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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 25.03.2009
Aktenzeichen: 7 U 4835/08
Rechtsgebiete: BGB, AktG, GmbHG, StPO


Vorschriften:

BGB § 626
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2 Satz 1
BGB § 626 Abs. 2 Satz 2
AktG § 76 Abs. 1
AktG § 78 Abs. 1
GmbHG § 50 Abs. 3
StPO § 136 Abs. 1 Satz 2

Entscheidung wurde am 07.05.2009 korrigiert: ein Leitsatz wurde der Entscheidung hinzugefügt
1. Ist eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund durch die Gesellschafterversammlung einer GmbH auszusprechen, beginnt die Frist zum Ausspruch der Kündigung des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Gesellschafterversammlung die für die Kündigung wesentlichen Tatsachen unterbreitet worden sind.

2. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung darf nicht unangemessen verzögert werden. Andernfalls muss sich die Gesellschaft so behandeln lassen als wäre die Gesellschafterversammlung rechtzeitig mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden (Anschluss an BGHZ 139, 89 (92)).

3. Der Kündigungsberechtigte hat darzulegen, welche Tatsachenbehauptungen unklar und daher ermittlungsbedürftig waren und welche weiteren Ermittlungen er zur Klärung der Zweifel angestellt hat.

4. Zur Beurteilung einer unangemessenen Verzögerung bei der Ladung zur Gesellschafterversammlung sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen. Geraten die Ermittlungen mehr als zwei Wochen in Stillstand, ist darin ein Indiz für die unangemessene Verzögerung der Einberufung der Gesellschafterversammlung zu sehen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 4835/08

Verkündet am 25. März 2009

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze, die bis 4.3.2009 bei Gericht eingegangen sind, berücksichtigt wurden, folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 26.8.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt festzustellen, dass sein Geschäftsführerdienstverhältnis durch die außerordentlichen Kündigungen vom 3.12.2007 und 17.12.2007 nicht mit sofortiger Wirkung beendet wurde und über die genannten Kündigungszeitpunkte hinaus fortbesteht.

Die Parteien vereinbarten mit schriftlichem Geschäftsführerdienstvertrag vom 29.8.2005 (Anl. K 1, nachfolgend als Vertrag bezeichnet) die Anstellung des Klägers als Geschäftsführer mit Wirkung vom 1.8.2005 auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von 1 Jahr zum Monatsende.

Der Kläger befand sich wegen Handlungen im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit, die Gegenstand von strafrechtlichen Vorwürfen im sogenannten S. Bestechungsskandal sind, vom 16.11.2006 bis 22.12.2006 in Untersuchungshaft. Er wurde in der Zeit von November 2006 bis Juni 2007 umfangreich von den Ermittlungsbehörden vernommen. Als Auflage für die Außervollzugsetzung des Haftbefehls wurde ein Kontaktverbot zwischen dem Kläger und den Mitarbeitern der S.-AG bzw. der Beklagten angeordnet, das bis Anfang August 2007 aufrecht erhalten blieb. Mit Beschluss vom 9./10.1.2007 wurde der Kläger von der Beklagten als Geschäftsführer der Beklagten abberufen und dem Kläger Hausverbot für die Geschäftsräume der Beklagten und der S. AG erteilt.

Am 10.8.2007 erhielt die S. AG Teilakteneinsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft München I im Verfahren 563 Js 45414/05. Die auf einer CD zur Verfügung gestellten umfangreichen Ermittlungsunterlagen wurden bis zum 17.8.2007 ausgedruckt, darunter die Protokolle über die Vernehmungen des Klägers vom 15.11.2006, 7./8./14. und 20.12.2006, 8./10./25.1.2007 und 20.6.2007 Am 21.8.2007 erließ der Zentralvorstand der S. AG im Hinblick auf mögliche arbeitsrechtliche Sanktionen gegen die in den Bestechungsskandal involvierten Mitarbeiter des S. Konzerns ein Rundschreiben (Anl. B 6), in dem mitgeteilt wurde, dass der Vorstand die Entscheidung über disziplinarische Folgen von rechtswidrigem Verhalten von Mitarbeitern im Zusammenhang mit den Bestechungsvorwürfen einem sogenannten Corporate Disciplinary Committee (nachfolgend CDC genannt) übertragen hat. Dieses trat am 7.9., 21.9., 27.9., 16.10. und 21.11.2007 zusammen.

