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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 01.12.1999
Aktenzeichen: 7 U 3522/99
Rechtsgebiete: BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 366 Abs. 2
BGB § 459 ff.
BGB § 459 I
HGB § 377
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
Leitsatz:

Das Fehlen kaufvertraglich vereinbarter Werkstoffnormen, Prüfzeugnisse, Zertifikate oder Gebrauchstauglichkeitsnachweise kann ein Qualitätsmangel sein. Das Vorliegen entsprechender Beschaffenheitsmerkmale hat der Käufer bei Ablieferung zu überprüfen; Mängel sind im kaufmännischen Geschäftsverkehr unverzüglich zu rügen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 3522/99 15 HKO 8691/97 LG München I

Verkündet am 01. Dezember 1999

Die Urkundsbeamtin: Justizangestellte

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erläßt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Goller und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01. Dezember 1999 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 28.04.1999 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 170.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte kann die Sicherheit auch durch eine Prozeßbürgschaft der Raiffeisenbank Feldkirchen erbringen.

IV. Der Wert der Beschwer, der Beklagten im Berufungsverfahren übersteigt 60.000,-- DM.

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von 127.771,75 DM als Kaufpreis für im Jahr 1996 gelieferte Materialien.

Die Klägerin ist Herstellerin von Abdichtungsmaterial, die Beklagte betreibt einen Dachdeckerbetrieb. Zwischen den Parteien besteht eine Langjährige Geschäftsbeziehung.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin eine offene (Rest-) Kaufpreisschuld aus insgesamt 21 Warenlieferungen im Zeitraum Juli mit September 1996 gemäß Rechnungen. K 2 mit K 24 geltend gemacht, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Die Zahlung der Kaufpreisschuld hat die Beklagte verweigert mit der Begründung, Gegenansprüche in mindestens gleicher Höhe aufgrund Gewährleistungshaftung der Klägerin wegen Ende 93/94 gelieferter mangelhafter Ware zu haben.

Diesem Einwand liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ende 93 erhielt die Beklagte von der LHSt München als ARGE-Partner einer Landschaftsbaufirma den Auftrag, die in einer offenen Fassade eines Parkgebäudes integrierten und der Witterung ausgesetzten Pflanztröge abzudichten, um dort Verpflanzungsarbeiten durchzuführen. Als Abdichtungsmaterial war laut Leistungsverzeichnis vom 13.09.93 (Anlage zu Bl. 70) "Sarnafil TG 55/25 oder gleichwertig" vorgesehen. Das Material Sarnafil TG 55/25 und Sarnafil TG 55/20 bezog die Beklagte von der Klägerin. Lieferungen erfolgten ab Ende 93/Anfang 94. Die Abdichtungsarbeiten in den Trögen wurden von diesem Zeitpunkt an von der Beklagten ausgeführt.

Mit Schreiben vom 29.12.1994 (Anlage B 3) teilte die Beklagte der Klägerin mit "Material bricht im Bereich der Knickpunkte der Quetschfalte und führt zu Undichtigkeiten". Am 05.02.1997 kündigte die LHSt München den Auftrag wegen vorhandener Mängel der Abdichtungs/Bepflanzungsarbeiten mit Ausnahme von bereits am 03.12.1996 teilweise abgenommener Pflanztröge und stellte Schadensersatzansprüche in Aussicht. Die Rechnung für insgesamt 16 Tröge in Höhe von 25.132,79 DM blieb unbezahlt.

Zur Begründung der Klageforderung hat die Klägerin vorgetragen, die 1996 fakturierten Lieferungen seien ordnungsgemäß erfolgt. Die Kaufpreisschuld sei - auch nicht teilweise - durch eine von der Beklagten vorprozessual geleistete Zahlung erfüllt. Soweit die Beklagte am 18.10.1996 den Betrag von 98.240,33 DM an sie bezahlt habe, sei diese Summe zur Tilgung jeweils älterer Schulden gemäß Tilgungsbestimmung der Klägerin verwendet worden.

