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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 26.01.2005
Aktenzeichen: 7 U 4277/04
Rechtsgebiete: BRAGO, BGB, BRAO, RVG, StBGebV


Vorschriften:

BRAGO § 11
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 2
BRAGO § 118
BRAGO § 1
BRAGO § 3 ff.
BGB § 242
BRAO § 49 b
RVG § 61 Abs. 1
StBGebV § 9
1. Die Aktiengesellschaft haftet für die während der Gründungsphase für die Vor-AG begründeten Verpflichtungen.

2. Übt ein Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand mehrere Berufe gleichzeitig aus, hier Rechtsbeistand, Steuerbevollmächtigter und Wirtschaftsprüfer, und hat das ihm erteilte Mandat sowohl anwaltliche als auch steuerberatende Tätigkeiten zum Inhalt, so kann er die Gebühren nach der BRAGO (bzw. dem RVG) nur verlangen, wenn er den Mandanten auf diese beabsichtigte Abrechnung hingewiesen hat.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 4277/04

Verkündet am 26. Januar 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. G. und die Richter am Oberlandesgericht K. und F. aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2004 folgendes

ENDURTEIL:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 14.07.2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin macht Honoraransprüche nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung geltend für Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Ankauf des Hotels "Alte P." in M. und der Beschaffung der dafür erforderlichen Finanzierung.

Auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen. Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Der Mitgesellschafter der Klägerin J. P. B. firmiert auf dem Briefpapier der Klägerin als "Vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsbeistand, Mitglied der RA-Kammer". Die Schreiben vom 27.11.2000 an Notar R. und an den Verkäufer Wilhelm V., die Herr B. zur Vorbereitung des notariellen Kaufvertrages betreffend das Grundstück Ri. Straße ... in M., auf dem das Hotel "Alte P." steht, verfasste, unterzeichnete er jeweils mit dem Zusatz "Vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsbeistand". Herr B. war ca. von 1980 bis zum Jahr 2000 der ständige Steuerberater des ehemaligen Vorstands der Beklagten, Otto Bi.. Mitgesellschafter der Klägerin ist Dr. jur. N. H., der auf dem Briefkopf als "Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwalt" aufgeführt ist.

Zur Vorbereitung des Kaufvertragsabschlusses betreffend das Hotel "Alte P." fand am 17.11.2000 bei Notar R. ein Gespräch statt, an dem auch der damalige Vorstand der Beklagten, Otto Bi., und Herr B. teilnahmen. Bei diesem Gespräch wurde u. a. erörtert, ob bei dem geplanten Kauf, bei dem der reine Grundstückspreis 6,5 Millionen DM betragen und der Verkäufer zusätzlich als Generalunternehmer für den teilweisen Abriss, die teilweise Sanierung und Renovierung bestehender Gebäude sowie die Errichtung neuer Gebäude weitere 12.727.922,-- DM erhalten sollte, der insgesamt von der Erwerberin zu zahlende Betrag von 19.227.922,-- DM grunderwerbsteuerpflichtig ist. Notar R. vertrat die Auffassung, dass bei dieser Konstellation die Grunderwerbsteuer nach dem Gesamtbetrag zu bemessen sei, die Herr B. nicht teilte.

Zu dem Termin zur notariellen Feststellung der Satzung der Beklagten und zum Abschluss des notariellen Kaufvertrages über das Grundstück betreffend die "Alte P." in M. (Anlage K 7) erschien bei Notar R. am 07.12.2000 anstelle von Herrn B. als Vertreter Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwalt Dr. H., den der Vorstand der Beklagten bis dahin persönlich noch nicht kennen gelernt hatte. Bei diesem Termin wurde zunächst die Satzung der Beklagten notariell festgestellt sowie die Anmeldung zum Handelsregister beurkundet. Zur Beurkundung des Kaufvertrages betreffend das Grundstück "Alte P." blieb Dr. H. anwesend.

