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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 12.09.2005
Aktenzeichen: 34 Wx 4/05
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 362 Abs. 1
BGB § 363
WEG § 21 Abs. 1
1. Erfüllungswirkung der Auszahlung eines Guthabens auf ein vom Wohnungseigentümer mitgeteiltes Bankkonto.

2. Dem einzelnen Wohnungseigentümer steht gegen die übrigen Wohnungseigentümer kein Anspruch auf Zahlung von voraussichtlichen Kosten für eine künftige Ersatzvornahme einer von ihm für notwendig erachteten Reparatur am Gemeinschaftseigentum zu. Bei Streit darüber, ob die Maßnahme zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört, muss sich der Wohnungseigentümer - gegebenenfalls gerichtlich - um eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer bemühen.


Tatbestand:

Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, der auch der Antragsgegner angehört. Sie macht gegenüber dem Antragsgegner eine Restforderung aus der bestandskräftigen Jahresabrechnung 2001 in Höhe von 1.909,83 EUR nebst Zinsen, Rücklastschrift- und vorgerichtlichen Mahnkosten geltend. Gegen diese unter den Beteiligten unstrittige Forderung hat der Antragsgegner mit zwei Gegenforderungen die Aufrechnung erklärt und hilfsweise beantragt, die Antragstellerin zu verpflichten, an ihn 2.444,55 EUR und 1.218, 58 EUR jeweils zuzüglich Zinsen zu bezahlen.

Er macht geltend, ein Betrag von 2.444,55 EUR stünde ihm noch aus der Jahresabrechnung 2000 zu. Die Verwalterin habe das Guthaben ohne sein Einverständnis auf das Bankkonto seiner Pächterin überwiesen, was er sich nicht zurechnen lassen müsse. Außerdem verlangt er die voraussichtlichen Reparaturkosten für den Austausch eines defekten Regelmoduls in Höhe von 1.218,58 EUR, das einen im Sondereigentum des Antragsgegners stehenden Warmwasserboiler steuert.

Das Amtsgericht hat den Antragsgegner durch Beschluss vom 19.7.2004 zur Zahlung von 1.909,83 EUR nebst Kosten und Zinsen verpflichtet. Eine Aufrechnung hat es nicht zugelassen. Dem hilfsweise gestellten Antrag des Antragsgegners auf Zahlung des Guthabens von 2.444,55 EUR aus der Jahresabrechnung 2000 hat das Amtsgericht stattgegeben, den Antrag auf Zahlung von Reparaturkosten dagegen abgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 21.12.2004 auch den Antrag des Antragsgegners auf Zahlung des Guthabens von 2.444,55 EUR abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat es zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners. Das zulässige Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Gründe:

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Dem Antragsgegner stehe ein Anspruch auf Zahlung des Guthabens aus der Abrechnung des Jahres 2000 nicht mehr zu, da die Antragstellerin den Betrag mit Erfüllungswirkung auf das Konto der Pächterin ausbezahlt habe. Auf das vom Antragsgegner am 19.3.1999 für den Bankeinzug bekannt gegebene Konto sei bereits die Gutschrift für das Jahr 1999 überwiesen worden. Der Antragsgegner habe hiervon Kenntnis gehabt. Auch in den Jahren zuvor sei dies so gehandhabt worden. Zudem sei der Antragsgegner durch die übersandte Einzelabrechnung informiert worden, dass für ihn Guthabensbeträge bestünden, die auf das von ihm benannte Konto überwiesen würden. Einwendungen habe er in der Folgezeit nicht erhoben. Die Antragstellerin habe daher davon ausgehen können, dass sie das Guthaben auf das benannte Konto überweisen dürfe.

Eine Erstattung der geltend gemachten Reparaturkosten komme nicht in Betracht. Die Reparatur sei keine Notmaßnahme im Sinne von § 21 Abs. 2 WEG, somit seien die Voraussetzungen für eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag nicht gegeben. Handele es sich nicht um eine Notgeschäftsführung, spreche eine Vermutung dafür, dass die fragliche Maßnahme nicht dem mutmaßlichen Willen der Wohnungseigentümer entspreche. Der Antragsgegner habe positive Kenntnis, dass die Miteigentümer nicht bereit seien, für die Reparaturkosten an dem Boiler aufzukommen.

