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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 13.09.2006
Aktenzeichen: 7 U 2912/06
Rechtsgebiete: ZPO, HGB


Vorschriften:

ZPO §§ 935 ff.
HGB § 16 Abs. 2
1. Ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung kann Mitaktionären im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht untersagt werden, wenn sich der Antragsteller mit wirksamen Mitteln gegen einen Vollzug des befürchteten Beschlusses zur Wehr setzen kann.

2. Bedarf es zum Vollzug der Eintragung in das Handelsregister, so kann mittels einstweiliger Verfügung dem Vorstand einer Aktiengesellschaft die Anmeldung des Beschlusses untersagt oder die Rücknahme eines bereits gestellten Eintragungsantrags geboten werden mit der Folge, dass eine Eintragung gemäß § 16 Abs. 2 HGB vorläufig unterbunden wird.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 2912/06

Verkündet am 13.09.2006

wegen einstweiliger Verfügung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch Richter am Oberlandesgericht Fiebig, Richterin am Oberlandesgericht Neumair und Richter am Oberlandesgericht Dr. Barwitz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.09.2006 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 16.03.2006 abgeändert und erhält in Ziffern I und II. folgende Fassung:

I. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 06.10.2005 (Az.: 5 HKO 19450/05) wird aufgehoben.

II. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

II. Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Verfügungsklägerin (im folgenden: Klägerin) erstrebt mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, Mitaktionären ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in einer Hauptversammlung der Verfügungsbeklagten (im folgenden: Beklagten zu 1)) zu untersagen.

Die Klägerin ist mit einem Anteil von 28.008 Aktien (das sind 27,01 %) zum Nennwert von 1 € am insgesamt € 103.704,00 ausmachenden Grundkapital der Beklagten zu 1) beteiligt. Die Beklagte zu 1) ist eine 1998 gegründete Aktiengesellschaft mit Sitz in P., deren Geschäftsgegenstand in der Entwicklung, Herstellung und dem Vertrieb von optischen Galvanometerscannern und Scannerköpfen liegt, die Beklagten zu 2) bis 9) sind Aktionäre der Beklagten zu 1).

In § 19 Abs. 4 (k) der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage ASt 4) ist geregelt, dass Einziehungsbeschlüsse zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung von 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals bedürfen.

Zeitgleich mit der formwechselnden Umwandlung der S. GmbH in die Beklagte zu 1) kam es am 18.12.1998 zum Abschluss einer Aktionärsvereinbarung (ASt 5), die unter anderem eingehende Regelungen hinsichtlich der Übertragung von Aktien enthält und die durch zwei Zusatzvereinbarungen ergänzt wurde.

In der Zweiten Zusatzvereinbarung zur Aktionärsvereinbarung (Anlage ASt 7), deren Wirksamkeit zwischen den Parteien umstritten ist, findet sich eine sog. "Change-of-Control-Klausel". Dort heißt es unter anderem:

"Sofern ein Aktionär keine natürliche Person, sondern eine in- oder ausländische Personen- oder Kapitalgesellschaft, gleich welcher Rechtsform, ist ("Gesellschaft"), dürfen die Gesellschaftsanteile an solchen Gesellschaften nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Aufsichtsrats der S. AG übertragen werden. ...

Im Falle der Verfügung über einen Geschäftsanteil ... ohne die erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats der S. AG ist die jeweilige Gesellschaft verpflichtet, ihre Aktien an der S. AG ohne Gegenleistung an einen oder mehrere von den sonstigen Aktionären der S. AG mit mindestens 75 % der von ihnen gehaltenen Aktien bestimmten/bestimmte Erwerber ... zu übertragen. Sollte eine solche Bestimmung eines oder mehrerer Erwerber durch die sonstigen Aktionäre nicht oder nicht hinsichtlich aller betroffenen Aktien bis spätestens drei Monate nachdem der Aufsichtsrat der S. AG von der Verletzung der vorbenannten Regelungen Kenntnis erlangt hat, erfolgt sein, ist die betroffene Gesellschaft verpflichtet, ihre Aktien an der S. AG ohne Gegenleistung zur Einziehung an die S. AG zu übertragen. ..."