Aufgrund dieses Kaufvertrages erließ das Finanzamt Mühldorf einen an die Bi. Vermögensverwaltung AG i. G. gerichteten Grunderwerbsteuerbescheid über insgesamt 672.977,-- DM, gegen den die Steuerschuldnerin, vertreten durch die B. & Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft, mit Schreiben vom 12.01.2001 (Anlage B 5) Einspruch einlegte. Dieses Schreiben war von Dr. H. mit dem Zusatz "Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt" unterzeichnet.

Die Klägerin hat mit den Rechnungen vom 3.12.2001 (Anlagen K 18 und K 19) Gebühren auf der Grundlage der §§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BRAGO in Rechnung gestellt. Sie hat Gegenstandswerte für den Kauf von 19.227.922,-- DM und für die Finanzierungsverhandlungen von 25.320.000,-- DM angesetzt und entsprechend Honorare von 54.403,51 € und 70.684,07 € in Rechnung gestellt, die sie mit der Klage verlangt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwischen den Parteien sei ein Anwalts- oder Steuerberatungsvertrag zustande gekommen. Honoraransprüche auf der Grundlage der §§ 11, 118 BRAGO könne die Klägerin jedoch nicht verlangen, da es ihr nach § 242 BGB verwehrt sei, diese Gebühren zu fordern, die höher als diejenigen nach der Steuerberatergebührenverordnung seien, weil es die Klägerin versäumt habe, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass sie nach der BRAGO abrechnen werde. Eine Abrechnung auf der Grundlage der von der Beklagten behaupteten Pauschale oder einer am Stundenaufwand orientierten Vergütung habe die Klägerin nicht vorgenommen.

Zwar bedürfe es bei Abschluss eines Anwaltsvertrages keines Hinweises des Anwalts, dass die zu erbringenden anwaltlichen Leistungen nach der BRAGO abgerechnet werden. Im vorliegenden Fall hätten jedoch die beiden an der Auftragserteilung beteiligten Personen, Herr B. und Herr Otto Bi., keine eindeutige Erwartung, dass Herr B. für seine Leistungen Vergütungen nach der BRAGO verlangen werde. Hier habe zwischen den unmittelbar bei der Auftragserteilung handelnden Personen Einigkeit dahingehend bestanden, dass die im Zuge des Auftrags zu erbringenden Leistungen nicht nach der BRAGO vergütet werden. Diese Einigung stelle zwar rechtlich eine unwirksame Vereinbarung dar, da es nach § 49 b BRAO unzulässig sei, für anwaltliche Leistungen geringere Gebühren und Auslagen als die gesetzlichen Gebühren zu vereinbaren. Die Einigung begründe aber schützenswertes Vertrauen des Auftraggebers dahingehend, dass die Abrechnung nicht nach der BRAGO vorgenommen werde. Der Auftraggeber müsse nicht wissen, dass eine solche Einigung keinen Bestand vor der Rechtsordnung habe, er könne darauf vertrauen, dass die Vereinbarung, die er mit einer Anwaltssozietät schließt, wirksam sei. Dieser Vertrauensschutz sei solange gerechtfertigt, bis der Mandant auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung, nicht nach der BRAGO abzurechnen, hingewiesen worden sei.

Das Vertrauen der Beklagten sei im vorliegenden Fall schutzwürdig. Die Klägerin wäre nicht gehindert gewesen, den Auftrag abzulehnen oder von einer Vergütung nach der BRAGO abhängig zu machen. Die Klägerin könne nicht einseitig von einer konkludenten Vereinbarung bezüglich der Vergütung Abstand nehmen und sich auf die normalerweise geltende gesetzliche Vergütungsregelung berufen, ohne der Gegenseite Gelegenheit zu geben, sich ihrerseits darauf einzustellen. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass es für sie zwingend sei, anwaltliche Leistungen entsprechend den Regelungen der BRAGO abzurechnen, da sie sich die unzulässige Einigung zwischen Herrn B. und Herrn Otto Bi. entgegenhalten lassen müsse und sich hiervon nicht nachträglich lossagen könne. Es sei ihr daher die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen auf der Grundlage der BRAGO verwehrt.