Da die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Instanzen durch die unbegründeten Gegenanträge des Antragsgegners entstanden seien, sei es angemessen, die gesamten Kosten dem Antragsgegner aufzuerlegen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält in der Hauptsache der rechtlichen Nachprüfung stand.

Eine Aufrechnung gegen die feststehende Restforderung aus der Jahresabrechnung 2001 mit den bestrittenen, nicht rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen ist ausgeschlossen, wie bereits das Amtsgericht ausgeführt hat. Darüber hinaus stehen dem Antragsgegner die Forderungen, mit denen er aufgerechnet hat und deren Zahlung er hilfsweise begehrt, nicht zu.

a) Der Anspruch des Antragsgegners auf Zahlung von 2.444,55 EUR aus der Jahresabrechnung 2000 ist durch Erfüllung erloschen.

Grundsätzlich ist eine Geldschuld in bar, also durch Übereignung einer entsprechenden Anzahl von gesetzlichen Zahlungsmitteln, zu erfüllen. Sie kann aber jedenfalls dann auch durch Zahlung von "Buchgeld" erfüllt werden, wenn die Parteien dies - sei es auch stillschweigend - vereinbart haben; dabei ist es eine untergeordnete Frage, ob dann eine Leistung im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB oder eine Leistung an Erfüllungs statt im Sinne von § 363 BGB vorliegt (BGHZ 98, 24/30). Die Parteien können auch vereinbaren, dass die Leistung mit befreiender Wirkung auf ein Konto eines Dritten zu überweisen ist, der nicht Vertreter des Gläubigers ist (BGHZ 87, 156/163 m.w.N.).

(1) Wie das Landgericht rechtsfehlerfrei und damit für den Senat bindend (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO) festgestellt hat, hat der Antragsgegner der Verwalterin mit Schreiben vom 19.3.1999 eine neue Bankverbindung genannt. Bereits vor der Überweisung des strittigen Guthabens im Juli 2001 hatte die Verwalterin unbeanstandet eine Gutschrift auf dieses Konto überwiesen. Auch in der Vergangenheit hatte die Verwalterin sowohl Überweisungen als auch Lastschriften aus der Jahresabrechnung über das jeweilige vom Antragsgegner mitgeteilte Bankkonto abgewickelt. Der Antragsgegner war hierüber durch entsprechende Schreiben der Antragstellerin informiert worden, ohne Einwände zu erheben. Die Schlussfolgerung des Landgerichts, dass die Verwalterin angesichts dieser Umstände berechtigt war, eine weitere Gutschrift auf das am 19.3.1999 mitgeteilte Konto zu überweisen, ist nicht zu beanstanden.

(2) Die vom Antragsgegner im Rechtsbeschwerdeverfahren vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung. Eine ausdrückliche Beschränkung, wonach die Antragstellerin nur Lastschriften über das neue Konto abrechnen und Gutschriften auf das bisherige Konto überweisen sollte, enthielt die Mitteilung vom 19.3.1999 nicht. Dem Schreiben war nicht zu entnehmen, dass der Antragsgegner nicht der Inhaber des Kontos war und deshalb nur Abbuchungen erlauben wollte. Auch die Bezeichnung des Kontos als "Bankeinzug, neu" beinhaltete angesichts der bisherigen Handhabung keine solche Beschränkung. Das im Jahr 1997 mitgeteilte Konto, auf das nach Vorstellung des Antragsgegners die Zahlung für das Jahr 2001 hätte erfolgen sollen, war ebenfalls mit der Erklärung : "die Nebenkosten ... vom Konto ... abbuchen" bekannt gegeben worden. Dennoch hatte der Antragsgegner in der Folgezeit auch Gutschriften über diese Kontoverbindung gegen sich gelten lassen.

