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Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 07.05.2008
Aktenzeichen: 7 U 5338/06
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 425 Abs. 1
HGB § 427 Abs. 1 Nr. 2
HGB § 427 Abs. 2 Satz 1
HGB § 435
1. Gibt der Absender dem von ihm selbst verpackten Frachtgut Kühlelemente bei, aufgrund derer an dem Gut Minustemperaturen erreicht werden können, die nach den vereinbarten Transportbedingungen gerade vermieden werden sollen, liegt ein Verpackungsmangel i. S. d. § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB vor.

2. Vermag der Frachtführer trotz angemessener Nachforschungen keine Angaben zur Ursache einer während des Transports eingetretenen Beschädigung des Gutes zu machen, obliegt es dem sich auf einen Wegfall der Haftungsgrenzen berufenden Ersatzberechtigten, Anhaltspunkte vorzutragen, die ein leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten des Frachtführers gemäß § 435 HGB zumindest nahe legen.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 5338/06

verkündet am: 07.05.2008

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch die unterzeichnenden Richter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.04.2008

folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Auf die Anschlussberufung der Beklagten werden das Endurteil des Landgerichts München I vom 20.10.2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten. Die Streithelferin der Klägerin trägt ihre Kosten selbst.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin verlangt als Transportversicherer aus übergegangenem Recht von der Beklagten Ersatz eines behaupteten Transportschadens.

Mit Versandauftrag vom 9.12.2002 (Anlage B 2) beauftragte die Firma F. GmbH in Gräfelfing die Beklagte als Fixkostenspediteur mit einem Transport von Immunserum in vier Packstücken zur Firma F. in Frankreich. Ausweislich des Luftfrachtbriefes (Anlage B 3) war das Immunserum bei einer Temperatur von + 2° Celsius bis + 8° Celsius kühl zu halten, durfte jedoch nicht gefroren werden. Das Serum wurde von F. Gräfelfing mit dem LKW zum Flughafen München verbracht und dann von der Streithelferin der Beklagten nach Frankfurt geflogen. Am folgenden 10.12.2002 wurde das Immunserum von der Streithelferin der Beklagten mit dem Flugzeug nach Lyon transportiert, wo es bis zur Abholung durch die Streithelferin der Klägerin am 11.12.2002 gelagert wurde.

Die Klägerin hat vorgetragen, das Transportgut sei von der Absenderin ordnungsgemäß aufgegeben worden, bei der Kontrolle nach der Ankunft seien jedoch einzelne Ampullen des Immunserums gefroren und damit die gesamte Sendung verdorben gewesen. Unklar sei, auf welchem Streckenteil der Schaden entstanden sei. In jedem Falle treffe die Beklagte ein grobes Verschulden im Sinne des § 435 HGB. Für ein Verschulden ihrer Streithelferin habe sie nach § 428 HGB einzustehen.

Die Beklagte hat den Schadenseintritt - insbesondere einen solchen in ihrem Obhutszeitraum - bestritten und vorgetragen, dass während des Transports keine Minustemperaturen erreicht worden seien. Sie hat ferner darauf hingewiesen, dass die Ursache des Gefrierens der Immunseren auch darin liegen könne, dass die Versenderin den Verpackungseinheiten Kühlelemente beigegeben habe.

