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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 29.07.2008
Aktenzeichen: 34 Wx 28/08
Rechtsgebiete: GBO, UmwG


Vorschriften:

GBO § 20
GBO § 39 Abs. 1
GBO § 40
GBO § 71
UmwG § 20 Abs. 1
Für einen Klarstellungsvermerk über die Grundlage der Eintragung genügt es nicht, dass die ursprüngliche Verlautbarung in Zweifel gezogen wird. Vielmehr muss auch die Richtigkeit der begehrten Klarstellung zur Überzeugung des Grundbuchamts feststehen.
Gründe:

I. Als Eigentümerin zweier Grundstücke war seit dem 4.5.1999 die Firma XY GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) im Grundbuch eingetragen. Die KG bestand aus der X. Verwaltungs GmbH als Komplementärin und dem Beteiligten zu 1 (Herrn YY) als Kommanditisten. Die KG schloss am 1.2.2000 einen Verschmelzungsvertrag (im Folgenden: VV) mit der XYZ AG (im Folgenden: AG; inzwischen infolge Formwechsels und Firmenänderung: XY GmbH = Beteiligte zu 2). Nach Abschnitt III. VV übertrug die KG ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung und gegen Gewährung von Gesellschafterrechten an ihre Anteilsinhaber auf die aufnehmende AG. Vorab vereinbarten die Parteien in Abschnitt II. VV, dass die Komplementärin der KG keine Anteile an der aufnehmenden AG erhalten solle und deshalb eine logische Sekunde vor der Verschmelzung aus der KG ausscheidet. Der Grundbesitz der KG ist in § 11 Abs. 1 VV unter Nennung der Grundbuchstelle und der Flurnummern ausdrücklich aufgeführt. Die Verschmelzung wurde am 1.9.2000 im Handelsregister eingetragen. In § 11 Abs. 3 VV wurde die Berichtigung des Grundbuchs beantragt und der Antrag am 11.12. 2000 zum Vollzug vorgelegt. Am 14.2.2001 hat das Grundbuchamt die AG als Eigentümerin der Grundstücke eingetragen. Als Grundlage der Eintragung ist der Eigentumsübergang aufgrund Verschmelzung gemäß Handelsregistereintragung vom 1.9.2000 vermerkt.

Am 23.2.2005 erklärte der Beteiligte zu 1 zugunsten der AG die Auflassung der beiden Grundstücke. Zugleich bewilligten die Parteien die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch, nach deren Vorstellungen im Bestandsverzeichnis die Eintragung zum Erwerbsgrund durch Verschmelzung gerötet und stattdessen die Auflassung vermerkt werden solle.

Anlass für die Auflassung ist der Wunsch der Parteien, den Übergang des Eigentums von der erloschenen KG auf die AG für den Fall einer Insolvenz des Beteiligten zu 1 auch dann bestandssicher zu machen, wenn das Eigentum durch das Ausscheiden der GmbH aus der KG eine logische Sekunde vor der Verschmelzung dem Beteiligten zu 1 als einzigem Gesellschafter zugewachsen gewesen sein sollte. Den am 24.3.2006 namens des Grundstückseigentümers gestellten Vollzugsantrag hat das Grundbuchamt am 21.2.2007 zurückgewiesen, wogegen der Notar am 12.3.2007 Beschwerde einlegt hat. Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 13.3.2007 nicht abgeholfen. Gegen die Zurückweisung der Beschwerde durch das Landgericht am 18.10.2007 richtet sich die weitere Beschwerde beider Beteiligten vom 27.2.2008 mit dem Ziel eines Klarstellungsvermerks über die Grundlage der Eintragung.

II. Das zulässige Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Die weitere Beschwerde mit dem Ziel, einen klarstellenden Vermerk über die Grundlage der Eintragung in Spalte 4 der Ersten Abteilung des Grundbuchs einzutragen, ist zulässig (vgl. BayObLGZ 2002, 30/31). Ein solcher Vermerk kann von Amts wegen oder auf Antrag eingetragen werden, wenn der vorhandene Grundbucheintrag Umfang und Inhalt eines eingetragenen Rechts nicht in einer Weise verlautbart, die Zweifel ausschließt. Die Beschränkungen des § 71 Abs. 2 GBO gelten nicht, da Gegenstand eines Klarstellungsvermerks nie eine sachliche Änderung oder Berichtigung der Eintragung sein kann (BayObLGZ 2002, 30/31 m.w.N.; Demharter GBO 26. Aufl. § 53 Rn. 7, § 71 Rn. 47; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 485, 487). Rechtsbeschwerdeberechtigt ist auch der Beteiligte zu 1, obwohl er nicht Antragsteller, wohl aber neben der Beteiligten zu 2 auch Beschwerdeführer war.

