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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 28.11.2007
Aktenzeichen: 7 U 5444/05
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 64 Abs. 2
1. Ist Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer GmbH nachgewiesen, ist die Erkennbarkeit der Konkursreife der Gesellschaft für den Geschäftsführer zu vermuten. Der Geschäftsführer hat die Vermutung der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft zu widerlegen.

2. Zu den Anforderungen an den Nachweis fehlender Erkennbarkeit der Konkursreife der Gesellschaft für einen nicht mit der kaufmännischen Leitung der Gesellschaft betrauten Geschäftsführer einer GmbH bei bestehendem Beherrschungs-, Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 7 U 5444/05

Verkündet am 28. November 2007

In dem Rechtsstreit

erlässt der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO, in dem bis 21.11.2007 eingegangene Schriftsätze berücksichtigt worden sind, folgendes

ENDURTEIL:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 3.11.2005 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der S.GmbH (vormals S. D. GmbH; nachfolgend als Gemeinschuldnerin bezeichnet) Ansprüche gegen den Beklagten als Geschäftsführer wegen Zahlungen nach Eintritt der Konkursreife der Gemeinschuldnerin geltend.

Die Gemeinschuldnerin ist ein Unternehmen des S.-Konzerns. Alleinige Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin ist die S. Systems AG (nachfolgend als S. AG bezeichnet). Zwischen der Gemeinschuldnerin und der S. AG bestand seit dem 25.3.1999 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der erst am 1.8.2002 beendet wurde und auch die Übernahme aller Verluste der Gemeinschuldnerin seitens der S. AG enthielt. Zusätzlich vereinbarten diese Gesellschaften ein sogenanntes Cash-Pool-System, nach dem die S. AG sämtliche Zahlungen für die Gemeinschuldnerin zu leisten hatte und täglich ein Kontoausgleich zwischen der Gemeinschuldnerin und der S. AG vorgenommen werden sollte, wobei streitig ist, ob diese Vereinbarung über den 1.4.2002 hinaus praktiziert worden ist.

Daneben haben die dem S. Konzern Kredit gebenden Banken mit den deutschen und österreichischen Gesellschaften des S. Konzerns am 31.1.2002 einen Vertrag über den Sicherheitenpool und die generellen Kreditbedingungen geschlossen (Anlage K 18, nachfolgend als Poolvertrag bezeichnet), in dem sich die Banken in § 2 untereinander und gegenüber den S. Gesellschaften verpflichteten, die zur Verfügung gestellten Kredite in Höhe von 33,2 Mio. Euro bis 31.5.2002 nicht fällig zu stellen und in Höhe von weiteren 2,7,Mio. Euro bis zum 30.6.2004 aufrecht zu erhalten und den zur Fortführung der Geschäftstätigkeit notwendigen Zahlungsverkehr vorzunehmen, wobei ebenfalls streitig ist, bis zu welchem Zeit diese als "Poolvertrag" bezeichnete Absprache durchgeführt worden ist.

Der Beklagte war von Juni 2001 bis zum 18.6.2002 als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin tätig. Er war für den Aufgabenbereich Produktentwicklung zuständig und hatte keine Kontovollmacht. Daneben war G. R. Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, der auch Vorstandsvorsitzender der S. AG war und auf den S. Konzern, zu dem weitere Firmen, darunter die S. S. Deutschland GmbH sowie Gesellschaften in Österreich, Frankreich und den USA gehörten, bestimmenden Einfluss hatte.

Von dem Firmenkonto der Gemeinschuldnerin wurden von der Gemeinschuldnerin in der Zeit vom 3.5.2002 bis 24.5.2002 folgende Zahlungen vorgenommen:

 24.05.2002 10.939,87 € anA. E. GmbH
21.05.2002 30.600,60 € anV. Berufsgenossenschaft
14.04.2002 31.787,95 € anT.-krankenkasse
13.05.2002 7.710,50 € anB. Ersatzkasse
03.05.2002 6.484,40 € anO. AG