Das Landgericht München I hatte die Klage zunächst ohne Beweisaufnahme mit Urteil vom 02.08.2004 abgewiesen, da nicht erwiesen sei, dass ein etwaiger Schaden in der Obhut der Beklagten entstanden sei. Der Senat hob mit Urteil vom 17. November 2004 die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Landgericht. Nach Einvernahme von zwei Zeugen sprach das Landgericht der Klägerin mit dem angefochtenen Urteil vom 20.10.2006 einen Schadensersatz in Höhe von 389,90 € zuzüglich Zinsen zu; im Übrigen wies es die Klage ab. In den Gründen der Entscheidung führte es u. a. aus, die Beklagte treffe gemäß §§ 425, 452 HGB eine auf den Höchstbetrag gemäß § 431 HGB begrenzte Gefährdungshaftung, weil es ihr nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass der Schaden nicht in ihrem Bereich eingetreten sei. Die Voraussetzungen für eine verschärfte Haftung der Beklagten nach § 435 HGB lägen hingegen nicht vor. Die Beklagte habe nicht darzulegen vermocht, dass der Schaden mit gewisser Wahrscheinlichkeit durch ein grob fahrlässiges Verhalten auf Seiten der Anspruchsgegner eingetreten sei. Insofern sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte dezidierte Angaben über den Ablauf des Transports gemacht habe. Es habe demzufolge der Klägerseite oblegen, mit Sachvortrag und Beweisangeboten die Voraussetzungen des § 435 HGB zu untermauern.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter, die Beklagte zum Ersatz des gesamten Schadens zu verurteilen. Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast grundlegend verkannt und sei einem Beweisangebot auf Erholung eines Sachverständigengutachtens zu Unrecht nicht nachgekommen. Für den von ihr geltend gemachten Schadensersatzanspruch habe sie, die Klägerin, lediglich den Nachweis führen müssen, dass das Serum während der Obhutszeit der Beklagten eingefroren sei. Zu den Umständen des Transports habe sie sich zulässigerweise mit Nichtwissen erklären können und dürfen; insoweit sei allein die Beklagte beweisbelastet. Der Antrag auf Erholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Seren nicht durch die von der Versenderin dem Gut beigegebenen Kühlakkus gefrieren hätten können, sei innerhalb einer der Klageseite gewährten Schriftsatzfrist eingereicht worden und habe daher vom Landgericht nicht als verspätet zurückgewiesen werden dürfen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 20.10.2006, die Beklagte zu verurteilen, weitere 118.610,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % für die Zeit vom 18.07.2003 bis zum 03.09.2003 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2003 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Ferner beantragt sie im Wege der Anschlussberufung,

das Urteil des Landgerichts München I vom 20.10.2006 aufzuheben, soweit die Beklagte verurteilt wurde, und die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, in erster Instanz sei überhaupt nicht bewiesen worden, dass der Schaden in ihrem Obhutsbereich eingetreten sei.

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Anschlussberufung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Erholung eines Sachverständigengutachtens. Insoweit wird auf den Beweisbeschluss vom 27.06.2007 und das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 06.12.2007 verwiesen. In der mündlichen Verhandlung vom 23.04.2008 beantragte der Klägervertreter die mündliche Anhörung des Sachverständigen. Diesem Antrag ist der Senat nicht nachgekommen.

B.

Die Klageforderung hat sich als unbegründet erwiesen. Daher waren die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts München I vom 20.10.2006, mit dem die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von 389,90 € nebst Zinsen verurteilt worden war, aufzuheben. Die Beklagte schuldet nicht gemäß § 425 HGB Schadensersatz für die Beschädigung des Gutes, weil sie nach § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB von ihrer Haftung befreit ist. Der Senat ist unter Würdigung der Feststellungen im erholten Sachverständigengutachten überzeugt davon, dass das Gut im Sinne des § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB vom Absender ungenügend verpackt war. Der Senat ist ferner überzeugt davon, dass nach den Umständen des Falles der Schaden aus dieser unzureichenden Verpackung entstehen konnte. Gemäß § 427 Abs. 2 Satz 1 HGB ist diese Schadensursache daher zu vermuten. Diese Vermutung vermochte die Klägerin nicht zu widerlegen.