Der Kläger hat am 9./10.9.2007 gegenüber Mitarbeitern der im Auftrag des Aufsichtsrats der S. AG mit der Aufklärung der Bestechungsvorwürfe eingesetzten Rechtsanwaltskanzlei D. zu den Bestechungsvorwürfen Auskunft erteilt. Am 14.11.2007 erhielt die Kanzlei der Beklagtenvertreter die staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsprotokolle mit dem Auftrag, das Verhalten des Klägers im Rahmen dieses Bestechungsskandals rechtlich zu würdigen. Die Beklagtenvertreter haben am 20.11.2007 die angeforderte Stellungnahme an den Senior Counsel des CDC, Dr. T., übermittelt, woraufhin das CDC in der Sitzung vom 21.11.2007 aufgrund der vom Kläger in dessen Beschuldigtenvernehmungen gemachten Angaben empfohlen hat, gegenüber dem Kläger eine fristlose Kündigung, hilfsweise eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 26.11.2007 eine Frist zur Stellungnahme bis zum 29.11.2007, 18 Uhr, und mit Schreiben vom 30.11.0207 eine weitere Äußerungsfrist bis 3.12.2007, 10 Uhr, gesetzt.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 3.12.2007, dem Kläger zugegangen am 4.12.2007, das Geschäftsführerdienstverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin (Anlage K 2).

Die Beklagte hat mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 14.12.2007 (Anl. B 4), dem das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 12.12.2007 beigefügt war, in welchem auf die Vorwürfe gegen den Kläger wegen illegaler Beraterverträge und Provisionszahlungen hingewiesen wurde, dem Kläger eine Frist zur Stellungnahme bis 17.12.7007, 18.00 Uhr, gesetzt. An diesem Termin fand ein Anhörungsgespräch mit dem Kläger statt, in dem sich der Kläger zu den Vorwürfen nicht geäußert hat. Im Anschluss an dieses Gespräch wurde dem Kläger das Schreiben vom 17.12.2007 (Anlage K 3), in dem diesem die außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses erklärt wurde, ausgehändigt. Der Kläger hat auf Seite 3 der Klageschrift vom 21.12.2007 die Nichteinhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB gerügt. Er ist der Auffassung, dass die erklärten außerordentlichen Kündigungen mangels eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB unwirksam seien, und dass für die Kündigung vom 3.12.2007 die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden sei. Für die Kündigung vom 17.12.2007 fehle ein wichtiger Grund. Er habe sich bei der Anhörung zur Kündigung vom 3.12.2007 nicht äußern müssen, weil die bis 3.12.2007, 10 Uhr, verlängerte Frist zur Stellungnahme zu kurz bemessen gewesen sei, er umfassende Angaben zu den erhobenen Vorwürfen bei den Ermittlungsbehörden und gegenüber Mitarbeitern der Rechtsanwaltskanzlei D. gemacht habe und die Verpflichtung, sich zu strafrechtlichen Vorwürfen äußern zu müssen, nicht bestehe, weil hierin eine unzulässige Aushöhlung und Umgehung des Schweigerechts eines Beschuldigten zu sehen wäre.

Die Beklagte hat vorgetragen, schon die mit Schreiben vom 3.12.2007 ausgesprochene Kündigung sei wirksam. Das Verhalten des Klägers im sogenannten S. -Bestechungsskandal, in den der Kläger durch illegale Zahlungen in Millionenhöhe verwickelt sei, begründe den Vorwurf der Bestechung und der Untreue und rechtfertige eine außerordentliche Kündigung. Die Kündigungsfrist sei gewahrt, da die Gesellschafterversammlung der Beklagten erst am 28.11.2007 von dem Sachverhalt informiert worden sei. Die Kanzlei D. sei vom Aufsichtsrat der S. AG beauftragt worden, dessen Wissen weder dem Vorstand des S. AG noch der S. GmbH zuzurechnen sei. Die außerordentliche Kündigung vom 17.12.2007 wegen fehlender Mitwirkung beim Anhörungsverfahren bis 3.12.2007 sei wirksam. Das Verhalten des Klägers habe den Verdacht gegen ihn erhärtet und einen Vertrauensverlust herbeigeführt, der zur eigenständigen Kündigung berechtige.

Das Landgericht hat entsprechend den Klageanträgen festgestellt,

1. dass das Dienstverhältnis des Klägers durch die schriftliche außerordentlich fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 3.12.2007 dem Kläger zugegangen am 4.12.2007, nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden ist, sondern über den 4.12.2007 hinaus fortbesteht und

2. dass das Dienstverhältnis des Klägers durch die schriftliche außerordentlich fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.12.2007 dem Kläger zugegangen am 17.12.2007, nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden ist, sondern über den 17.12.2007 hinaus fortbesteht.

Das Landgericht hat die Kündigung vom 3.12.2007 als unwirksam angesehen und ausgeführt, dass die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden sei. Denn die Beklagte habe die Kündigung auf die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden im Ermittlungsverfahren 463 (richtig: 563) Js 45415/05 der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München I gestützt, in dem der Kläger Angaben im Rahmen seiner Vernehmungen vom 15.11.2006, 7./8./13./14. und 20.12.2006, 8./10./25.1.2007 sowie 20.6.2007 gemacht habe. Von diesen Vernehmungsprotokollen habe die S. AG, die Alleingesellschafterin der Beklagten, seit dem 10.8.2007 Kenntnis gehabt. Eine Anhörung des Klägers zu den Inhalten seiner Äußerungen gegenüber den Ermittlungsbehörden sei jedoch erst am 26.11.2007, also mehr als drei Monate nach Erhalt der Vernehmungsprotokolle erfolgt. Die Kündigung vom 3.12.2007 sei auf die Fakten aus den Vernehmungen des Klägers gestützt worden. Auch unter Berücksichtigung des Umfangs des Aktenmaterials und der Vielzahl von Mitarbeitern, welche in den S. Bestechungsskandal involviert gewesen seien, sei die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht eingehalten.