Die S. AG hat am 19.2.2007 eine Ad-hoc-Mitteilung (Anlage K 20 S. 3) herausgegeben, in der für die S. Gruppe für das Geschäftsjahr 2001 bei einem Konzernumsatz von 149 Mio. Euro ein durch Einmaleffekte von 139 Mio. Euro beeinflusster erzielter EBIT (= Gewinn vor Zinsen und Steuern) von -163,5 Mio. Euro angegeben war. Diese Angaben wurden in einer Mitteilung des Vorstands der S. Gruppe an die Aktionäre vom gleichen Tag (Anlage zum Protokoll vom 14.2.2007) bestätigt unter Beifügung der untestierten Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2001 mit einem Periodenfehlbetrag von 176 Mio. Euro und der Konzernbilanz der S. AG zum 31.12.2001, die auf der Aktiv- und der Passivseite ein ausgeglichenes Ergebnis aufwies.

Am 15.3.2002 endete die Abschlussprüfung der S. AG für das Jahr 2001. Die Prüferin E. & Y. AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft (nachfolgend: E. & Y. AG ) verweigerte das Testat unter Hinweis darauf, dass in dem vorgelegten Bilanzentwurf eine Bewertung nach den Grundsätzen einer Unternehmensfortführung enthalten sei, während die finanzielle Lage der S. AG eine derartige Bewertung nach "Going Concern"-Gesichtspunkten nicht zulasse. An den mit den Kredit gebenden Banken durchgeführten Finanzierungsgesprächen und den mit den Vertretern der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geführten Gesprächen war der Beklagte durchweg nicht beteiligt.

Am 18.6.2002 wurde der Beklagte als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin abberufen. Am 1.8.2002 wurde sowohl für die Gemeinschuldnerin als auch für die S. AG Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt.

Der Kläger trägt vor, die Gemeinschuldnerin sei bereits zum 31.12.2001 überschuldet gewesen, da sie eine Mithaftung gegenüber der C. AG in Höhe von 7,5 Mio. EUR in vollem Umfang hätte passivieren müssen. Der S. Konzern habe im Jahre 2001 Verluste von 178 Mio. EUR gemacht, wovon allein 130 Mio. EUR auf die S. AG entfallen seien. Die Gemeinschuldnerin sei bereits Ende 2001 insolvenzreif gewesen. Die Situation sei aufgrund der aktuellen Buchhaltung seit November 2001 den Geschäftsführern bestens bekannt gewesen und auch der Beklagte habe von der Krisensituation Kenntnis gehabt. Der Beklagte hafte als Geschäftsführer auch für Zahlungen seines Mitgeschäftsführers. Ihn treffe insoweit die volle Beweislast für fehlendes Verschulden. Die Beklagte habe sich nicht auf die Erklärungen des Vorstandsvorsitzenden der S. AG und Mitgeschäftsführers der Gemeinschuldnerin, R., verlassen dürfen, dem es nur darum gegangen sei, die Insolvenz der S. Gesellschaften heraus zu schieben. Der Verlustausgleichsanspruch der Gemeinschuldnerin gegenüber der S. AG sei ab 1.1.2002 wertlos gewesen, da die S. AG am 1.1.2002 mit über 20 Mio. EUR überschuldet gewesen sei. Der Wunsch des Herrn R., sich der Bankschulden durch einen Verkauf einzelner Tochterunternehmen zu entledigen, sei unrealistisch gewesen.

Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, sich über die Werthaltigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gegenüber der S. AG zu unterrichten.