Gegen das ihr am 18.08.2004 zugestellte Urteil des Landgerichts hat die Klägerin am 20.08.2004 Berufung eingelegt und diese am 04.10.2004 begründet.

Die Klägerin trägt vor, zwischen den Parteien sei von Anfang an stillschweigend eine Übereinstimmung dahingehend erzielt worden, dass die anwaltliche Tätigkeit der Klägerin ausschließlich gegen Vergütung erfolgen könne. Die Geltendmachung der gesetzlichen Gebühren nach der BRAGO stelle auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Nachdem über die Vergütungspflicht Einvernehmen bestanden habe, sei die Beklagte für die von ihr behauptete, von der BRAGO abweichende Vereinbarung darlegungspflichtig und habe insoweit nichts vorgetragen. Das Landgericht habe verkannt, dass die BRAGO-Gebühren nicht vom Willen des Auftraggebers abhängen. Es fehle an einer den gesetzlichen Vergütungsanspruch hindernden und abändernden Vereinbarung. Das Landgericht habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, Herrn B. als Partei sowie die angebotenen Zeugen Dr. H., X. und Y. zu vernehmen. Es habe für keine der in den letzten 20 Jahren erfolgten Tätigkeiten der Klägerin oder der B. & Partner GmbH eine schriftliche Vollmacht oder eine schriftliche Honorarvereinbarung mit Herrn Otto Bi. gegeben. Die Beklagte sei passiv legitimiert.

Die Klägerin und Berufungsklägerin stellt folgende Anträge:

I. Das am 14.07.2004 verkündete Urteil des LG München I, Az. 15 O 5610/02, wird aufgehoben.

II. Die Beklagte/Berufungsbeklagte wird verurteilt, an die Klägerin/Berufungsklägerin € 125.087,58 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 13.02.2002 zu bezahlen.

III. Hilfsweise:

Das am 14.07.2004 verkündete Urteil des LG München I, Az. 15 O 5610/02 wird aufgehoben und das Verfahren an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Die Beklagte beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte trägt vor, sie sei nicht passiv legitimiert. Ein Vertrag zwischen der Klägerin und ihr sei nicht abgeschlossen worden. Hier habe der Zeuge Otto Bi. lediglich seinen langjährigen Steuerberater B. beauftragt, im Hinblick auf den geplanten Erwerb des Hotels "Alte P." tätig zu werden. Die Klägerin habe in dem von ihr geprüften Jahresabschluss 2000 der Beklagten die Verpflichtung, den Klagebetrag zu leisten, nicht aufgenommen. Der für die Klägerin tätige Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer Dr. H. habe die Satzung der Beklagten erstellt und ausweislich der Rechnung vom 18.10.2001 (Anlage K 25 Bl. 2) auch abgerechnet. Die Klägerin habe fünf Berufe ausgeübt, nämlich Steuerberater, Rechtsbeistand, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer und Rechtsanwalt. In einem derartigen Fall sei mit der Beauftragung von Herrn B. nicht von einem gleichzeitig gegebenen Einverständnis mit einer Abrechnung der Gebühren nach der BRAGO zu sehen. Hierzu hätte es zusätzlich eines Hinweises bedurft. Bei den früheren Hotelkäufen seien für die Tätigkeit des Herrn B. lediglich immer Pauschalen bezahlt und akzeptiert worden. Nach der BRAGO seien nur einzelne juristische Tätigkeiten abgerechnet worden.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2004 hat der Senat darauf hingewiesen, dass eine Abrechnung auf der Grundlage der BRAGO nicht zulässig erscheint.