Die Kündigung vom 17.12.2007 sei als außerordentliche Kündigung unwirksam. Sie könne nicht auf das Verhalten des Klägers im Rahmen der Anhörung zur Kündigung vom 3.12.2007 gestützt werden, da das Anhörungsverfahren fehlerhaft gewesen sei. Die Beklagte habe sich zur Überprüfung der Angaben des Klägers und Aufarbeitung der Ermittlungsakten mehrere Monate Zeit gelassen. Es sei unverhältnismäßig, den Kläger dazu aufzufordern, sich binnen weniger Tage zu den umfangreichen Vorwürfen zu äußern. Daher stelle der Umstand, dass sich der Kläger bis 3.12.2007 zu den Vorwürfen nicht geäußert habe, keinen eigenständigen Kündigungsgrund dar.

Gegen das landgerichtliche Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie rügt, dass der Kläger die tatsächlichen Ausführungen der Beklagten zur Einhaltung der Kündigungserklärung gar nicht bestritten habe. Die Rüge des Klägers hinsichtlich der Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist stelle sich als ein pauschales Bestreiten ohne Bezug auf bestimmte Behauptungen dar und sei damit als unzulässig anzusehen. Die Beklagte habe auf den Seiten 6 bis 10 ihres Schriftsatzes vom 9.6.2008 im Einzelnen dargelegt, welche Maßnahmen im Rahmen der Aufklärung des Bestechungsskandals durchgeführt worden seien, wobei die Beklagte sich zunächst gegen das gegen sie selbst geführte Bußgeldverfahren, das durch Beschluss des Landgerichts München I vom 4.10.2007 zum Abschluss gekommen sei, habe befassen müssen und sich dann verstärkt auf die Aufarbeitung des Akteninhalts im Hinblick auf mögliche Kündigungsgründe hinsichtlich der in den Bestechungsskandal involvierten Mitarbeiter des S.-Konzerns habe konzentrieren können. Die S. AG sei über Monate hinweg unter Bindung aller in diesem Bereich vorhandenen Personalressourcen mit der Aufarbeitung des Akteninhalts beschäftigt gewesen.

Die Kündigung vom 17.12.2007 sei wirksam. Die fehlende Mitwirkung des Klägers im Anhörungsverfahren stelle einen gewichtigen Umstand dafür dar, dass der im Rahmen der Ermittlung zutage getretene Verdacht der Beklagten, der Kläger habe die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung begangen, erhärtet worden sei. Die in den Schreiben vom 26.11.2007 und 30.11.2007 gesetzte Anhörungsfrist von insgesamt 5 Tagen sei ausreichend und im Hinblick auf die von der Beklagte beanspruchten Vorbereitungszeit zur Klärung des Sachverhalts nicht rechtsmissbräuchlich, zumal dem Kläger die Vorwürfe bestens bekannt gewesen seien. Aufgrund des Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht im Anhörungsverfahren sei das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien zusätzlich erschüttert. Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts München I vom 26.8.2008

aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, über die Verhaftung und die Aussagebereitschaft des Klägers habe bereits im November und Dezember 2006 eine umfangreiche Presseberichterstattung stattgefunden. Die Beklagte habe den Kläger mit Beschluss vom 9./10.1.2007 als Geschäftsführer der Beklagten abberufen. Ihm sei von der Bekalgten und der S. AG Hausverbot erteilt worden. Dem Kläger sei jedoch während der gesamten Zeit bis zum Ausspruch der außerordentlichen fristlosen Kündigungen über 12 Monate nach der Inhaftierung das Entgelt durch die Beklagte einschließlich sämtlicher vergütungsrelevanter Nebenleistungen gewährt worden. Die Beklagte habe auch gewusst, dass er als Bereichsvorstand der S. AG, der von den Ermittlungsbehörden verhaftet worden sei, möglicherweise eine zentrale Figur des "Bestechungsskandals" gewesen sei. Die Kündigung des Klägers sei allein auf die staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsprotokolle gestützt worden, woraus sich ergebe, dass ein weiteres Zuwarten über viele Monate hinweg im Hinblick auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB schädlich gewesen sei.

Die Anhörungsfrist, die ihm in dem am 28.11.2007 zugegangenen Anhörungsschreiben vom 26.11.2007 bis 29.11.2007, 18 Uhr, gesetzt worden und die mit Schreiben vom 30.11.2007 bis 3.12.2007 10 Uhr verlängert worden sei, sei zu kurz bemessen gewesen. Er sei bei den Interviews mit der Kanzlei D. von zwei Fachanwälten für Strafrecht vertreten gewesen. Ihm habe das Recht zugestanden, in der drohenden zivilrechtlichen Auseinandersetzung weiteren Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht einzuholen.