Der Kläger hat zunächst eine Teilklage über 50.000,-- EUR aufgrund von Zahlungen mit einem Gesamtbetrag von 87.523,32 Euro erhoben und Ersatz für die Auszahlung der oben einzeln genannten Beträge in der aufgeführten Reihenfolge verlangt.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 50.000 Euro nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit 3.9.2004 zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, dass die Gemeinschuldnerin im Mai 2002 weder überschuldet noch zahlungsunfähig gewesen sei. Diese habe lediglich Software erstellt und damit als reine Entwicklungsfirma im Rahmen des S. Konzerns nur Verluste erwirtschaften können. Deshalb sei auch die Verlustübernahmeverpflichtung der S. AG vereinbart worden. Er habe im Mai 2002 weder gewusst noch habe er wissen können, dass die Muttergesellschaft den bestehenden Verlustübernahmevertrag nicht mehr würde erfüllen können. Er sei selbst seitens des Vorstandsvorsitzenden der Muttergesellschaft S. AG gezielt und bewusst über deren Vermögenssituation getäuscht worden. Da die Muttergesellschaft erhebliche Verpflichtungen der Schuldnerin beglichen habe, habe er auch ohne weiteres von der Zahlungsfähigkeit der Muttergesellschaft ausgehen können.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Haftung des Beklagten nach § 64 Abs. 2 HGB nicht bestehe. Das permanente Negativsaldo der Gemeinschuldnerin begründe eine derartige Haftung nicht, da diese nach der Unternehmensstruktur als reine Entwicklungsgesellschaft nur negative Ergebnisse habe erzielen sollen und gerade deshalb die Verlustübernahmevereinbarung bestanden habe. Für eine Haftung des Beklagten komme es auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Beklagten über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Muttergesellschaft an. Hierzu seien keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich und vorgetragen. Der Beklagte habe glaubhaft vorgetragen, dass er seinerseits getäuscht worden sei.

Gegen das landgerichtliche Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Gemeinschuldnerin habe sich im ganzen Jahr 2002 in einer Krisensituation befunden. Der S. Konzern habe 2001 Verluste von 178 Mio. EUR erwirtschaftet. Es habe die Mithaftung der Gemeinschuldnerin gegenüber den Forderungen der C. AG über 7,5 Mio. EUR in voller Höhe bestanden. Eine Bewertung der S. AG nach Fortführungswerten sei unzulässig gewesen. Herr R. habe die Insolvenzreife dieses Unternehmens gekannt. Auch der Beklagte habe Kenntnis von der Krisensituation der Gemeinschuldnerin gehabt. Es habe zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gemeinschuldnerin vorgelegen. Der Beklagte habe bereits seit Juni 2001 als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin auf die Werthaltigkeit des Ausgleichsanspruchs gegenüber der S. AG nicht mehr vertrauen und sich nicht auf die Erklärungen von Herrn R. verlassen dürfen. Seit Januar 2002 habe der Bilanzentwurf der S. AG vorgelegen. Der Beklagte hätte die S. AG unverzüglich zur Zahlung des Jahresverlusts 2001 veranlassen müssen, was er nicht getan habe. Für die Haftung des Beklagten reiche es aus, wenn er sich keine Gewissheit über die Finanzlage der Gemeinschuldnerin verschafft habe. Die S. AG habe hohe Bankschulden gehabt, für die eine Mithaftung der Gemeinschuldnerin bis zu einem Betrag von ca. 7,5 Mio. EUR bestanden habe, die die C. AG auch Anfang 2002 gegenüber der Gemeinschuldnerin geltend gemacht habe. Die S. AG sei zum 1.1.2002 mit über 20 Mio. EUR überschuldet gewesen. Die Bankschulden des S. Konzerns durch den Verkauf von Unternehmensteilen in den USA wegzufertigen, wie sie in der Vorstandsvorlage vom 3.6.2002 zum Ausdruck komme, sei unrealistisch gewesen. R. habe insoweit den Beklagten auch nicht getäuscht. Der Beklagte hätte sich nicht mit den Erklärungen R.s zufrieden geben dürfen, insbesondere weil die Struktur der Gemeinschuldnerin nicht auf Verluste ausgelegt gewesen und eine Verdoppelung der Personalkosten eingetreten sei. Entgegen dem ersten Schreiben des Klägers vom 31.7.2002 (Anlage B3 nach Bl. 46), in dem die Überschuldung der Gemeinschuldnerin als fraglich bezeichnet worden sei, sei in dem Bericht des Klägers vom 16.9.2002 eine deutliche Überschuldung von 3,7195 Mio. EUR dargestellt worden. Die Verbindlichkeit gegenüber der C. AG mit 7,6 Mio. EUR hätte bei der Gemeinschuldnerin passiviert werden müssen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 4.9.2007 (Bl. 239/240) die Berufung wegen eines Anspruchs in Höhe von 15.893,98 EUR wegen Zahlungen an die ...krankenkasse und in Höhe von 3.855,25 EUR hinsichtlich der Zahlung an die ...Ersatzkasse zurückgenommen und hilfsweise die Klage auch auf die Auszahlung von Angestelltengehältern am 4.6.2002 in einer Gesamthöhe von 145.743,41 EUR gestützt.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 50.000,-- EUR zuzüglich Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit 3.9.2004 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte beruft sich auf seinen Vortrag in der ersten Instanz und trägt ergänzend vor, dass die Umsatzerlöse der Gemeinschuldnerin im Jahr 2001 um 1,6 Mio Euro gestiegen seien. Ohne die Abschreibungen und sonstige dubiose betriebliche Aufwendungen verbleibe für 2001 ein Überschuss von 7,274 Mio. Euro. Die Forderungen der Gemeinschuldnerin gegenüber ihren Schwestergesellschaften seien mindestens mit 50 % der jeweiligen Beträge in Höhe von insgesamt 4,626 Mio. Euro einzustellen gewesen. Die am 31.12.2001 nicht gekündigte Darlehensforderung der C.bank sei nicht in die Bilanz einzustellen gewesen. Im Übrigen sei diese wegen der von der Gemeinschuldnerin abgegebenen bloßen Mithafterklärung, der daneben bestehenden Haftung der S. AG und der anderen S. Konzerngesellschaften und des dadurch reduzierten Risikos allenfalls in Höhe von 50 % zu berücksichtigen. Die Mithafterklärung habe sich auch nur auf einen Kontokorrentkredit von 5,112 Mio. Euro bezogen, die sich aufgrund der Zahlungen aus dem Verkauf der S. Banking ... GmbH um 1,223 Mio. Euro reduziert habe.