Mit dem erholten Sachverständigengutachten wurde der Frage nachgegangen, ob die unstreitige Tatsache, dass die Versenderin den transportierten Seren in den verwendeten Verpackungsboxen ca. -25° Celsius kalte Kühlakkus beigegeben hatte, zu einem (partiellen) Gefrieren des Serums führen konnte. Der Sachverständige führte hierzu drei Versuchsreihen durch, in denen der Transportverlauf simuliert wurde. In der ersten der drei Versuche wurde die Transportverpackung nach den internen Verpackungsvorschriften der Versenderin zusammengestellt. Insbesondere wurde mittels Isolierelementen (Karopacks) die von der Versenderin vorgesehene thermische Isolierung zwischen Kühlakkus und den Verpackungseinheiten mit den Serumfläschchen hergestellt. Grundlage der Untersuchung bildete dabei ein Ortstermin des Sachverständigen bei der Versenderin. Bei dieser Versuchsreihe wurde die Verpackungseinheit dann über einen Zeitraum von 46 Stunden bei einer konstanten Außentemperatur zwischen + 2° Celsius und + 3° Celsius gelagert. Hierbei wurden Temperaturmessungen u.a. direkt im Serum mehrerer Fläschchen durchgeführt. Diese Messungen ergaben, dass auch bei "vorschriftsgemäßer" Verpackung und Außentemperaturen von durchwegs + 2° Celsius bis + 3° Celsius die Temperaturen in mehreren Fläschchen innerhalb von 4 Stunden auf etwa - 3° Celsius, teils auf - 4° Celsius abfiel. Alle den Kühlakkus zugewandten Fläschchen erreichten damit eine Temperatur deutlich unter der theoretischen Gefriertemperatur des Serums von etwa - 0,5° Celsius. Hierzu führte der Sachverständige aus, dass es im Experiment in Abwesenheit von Kristallisationskeimen oder mechanischen Auslösern (heftige Erschütterung) bei diesen Temperaturen zwar noch nicht zur Einfrierung gekommen sei. Ein mögliches Einfrieren könne dennoch nicht vollständig ausgeschlossen werden, zumal in einer weiteren Versuchsreihe bei etwa - 6,5° Celsius, also bei einer Temperatur, die nur geringfügig niedriger gewesen sei als die im ersten Versuch gemessenen Minimaltemperaturen, eingefrorene Fläschchen beobachtet worden seien (zu alldem siehe insbesondere Seiten 1, 21 und 32 des Gutachtens).

In weiteren Versuchsreihen (Versuche 2.1 und 2.2) wurde die Transportbox abweichend von den "Verpackungsvorschriften" so zusammengestellt, dass ein Teil der Kühlakkus direkten Kontakt zu den Verpackungseinheiten hatte, mithin eine unzulängliche Isolierung simuliert. In diesen Versuchen wurden in besonders exponierten Fläschchen Minimaltemperaturen von - 6°Celsius bis - 8°Celsius erreicht und bei drei Fläschchen das Einfrieren des Serums beobachtet.

An der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen hat der Senat keinen Zweifel. Die Fachkunde des Sachverständigen, dessen methodisches Vorgehen und seine fachlichen Schlussfolgerungen begegnen keinen Bedenken. Auch von den Parteien wurden insoweit keine Einwände vorgetragen.

Die Feststellungen des Sachverständigen zeigen, dass die von der Versenderin verwendete Verpackung ungenügend im Sinne des § 427 Abs. 1 Nr. 2 HGB war. Denn selbst bei einer ordnungsgemäßen, den internen Verpackungsrichtlinien der Versenderin entsprechenden Zusammenstellung der Transportbox wurden auch ohne vertragswidrige Kälteeinwirkung von außen allein aufgrund der von der Versenderin beigegebenen Kühlelemente in den Serumfläschchen Temperaturen deutlich unterhalb der Gefriertemperatur des Serums erreicht. Damit hat die Versenderin durch die von ihr selbst erstellte Verpackung gerade das bewirkt, was den Angaben der Klägerin zufolge durch die der Beklagten erteilte Vorgabe, das Serum im Temperaturbereich von + 2° Celsius bis + 8° Celsius zu transportieren, verhindern werden sollte, nämlich dass das Serum Minustemperaturen ausgesetzt wird, die zu einem Gefrieren desselben führen können. Danach ist selbst auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin von einer mangelhaften Verpackung auszugehen.