Die am 10./11.9.2007 durchgeführten Gespräche mit Mitgliedern der vom Aufsichtsrat der S. AG beauftragten Kanzlei D. seien mit ausdrücklicher Einwilligung des Vorsitzenden des Aufsichtsrates der S. AG, C., geführt worden. Der Kläger habe zuvor gefordert, dass auch dem Vorstand der S. AG der Gesprächsinhalt berichtet werde. Diesbezüglich habe Herr C. am 23.7.2007 bestätigt, dass die Gespräche mit seiner ausdrücklichen Einwilligung vorgenommen werden und diesbezüglich eine Rücksprache mit dem Vorstandsvorsitzenden der S. AG, L., stattgefunden habe.

Ergänzend wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Der Vorsitzende hat in der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2009 auf die Problematik der unangemessenen Verzögerung der Einberufung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zur Entscheidung über die außerordentliche Kündigung des Klägers hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass hinsichtlich der außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 3.12.2007 die Beklagte die Einhaltung der Kündigungsfrist von zwei Wochen gemäß § 626 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB nicht hinreichend dargetan hat.

a) Die Beklagte, die die Kündigung ausgesprochen hat, trägt die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass sie innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erlangt hat (vgl. Palandt, BGB, 68. Aufl., § 626 Rn. 6).

Derjenige, der eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht, muss darlegen und ggf. beweisen, dass er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor ihrem Ausspruch erfahren hat. Diese Darlegungspflicht ist nicht bereits erfüllt, wenn der Kündigende lediglich allgemein vorträgt, er kenne die Kündigungsgründe nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung. Er muss vielmehr die Umstände schildern, aus denen sich ergibt, wann und wodurch er von den maßgebenden Tatsachen erfahren hat. Um den Zeitpunkt, in dem der Wissensstand des Kündigungsberechtigten für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ausreicht, bestimmen zu können und um es dem Gekündigten zu ermöglichen, die behauptete Schilderung zu überprüfen und gegebenenfalls qualifiziert zu bestreiten, muss grundsätzlich angegeben werden, wie es zu der Auf-deckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll (vgl. BAG BB 1973, 385; KR-Fischermeier 7. Aufl. § 626 BGB Rn. 386; Stahlhacke/Preis/Vossen-Preis Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 9. Aufl. Rn. 856). Hat der Kündigungsberechtigte noch Ermittlungen durchgeführt, muss er hierzu weiter darlegen, welche Tatsachenbehauptungen unklar und daher ermittlungsbedürftig waren, und welche - sei es auch nur aus damaliger Sicht - weiteren Ermittlungen er zur Klärung der Zweifel angestellt hat (vgl. BAG NZA 2007, 744, 746).

b) Da der Kläger bereits auf Seite 4 der Klageschrift die Nichteinhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB gerügt hat, war die Beklagte im Rahmen der sie treffenden Darlegungslast gehalten, die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die Einhaltung der Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ergibt. Der Kläger konnte sich auch auf die Geltendmachung der Rüge, die als einfaches Bestreiten zu werten ist, beschränken, weil die Umstände, die die von der Beklagten behauptete Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB begründen, in der Sphäre der Beklagten lagen. Eine sekundäre Behauptungslast oblag dem Kläger insoweit nicht.

c) Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat und ihm deshalb die Entscheidung über die Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist (BAG, NZA 2006, 1211 ). Auch grob fahrlässige Unkenntnis ist insoweit ohne Bedeutung (BAG NJW 1994, 1675). Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Ohne eine umfassende Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt kann sein Kündigungsrecht nicht verwirken. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Es genügt nicht allein die Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Anlasses, d. h. des "Vorfalls", der einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen soll. Bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer und gegen die Kündigung sprechen. Außerdem gehört es zu den vom Kündigungsberechtigten zu ergründenden maßgeblichen Umständen, mögliche Beweismittel für eine ermittelte Pflichtverletzung zu beschaffen und zu sichern (BAG NZR 2006, 440) .

d) Kündigungsberechtigt war im vorliegenden Fall die Gesellschafterversammlung der Beklagten. Maßgeblich ist die Kenntnis der Organmitglieder von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen. Da die Gesellschafterversammlung ein Kollegialorgan ist, das seinen Willen durch Beschlussfassung bilden muss, kommt es für die Wissenszurechnung an die Gesellschaft nur auf die Kenntnis der Organmitglieder in ihrer Eigenschaft als Mitwirkende an der kollektiven Willensbildung an. Kenntnis der Gesellschafter als kollegiales Beratungs- und Beschlussorgan liegt daher erst vor, wenn der für die Tatsachenkenntnis maßgebliche Sachverhalt hinsichtlich der Entlassung des Geschäftsführers einer Gesellschafterversammlung unterbreitet wird (BGHZ 139, 89, 92).