Der Rechtstreit wurde mit dem Einverständnis der Parteien mit Beschluss von 25.10.2006 gemäß § 527 Abs. 4 ZPO auch zur Endentscheidung auf den Berichterstatter übertragen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M., S., G., Prof. Ru., J. sowie durch Erholung von schriftlichen Erklärungen der Zeugen L., R. und P.. Zu dem Inhalt der Zeugenaussagen wird auf die Protokolle vom 7.2.2007 und 14.2.2007 nebst Anlagen sowie auf die schriftlichen Erklärungen der Zeugen L., R. und P., verwiesen. Der vom Senat angekündigten Verwertung dieser schriftlichen Erklärungen haben die Parteien nicht widersprochen. Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

I.

1. Die Mitteilung des Klägers im Schriftsatz vom 4.9.2007, dass das Rechtsmittel hinsichtlich eines Gesamtbetrages von 19.749,23 Euro für jeweils 50 % der Zahlungen an die T.- Krankenkasse (15.893,75 Euro) und die B. Ersatzkasse (3.855,25 Euro) nicht mehr gestützt wird (Bl. 239 d. A.), ist als Berufungsrücknahme hinsichtlich dieser Teilbeträge zu werten.

2. Die Klageänderung ist, soweit der Kläger seine Klage im Schriftsatz vom 4.9.2007 (Bl. 239/240) hilfsweise auf die Auszahlung von Angestelltengehältern am 4.6.2002 in einer Gesamthöhe von 145.743,41 EUR stützt, unzulässig, da die Voraussetzungen des § 533 Nr. 1 und 2 ZPO nicht vorliegen. Weder hat der Gegner in die Klageänderung eingewilligt noch ist die Klageänderung sachdienlich. Sie kann auch hinsichtlich der Auszahlung der Gehälter nicht auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Entscheidung ohnehin nach §§ 533 Nr. 2 ZPO, 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

II.

Die ursprünglich erhobene Klage ist, soweit sie noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, unbegründet.

Aufgrund des Vortrags der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten als Mitgeschäftsführer der Gemeinschuldnerin wegen der in der Zeit vom 3.5.2002 bis 24.5.2002 vorgenommenen Zahlungen der Gemeinschuldnerin an Dritte nicht gegeben ist. Insbesondere hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Anspruch nach § 64 Abs. 2 GmbHG gegen den Beklagten nicht besteht.