B.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

1. Zwischen den Parteien ist unstreitig ein vergütungspflichtiges Vertragsverhältnis zustande gekommen, dessen Rechtsnatur jedoch offen geblieben ist. Der Beklagte hat am 25.08.2000 seinen langjährigen Steuerberater B. telefonisch gebeten, im Zusammenhang mit dem Ankauf des Hotels "Alte P." tätig zu werden und damit ein Angebot unterbreitet. Der als Partner der Klägerin tätige B. hat durch die Aufnahme der gewünschten Tätigkeit konkludent den angebotenen, auf eine Geschäftsbesorgung gerichteten Vertrag angenommen. Er hat den Entwurfs des "Letters of Intent" (Anlage K 1) und des Vorvertrages (Anlage K 4) gefertigt und Korrespondenz mit Notar R., mit dem Verkäufer V. und mit dem Finanzvermittler Sch. geführt. Er hat an dem Vorgespräch mit Notar R. am 17.11.2000 teilgenommen und die Teilnahme seines Partners Dr. H. bei dem Termin zum Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 07.12.2000 veranlasst, der im Rahmen des Besteuerungsverfahrens gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom 08.01.2001 für die Beklagte Einspruch eingelegt hat.

2. Für die unter B. I. 1. genannte Verpflichtung haftet die Beklagte. Der Auftrag wurde zwar von Otto Bi. erteilt zu einer Zeit, als die am 07.12.2000 gegründete Bi. Vermögensverwaltungs AG noch gar nicht bestanden hat. Diese ist jedoch in der Gründungsphase als Gesamthandsgesellschaft eigener Art als teilrechtsfähig anzusehen und damit passiv parteifähig (vgl. Hueffer, AktG, 6. Aufl., § 41 Rn. 4 und 10). Da die vereinbarten Tätigkeiten der Klägerin gerade die Gründung der Beklagten und den Erwerb des Grundstücks betrafen, dessen Nutzung Zweck der Beklagten war, erstreckt sich ihre Teilrechtsfähigkeit auf das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis. Mit der Eintragung der Beklagten in das Handelsregister gehen die Rechte und Pflichten der bisherigen Vor-AG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die AG als juristische Person über (BGHZ 80, 129, 137).

3. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass es sich bei dem mit der Beklagten vereinbarten Vertragsverhältnis um einen Rechtsanwaltsvertrag im Sinne des gemäß § 61 Abs. 1 RVG anzuwendenden § 1 BRAGO mit der Vergütungspflicht der Beklagten nach den §§ 3 ff BRAGO handelt.

Bei der Vergütung handelt es sich um einen wesentlichen Punkt dieses Geschäftsbesorgungsvertrages, über den sich die Parteien einigen müssen. Zwar werden bei Beauftragung eines Rechtsanwalts grundsätzlich die gesetzlichen Gebühren geschuldet. Der beauftragte Rechtsanwalt ist im Allgemeinen auch nicht verpflichtet, ungefragt darauf hinzuweisen, dass er eine Vergütung fordern und diese in ihrer Höhe nach der BRAGO berechnen will (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Raabe, RVG, 16. Aufl., § 1 Rn. 70). Dieser Grundsatz gilt jedoch dann nicht, wenn der Rechtsanwalt mehrere Tätigkeiten ausübt, die nach unterschiedlichen Gebührenordnungen abgerechnet werden. Wenn der Auftrag das Tätigkeitsfeld mehrerer Berufe, hier Rechtsbeistand bzw. Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, betrifft, so hat der Rechtsbeistand bzw. Rechtsanwalt und Steuerberater ein Gebührenwahlrecht. Wenn die Anwendung der jeweiligen Gebührenordnungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führt, ist der Rechtsanwalt verpflichtet, den Mandanten bei der Annahme des Auftrags darüber aufzuklären, nach welcher Gebührenordnung er abrechnen wird (vgl. Gerold/Schmidt/Madert/Müller-Raabe, a. a. O., § 1 Rn. 14; Gebauer-Schneider, BRAGO, 2002, § 1 Rn. 41; Meier-Kroiß, RVG, 2004, § 1 Rn. 47). Unterlässt er einen entsprechenden Hinweis, ist es dem Rechtsanwalt verwehrt, nach der BRAGO mit ihren im Verhältnis zur Steuerberatergebührenverordnung höheren Sätzen abzurechnen (vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Raabe, a. a. O., § 1 Rn. 14 m.w.N.). Die Klageforderung betrifft Kostennoten wegen "Verhandlung Grundstücksverkauf und Generalübernehmervertrag" (Anlage K 19) und "Beratung und Verhandlung über Finanzierung (Stadtsparkasse München)" (Anlage K 18). Einen Hinweis auf die Abrechnung nach der BRAGO hat die Klägerin unstreitig nicht erteilt.