e) Die Willensbildung erfolgte bei der Gesellschafterversammlung vom 28.11.2007, in der der Beschluss zur außerordentlichen Kündigung des Geschäftsführer-Dienstverhältnisses mit dem Kläger beschlossen worden ist (Anlage B 2).

f) Allerdings darf dem betroffenen Geschäftsführer nach Sinn und Zweck des § 626 Abs. 2 BGB nicht zugemutet werden, bis zu einem unabsehbaren Zusammentritt der Gesellschafterversammlung zuwarten zu müssen. Wird daher die Einberufung der Gesellschafterversammlung einer GmbH von ihren einberufungsberechtigten Mitgliedern nach dem Kündigungssachverhalt unangemessen verzögert, so muss sich die Gesellschaft so behandeln lassen, als wäre die Gesellschafterversammlung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden (vgl. BGHZ 139, 89, 92). Dem Vorstand steht aber eine Überlegungsfrist zu. Eine geringfügige Verzögerung der Einberufung der Versammlung ist zudem gerade dann unschädlich, wenn das Vorstandsmitglied schon vorläufig seines Amtes enthoben worden ist und daher nicht darüber im Zweifel sein kann, dass er mit einer endgültigen Abberufung und einer - im Zweifel fristlosen - Kündigung seines Anstellungsvertrages rechnen muss (vgl. BGH NJW-RR 2007, 690, 691).

g) Die Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, dass nach dem Ausdruck der am 10.8.2007 per CD übermittelten Protokolle über die staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen des Klägers bei der Beklagten am 17.8.2007 bis zur Einberufung der Gesellschafterversammlung vom 28.11.2007 keine unangemessene Verzögerung der Einberufung der Gesellschafterversammlung eingetreten ist und die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB eingehalten worden wäre, wenn die Gesellschafterversammlung der Beklagten mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden wäre.

aa) Zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung der Beklagten war der Vorstand der S. AG zuständig. Denn die Beklagte ist zu 100 % Tochtergesellschaft der S. AG. Somit standen die Befugnisse der Gesellschafterversammlung gemäß §§ 76 Abs. 1, 78 Abs. 1 AktG dem Vorstand der S. AG zu. Bei der Zurechnung des Wissens von Tatsachen genügt die Kenntnis eines einzelnen Mitglieds des Vertretungsorgans (vgl. BGH NJW-RR 2007, 690).

Der Vorstand der S. AG durfte die Befugnisse zur Ahndung von Mitarbeitern wegen ihres Verhaltens im Zusammenhang mit dem sogenannten "S.-Bestechungsskandal" delegieren und auf den CDC übertragen und mit der Auswertung der staatsanwaltschaftlichen Akten firmeneigene Mitarbeiter oder externe Personen beauftragen. Der Vorstand muss sich jedoch das Wissen dieser Beauftragten und auch der Mitglieder der CDC, auf die - wie in seinem Rundschreiben vom 21.8.2007 mitgeteilt - die Ermittlung der Tatsachen hinsichtlich der Beteiligung von Mitarbeitern zu den im Rahmen der Bestechungsvorwürfe bedeutsamen Handlungen und die Entscheidung über die jeweils auszusprechende Ahndung übertragen wurde, zurechnen lassen.

bb) Die S. AG hat am 10.8.2007 teilweise Einsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München I durch Übersendung einer CD erhalten. Das umfangreiche, auf der CD enthaltene Material - darunter auch die Protokolle der Aussagen des Klägers - war am 17.8.2007 ausgedruckt und hätte ab diesem Zeitpunkt an die vom Vorstand mit der Prüfung des Verhaltens des Klägers beauftragten Personen zugänglich gemacht werden können. Der Gesellschafterbeschluss wurde am 28.11.2007, mithin drei Monate und 10 Tage nach Vorlage der Protokolle über die Beschuldigtenvernehmungen des Klägers bei der S. AG, von den Verantwortlichen, gefasst. Diese Protokolle waren allein Grundlage der Entscheidung des CDC, die fristlose Kündigung des Klägers zu empfehlen.

cc) Der Zeitraum innerhalb dessen die zur Einberufung der Gesellschafterversammlung Berechtigten nach Kenntnis von den der Kündigung zugrundeliegenden Tatsachen eine Gesellschafterversammlung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einzuberufen haben, ist gesetzlich nicht geregelt. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 15.6.1998 (BGH BGHZ 139, 89, 94) ein Zuwarten mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung gemäß § 50 Abs. 3 GmbHG von drei Wochen zur Kündigung eines Geschäftsführervertrages einer Gesellschaft, deren Zweck der Betrieb eines Alten- und Pflegeheimes darstellte, als angemessen angesehen. Goette hat in einer Anmerkung zu der vorgenannten Entscheidung (DStR 1998, 1103, 1105) darauf verwiesen, dass bei einer Zeitspanne von einem Monat zwischen der Erlangung der Kenntnis von den die Kündigung begründenden Tatsachen und der Einberufung der Gesellschafterversammlung die Gefahr einer fehlerhaften Einladung, die zur Annahme der Nichteinhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB führt, nicht besteht. Zu beachten ist dabei auch das durch die kurze Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB gesetzlich vorgesehene Beschleunigungsgebot. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Wenn die vom Dienstberechtigten durchgeführten oder angeordneten Ermittlungen mehr als zwei Wochen in Stillstand geraten, besteht ein gewichtiges Indiz für die Annahme der unangemessenen Verzögerung der Einberufung der Gesellschafterversammlung. Andernfalls bestände die Gefahr der Manipulation des Zeitraumes bis zum Ausspruch der Kündigung durch das für die Aufklärung der Kündigungsgründe verantwortliche Organ.