Gegenansprüche der Beklagten im Zusammenhang mit der Lieferung von Abdichtungsmaterial für Pflanztröge seien unbegründet. Gewährleistungsansprüche seien nicht gegeben. Das von der Klägerin für dieses Bauvorhaben gelieferte Abdichtungsmaterial sei vertragsgemäß mängelfrei geliefert worden und für den vorgesehenen Zweck auch geeignet. Längen- oder Breitenmaßänderungen seien als Ursache für die bei den Pflanztrögen aufgetretenen Durchnässungen auszuschließen, die Folien hätten den DIN-Vorschriften entsprochen und es liege ein Prüfungszertifikat vor. Eine Undichtigkeit des Materials bestehe nicht.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 127.271,95 nebst 5 % Zinsen hieraus für die Zeit vom 28.10.1996 bis 24.01.1997, aus DM 131.531,53 für die Zeit vom 25.01.1997 bis 27.01.1997 und aus DM 127.271,75 seit 28.01.1997 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von DM 2.157,87 und DM 30 vorgerichtliche Mahnkosten zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat teilweise Erfüllung des Kaufpreises eingewandt und vorgetragen auf die streitgegenständlichen Rechnungen K 5, K 14, K 15 sei ein Betrag in Höhe von 98.240,33 DM bezahlt und bei Zahlung auch eine entsprechende Verrechnungsbestimmung getroffen worden.

Der danach noch offene Restbetrag sei nicht geschuldet.

Das von der Klägerin zur Abdichtung der Pflanztröge gelieferte Material Sarnafil TG 55/25 bzw. TG 55/20 sei mangelhaft gewesen. Infolgedessen sei es wiederholt zu Durchnässungen in den damit ausgekleideten Blumentrögen gekommen. Hauptursache hierfür sei eine Längenänderung des lose verlegten Abdichtungsmaterials gewesen. Das Abdichtungsmaterial sei generell nicht geeignet und kein erprobter Werkstoff i.S.v. DIN 18531. In Höhe von 25.131,95 stehe der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu, da ihre Auftraggeberin, die LHSt München, die Rechnungen der Beklagten wegen insgesamt 16 betroffener Tröge nicht ausgeglichen habe. Insoweit könne die Beklagte auch aufrechnen. Da das Material generell unbrauchbar sei, sei überhaupt keine Vergütung geschuldet. In Höhe von 64.032,83 DM könne sie ebenfalls aufrechnen. Dies gelte auch für Nebenkosten in Höhe von 25.000 DM. In Höhe von 40.000 DM habe sie ein Zurückbehaltungsrecht, da die LHSt München Ersatzvornahmehandlungen mit Kosten in dieser Höhe in Aussicht gestellt habe.

Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache stattgegeben.

Zur Begründung ist ausgeführt, die Beklagte schulde den geltend gemachten Kaufpreis gemäß Rechnungen vom 23.07. bis 18.09.1996. Mit Zahlung von 98.240,33 DM habe die Beklagte diese Rechnungen - auch nicht teilweise - bezahlt, da hiermit die jeweils älteren Schulden getilgt worden seien. Eine konkrete Tilgungsbestimmung habe die Beklagte nicht getroffen, so daß jedenfalls § 366 Abs. 2 BGB greife.

Gegenansprüche der Beklagten aus, der Lieferung von Abdichtungsmaterial für die Blumentröge seien nicht begründet. Aufgrund der gutachtlichen Darlegungen, denen das Landgericht folge, seien die von der Beklagten behaupteten Qualitätsmängel nicht gegeben. Mögliche Ursachen der Feuchtigkeitsschäden lägen keinesfalls im Verantwortungsbereich der Klägerin. Bedenken gegen die Verwendbarkeit der Folie bestünden aus sachverständiger Sicht auch nicht deswegen, weil eine bauaufsichtliche Zulassung oder ein Prüfzertifikat nicht vorliege.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Sie beanstandet die Klageforderung nur noch insoweit, als in der Rechnung vom 21.08.1996 (Rechnungs-Nr. 581197) der Einzelpreis für T Blitzschutzdrahteinfassungen mit DM 18,75 in Ansatz gebracht worden sei, obwohl ein Einzelpreis von 15 DM zwischen den Parteien vereinbart gewesen sei.

Hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit der für die Blumentröge gelieferten Folien und eines deswegen bestehenden Minderungsrechts der Beklagten "auf Null" wiederholt sie ihr erstinstanzielles Vorbringen. Insbesondere macht sie geltend, das von der Klägerin gelieferte Produkt sei mangelhaft, weil keine bauaufsichtliche Zulassung oder ein die Folien betreffendes Prüfzeichen vorliege. Für das Produkt existierten keine Werkstoffnormen und die Verwendung nach DIN 18195 Teil 5 und Teil 7 sei nicht zulässig. Zudem sei das Produkt erst seit 1992 eingesetzt worden, so daß ein Tauglichkeitsnachweis nicht geführt werden könne. Angesichts dieser zur Gewährleistung verpflichtenden Mängel komme es nicht darauf an, ob - wie der Sachverständige in der ersten Instanz ausgeführt habe - Verlegungsfehler der Beklagten und hierauf beruhende Durchnässungen vorgelegen haben oder nicht. Den bereits erstinstanzlich erhobenen Vorwurf fehlender Aufklärung darüber, daß das Material aufgrund der vorgenannten Mängel den Anforderungen nach allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht entspreche, hält sie aufrecht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 28.04.1999 - Az.: 15 HKO 8691/97 - wird aufgehoben, soweit der Klage stattgegeben wurde.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Auch die Klägerin wiederholt ihren erstinstanziellen Vortrag und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Hinsichtlich der von der Beklagten in der Berufungsinstanz noch beanstandeten Rechnungshöhe betreffend die Rechnung Nr. 581195 stellt sie eine Vereinbarung eines niedrigeren Preises für die Blitzschutzdrahteinfassungen in Abrede. Das insoweit unter Beweis gestellte Vorbringen der Beklagten hält sie für unschlüssig.

Hinsichtlich der behaupteten Fehlerhaftigkeit der gelieferten Folien verweist sie auf ihren Vortrag in der ersten Instanz. Sie trägt ergänzend vor, die zur Abdichtung der Blumentröge gelieferten Materialen würden laufend überprüft und die Prüfungsergebnisse auch dokumentiert. Die Tauglichkeit des Materials, das seit 1991 verkauft werde, sei nachgewiesen. Zwischenzeitlich seien ca. 20 Mio. m2 verlegt worden, ohne daß es Beanstandungen gegeben habe. Ein Beratungsverschulden stellt sie angesichts der Tatsache, daß die Beklagte die betreffenden Folien bereits zweimal verarbeitet habe und die Beklagte selbst die Entscheidung getroffen habe, die Folien zur Abdichtung zu verwenden - ohne daß die Klägerin hierauf Einfluß genommen hätte - in Abrede.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Auf den Inhalt des Gutachtens vom 10.08./11.09.1998 (Bl. 73/102 d.A.) und die ergänzenden Ausführungen (Bl. 120/128 d.A.) sowie die mündlichen Darlegungen des Sachverständigen im Kammertermin wird Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, den Tatbestand des angefochtenen Urteils und den gesamten übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Kaufpreises für der Beklagten gelieferte Materialien in Höhe von DM 127.271,75. Gegenansprüche der Beklagten aus behaupteter Sachmängelhaftung der Klägerin wegen Lieferung mangelhaften Abdichtungsmaterials bestehen nicht.

1) Die Beklagte schuldet den Restbetrag aus der Rechnung vom 21.08.1996 - Rechnungs-Nr. 5581195 - (Anlage K 17) i.H.v. 64,69 DM. Unstreitig hat die Klägerin die der Rechnung zugrundeliegende Warenlieferung - u.a. 15 T- Blitzschutzdrahteinfassungen Sernafil T ausgeführt und mit 18,75 DM pro Stück berechnet. Auf den Gesamtbetrag von 17.957, 25 DM hat die Beklagte unstreitig mittels Schecks nur 17.892,56 DM bezahlt, so daß ein Restbetrag von 64,69 DM noch offen steht.

Die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten, für die Blitzschutzdrahteinfassungen sei ein Einzelpreis von 15 DM vereinbart worden, ist angesichts des Bestreitens der Klägerin nicht ausreichend substantiiert. Konkrete Tatsachen über das Zustandekommen einer dahingehenden Abmachung - insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts der Absprache und der hieran beteiligten Personen - sind nicht vorgetragen. Die mangelnde Schlüssigkeit hat die Klägerin zurecht beanstandet. Da dem Beweisantritt die ausreichende Bestimmtheit der zu ermittelnden Tatsachen fehlt, war der angebotene Beweis daher nicht zu erheben.