1. Die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin für den hier maßgeblichen Zeitraum der Auszahlungen vom 3.5.2002 bis 24.5.2002 ist nicht nachgewiesen. Das in der Bilanz der Gemeinschuldnerin zum 31.12.2001 (Anlage K 2) und in der Gewinn- und Verlustrechnung für 2001 (Anlage K 5) ausgewiesene negative Betriebsergebnis begründet schon deshalb nicht die Annahme der Zahlungsunfähigkeit, weil aufgrund des mit der S. AG abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages und der Cash-Pool-Vereinbarung die S. AG täglich den Kontostand der Gemeinschuldnerin auszugleichen hatte. Dieses System wurde nach der schriftlichen Angabe der Zeugin P. bis Ende April 2002 praktiziert. Im Mai 2002 sind die Zahlungen der Gemeinschuldnerin - unter anderem die hier streitgegenständlichen - von deren Firmenkonto geleistet worden. Die Auszahlungen wurden offensichtlich von der Geschäftsbank der Gemeinschuldnerin, die der Kläger namentlich nicht benannt hat, ausgeführt. Ein Rückschluss von den negativen Zahlen der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung für 2001 ohne Berücksichtigung des Verlustausgleichsanspruchs gegen die Muttergesellschaft S. AG auf die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin zum 1.4.2002 ist nicht möglich. Denn die Gemeinschuldnerin war eine reine Entwicklungsgesellschaft und als 100%ige Tochtergesellschaft der S. AG in deren Unternehmenskonzept eingebunden war. Damit konnte sie nicht frei und unabhängig wirtschaften und hatte für sie ungünstige Entscheidungen der Muttergesellschaft umzusetzen wie die Aufnahme nicht benötigter Mitarbeiter von anderen Konzerngesellschaften.

Im Poolvertrag hatten sich die an der Finanzierung der S.-Gruppe beteiligten Banken verpflichtet, die bestehenden Kreditlinien bis 30.5.2002 aufrecht zu erhalten und bis 30.6.2002 noch um 2,6 Millionen Euro zu erhöhen. Die Ansprüche der Pool-Banken, für die die Gemeinschuldnerin gesamtschuldnerisch haftete, waren gerade noch nicht fällig gestellt. Der Kläger hat in seinem Bericht in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. AG vom 16.9.2002 (AZ. 21 IN 141/02 des AG Neuwied, nachfolgend: Bericht genannt) auf S. 19 selbst angegeben, dass die Poolführerin die von ihr gewährten Kredite in Höhe von rd. 7,7 Mio. Euro Anfang Juli 2002 fällig gestellt habe. Nach der Aussage des Zeugen S. wurden die Bankkredite erst zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung fällig gestellt.

Es liefen noch die Verhandlungen bezüglich der Verkäufe der S. GmbH und der österreichischen Tocherfirmen, aus denen sich erhebliche Einnahmen der S. AG ergeben sollten, von denen nach Angaben des Sachbearbeiters der C.bank, S., insbesondere die Kredit gebenden Banken profitieren sollten. Dass die ursprünglich geplanten Verkäufe von Tochtergesellschaften der S. AG, die in der außerordentlichen Hauptversammlung der S. AG vom 25.4.2002 beschlossen worden waren durch einstweilige Verfügungen von Aktionären verzögert wurden (S. 22 des Berichts), hat im Mai 2002 an der Bereitschaft der Pool-Banken, ihr Kreditengagement über den 30.5.2002 hinaus aufrecht zu erhalten, nichts geändert.

Die vom Zeugen M. geschilderte Liquiditätsunterdeckung zum 1.4.2002 von insgesamt rund 60 % und von ca. 50 % ohne Berücksichtigung der wechselseitigen Ansprüche der verbundenen Unternehmen bezog sich allein auf die S. AG. Für die Gemeinschuldnerin hat der Zeuge M. eine derartige Prüfung nicht durchgeführt. Es bestand für diese weiterhin der Verlustübernahmeanspruch gegenüber der S. AG. Die Poolbanken haben im Mai 2002 die anstehenden Zahlungen der Gemeinschuldnerin ausgeführt und die vereinbarten Kreditlinien aufrechterhalten. Es bestand nach der Aussage des Dr. M. die Möglichkeit, weitere Bankkredite in Höhe von 1,25 Millionen Euro auszuschöpfen.