dd) Die von der Beklagten vorgetragenen Umstände reichen auch unter Berücksichtigung der Abberufung des Klägers als Organ der Beklagten am 10.1.2007 und der damit verbundenen Warnfunktion im Hinblick auf eine mögliche außerordentliche Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages nicht für die Annahme aus, dass durch die Einberufung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zum 28.11.2007 mit dem Tagesordnungspunkt "außerordentliche Kündigung des Klägers" eine unangemessene Verzögerung der Einberufung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zur Entscheidung über die außerordentliche Kündigung des Klägers nicht eingetreten ist und die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB bei einer Einberufung der Gesellschafterversammlung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung eingehalten worden wäre, worauf der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2009 hingewiesen hat. Bei der Beurteilung sind alle Umstände zu berücksichtigen.

aaa) Nach dem Vortrag der Beklagten ist davon auszugehen, dass eine Befragung des Klägers, der wegen seiner Tätigkeit für die Beklagte am 15.11.2006 verhaftet worden ist, auch nach Außervollzugsetzung des Haftbefehls aufgrund des richterlich angeordneten Kontaktverbots mit der S. AG bzw. der Beklagten eine Befragung des Klägers vor dem 17.8.2007 nicht möglich war. Ab diesem Zeitpunkt lagen dem Vorstand, bzw. den von diesem mit der Überprüfung des Verhaltens des Klägers beauftragten Personen die staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsprotokolle, welche Grundlage der Kündigung waren, schriftlich vor.

bbb) Der Vorstand der Beklagten war auch berechtigt, die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz hinsichtlich disziplinarischer Ahndungen gegen Mitarbeiter auf Dritte, hier dem CDC zu übertragen, wie er es mit Rundschreiben vom 21.8.2007 angeordnet hat. Am 21.8.2007 war die Frist zur Einberufung der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über die Kündigung des Klägers noch nicht abgelaufen.

ccc) Es ist jedoch nicht hinreichend dargetan, weshalb im internen Meinungsbildungsprozess bei der S. AG das CDC seine Empfehlung, dem Kläger fristlos zu kündigen, erst in der Sitzung vom 21.11.2007 abgeben konnte. Der Umstand, dass das CDC umfangreiches Aktenmaterial zu sichten und das Verhalten von einer Vielzahl von Mitarbeitern zu behandeln hatte, wobei vor der Beurteilung des Verhaltens des Klägers über Sanktionen gegen 26 weitere Personen verhandelt worden ist, und sich die S. AG in dem gegen sie selbst laufenden Ordnungswidrigkeitenverfahren zu verteidigen hatte, legt hinreichende Umstände für eine angemessene Verzögerung bei der Einberufung der Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über die außerordentliche Kündigung des Klägers nicht dar. Der Kläger gehörte zu dem kleinen Kreis von Mitarbeitern, die wegen ihres Verhaltens im Zusammenhang mit Bestechungsvorwürfen inhaftiert worden sind. Es lag daher der Verdacht massiver strafrechtlicher Verstöße des Klägers und auch eine Reaktion der Beklagten in Form einer außerordentlichen Kündigung nahe. Die Beklagte hatte den Kläger bereits mit Beschluss vom 9./10.1.2007 als Geschäftsführer der Beklagten abberufen (Anlage K 11) und ihm Hausverbot erteilt und damit zu erkennen gegeben, dass sie einer weiteren Verwendung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten entgegentritt. Dass die Beklagte andere Beweismittel als die Vernehmungsprotokolle mit den Aussagen des Klägers als Grundlage für die Kündigung des Klägers verwendet hat, die die Beklagte sowohl als Tat- als auch als Verdachtskündigung angesehen hat, hat sie nicht dargetan. Sie hat auch nicht vorgetragen, welche weiteren Ermittlungsschritte in der Zeit vom 21.8.2007 bis zum 14.11.2007 der Vorstand oder die von ihm beauftragten Personen unternommen haben, um weitere Tatsachen zur Aufklärung der Vorwürfe gegen den Klägern zu gewinnen.

