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Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 02.07.2008
Aktenzeichen: 34 Wx 16/08
Rechtsgebiete: GBO


Vorschriften:

GBO § 53
GBO § 84
Zur Löschung eines Amtswiderspruchs wegen Gegenstandslosigkeit im Zusammenhang mit der Umschreibung eines Grundbuchblatts.
Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 begehrt der Sache nach die Herstellung des vor Schließung eines Grundbuchblatts (Gärten b.W. 3734) verlautbarten Grundbuchstands auf dem am 8.8.2006 neu angelegten Grundbuchblatt Gärten b.W. 6637. Insbesondere geht es ihr um die Eintragung von vier Amtswidersprüchen. Diese waren zu ihren Gunsten in der Dritten Abteilung unter Nrn. 5 bis 8 gegen die Abtretung der eingetragenen Grundschulden von ihrem ehemaligen Ehemann an die Raiffeisenbank O.-W. eingetragen worden. Über das Vermögen der Beteiligten zu 1 wurde am 14.7.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet, das nach Feststellungen des Landgerichts noch nicht beendet ist.

Mit Beschluss des Vollstreckungsgerichts vom 2.9.2005 wurde das Grundstück aufgrund einer vorangegangenen Zwangsversteigerung der Ersteherin zugeschlagen. Auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts, die Ersteherin anstelle der Beteiligten zu 1) als neue Eigentümerin einzutragen und im Einzelnen aufgeführte Vermerke und Rechte zu löschen, insbesondere auch die vier Grundschulden, auf die sich die Amtswidersprüche bezogen, hat das Grundbuchamt das Grundbuchblatt Gärten b.W. 3734 geschlossen und für das Grundstück das Grundbuchblatt Gärten b.W. 6637 neu angelegt. Auf dem neuen Grundbuchblatt sind die vier Grundschulden sowie die Amtswidersprüche nicht eingetragen. Das Landgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 vom 31.12.2007, das Grundbuchamt anzuweisen, einen Widerspruch oder eine Löschung vorzunehmen oder ein neues Grundbuchblatt mit dem Inhalt des geschlossenen anzulegen, als Beschwerde gegen eine negative Entscheidung des Grundbuchamts ausgelegt und diese mit Beschluss vom 30.1.2008 zurückgewiesen. Mit ihrer zur Niederschrift des Rechtspflegers eingelegten weiteren Beschwerde wendet sich die Beteiligte zu 1 gegen die landgerichtliche Entscheidung. Der Beteiligte zu 2 hat sich dem Rechtsmittel nicht angeschlossen. Den gleichzeitig beantragten Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Senat mit Beschluss vom 12.2.2008 zurückgewiesen.

II.

1. Das Rechtsmittel ist als unbefristete weitere Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 78, 80 Abs. 1 und 3, § 73 Abs. 2 Satz 1 GBO). Die Beteiligte ist schon deshalb beschwerdeberechtigt, weil sie mit ihrer Erstbeschwerde erfolglos geblieben ist (BayObLGZ 1980, 8/9; Demharter GBO 26. Aufl. § 78 Rn. 2).

2. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

a) Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Beteiligte zu 1 sei trotz des laufenden Insolvenzverfahrens beschwerdeberechtigt, da davon auszugehen gewesen sei, dass der Insolvenzverwalter eine Aufnahme des Verfahrens ablehne, nachdem er bereits in vorausgegangenen, identischen Verfahren eine Aufnahme abgelehnt habe. Die ursprünglichen an das Landgericht gerichteten Anträge der Beteiligten zu 1 vom 31.12.2007, das Grundbuchamt zu bestimmten Handlungen anzuweisen, seien zwar zunächst unzulässig gewesen. In der Verfügung des Grundbuchamts vom 11.1.2008, ihrem Begehren nicht zu entsprechen ("Nein"), seien jedoch beschwerdefähige Entscheidungen über die Anträge der Beteiligten zu 1 zu sehen. Die Beschwerde habe in der Sache keinen Erfolg. Die Schließung des Grundbuchblattes sei zulässig gewesen, da das alte Grundbuchblatt unübersichtlich geworden sei. Die vier Grundschulden seien aufgrund des Ersuchens des Vollstreckungsgerichts zu löschen gewesen. Soweit die darauf bezogenen Amtswidersprüche in dem Ersuchen nicht ausdrücklich erwähnt worden seien, habe sich deren Löschung aus der Natur der Sache ergeben. Ein Bedürfnis, die Amtswidersprüche fortzuschreiben, habe nicht bestanden, da die betroffenen Rechte zu löschen gewesen seien. Auch gegen die aufgrund des Ersuchens einzutragenden Sicherungshypotheken sei kein Amtswiderspruch einzutragen gewesen, da diese nicht gutgläubig erworben werden könnten.