Hingegen braucht sich der Senat nicht mit der noch ausstehenden Eintragung des Formwechsels der Beteiligten zu 2 zu befassen; denn dieser zwischen den Beteiligten und dem Grundbuchamt unstreitige Punkt ist nicht Gegenstand der Rechtsbeschwerde.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Eintragung einer Auflassung setze voraus, dass die erforderliche Einigung des Berechtigten und des anderen Teils erklärt werde. Der verlierende Teil müsse als solcher im Grundbuch voreingetragen sein. Da dies für den Beteiligten zu 1 nicht zutreffe, könne die von ihm erklärte Auflassung im Grundbuch nicht vollzogen werden. Eine Ausnahme von der Notwendigkeit der Voreintragung wegen Gesamtrechtsnachfolge liege nicht vor. Zwar vertrete die herrschende Meinung die Auffassung, dass beim Ausscheiden des einen von zwei Gesellschaftern das Vermögen dem verbliebenen Gesellschafter anwachse und die Gesellschaft zugleich erlösche, was hier zu einer Gesamtrechtsnachfolge des Beteiligten zu 1 nach der KG geführt hätte. Das Handelsregister habe die Verschmelzung jedoch als wirksam angesehen und eingetragen. Dem habe das Grundbuchamt entsprochen und die aufnehmende Gesellschaft aufgrund der Verschmelzung als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Das Grundbuch sei somit nicht unrichtig. Selbst wenn man jedoch eine Gesamtrechtsnachfolge des Beteiligten zu 1 annehmen würde, könnte die Auflassung nicht vollzogen werden, da dann (noch) die KG als Rechtsvorgängerin des Beteiligten zu 1 eingetragen sein müsste.

3. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Das Landgericht ist zutreffend von der Beschwerdeberechtigung auch des Beteiligten zu 1 ausgegangen. In Amtsverfahren, zu denen das Klarstellungsverfahren gehört (vgl. BayObLGZ 1959, 152/162; Holzer NotBZ 2008, 14/17 m.w.N.), ergibt sich die Beschwerdeberechtigung aus der mittelbaren oder unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung, wenn die angegriffene Entscheidung in dem vom Beschwerdeführer angesprochenen Sinne unrichtig wäre (z.B. OLG Hamm FGPrax 1995, 181/182). Jedenfalls wenn sich die begehrte Klarstellung auf die Eintragung einer Auflassung bezieht, ist die Beschwerdeberechtigung identisch mit dem Antragsrecht im Eintragungsantragsverfahren (Demharter § 71 Rn. 63 m.w.N.). Antragsberechtigt war hiernach auch der Beteiligte zu 1 als verlierender Teil. Dies ergibt sich hier zwar nicht bereits aus dem Grundbuchinhalt. Es genügt jedoch der schlüssige Vortrag, außerhalb des Grundbuchs als Rechtsnachfolger der KG durch Anwachsung Eigentümer der Grundstücke geworden zu sein (vgl. BGH NJW 1999, 2369/2370).

b) Erfolgte die Eigentumseintragung im Grundbuch zu Unrecht, etwa weil die Auflassung nichtig war, und holen die Beteiligten oder ihre Gesamtrechtsnachfolger dies durch eine wirksame Auflassung nach, so bedarf es keiner vorherigen Grundbuchberichtigung und auch keiner inhaltsgleichen Neueintragung (BGH NJW 1973, 613/614; NJW 2000, 805/806). Das Grundbuch wird ohne ein weiteres Eintragungserfordernis richtig (Böhringer NotBZ 2004, 13/14). Nichts anderes kann gelten, wenn es zu dem von den Beteiligten ursprünglich angenommenen Eigentumsübergang außerhalb des Grundbuchs nicht kam, etwa weil ein verschmelzungsfähiger Rechtsträger im Verschmelzungszeitpunkt nicht bestand, und später rechtsgeschäftlich die Auflassung nachgeholt wird. Anerkannt ist in derartigen Fällen, dass die nunmehr zweifelsfrei durch Auflassung geschaffene Grundlage der Eintragung klarstellend im Grundbuch vermerkt werden kann (Böhringer aaO.). Materiell notwendig ist dies nicht; empfehlenswert kann ein solcher Vermerk allemal sein. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass das Grundbuchamt regelmäßig nur solche Eintragungen vornehmen darf, die durch eine Rechtsnorm vorgeschrieben oder zugelassen sind. Die Zulässigkeit der Eintragung kann sich auch daraus ergeben, dass das materielle Recht an die Eintragung eine Rechtswirkung knüpft. Von überflüssigen Eintragungen ist das Grundbuch im Interesse der Übersichtlichkeit grundsätzlich freizuhalten (BayObLGZ 1995, 153/155; 2002, 30/32).

(1) Der begehrten Klarstellung der Eintragungsgrundlage für das im Grundbuch verlautbarte Eigentum der Beteiligten zu 2 kommt keine materielle Bedeutung zu (BayObLGZ 2002, 30/31 m.w.N.). Denn es ist unerheblich, ob der Eigentumswechsel aufgrund der vorangegangenen Verschmelzung oder aufgrund der nachfolgenden Auflassung stattgefunden hat. Die im Grundbuch verlautbarte Bezeichnung der Eintragungsgrundlage (vgl. § 9d GBV) nimmt am guten Glauben nicht teil (Böhringer NotBZ 2004, 13/14).