Die Beklagtenvertreter, denen am 14.11.2007 die Vernehmungsprotokolle mit den Aussagen des Klägers übermittelt worden sind, waren - wenn auch unter erheblichem Arbeitseinsatz, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - in der Lage, binnen 7 Tagen eine Stellungnahme zur Rechtslage abzugeben und haben am 20.11.2007 ihre Stellungnahme an den Senior Counsel des CDC, Dr. T. übermittelt.

ddd) Die Beklagte hat nicht hinreichend dargetan, wieso die CDC und die von ihr bzw. dem Vorstand der S. AG eingesetzten Hilfskräfte nicht in der Lage waren, zeitnah nach dem 21.8.2007 eine Entscheidung hinsichtlich der gegenüber dem Kläger zu treffenden Maßnahmen zu fällen. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass sie wegen der Vielzahl der zu beurteilenden Fälle berechtigterweise erst am 14.11.2007 eine externe Kanzlei zur rechtlichen Überprüfung der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe hat einschalten können. Im Hinblick auf die Vielzahl der zu beurteilenden Sachverhalte wäre die Beklagte insoweit gehalten gewesen, eine Auswahl nach der Dringlichkeit im Hinblick auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB vorzunehmen und gegebenenfalls weitere interne oder externe Berater und sonstige Hilfskräfte hinzuzuziehen. Der Kläger als Bereichsvorstand der S. AG, der in Untersuchungshaft genommen worden war, war als herausgehobener Beteiligter anzusehen. Die Beklagte hat auch nicht konkret dargetan, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, alle Betriebsangehörigen, die im Zusammenhang mit den Bestechungsvorwürfen in Untersuchungshaft genommen worden sind und gegen die eine außerordentliche Kündigung in Erwägung gezogen wurde wie sie beim Kläger, dem bereits Hausverbot erteilt worden war, nahe lag. Es hätte insoweit auch die Möglichkeit bestanden, im Falle der Überlastung der Beklagtenvertreter weitere Anwaltskanzleien einzuschalten. Dieses Vorgehen hätte im Hinblick auf die Frist des § 626 Abs. 2 BGB auch nahe gelegen.

eee) Die Vernehmung des Klägers durch Angehörige der Kanzlei D. am 10. und 11.9.2007 führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Diese Vernehmung war, wie die Beklagte betont, allein im Auftrag des Aufsichtsrats der S. AG vorgenommen worden, für den keine rechtliche Verpflichtung zur Unterrichtung des Vorstands der S. AG bestanden hat. Dass der Vorstand der S. AG zeitnah Erkenntnisse hinsichtlich des Verhaltens des Klägers von dieser externen amerikanischen Kanzlei erhalten würde, ist nicht dargetan. Der für die Einberufung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zuständige Vorstand war insoweit gehalten, im Hinblick auf die Voraussetzungen der grundsätzlich ins Auge gefassten außerordentlichen Kündigung des Klägers, eigenverantwortliche Tatsachenermittlungen vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Selbst wenn die am 9./10.9.2007 durchgeführten Befragungen durch die Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei D. als Ermittlungshandlung des Vorstands der S. AG angesehen würden, bliebe ein offener Zeitraum vom 11.9.2007 bis zum 14.11.2007, für den Beklagte das Nichtvorliegen einer unangemessenen Verzögerung nicht dargetan hat.

Unter Würdigung dieser Umstände hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan, dass die Einberufung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zur Beschlussfassung über die außerordentliche Kündigung des Klägers auch bei billigerweise zumutbarer Beschleunigung nicht vor dem 20.11.2007 möglich gewesen wäre. Die Kündigung vom 3.12.2007 ist daher als außerordentliche Kündigung wegen Nichteinhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht wirksam.

2. Die Kündigung vom 17.12.2007 (Anlage K 3) ist, soweit sie als außerordentliche, fristlose Kündigungen erklärt worden ist, unwirksam.

a) Zwar ist die dem Beklagten gesetzte Frist nicht als unzulässig kurz anzusehen. Die Beklagte hatte dem Kläger mit Schreiben vom 26.11.2007, zugegangen dem Kläger am 28.11.2007 eine Frist zur Anhörung bis 29.11.2007 gesetzt, die bis Montag, dem 3.12.2007, 10 Uhr, verlängert worden ist. Zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte ihrerseits die kurze Frist des § 626 Abs. 2 BGB zu beachten hatte. Für den Kläger waren die Vorwürfe auch nicht neu angesichts seiner Inhaftierung und der Abberufung als Geschäftsführer am 9./10.1.2007. Die gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe waren ihm bekannt, die sie allein aus seinen Aussagen gegenüber den Ermittlungsbehörden beruhten.