b) Diese Ausführungen halten - im Ergebnis - rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Dabei kann offenbleiben, ob die Verfügung des Grundbuchamts vom 11.1.2008 überhaupt eine beschwerdefähige Entscheidung darstellt (vgl. hierzu Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 471). Gleichfalls kann dahinstehen, ob entsprechend der Rechtsprechung des 32. Senats (vgl. Beschlüsse vom 6.9.2005, 32 Wx 83/05, und vom 27.3.2007, 32 Wx 037/07) die Beteiligte zu 1 zur Verfahrensführung berechtigt ist.

b) Gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO ist die Beschwerde gegen eine Eintragung, an die sich ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann (Demharter § 71 Rn. 37), unzulässig. Zu den Eintragungen gehören auch Löschungen aller Art, z.B. durch Nichtübertragung auf ein anderes Grundbuchblatt (Demharter § 71 Rn. 36) oder auch durch die Umschreibung eines Grundbuchblattes gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 30 Abs. 2 GBV, ohne die bisherigen Eintragungen mitzuübertragen. Bei Löschung eines Rechts kann mit der Beschwerde nicht dessen Wiedereintragung, sondern nur die Eintragung eines Widerspruchs von Amts wegen oder eine Amtslöschung verlangt werden, wenn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 GBO vorliegen (Demharter § 71 Rn. 49).

c) Die Eintragung erweist sich jedoch weder ihrem Inhalt nach als unzulässig noch hat das Grundbuchamt die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist.

(1) Das Grundbuchamt hatte die Löschung der Grundschulden auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts vorzunehmen (§ 38 GBO, § 130 Abs. 1 ZVG). Ausweislich der dem Senat vorliegenden Akten trägt das Ersuchen das Datum vom 8.8.2006. Aus welchen Gründen der Beschwerdeführerin ein solches mit Datum vom 14.8.2006 vorliegt, ist nicht nachvollziehbar. Die Vornahme der Eintragungen ohne das Vollstreckungsersuchen ist auszuschließen, da sich aus Art und Inhalt der Eintragungen am 8.8.2006 bereits ergibt, dass dem Grundbuchamt der Inhalt des Ersuchens bekannt gewesen sein muss. Das Ersuchen unter Vorlage der vier Grundschuldbriefe (§§ 41, 42 GBO) umfasste die Eintragung des Erstehers als Eigentümer, die Löschung des Versteigerungsvermerks und der durch den Zuschlag erloschenen Rechte, sowie die Eintragung von Sicherungshypotheken für Forderungen gegen den Ersteher. Die Berechtigung dieses Ersuchens ist im Grundbuchverfahren nicht zu prüfen (OLG München vom 27.3.2007, 32 Wx 037/07; Demharter § 38 Rn. 74).

(2) Die Tatsache, dass das Ersuchen die Amtswidersprüche gegen die Grundschulden nicht ausdrücklich umfasste, stand ihrer Löschung nicht entgegen. Die Löschung eines Amtswiderspruchs ist nach §§ 84 ff. GBO wegen Gegenstandslosigkeit auch von Amts wegen möglich (Demharter § 53 Rn. 41; Meincke in Bauer/von Oefele Grundbuchordnung 2. Aufl. § 53 Rn. 92).

Dies ergibt sich für Widersprüche unmittelbar aus § 84 Abs. 3 GBO. Die Eintragung eines Widerspruchs bezweckt, das Recht eines nicht eingetragenen Berechtigten bis zur Berichtigung des Grundbuchs gegen Beeinträchtigungen zu sichern, die sich bei einem Erwerb Dritter aus dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs ergeben könnten. Nachteile dieser Art durch eine etwaige frühere Unrichtigkeit des Grundbuchs hat das Beschwerdegericht für die Beteiligte zu 1 nicht festgestellt und sind auch nicht ersichtlich. Sie können auch künftig nicht entstehen, da ein Erwerb der Grundschulden durch Dritte bis zu ihrem Erlöschen im Rahmen der Zwangsversteigerung des Grundstücks nicht stattgefunden hat. Der Senat merkt noch an, dass auch § 19 Abs. 2 und Abs. 3 GBV, welche bei Bedeutungslosigkeit des Widerspruchs durch eine endgültige Eintragung deren Rötung, nicht aber deren Löschung vorsehen, der Sachbehandlung nicht entgegenstehen (vgl. OLG Neustadt Rpfleger 1960, 153/154). Die Löschung von Amts wegen nach Maßgabe der §§ 84 ff GBO bleibt daneben weiterhin möglich (Demharter § 53 Rn. 41). Zwar verlangt das hier maßgebliche Verfahren nach § 87 Buchst. a GBO die vorherige Gewährung rechtlichen Gehörs (Hügel/Zeiser GBO § 87 Rn. 5), das die Beteiligte zu 1 nicht hatte. Eine Unrichtigkeit des Grundbuchs ist dadurch jedoch nicht bewirkt.

Im Übrigen wird, auch hinsichtlich der Sicherungshypotheken, auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

d) Wegen der Neuanlage eines geschlossenen Grundbuchblattes nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe im schon erwähnten Beschluss des 32. Zivilsenats vom 27.3.2007 (32 Wx 037/07) Bezug.

Ende der Entscheidung

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