Nach Überzeugung des Senats konnte nach den Umständen des Falles der eingetretene Schaden gemäß § 427 Abs. 2 Satz 1 HGB auf den Verpackungsmangel zurückzuführen sein. Nach den Ausführungen des Sachverständigen besteht diese Möglichkeit unabhängig davon, dass im ersten Versuch ein Einfrieren des Serums nicht beobachtet wurde. Der Sachverständige hat dies plausibel damit erklärt, dass Kristallisationskeime oder andere Auslöser wie stärkere Erschütterungen, die im Experiment nicht gegeben waren, ein Einfrieren auslösen können. Zwar hielt der Sachverständigen bei "vorschriftsgemäßer" Verpackung ein Einfrieren für nicht wahrscheinlich, doch relativiert sich diese Aussage erheblich dadurch, dass die betreffenden Verpackungseinheiten von der Versenderin offensichtlich vielfach verwendet wurden, es aber naturgemäß nur dann zu einem Rechtsstreit kommt, wenn ein Schaden entsteht, also z. B. der an sich unwahrscheinliche Fall eines Einfrierens eintritt.

Von der realistischen Möglichkeit, dass die beigegebenen Kühlakkus das Einfrieren des Serums verursacht haben, ist erst recht dann auszugehen, wenn man in Betracht zieht, dass etwa aufgrund von Erschütterungen während des Transports und darauf zurückzuführendem Verrutschen des beigegebenen Isoliermaterials (Karopacks) es ausnahmsweise zu einem unmittelbaren Kontakt zwischen Kühlakkus und Verpackungseinheiten gekommen sein konnte. Für einen solchen Fall wurden vom Sachverständigen Temperaturen in den Serumfläschchen bis zu - 8° Celsius gemessen und auch ein Einfrieren einzelner Fläschchen beobachtet.

Da hiernach unter Berücksichtigung der Umstände des Falles der Schaden durch die ungenügende Verpackung entstehen konnte, ist nach § 427 Abs. 2 Satz 1 HGB zu vermuten, dass sich diese Gefahr im Schaden verwirklicht hat. Diese Vermutung vermochte die Klägerin nicht zu widerlegen. Eine solche Widerlegung wäre beispielsweise denkbar gewesen durch nähere Angaben zur konkreten Lage der eingefrorenen Fläschchen innerhalb der streitgegenständlichen Verpackungseinheit. Mangels exakter Aufzeichnungen durch die Empfängerin konnte die Klägerin hierzu jedoch keine näheren Angaben machen.

Dem erst in der mündlichen Verhandlung am 23.04.2008 vom Klägervertreter gestellten Antrag, den Sachverständigen (mündlich) anzuhören, war nicht nachzukommen, da dieser Antrag nicht begründet wurde und nicht einmal erkennbar war, in welcher Richtung die Klägerin durch Fragen an den Sachverständigen eine weitere Aufklärung herbeizuführen wünschte (vgl. OLG Saarbrücken, OLGR 2004, 379). Mit Verfügung vom 10.12.2007 war den Parteien Gelegenheit gegeben worden, zu dem Gutachten bis 14.01.2008 Stellung zu nehmen. In seiner Stellungnahme vom 14.01.2008 wertete der Klägervertreter das Ergebnis des Gutachtens und wies auf die Aussage eines Zeugen hin, dass die Serumfläschchen ordnungsgemäß verpackt worden seien. Einwände gegen das Gutachten erhob er nicht. Ebenso wenig beantragte er eine Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Anhörung oder wies er auf etwaigen weiteren Aufklärungsbedarf hin. In der mündlichen Verhandlung am 23.04.2008 gab der Senat die wesentlichen Ergebnisse des Gutachtens wieder, wobei einzelne Ausführungen des Sachverständigen wörtlich zitiert wurden. Der Klägervertreter führte daraufhin aus, der Versenderin habe es nicht oblegen, das Gut durch die Verpackung vor Außentemperaturen bis zu - 4° Celsius zu schützen. Diese Ausführungen beruhten offensichtlich auf einem Missverständnis der Ausführungen des Sachverständigen zu der ersten Versuchsreihe: Die Angaben des Sachverständigen zu den in den Serumfläschchen gemessenen Temperaturen waren vom Klägervertreter ersichtlich als Außentemperatur aufgefasst worden. Dem Gutachten ist indes eindeutig zu entnehmen, dass der erste Versuch bei Außentemperaturen von + 2° Celsius bis + 3° Celsius durchgeführt wurde. Als der Senat auf diese Tatsache hinwies, ferner nochmals die Feststellung des Sachverständigen zitierte, dass selbst bei "vorschriftsgemäßer" Verpackung ein Einfrieren des Serums nicht ausgeschlossen werden könne, sowie auf die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen einging, beantragte der Klägervertreter die Anhörung des Sachverständigen. Auch aus den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ergab sich mithin kein erkennbarer Anlass für eine Ladung des Sachverständigen. Soweit die gutachterlichen Feststellungen erörtert wurden, gab der Senat lediglich Ausführungen des schriftlichen Gutachtens wieder. Soweit es um die rechtlichen Konsequenzen dieser Feststellungen in Bezug auf § 427 Abs. 2 HGB ging, handelt es sich um eine rechtliche Bewertung, die nicht dem Sachverständigen, sondern dem Gericht obliegt und daher keinen Anlass für eine Anhörung des Sachverständigen geben kann. Dass aufgrund der beigegeben Kühlelemente ein Verpackungsmangel vorliegen konnte, war auch nicht etwa ein überraschender neuer rechtlicher Gesichtspunkt; vielmehr war diese Problematik in dem Verfahren bereits seit langem diskutiert worden (vgl. z. B. die diesbezüglichen Ausführungen auf Seite 6 des angefochtenen Urteils vom 20.10.2006 und den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 27.03.2007, Seite 3). Schließlich lag gerade diese Frage der Erholung des Sachverständigengutachtens zugrunde.