b) Der Vorwurf der Beklagten, ein wichtiger Grund für die Kündigung vom 17.12.2007 liege in der Verweigerung der Mitwirkung des Klägers bei der Anhörung zu den Bestechungsvorwürfen, greift nicht durch. Dass der Kläger mit Schreiben seines Anwalts vom 3.12.2007 klar gemacht hat, zu den im Anhörungsschreiben unterbreiteten Vorwürfen nicht innerhalb der gesetzten Frist Stellung nehmen zu wollen, reicht im vorliegenden Fall für die Annahme eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes nicht aus. Die Anhörung des Arbeitnehmers vor der Kündigung ist zwar Wirksamkeitsvoraussetzung bei einer Verdachtskündigung (vgl. Palandt, BGB, 68. Aufl., § 626 Rn. 17). Die Anhörung diente ersichtlich zur Erfüllung dieses Wirksamkeitserfordernisses, weil die Beklagte in ihrem Kündigungsschreiben vom 3.12.2007 (Anlage K 2) mitteilte, dass dem Kläger entsprechend dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.11.2007 gekündigt werde. Hieraus ergibt sich, dass es der Beklagten um die Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung ging und nicht um die zusätzliche Aufklärung von Tatsachen. aa) Insoweit ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Kläger zu Vorwürfen angehört werden sollte, zu denen er zuvor sowohl gegenüber den Ermittlungsbehörden als auch gegenüber der von dem Aufsichtsrat der S. AG beauftragten amerikanischen Kanzlei D. Angaben gemacht hat. Die Angaben des Klägers in den staatsanwaltschaftlichen Vernehmungsprotokollen genügten der Beklagten zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung. Die Beklagte hat auch nicht dargetan, zu welchen konkreten, noch nicht beantworteten Fragen der Kläger eine Aufklärung verweigert hat.

bb) Inwieweit durch die fehlenden Angaben des Klägers im Anhörungsverfahren bis 3.12.2007 eine weitere Erschütterung des Vertrauensverhältnisses eingetreten ist und sich der Verdacht strafbaren Verhaltens des Klägers erhärtet hat, obwohl der Kläger sowohl bei der Staatsanwaltschaft als auch gegenüber den Ermittlern der Kanzlei D. Angaben zur Sache gemacht hat, hat die Beklagte nicht substantiiert dargetan. Dabei ist auch zu beachten, dass die Staatsanwaltschaft den Kläger wegen der Handlungen, die Gegenstand der außerordentlichen Kündigung waren, wegen dringenden Verdachts von Straftaten in Untersuchungshaft genommen hat. Der Kläger hat als Beschuldigter im Strafverfahren ein Recht zu schweigen. Dass das Strafverfahren gegen den Kläger am 17.12.2007 noch nicht abgeschlossen war, ist vom Kläger unwidersprochen vorgetragen worden. Dann kann jedoch das Verweigern weiterer Angaben bei der Anhörung, die primär den Zweck verfolgt, den Dienstverpflichteten die Möglichkeit der Stellungnahme zu den Vorwürfen zu geben, nicht zu einem eigenständigen Kündigungsgrund führen. Die gesetzliche Wertung des in § 136 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessordnung verankerten Rechts des Beschuldigten zu Schweigen ist auch im Zivilrecht zu beachten. Dies führt dazu, dass eine außerordentliche Kündigung nicht allein auf die fehlende Äußerung zu strafrechtlich relevanten Vorwürfen gestützt werden kann. Das Recht zur Verteidigung auch durch Schweigen auf strafrechtliche Vorwürfe stellt einen aus dem Rechtsstaatsprinzip fließenden Grundsatz dar. Das Verbot der Selbstbezichtigungsverpflichtung wird auch vom Europäischen Gerichtshof als fundamentaler Grundsatz der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannt (vgl. hierzu EuGH Urteil vom 18.10.1989 Az. C-374/87 Orkem S.A. gegen Kommission für das staatliche Voruntersuchungsverfahren nach Art. 11 Abs. 5 der VO Nr. 17 vom 6.2.1962 zu Art. 85, 86 EGV a.F. ). Dies führt wegen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung zu der Annahme, dass allein die Verweigerung von Auskünften gegenüber dem Arbeitgeber, die zu einer strafrechtlich relevanten Selbstbelastung führen können, eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigt.

cc) Es liegt auch kein Fall vor, bei dem gerade durch das Schweigen des Dienstverpflichteten der Verdacht erhärtet wurde, weil der Kläger vor den Ermittlungsbehörden Angaben gemacht hat, die ihn selbst belasteten, und die Beklagte diese allein für den Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 3.12.2007 ausreichen ließ.

3. Die von der Beklagten geforderte Gesamtschau der behaupteten Pflichtverletzungen führt nicht dazu, die Gründe einer verfristeten Kündigung berechtigerweise zur alleinigen Grundlage einer späteren, fristgerechten Kündigung machen zu können. Dies würde dem Zweck der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB, Gründe für eine außerordentliche Kündigung über einen längeren Zeitraum zu sammeln, widersprechen.

4. Dem Antrag der Beklagten im Schriftsatz vom 13.3.2009 auf Einräumung einer Schriftsatzfrist war nicht zu entsprechen, weil die im Schriftsatz des Klägers vom 4.3.2009 enthaltenen neuen Tatsachen bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden sind.

Die Berufung ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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