Mit Schreiben vom 01.09.2005 lud die Beklagte zu 1) zu einer außerordentlichen Hauptversammlung am 12.10.2005 ein mit dem Beschlussvorschlag:

"(1) Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von EUR 103.704,00 wird um EUR 28.008,00 auf EUR 75.696,00 durch Einziehung der voll eingezahlten, auf den Namen lautenden 28.008 Stück Stammaktien des Aktionärs E. N.V., eingetragen im Aktienregister der Gesellschaft unter den laufenden Nummern 14.861 bis 24.140, 64.289 bis 82.848 und 93.984 bis 94.151 mit einem auf sie entfallenden Anteil am Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von EUR 1,00 je Aktie, d.h. insgesamt in Höhe von EUR 28.008,00, unmittelbar nach deren Erwerb durch die Gesellschaft gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 6 AktG im Wege der Kapitalherabsetzung im vereinfachten Verfahren gemäß § 237 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4, 5 AktG zum Zwecke der Beseitigung der Mitgliedsrechte des Aktionärs E. N.V. herabgesetzt.

Die weiteren Einzelheiten regelt der Vorstand. Der Vorstand wird ermächtigt, die einzuziehenden 28.008 Stück Stammaktien des Aktionärs E. N.V. bis zum 21. Oktober 2005 zum Zwecke der Einziehung nach Maßgabe dieses Beschlusses für die Gesellschaft zu erwerben. Das Entgelt bemisst sich nach der Bewertung der von der E. N.V. gehaltenen Aktien an der S. AG im Rahmen der jüngsten Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der E. N.V. vor Einberufung dieser Hauptversammlung, beträgt höchstens jedoch EUR 3 Mio. und ist unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage zu leisten; ein Betrag in Höhe von EUR 28.008,00, d.h. in Höhe des Anteils der Aktien am Grundkapital der Gesellschaft, ist in die Kapitalrücklage einzustellen.

Der Beschluss wird nur durchgeführt, wenn die Gesellschaft bis 21. Oktober 2005 sämtliche 28.008 Stück Stammaktien des Aktionärs E. N.V. erworben hat.

Mit Wirksamwerden der Einziehung wird § 4 der Satzung wie folgt geändert:

'Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt EUR 75.696,00 (in Worten: Euro fünfundsiebzigtausendsechshundertsechsundneunzig) und ist in 75.696 Stammaktien als Stückaktien eingeteilt.'

(2) Für den Fall, dass die Gesellschaft die einzuziehenden 28.008 Stück Stammaktien des Aktionärs E. N.V. nicht bis zum 21. Oktober 2005 durch Kauf- und Abtretungsvertrag unbedingt und unwiderruflich rechtswirksam erworben hat, werden diese 28.008 Stück Stammaktien des Aktionärs E. N.V. aufgrund der Gestattung nach § 19 Abs. 4 lit. k) der Satzung in Verbindung mit der Aktionärsvereinbarung der Gesellschaft in der Fassung der Zweiten Zusatzvereinbarung im Wege der Kapitalherabsetzung im vereinfachten Verfahren gemäß § 237 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4, 5 AktG gegen ein angemessenes Entgelt zum Zwecke der Beseitigung der Mitgliedsrechte des Aktionärs E. N.V. eingezogen. Das Entgelt bemisst sich nach der Bewertung der von der E. N.V. gehaltenen Aktien an der S. AG im Rahmen der jüngsten Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der E. N.V. vor Einberufung dieser Hauptversammlung, beträgt höchstens jedoch EUR 3 Mio. und ist unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage zu leisten; ein Betrag in Höhe von EUR 28.008,00, d.h. in Höhe des Anteils der Aktien am Grundkapital der Gesellschaft, ist in die Kapitalrücklage einzustellen. Die weiteren Einzelheiten regelt der Vorstand.

Mit Wirksamwerden der Einziehung wird § 4 der Satzung wie folgt geändert:

'Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt EUR 75.696,00 (in Worten: Euro fünfundsiebzigtausendsechshundertsechsundneunzig) und ist in 75.696 Stammaktien als Stückaktien eingeteilt.'"