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass selbst dann, wenn man den Haftungsausschlussgrund nach § 427 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 HGB für nicht gegeben erachten würde, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen wäre, da die Klägerin keine plausiblen Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Verschulden auf Seiten der Beklagten gemäß § 435 HGB darzulegen vermochte. Anders als bei einem Verlust des Gutes kann aus Sachschäden nicht ohne weiteres die Vermutung für ein qualifiziertes Verschulden im Sinne des § 435 HGB hergeleitet werden. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2006 (TranspR 2006, 390/393) hat der Frachtführer darzulegen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte. Ihn trifft mithin eine Recherchepflicht. Kann er trotz angemessener Nachforschungen keine Angaben zur Schadensentstehung machen, kann daraus nicht die Vermutung für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens hergeleitet werden. Es gelten insoweit nicht die Grundsätze wie bei einem Verlust des Gutes, bei dem die mangelnde Aufklärung des Ersatzberechtigten im Allgemeinen auf dem Fehlen von Schnittstellenkontrollen beruht, weil der Eintritt eines Schadens und der Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht nicht (mehr) eingegrenzt werden können. Ist der Frachtführer - wie vorliegend die Beklagte und deren Streithelferin - seiner Darlegungs- und Recherchepflicht nachgekommen, bleibt der Ersatzberechtigte für das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens des Transporteurs oder seiner Leute gegebenenfalls beweisfällig. Ihm obliegt es, zumindest Anhaltspunkte vorzutragen, die ein leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten des Frachtführers gemäß § 435 HGB zumindest nahe legen. Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin ihr ursprüngliches Vorbringen, die Immunseren hätten nur dann gefrieren können, wenn sie für die Dauer von mindestens drei Stunden einer Außentemperatur von - 22° Celsius oder kälter ausgesetzt gewesen wären, nicht aufrechterhalten hat. Wenn aber beispielsweise schon eine geringfügige Unterschreitung der im Frachtbrief - den Angaben der Klägerin zufolge - vorgegebenen Transporttemperaturen von mindestens + 2° (u. U. im Zusammenwirken mit der Kühlung durch die beigegeben Kühlelemente) ein Gefrieren des Serums bewirken konnte, könnte aus dem Einfrieren nicht auf eine grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 435 HGB geschlossen werden.

Einer Einvernahme der von der Streithelferin der Beklagten benannten Entlastungszeugen gemäß Nr. 2 des Beweisbeschlusses vom 27.06.2007 bedurfte es bei dieser Sach- und Rechtslage nicht mehr. C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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