2) Gegenansprüche der Beklagten gemäß §§ 459 ff BGB bestehe nicht.

a) Gegenstand des zwischen den Parteien - unstreitig - zustandegekommenen Lieferkaufs war das Abdichtungsmaterial Sarnafil TG 55/25 bzw. TG 55/20 aus der Produktion der Klägerin, das die Beklagte als Werkunternehmerin im Rahmen der Ausschreibung der LHSt München zur Abdichtung der Blumentröge angeboten hat.

Nach dem Leistungsverzeichnis vom 13.09.1993 (Anlage zu Bl. 70 d.A.) waren von der LHSt München für das Abdichtungsmaterial "wurzelfester Kunststoff, schrumpffreie Kunststoffdichtungsbahnen auf der Basis flexibler Polyolifine mit Glasfließträger" als Qualitätsmerkmale vorgegeben.

Welchen konkreten Inhalt die Liefervereinbarung zwischen den Parteien hatte, hat die Beklagte nicht dargelegt, insbesondere nicht, daß sie weitergehende als die vorgenannten Produktmerkmale des Materials, insbesondere die Beschaffenheitsangaben - DIN-Normen, Prüfzeugnisse, Gebrauchtauglichkeitsnachweis oder Werkstoffnormen - beinhaltete oder solche von der Klägerin zugesagt worden sind.

Zugunsten der Beklagten ist zu unterstellen, daß der Klägerin der Verwendungszweck der Folien bekannt war.

b) Für ihre Behauptung, das von der Klägerin ab Ende 93/Anfang 94 gelieferte Material, das von diesem Zeitpunkt an von der Beklagten verarbeitet wurde, sei mängelbehaftet gewesen und habe nicht die Eigenschaften aufgewiesen, die die Parteien bei Abschluß des Vertrags gemeinsam vorausgesetzt haben, war die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig, ebenso dafür, daß sie, die gelieferten Produkte rechtzeitig untersucht und festgestellte Mängel gegenüber der Klägerin gerügt hat.

Den Beweis für ihre Behauptung, die tatsächliche Beschaffenheit des von der Klägerin gelieferten Materials sei von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abgewichen hat die Beklagte indessen nicht geführt.

Ob die Beklagte die von ihr vorgetragenen Materialfehler - Längenänderung des lose verlegten Abdichtungsmaterials mit Hohlkehlenbildung, sowie insbesondere Kontraktionen bei Frosteinwirkung - rechtzeitig gerügt hat, ist zweifelhaft, weil die Abdichtungsfolien bereits ab Ende 93 geliefert und verarbeitet worden sind. Diese Frage kann jedoch dahinstehen. Die Rügepflicht ist insoweit nämlich deswegen nicht relevant, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats feststeht, daß die behaupteten Mängel nicht vorliegen und die gelieferten Folien zur Abdichtung der Tröge auch geeignet waren.

Der gerichtlich beauftragte Sachverständige, hat das Folienmaterial vor Ort einem Trog entnommen und festgestellt, daß Beschädigungen in Form von Rissen oder Dehnungen in der Folie bei dem besichtigten Trog, der Durchnässungen aufgewiesen hat, nicht vorhanden waren. Soweit sich im Übergangsbereich Boden/Wand eine Ausrundung - Hohlkehle - befunden habe, sei dies für eine dauerhafte Trogabdichtung unbedenklich, wobei das rechtswinklige Abdichten wegen der Steifheit des Materials nicht möglich, aber auch nicht erforderlich sei. Das Entstehen der Hohlkehle infolge einer Schrumpfung der Folie hat der Sachverständige definitiv ausgeschlossen. Ein Schwund bei Temparaturschwankungen - auch bei Abkühlung - sei kleiner als 0,1 %, wobei diese Längenänderungen bei dem vorliegend gegebenen sehr kurzen Maß von circa nur 2,50 Meter keine Rolle spiele.

Nach der zusammenfassenden Beurteilung des Sachverständigen waren die Durchfeuchtungen in den Trögen nicht auf Mängel der Folien zurückzuführen. Der Sachverständige hat vielmehr festgestellt, daß die Feuchtigkeitsschäden höchstwahrscheinlich auf unsachgemäße Verlegearbeiten zurückzuführen seien, ihre Ursache jedenfalls nicht im Risikobereich der Klägerin zu suchen sei.

