Schließlich bestehe eine Gegenforderung auf Erstattung der Versicherungsprämie für das Fahrzeug über 1.255,94 EUR. Ferner vertritt die Antragsgegnerin die Ansicht, dass Ziff. 8 des Schiedsspruchs ebenfalls keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe. Wegen Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 7.2.2006 verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

1. Für Anträge auf Vollstreckbarerklärung von in Bayern erlassenen Schiedssprüchen ist das Oberlandesgericht München zuständig (§ 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz in der Fassung vom 16.11.2004, GVBl S. 471).

2. Die formellen Voraussetzungen für eine Vollstreckbarerklärung hat der Antragsteller durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs erfüllt (§ 1064 Abs. 1 ZPO).

3. Versagungs- oder Aufhebungsgründe im Sinne von § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die vom Antragsgegner geltend gemachten Einwendungen stehen der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 4.4.2005 nicht entgegen (§ 1060 Abs. 2 ZPO).

Ob die Antragsgegnerin mit der Erfüllung der in Ziff. 4 des Schiedsspruchs festgelegten Freistellungsverpflichtung ganz oder teilweise länger als eine Woche nach dem Fälligkeitszeitpunkt in Rückstand gelangt ist, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Auf die Wirkungen der Verfallklausel (vgl. Putzo in Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. §726 Rn. 3) im Einzelnen kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an.

Einwendungen des Antragsgegners gegen den Eintritt des Verfalls sind grundsätzlich solche nach § 767 ZPO (Zöller/Stöber ZPO 25. Aufl. § 726 Rn. 14). Ob solche Einwendungen im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zu prüfen sind oder die Entscheidung hierüber einer gesonderten Vollstreckungsabwehrklage vorbehalten bleibt, ist umstritten (vgl. BayObLGZ 2000, 124/128; OLG Stuttgart MDR 2001, 595; Reichold in Thomas/Putzo § 1060 Rn. 3 einerseits; OLG Hamm NJW-RR 2001, 1362; Zöller/Geimer § 1060 Rn. 4; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 22. Aufl. § 1063 Rn. 4; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 27 Rn. 12 andererseits). Die Frage kann aber auf sich beruhen. Denn Ziffer 11 des Schiedsspruchs vom 4.4.2005 weist Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit dem im Schiedsspruch enthaltenen Vergleich unter Ausschluss des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten ausschließlich dem Schiedsgericht zu. Diese Regelung, die ihrerseits wieder eine Schiedsabrede beinhaltet, schließt die Beachtlichkeit von materiellrechtlichen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch im Vollstreckbarkeitsverfahren vor dem staatlichen Gericht aus. Ziffer 11 des Schiedsspruchs bringt vielmehr den Willen der Parteien zum Ausdruck, dass Folgestreitigkeiten aus dem Schiedsspruch allein durch das Schiedsgericht entschieden werden. Diese Bestimmung würde unterlaufen, würde sich der Senat hier mit den von der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen befassen (vgl. auch OLG München OLG-Report 2005, 592).

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schiedsspruch in Ziffer 4 Satz 1 und Ziffer 8 eine vollstreckbare Verurteilung enthält. Dies ist nämlich erst im Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu prüfen (BayObLG BB 1999, 1948; Senat, Beschluss vom 7.9.2005, 34 Sch 21/05 und Beschluss vom 28.11.2005, 34 Sch 19/05).

Die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung ist nicht Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung (Schwab/Walter Kap. 26 Rn. 7). Davon, dass es sich insbesondere bei dem Ausspruch zu Ziffer 8 um eine der Rechtskraft nicht fähige Zwischenentscheidung oder eine Bestimmung ohne Regelungsgehalt innerhalb des Schiedsspruchs handelt, kann nach Aktenlage nicht ausgegangen werden. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Stellung von Ziffer 8 nach der Abgeltungsklausel. Dass die Regelung im Streitfall der Ausfüllung bedürfte, ist daher im gegebenen Zusammenhang letztlich ohne Bedeutung.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

5. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1064 Abs. 2 ZPO. Die nach § 1063 Abs. 3 ZPO ergangene vorläufige Anordnung des Vorsitzenden vom 19.1.2006 ist somit gegenstandslos.

6. Der Streitwert bemisst sich nach §§ 3 ff. ZPO.



Ende der Entscheidung

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