Dass die Klägerin mit der Beklagten hinsichtlich der Besorgung dieser Angelegenheiten gerade auf anwaltliche Tätigkeit gerichtete Verträge abgeschlossen hat, hat sie angesichts der von ihr angebotenen Tätigkeiten, die Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung, Wirtschaftsberatung und Rechtsberatung umfasste, nicht nachgewiesen.

4. Die sonstigen Umstände führen nicht zu der Annahme, dass die Parteien hinsichtlich der streitgegenständlichen Tätigkeiten den Abschluss eines Rechtsanwaltsvertrages gewollt haben.

a) Hier wurde die Auftragserteilung gegenüber dem Partner J. P. B. erklärt, der als vereidigter Buchprüfer, Steuerberater und Rechtsbeistand tätig ist. Der bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages am 07.12.2000 anwesende Dr. H., ist als Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwalt tätig und mit diesen Berufsbezeichnungen auf dem Briefpapier der Klägerin aufgeführt.

Bei seinen Anschreiben an Notar R. vom 27.11.2000 (Anlage K 5) unterzeichnete der Partner B. mit dem Zusatz "Vereidigter Buchprüfer, Steuerberater, Rechtsbeistand". Daraus ist eine Zuordnung der Tätigkeit als Rechtsbeistand ebenfalls nicht ersichtlich.

Nach den in dem Briefkopf der Klägerin angegebenen Berufsbezeichnungen bietet die Klägerin Rechtsberatung, Steuerberatung, Buchprüfung und Wirtschaftsprüfung an. In ihrem Internetauftritt (Anlage B 11) wird zusätzlich Wirtschaftsberatung angeboten.

b) Der von der Klägerin gefertigte "Letter of Intent" (Anlage K 1) zeigt, dass ein Ablaufplan zur Durchführung des Projektes grob skizziert worden ist. Dieser wird in dem von der Klägerin entworfenen Vorvertrag (Anlage K 4) näher ausgeführt. Dies deutet auf wirtschaftsberatende Tätigkeit hin. Die Tätigkeit im Rahmen dieses Projekts umfasste ferner die Teilnahme von Herrn B. bei dem Vorgespräch bei Notar R. vom 17.11.2000, bei dem die Grunderwerbsbesteuerung des Kaufs von wesentlicher Bedeutung war.