Das Landgericht hat den Beklagten zu 2) bis 9) mit einstweiliger Verfügung vom 06.10.2005 untersagt, auf einer Hauptversammlung der Beklagten zu 1) für die Einziehung der Aktien der Klägerin, insbesondere für den oben wiedergegebenen Beschlussvorschlag zu stimmen. Auf den Widerspruch der Beklagten hat das Landgericht mit Endurteil vom 16.03.2006 die einstweilige Verfügung bestätigt.

Zwar dürfe den Aktionären mittels der einstweiligen Verfügung ein bestimmtes Abstimmungsverhalten nur ausnahmsweise untersagt werden, was der Fall sei, wenn auf andere Art und Weise effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet sei. Diese Voraussetzung sei hier gegeben. Ein Verfügungsanspruch der Klägerin bestehe, da die Beschlussfassung mangels Rechtsgrundlage für eine Zwangseinziehung der Aktien rechtswidrig sei. § 19 Abs. 4 Buchst. k) der Satzung bestimme nur ein Quorum, gebe jedoch keine Rechtsgrundlage für eine Zwangseinziehung. Die zweite Zusatzvereinbarung zur Aktionärsvereinbarung sei keine taugliche Rechtsgrundlage, da sie wegen Verstoßes gegen § 112 AktG nichtig sei. Es fehle an einer Vertretung der Beklagten zu 1) durch ihren Aufsichtsrat, was nach herrschender Meinung zur Nichtigkeit führe. Darüber hinaus sei die zweite Zusatzvereinbarung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, da dem Verlust der Mitgliedschaftsrechte keine materielle Kompensation gegenüber gestellt sei (Art. 14 GG).

Auch seien die Beklagten zu 2) bis 9) als Störer passiv legitimiert. Eine Begehungsgefahr müsse angenommen werden, da jedenfalls die nicht fernliegende Möglichkeit bestehe, dass die Beklagten zu 2) bis 9) in der Hauptversammlung dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zustimmten.

Auch bestehe ein Verfügungsgrund, da die Klägerin ein dringendes und schutzwürdiges Interesse bereits an der Verhinderung einer Beschlussfassung habe, auch wenn der Beschluss selbst noch der Umsetzung bedürfe. Insbesondere könne die Klägerin nicht auf ihre Sperrminorität verwiesen werden, da sie nach dem Rechtsgedanken der §§ 47 Abs. 4 GmbHG und 136 Abs. 1 AktG bei der Beschlussfassung vom Stimmrecht ausgeschlossen sei. Auch sei der drohende Beschluss nicht nichtig, so dass der Vorstand ihn zur Eintragung im Handelsregister anmelden könne. Der Klägerin sei es nicht zuzumuten, darauf zu vertrauen, dass das Registergericht mit Blick auf eine mögliche Anfechtungsklage nicht eintrage.

Gegen das Urteil des Landgerichts richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag, unter Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung die einstweilige Verfügung vom 06.10.2005 aufzuheben.

Das Landgericht habe übersehen, dass vorbeugender Rechtsschutz nur stattfinden dürfe, wenn irreversible Folgen der Beschlussfassung drohen und das Gebot des geringst möglichen Eingriffs gewahrt sei. An diesen Voraussetzungen fehle es hier.

Zu Unrecht habe das Landgericht auch einen Verfügungsanspruch bejaht und dabei übergangen, dass der Beschlussvorschlag in erster Linie einen rechtsgeschäftlichen Erwerb der Aktien der Klägerin vorgesehen habe.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist erfolgreich. Sie rügt zu Recht, dass die Voraussetzungen der Zulässigkeit vorbeugenden (einstweiligen) Rechtschutzes gegen die Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung hier nicht gegeben sind.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Untersagung eines bestimmten Abstimmungsverhaltens mit den Mitteln einer einstweiligen Verfügung nur in Ausnahmefällen statthaft ist, in denen auf andere Art und Weise effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet werden kann. Ein solchermaßen vorbeugender Rechtsschutz verhindert nämlich bereits die vom Gesetzgeber vorgesehene Willensbildung durch Beschlussfassung in der Gesellschaft und stellt sich daher als gewichtiger Eingriff dar (vgl. dazu Hüffer, Münchner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., RdNr. 143 zu § 243 AktG).