Dass nach Angabe des Zeugen G. die Forderung eines Reisebüros in Höhe von ca. 10.000,-- EUR und die Forderung indischer Programmierer über mindestens 100.000,-- Euro nicht sofort beglichen wurden, begründet nicht den Nachweis der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin. Die nicht rechtzeitige Zahlung dieser Rechnungen ist allenfalls als Zahlungsstockung zu werten. Dass diese Forderung endgültig nicht beglichen wurde, ist nicht dargetan. Die Gründe für die nicht sofortige Ausbezahlung sind auch nicht substantiiert dargelegt worden. Das gleiche gilt für die vom Zeugen J. geschilderte schleppende Bezahlung einzelner Lieferantenrechnungen, die nach dessen Angaben jeweils bezahlt worden sind, wenn der Beklagte auf die jeweilige Rechnung angesprochen worden ist. Der für die Zahlungsunfähigkeit beweispflichtige Kläger hat auch nicht dargetan, dass die Gemeinschuldnerin vor dem 24.5.2005 gegen sie gerichtete berechtigte Forderungen wegen fehlender finanzieller Mittel oder verweigerter Kredite nicht beglichen hat. Der Umstand, dass der Gemeinschuldnerin für die an die S. AG ausgereichten Darlehen der C.bank AG eine Mithaftung traf, ist insoweit unbeachtlich, weil die Banken ihre Forderungen noch nicht fällig gestellt hatten.

2. Die objektiv vorliegende Überschuldung der Gemeinschuldnerin im streitgegenständlichen Zahlungszeitraum Mai 2002 ist dagegen zu bejahen. Sie hängt maßgeblich ab von der Bewertung der Werthaltigkeit des Anspruchs der Gemeinschuldnerin gegenüber der S. AG auf Freistellung von einer Verbindlichkeit beziehungsweise der Verlustübernahme ab.

a) Aus dem von der Gemeinschuldnerin erwirtschafteten Betriebsergebnis allein ist die Überschuldung nicht nachgewiesen. Denn dass die Gemeinschuldnerin kein ausgeglichenes Betriebsergebnis erwirtschaften würde, ergab sich bereits aus der Unternehmenskonzeption. Die Gemeinschuldnerin war vollständig von der Muttergesellschaft abhängig. Sie war als reine Entwicklungsfirma konzipiert, bei der hohe Personalkosten anfallen, während sie auf der anderen Seite keinen alleinigen Einfluss auf die Verwertung der geschaffenen Entwicklungen nehmen sollte. Dass die Gemeinschuldnerin im Jahre 2001 in betriebswirtschaftlich nicht vertretbarer Weise zusätzliches Personal übernommen hat, um andere, zum Verkauf anstehende Tochtergesellschaften von Personalkosten zu entlasten, führt allein noch nicht zu der Annahme der Überschuldung im Mai 2002. Denn als Ausgleich für diese betriebswirtschaftlich nicht sinnvolle Personalübernahme bestand der Verlustübernahmeanspruch gegenüber der S. AG. Zweck dieser Personalübernahme war es, die zum Verkauf anstehenden Gesellschaften, darunter die S. GmbH, wirtschaftlich und bilanztechnisch möglichst positiv darzustellen, um den bei dem Verkauf zu erzielenden Preis möglichst in die Höhe zu treiben und so der S. AG möglichst viele Mittel zuzuführen. Dass im Rahmen dieser von der S. AG veranlassten Maßnahmen, die "zu verkaufenden Bräute hübsch zu machen" der Gemeinschuldnerin Personalkosten überbürdet wurden, die bei einer isolierten Betrachtung der Wirtschaftslage der Gemeinschuldnerin nicht vertretbar waren und zwingend zur Überschuldung geführt hätten, ist nicht entscheidend, weil der Gemeinschuldnerin als Ausgleich der Verlustübernahmeanspruch gegenüber der S. AG zustand, die durch höhere Erlöse für den Verkauf ihrer Tochtergesellschaften selbst unmittelbar profitierte. Der Beklagte hatte auch die Aufgabe, Personal bei der Gemeinschuldnerin abzubauen.