Diese Darlegungen des Sachverständigen, der das Material überprüft hat, sind plausibel und nachvollziehbar. Sie sind klar und einleuchtend und führen zu einsichtigen Ergebnissen. Den überzeugenden gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen schließt sich der Senat an.

Die von der Beklagten gegen das Gutachten gerichteten Einwände rechtfertigen keine andere Beurteilung. Insbesondere hat der Sachverständige klargestellt, daß das Material auch bei Kälteeinwirkungen keine erheblichen Kontraktionen, die die Durchfeuchtungen der Tröge zufolge haben könnte, aufweist. Da an der Sachkunde des Sachverständigen keine begründeten Zweifel bestehen, ist die Erholung des von der Beklagten beantragten Obergutachtens nicht veranlaßt.

c) Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt eine Sachmängelhaftung der Klägerin auch nicht deswegen vor, weil - so die von der Klägerin bestrittene Behauptung der Beklagten - die Folie deswegen mangelhaft sei, weil für sie keine Werkstoffnorm bestehe, das Folienmaterial nach DIN 18195 Teil 5 oder nach DIN 18195 Teil 7 nicht zugelassen sei und weder eine relevante Langzeitbewährung noch ein Prüfzeichen vorliege.

Ob derartige Beschaffenheitsangaben Gegenstand der kaufvertraglichen Liefervereinbarung waren oder ob sich die Klägerin in einer Leistungsbeschreibung ihrer Produkte auf die Normen und Qualitätsstandards insoweit berufen hat, hat die Beklagte nicht dargelegt, kann aber auf sich beruhen, weil jedenfalls die Voraussetzungen des § 377 HGB nicht erfüllt sind.

Das Fehlen von Werksnormen, Prüfzeugnissen, Zertifikaten oder Gebrauchstauglichkeitsnachweisen nach DIN-Normen als Indiz für einen bestimmten gesicherten Qualitätsstandard kann - eine entsprechende kaufvertragliche Vereinbarung unterstellt - als Qualitätsmangel nach § 459 I BGB zu beurteilen sein, wobei es dem Käufer obliegt, das Vorliegen solcher Beschaffenheitsmerkmale bei Ablieferung zu überprüfen und Nichtvorhandensein unverzüglich zu rügen (§ 377 I HGB).

Daß sie insoweit ihrer Untersuchungs- und Rügepflicht nachgekommen ist, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Sachgerechte Feststellungen darüber, ob die Folien einer zuverlässigen, unabhängigen Güteprüfung unterzogen worden sind, die ihren Ausdruck in der Erteilung eines Prüfzeichens oder einer sonstigen Zertifizierung gefunden hat, ob für sie DIN-Normen bestehen etc. konnte die Beklagte ohne erheblichen kosten-, zeit- und prüftechnischen Aufwand durch Einholung entsprechender Informationen treffen und das Nichtvorhandensein gegebenenfalls rügen.

Eine Untersuchung bzw. Rüge durfte die Beklagte schon deswegen nicht unterlassen, weil es auch im Interesse der Klägerin lag, insoweit eine sachgerechte Aufklärung zu leisten und nicht nach Ablauf von nunmehr 5 Jahren mit Rügen konfrontiert zu werden, die - soweit ersichtlich - erstmals im vorliegenden Verfahren erhoben wurden.

Da es mithin einer alsbaldigen Rüge bedurfte, die Beklagte aber nicht rechtzeitig rügte, gilt die Ware als genehmigt. Sie kann weder Gewährleistungsansprüche noch einen Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung geltend machen, es sei denn, die Klägerin hätte die Abwesenheit derartiger Fehler arglistig verschwiegen, was die Beklagte aber nicht dargelegt hat und wofür sich auch keine Anhaltspunkte ergeben.

3) Schadensersatz wegen schuldhafter Verletzung von Beratungspflichten als Nebenleistung des Kaufvertrags kann die Beklagte nicht verlangen. Abgesehen davon, daß - wie ausgeführt - die von der Klägerin gelieferte Folien zur Abdichtung der Tröge geeignet waren und mängelfrei geliefert wurden, spricht nichts dafür, daß die Beklagte als Fachfirma, die - unstreitig - bereits zuvor mit dem streitgegenständlichen Material gearbeitet und ihrer Auftraggeberin, der LHSt München, die Folien als Abdichtungsmaterial angeboten hatte, für die Klägerin erkennbar besonderen Informationsbedarf hatte.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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