(2) Es kann dahin stehen, ob es überwiegend unwahrscheinlich oder gar ausgeschlossen ist (vgl. Böhringer aaO.; BayObLGZ 2002, 30/32; BayObLG MittBayNot 1979, 74/75 - letzter Abs.; OLG Jena FGPrax 2002, 199), dass ein Eigentumserwerb durch die verlautbarte Verschmelzung stattgefunden hat. Ein wirksamer Rechtsübergang infolge Verschmelzung verlangt einen verschmelzungsfähigen Rechtsträger. Ob ein solcher noch bestand, ist zweifelhaft, weil er wegen Erlöschens der KG möglicherweise untergegangen war (zum Streitstand siehe Eckardt NZG 2000, 449). Immerhin ist das Registergericht - freilich ohne das Grundbuchamt zu binden (vgl. hierzu BayOblG DNotZ 1990, 171 m. Anm. Kuntze) - davon ausgegangen, dass der Rechtsträger nicht vor der Verschmelzung untergegangen ist. Hiernach sind die Grundstücke, die unter Beachtung von § 28 GBO ausreichend in § 11 Abs. 1 VV bezeichnet wurden (BGH Rpfleger 2008, 247/249), Bestandteil der Verschmelzung geworden. Die bloße Fehlerhaftigkeit der Verschmelzung selbst durch Nichtübertragung von Anteilen der AG auf die GmbH wäre durch die Eintragung im Handelsregister der aufnehmenden Gesellschaft geheilt worden und die Wirkungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG eingetreten.

(3) Selbst wenn die Verschmelzung mangels eines übertragenden Rechtsträgers ins Leere gegangen wäre, bestehen Zweifel, dass die an der Auflassung Beteiligten nunmehr den Eigentumsübergang bewirkt haben. Eine wirksame, wenn auch nur feststellend wirkende Auflassung ist für die hier erstrebte klarstellende Eintragung unerlässlich. Sie muss zur Überzeugung des Grundbuchamts feststehen (vgl. § 20 GBO).

aa) Im Rahmen der Verschmelzung handelte auf Seiten des Berechtigten als des übertragenden Rechtsträgers die KG, bei der rechtsgeschäftlichen Auflassung hingegen der Beteiligte zu 1 als natürliche Person und ehemaliger Kommanditist. Als Gesamtrechtsnachfolger der KG kommt der Beteiligte zu 1, wollte man § 40 GBO entsprechend heranziehen (dazu BayObLG DNotZ 1990, 171), aber nur unter der weiteren Voraussetzung in Betracht, dass trotz der Unwirksamkeit der Verschmelzung die im gleichen Vertrag geregelte Auflösung der KG wirksam vereinbart war. Dies ist nicht anzunehmen, weil das Ausscheiden der KG nach Abschnitt II VV ausdrücklich in Abhängigkeit von der Wirksamkeit der Verschmelzung geregelt wurde (§ 139 BGB). Ob die vorausgesetzte Auflösung der KG gegenüber dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachzuweisen wäre (verneinend BayObLGZ 1959, 152/162; Holzer NotBZ 2008, 14/18), kann offenbleiben. Jedenfalls steht nicht fest, dass die KG für eine logische Sekunde vor der Verschmelzung wirksam aufgelöst war, was die Voraussetzung für den Rechtsübergang auf den Beteiligten zu 1 und dessen dadurch geschaffene Berechtigung wäre, den Eigentumsübergang zu bewirken (vgl. Demharter § 20 Rn. 39).

bb) Auch wenn der Beteiligte zu 1 durch den Vertrag vom 1.2.2000 materiell Gesamtrechtsnachfolger der KG geworden wäre, muss dessen Bewilligungsberechtigung dem Grundbuchamt nachgewiesen werden (Demharter § 40 Rn. 2 a.E.). Von diesem Nachweis kann, ebenso wie im "echten" Antragsverfahren, im Verfahren auf Klarstellung, auch wenn hier der Grundsatz der Amtsermittlung nach § 12 FGG gilt (Holzer aaO.), jedenfalls dann nicht abgesehen werden, wenn ansonsten eine dem Grundbuch sonst untypische Lücke in der Legitimationskette der Berechtigten vorhanden wäre und die nunmehr verlautbarte Eintragungsgrundlage auf eine betroffene Person verwiese, die nicht als der Berechtigte eingetragen ist (vgl. § 39 Abs. 1 GBO). In diesem Fall würde der Vermerk statt der erwünschten Klarstellung tatsächlich eher zur Verwirrung beitragen. Den Nachweis der Bewilligungsberechtigung kann der Beteiligte zu 1, wie ausgeführt, ebenfalls nicht erbringen.

Ende der Entscheidung

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