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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 16.06.2005
Aktenzeichen: 6 U 5806/04
Rechtsgebiete: UWG, MBO, HWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
MBO § 34
HWG § 7
Der von einem Pharmahersteller getätigte Abschluss eines Werbevertrags mit einem sog. Gesundheitsnetz, dem auch Ärzte angehören, lässt sich ohne Kenntnis der Rechtspersönlichkeit des Gesundheitsnetzes sowie der von diesem übernommenen Pflichten auch dann nicht wegen Beteiligung an einem Verstoß gegen das ärztliche Werbeverbot nach § 7 Abs. 1 HWG bzw. nach § 34 der Musterberufsordnung für Ärzte als unlauter im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG qualifizieren, wenn das Gesundheitsnetz aus dem Werbevertrag einen aus dem Umsatzzuwachs des Pharmaherstellers bemessenen Provisionsanspruch erwirbt.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 5806/04

Verkündet am 16.06.2005

In dem Rechtsstreit

wegen einstweiliger Verfügung

erläßt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2005 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 02. November 2004, Az. 9 HKO 18577/04, aufgehoben.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 01. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Gründe:

1. Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen.

2. Die zulässige Berufung erwies sich als sachlich begründet. Somit war das Ersturteil aufzuheben und der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

3. Ansprüche des Klägers können nicht auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 34 MBO oder auf § 7 HWG gestützt werden und auch nicht auf die Satzung des Klägers.

4. Ansprüche aus der Satzung des Klägers ergeben sich gegenüber der Beklagten schon deswegen nicht, weil diese nicht Mitglied beim Kläger ist.

5. Der Senat konnte nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien die tatsächlichen Voraussetzungen für die übrigen Anspruchsgrundlagen nicht feststellen.

6. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass die Beklagte mit etwa 10 - 12 Gesundheitsnetzen Werbeverträge in der Art der Anlage ASt1 abgeschlossen hat.

Unklar ist, wie diese Gesundheitsnetze organisiert sind und wer jeweils die Mitglieder dieser Gesundheitsnetze sind.

Die Beklagte spricht in ihrem Sachvortrag häufig von juristischen Personen, ohne jedoch im einzelnen darauf einzugehen, um welche juristischen Personen es sich handelt. Die Klagepartei ist der Auffassung, dass die Frage der juristischen Organisation eines Gesundheitsnetzes für die Entscheidung des vorliegenden Falles unbeachtlich sei. Sie ist der Auffassung, dass dem Gesundheitsnetz nur Ärzte angehören. Dies ist aber nicht unstreitig und kann auch nicht aus der Anlage AG 2 abgeleitet werden.

Dort ist lediglich festzustellen "hinter dem GNSW steht die Ärztegenossenschaft S eG". Daraus ergibt sich schon nicht, dass diese Genossenschaft Mitglied des Gesundheitsnetzes ist. Wer im übrigen diesem Gesundheitsnetz angehört, läßt sich der Anlage AG 2 nicht entnehmen.

Es kann weiter nicht festgestellt werden, welchen konkreten Inhalt die von der Beklagten abgeschlossenen Verträge haben. Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil dem Senat nicht bekannt ist, mit welchen Gesundheitsnetzen Verträge abgeschlossen worden sind. Die Beklagte hat sich darauf beschränkt, vorzutragen, mit welchem Gesundheitsnetz sie keine Verträge abgeschlossen hat.

Die Anlage ASt1 führt in dieser Hinsicht auch nicht weiter; denn in § 2 Abs. 1 dieses Vertragsentwurfes ist die Konkretisierung der Vertriebsmaßnahmen nicht erfolgt.

Nach dem Sachvortrag der Beklagten sind unter derartigen Vertriebsmaßnahmen z.B. zu verstehen Werbung im Internet, Vortragsinformationen und Aussendung von Außendienstmitarbeitern.

Dem Senat steht folglich kein einziger Fall zur Verfügung, in dem er sagen könnte, welchen konkreten Vertrag die Beklagte mit welchem konkreten Gesundheitsnetzwerk abgeschlossen hat.

7. Es fehlt an einer ausreichenden Tatsachengrundlage um feststellen zu können, dass §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 34 MBO bzw. § 7 HWG in einem Fall konkret verletzt seien. Insbesondere läßt sich nicht feststellen, dass sich ein konkreter Arzt für die Verordnung eines S-Präparats Vorteile für sich oder einen Dritten habe versprechen lassen.

Dies wäre allenfalls denkbar gewesen bei Ausgestaltung eines Gesundheitsnetzes als BGB-Gesellschaft. Dann könnte unter Umständen davon gesprochen werden, dass mit einem Arzt eine derartige - unzulässige - Vereinbarung geschlossen worden wäre und dass ebenfalls einem konkreten Arzt die daraus resultierenden Vorteile direkt auf sein Kapitalkonto zugeflossen wären.

Schon bei Ausgestaltung eines Gesundheitsnetzes als juristische Person wird keine Vereinbarung mit einem konkreten Arzt geschlossen und eine evtl. Provision fließt auch nicht direkt dem - verordnenden oder nicht verordnenden - Arzt zu, sondern unmittelbar der entsprechenden juristischen Person. Dass diese derartige Gelder an verordnende Ärzte durchleitet, ist nicht ersichtlich.

8. Die herangezogenen Anspruchsgrundlagen reichen nicht aus, die Handlungsweise der Beklagten so - rudimentär - wie sie sich im vorliegenden Verfahren darstellt, ganz allgemein als wettbewerbswidrige Korrumpierung der Ärzteschaft zu untersagen.

9. Kosten: § 91 ZPO.

Eines Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da das Verfahren hiermit rechtskräftig abgeschlossen ist.

Ende der Entscheidung

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