c) Dass Rechtsanwalt Dr. H. bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages anwesend war, begründet die Annahme eines Rechtsanwaltsvertrages ebenfalls nicht. Er war vor diesem Treffen dem ehemaligen Vorstand der Beklagten, Otto Bi., nicht persönlich bekannt und erschien anstelle von Herrn B. zu diesem Termin. Vor dem Abschluss des notariellen Kaufvertrages wurde die Satzung der Beklagten notariell festgestellt. Der Entwurf der Satzung der Beklagten ist der Klägerin unstreitig als anwaltliche Tätigkeit gemäß ihrer Kostenrechnung erstattet worden. Dass Dr. H. bei dem sich unmittelbar daran anschließenden Abschluss des notariellen Kaufvertrages vor Notar R. zugegen war, ist kein Indiz für die Annahme, nunmehr billige die Beklagte bzw. deren zukünftiger Vorstand Otto Bi. eine Tätigkeit der Klägerin als Rechtsanwältin. Denn die Klägerin war bei den Vorgesprächen gerade wegen der Problematik der Grunderwerbsteuer mit eingeschaltet. Dass insoweit Dr. H. von der Klägerin die notarielle Beurkundung auch aus steuerrechtlicher Sicht begleiten sollte, ist angesichts des Umfangs des Projektes und der Höhe der möglichen Grunderwerbsteuer naheliegend. Hierfür spricht ferner, dass Dr. H. den Einspruch für die Beklagte gegen den Grunderwerbsteuerbescheid vom 08.01.2001 mit Schreiben vom 12.01.2001 unterzeichnet hat.

d) Zur Beschaffung der Finanzierung hatte Otto Bi. die Firma Sch. & Partner GmbH eingeschaltet, die mit Anschreiben vom 26.10.2000 an Herrn Steuerberater B. den "Letter of Intent" anforderte. Dass insoweit Otto Bi. über die Wirtschaftsberatungs- und Steuerberatungstätigkeit der Klägerin hinaus eine anwaltliche Tätigkeit wünschte, ist nicht dargetan. Insoweit hat die Klägerin auch nicht substantiiert vorgetragen, dass ihre Einschaltung im Rahmen der Finanzbeschaffung veranlasst war zur Regelung oder Überprüfung speziell juristischer Fragen.

e) Bei den vorangegangenen drei Hotelkaufprojekten des Herrn Otto Bi. war die Klägerin eingeschaltet. Den Vortrag der Beklagten, die Klägerin habe bei diesen Hotelkäufen vergleichbare Tätigkeiten erbracht und sei für diese Tätigkeit jeweils nach Zeitaufwand mit Stundensätzen von 155,-- DM bis 180,-- DM vergütet worden, es sei insbesondere nicht nach Geschäfts- und Besprechungsgebühren nach der BRAGO abgerechnet worden, hat die Klägerin nicht substantiiert bestritten. Die pauschale Behauptung, es sei auf der Grundlage der BRAGO abgerechnet worden, reicht nicht aus darzutun, welcher konkrete Auftrag nach welchen BRAGO-Bestimmungen berechtigterweise abgerechnet worden ist, zumal auch bei dem Hotelprojekt "Alte Post" Einzelaufträge wie die Erstellung der Satzung der Beklagten nach der BRAGO abgerechnet worden sind.

f) Der von der der Klägerin erstellte, von Dr. H. am 12.7.2001 unterzeichnete Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses der Beklagten zum 31.12.2000 weist Rückstellungen von insgesamt 12.500 Euro, davon 10.000 Euro für Gründungskosten aus. Wenn die Klägerin für die mit Abschluss des Kaufvertrages am 7.12.2000 abgeschlossenen Verhandlungen zum Grundstücksverkauf und zum Generalübernehmervertrag Gebühren von mehr als 50.000 Euro in Rechnung stellen wollte, hätte es nahegelegen, entsprechende Rückstellungen für die zu erwartende Honorarrechnung von Seiten des den Jahresabschluss testierenden Dr. H. zu verlangen. Dass die Rechnungstellung erst im 2001 erfolgte ändert an der Notwendigkeit der Rückstellung für den im Jahre 2000 erledigten Auftrag nichts.

g) Ansprüche wegen der geleisteten Tätigkeit nach der Steuerberatergebührenverordnung sind nicht fällig, weil entsprechende Rechnungen im Sinne von § 9 StBGebV nicht gestellt worden sind. Die Klägerin hat auch die Voraussetzungen für eine Abrechnung nach der Steuerberatergebührenverordnung nicht ausreichend dargetan.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar nach den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.



Ende der Entscheidung

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