Auch der Hinweis des Antragsgegners auf einen handschriftlichen Vermerk auf der Abrechnung vom 28.6.2001 veranlasst keine andere Beurteilung. Tatsächlich wurde der Betrag nicht auf das dort handschriftlich vermerkte Konto des Antragsgegners erstattet. Wann der Vermerk angebracht wurde, ist unbekannt. Selbst der Antragsgegner benennt nur vage einen Zeitpunkt, der auch nach der am 10.7.2001 ausgeführten Überweisung liegen kann. Ohne Verstoß gegen § 12 FGG konnte das Landgericht unter diesen Umständen davon ausgehen, dass im Zeitpunkt des Überweisungsauftrags die am 19.3.1999 mitgeteilte Bankverbindung nach wie vor Gültigkeit hatte.

b) Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht auch den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung künftiger Aufwendungen für die Reparatur des defekten Regelmoduls abgelehnt.

Ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die Bezug genommen wird, ist auf folgendes hinzuweisen:

Als Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Forderung kommen weder § 21 Abs. 2 WEG noch § 683 BGB in Betracht, weil der Antragsgegner bislang keine Geschäftsführung vorgenommen hat und auch keine Aufwendungen hatte.

In der Sache begehrt er vielmehr die Kosten für eine künftige Ersatzvornahme einer von ihm für notwendig erachteten Reparatur an einem Gegenstand, den er dem Gemeinschaftseigentum zuordnet. Wäre der Gegenstand Sondereigentum, käme eine Kostenerstattung ohnehin nicht in Frage. Im Ergebnis kann die objektive Zuordnung (§ 5 Abs. 2 WEG) auf sich beruhen.

Grundsätzlich entscheidet die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 1 WEG darüber, ob und in welcher Weise Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchgeführt werden. Zwar hat der einzelne Wohnungseigentümer einen Anspruch auf ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 WEG). Besteht zwischen einem Wohnungseigentümer und der Gemeinschaft jedoch Streit darüber, ob eine Maßnahme zur ordnungsmäßigen Verwaltung gehört, muss sich der Wohnungseigentümer zunächst um eine Beschlussfassung über die strittige Maßnahme bemühen (Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 21 Rn. 89). Lehnen die Wohnungseigentümer den Antrag auf Durchführung der Maßnahme ab, hat der einzelne Wohnungseigentümer die Möglichkeit, diese Entscheidung nach § 43 Abs. 1 WEG gerichtlich prüfen zu lassen. Haben die Wohnungseigentümer eine Maßnahme, die allein ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, zu Unrecht abgelehnt, spricht das Gericht eine entsprechende Verpflichtung aus. Ein Recht zur Ersatzvornahme bzw. einen Anspruch auf Zahlung der Kosten für die Durchführung der Maßnahme im eigenen Namen billigt das Wohnungseigentumsrecht dem einzelnen Eigentümer nicht zu.

Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob durch das streitgegenständliche Modul erhebliche Schäden am Gemeinschaftseigentum drohen oder ob die Verwalterin bereits einmal im Jahr 2004 eine Reparatur des Moduls beauftragt hat. Denn damit könnte allenfalls eine Pflicht der Wohnungseigentümer zur Durchführung der Maßnahme begründet werden, nicht aber ein Recht des Antragsgegners zur Ersatzvornahme.

3. Gemäß § 47 Satz 1 WEG erscheint es angemessen, dem vollumfänglich unterlegenen Antragsgegner die in allen Instanzen angefallenen Gerichtskosten aufzuerlegen. Unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeinstanz entspricht es bezüglich der außergerichtlichen Kosten billigem Ermessen, dass der Antragsgegner die Hälfte der im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen hat. Denn die Aufrechnung mit Gegenansprüchen sowie die hilfsweise Geltendmachung der Reparaturkosten für das defekte Modul waren von vorneherein aus den bereits in der amtsgerichtlichen Entscheidung herausgestellten Gesichtspunkten erkennbar aussichtslos. Im Übrigen verbleibt es aber bei dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat (vgl. § 47 Satz 2 WEG). Dies rechtfertigt sich hinsichtlich der umstrittenen Gutschrift für das Abrechnungsjahr 2000 schon deswegen, weil Amtsgericht und Landgericht in der Sache unterschiedlich entschieden haben. Der Senat ändert die instanzgerichtlichen Kostenentscheidungen dementsprechend ab.

Der Geschäftswert ist für alle Instanzen auf 5.572,96 EUR festzusetzen (§ 48 Abs. 3 WEG). Da sowohl über den Antrag als auch über die beiden Eventualgegenanträge entschieden wurde, sind alle Ansprüche zusammenzurechnen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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