Dementsprechend hat die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte für die Untersagung eines Stimmverhaltens mittels einstweiliger Verfügung - soweit ersichtlich bisher nur in Bezug auf die Willensbildung in der GmbH - überaus strenge Anforderungen aufgestellt. Gerechtfertigt wird die Zulässigkeit eines Eingriffs in die innergesellschaftliche Willensbildung im wesentlichen vor dem Hintergrund der aus Art. 19 Abs. 4 GG zu entnehmenden Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes und der im Einzelfall bestehenden Gefahr, dass fehlerhafte Beschlüsse zu vollendeten Tatsachen führen und Folgen zeitigen, die mit den Mitteln nachgehenden Rechtsschutzes nicht mehr hinreichend beseitigt werden können.

Folglich kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur dann in Betracht, wenn anderenfalls wirksamer Rechtsschutz versagt bliebe, wobei als Kriterien die besondere Schutzbedürftigkeit des Antragstellers und die Eindeutigkeit der Rechtslage angeführt werden (OLG München, Beschluss vom 20.07.1998, NZG 1999, 407 mit zustimmender Anmerkung von Michalski/Schulenburg; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.05.2005, NZG 2005, 633; OLG Hamburg, Urteil vom 28.06.1991, NJW 1992, 186). Ergänzend hat in jedem Falle eine Prüfung stattzufinden, ob die begehrte einstweilige Verfügung nicht am Gebot des geringst möglichen Eingriffs scheitert (OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.02.1997, GmbHR 1997, 312, 313).

2. Daran gemessen sind die Voraussetzungen für eine schon die Beschlussfassung verhindernde einstweilige Verfügung hier nicht gegeben. Vielmehr ist es der Klägerin zuzumuten, die Beschlussfassung in der Hauptversammlung der Beklagten zu 1) abzuwarten und sich im von ihr befürchteten Falle ihr nachteiliger Beschlussfassung mit den Mitteln des nachträglichen Rechtsschutzes zur Wehr zu setzen.

Das Landgericht hat seine gegenteilige Auffassung damit begründet (Seite 19 f der Urteilsgründe), dass die Klägerin ein dringendes und schutzwürdiges Interesse daran habe, bereits die Beschlussfassung über die Ermöglichung der Einziehung ihrer Aktien auf der Basis dieses Beschlusses zu verhindern. Dieser Beschluss sei die Grundlage für den Verlust des Eigentums an den Aktien, auch wenn er selbst noch der Umsetzung bedürfe. Die Möglichkeit des nachträglichen Rechtsschutzes sei vorliegend ausnahmsweise nicht ausreichend. Da der Beschluss nicht nichtig sei, beseitige erst eine erfolgreiche Anfechtungsklage dessen Wirkungen mit Rechtskraft. Jedenfalls habe der Vorstand nach dem Ablauf der Frist zum 21.10.2005 die Anmeldung zum Handelsregister vornehmen können. Vom Registergericht sei in der Folge ausschließlich eine Ermessensentscheidung über die Aussetzung des Eintragungsverfahrens zu treffen gewesen (§ 127 FGG). In einer derartigen Situation sei es der Klägerin nicht zuzumuten, auf eine Entscheidung dahingehend zu vertrauen, dass das Registergericht mit Blick auf eine mögliche Anfechtungsklage die Eintragung ablehnt.

Hiergegen wendet die Berufung zu Recht ein, dass das Landgericht weder geprüft habe, ob der Klägerin bei Verweis auf die Möglichkeiten nachträglichen Rechtsschutzes irreversibler Schaden drohe, noch die Frage nach der Beachtung des Gebots des geringst möglichen Eingriff gestellt habe.

Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang lediglich die Möglichkeit der Anfechtungsklage nach Beschlussfassung in Betracht gezogen und dazu resümiert, der Klägerin seien die Unwägbarkeiten einer Ermessensentscheidung nach § 127 FGG nicht zuzumuten.

Dies greift zu kurz. Insbesondere ist das Landgericht nicht auf die Frage eingegangen, ob sich die Klägerin nicht wirksam mit den Mitteln einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen drohenden Rechtsverlust mit Vollzug des Beschlusses durch Eintragung in das Handelsregister zur Wehr setzen kann.

In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin nicht bereits deshalb hinreichend geschützt wäre, weil die Erhebung einer nicht ersichtlich unzulässigen oder offenkundig unbegründeten Anfechtungsklage ohnehin zu einer faktischen Registersperre (vgl. dazu Hüffer, AktG 7. Aufl., RdNr. 53 zu § 243 AktG) führt, die Ausgangspunkt für die Einführung des Freigabeverfahrens nach § 246 a AktG war. Die Klägerin hatte nämlich auch nach Fassung des von ihr befürchteten Beschlusses hinreichend wirksame Rechtsschutzmittel, um den Vollzug des Beschlusses durch Eintragung und damit die Schaffung ihr nachteiliger Fakten zu verhindern.

Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach dem vom Vorstand unterbreiteten Beschlussvorschlag eine unmittelbare Vollziehung nicht drohte. Vielmehr war danach eine Frist von 9 Tagen ab Beschlussfassung für die Ermöglichung einer Einigung über den rechtsgeschäftlichen Erwerb der Aktien der Klägerin vorgeschrieben. Mithin konnte eine Einziehungserklärung des Vorstands nicht vor dem 22.10.2005 abgegeben werden. Bereits in diesem Zeitraum hatte die Klägerin die Möglichkeit, die von ihr befürchtete Handelsregistereintragung mit den Mitteln des vorläufigen Rechtsschutzes nach§ 16 Abs. 2 HGB in Verbindung mit den § 935 ff. ZPO zu verhindern. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass eine einstweilige Verfügung im Sinne der §§ 935 ff. ZPO mit dem Inhalt erlassen werden kann, dem Vorstand einer Aktiengesellschaft die Anmeldung eines Gesellschafterbeschlusses zur Eintragung in das Handelsregister zu untersagen oder einen bereits gestellten Eintragungsantrag wieder zurückzunehmen. Nach § 16 Abs. 2 HGB kann die Eintragung in das Handelsregister dadurch verhindert werden, dass eine einstweilige Verfügung erwirkt wird, in der die Eintragung für unzulässig erklärt wird (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13.10.2004, WM 2004, 2354; Hüffer im Münchner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., RdNr. 144 zu § 243 AktG). Mithin ist auch nach Eingang des Eintragungsantrags beim Registergericht die Möglichkeit wirksamen vorbeugenden (einstweiligen) Rechtsschutzes eröffnet.

3. Von daher bestand kein Verfügungsgrund dafür, den Beklagten zu 2) bis 9) bereits ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in einer Hauptversammlung der Beklagten zu 1) zu untersagen. Darüber hinaus wird die Bestätigung der erlassenen einstweiligen Verfügung durch das Landgericht auch nicht dem Grundsatz des geringst möglichen Eingriffs gerecht. Insoweit weist die Berufungsbegründung zu Recht darauf hin, dass Gegenstand des Beschlussvorschlags des Vorstands der Beklagten zu 1) nicht ausschließlich eine Zwangseinziehung der Aktien der Klägerin war, sondern auch und in erster Linie die Ermöglichung eines rechtsgeschäftlichen Erwerbs der Aktien der Klägerin durch die Beklagte zu 1). Durch die Unterbindung einer entsprechenden Beschlussfassung würde mithin nicht nur die Zwangseinziehung der Aktien der Klägerin verhindert, sondern auch das Erreichen des vorrangig angestrebten Ziels eines rechtsgeschäftlichen Erwerbs der Aktien durch die Beklagte zu 1) mit nachfolgender Einziehung der Aktien unter Kapitalherabsetzung im vereinfachten Verfahren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6 ZPO.

Ende der Entscheidung

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