b) Der Kläger hat jedoch nachgewiesen, dass die S. AG ab dem 1.4.2002 objektiv überschuldet war. Dies ergibt sich aus den schriftlichen Angaben des Zeugen L. (Bl. 135 d. A.), der als Mitarbeiter der als Abschlussprüferin für den Jahresabschluss 31.12.001 eingesetzten E. & Y. AG mit der Prüfung der Abschlüsse der S. AG und der Gemeinschuldnerin für das Jahr 2001 befasst war und der bekundete, dass bis am 15.3.2002 die Entwürfe der Jahresabschlüsse 2002 der S. AG und des Gemeinschuldnerin vorgelegen hätten, der Bilanzentwurf der S. AG Verluste von insgesamt 131 Mio. Euro ausgewiesen habe und wegen der Liquiditätsunterdeckung der S. AG im Jahr 2001 von ca. 4,5 Mio. Euro sich eine negative Fortführungsprognose ergeben habe. Da auch das Geschäftsjahr 2002 nach der Liquiditätsplanung mit einer der Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehenden Unterdeckung abgeschlossen worden wäre, habe kein Anlass für eine Neubeurteilung der negativen Fortführungsprognose bestanden. Diese Angaben stehen in Einklang mit der Aussage des Zeugen M.. Von einer Überschuldung der S. AG zum 1.4.2002 ist somit auszugehen.

c) Wegen dieser Überschuldung der S. AG ist die Forderung der Gemeinschuldnerin auf Verlustausgleich gegen die S. AG aufgrund des Verlustübernahmevertrags ab 1.4.2002 nicht als werthaltig anzusehen. Angesichts des Umstands, dass in der Bilanz des Gemeinschuldnerin zum 31.12.2001 Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen von 7.767.204,84 Euro und Eigenkapitalpositionen von insgesamt 1.361.782,69 Euro verzeichnet sind, denen Forderungen gegen verbundene Unternehmen von 10.554.402,19 Euro gegenüberstehen, und sich die Ertrags- und Vermögenslage der Gemeinschuldnerin bis 1.4.2002 nicht verbessert hat, ist von einer objektiv vorliegenden Überschuldung der Gemeinschuldnerin ab 1.4.2002 auszugehen.

3. Des Beklagte haftet jedoch für die streitgegenständlichen Auszahlungen im Rahmen des Anspruchs nach § 64 Abs. 2 GmbHG nicht, weil aufgrund der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats feststeht, dass den Beklagten bis zum 25.5.2002 kein Verschulden daran trifft, dass er die Überschuldung des Gemeinschuldnerin angesichts des bestehenden Verlustausgleichsanspruchs gegenüber der S. AG nicht festgestellt hat.

a) Für Ansprüche nach § 64 Abs. 2 GmbHG haftet ein Geschäftsführer grundsätzlich auch für Handlungen des Mitgeschäftsführers (vgl. BGH NJW 1994, 2149). Damit kommt eine Haftung des Beklagten auch für von ihm nicht selbst veranlasste Zahlungen in Betracht. Für Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der GmbH, ab der die Ersatzpflicht des Geschäftsführers beginnt (vgl. BGH NJW 2000, 668) ist der Kläger beweispflichtig. Steht die Überschuldung der GmbH objektiv fest, trifft die Beweislast für fehlende Erkennbarkeit der Überschuldung oder der Zahlungsunfähigkeit den Geschäftsführer. Für den subjektiven Tatbestand des § 64 GmbHG genügt die Erkennbarkeit der Konkursreife für den Geschäftsführer, wobei ein entsprechendes Verschulden zu vermuten ist (vgl. BGH NJW 2000, 668). Die Beweislast fehlender Erkennbarkeit der Konkursreife trifft den Geschäftsführer.

b) Im Hinblick auf die Besonderheiten des Falles und dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat der Überzeugung, dass der Beklagte die für ihn fehlende Erkennbarkeit der Überschuldung der Gemeinschuldnerin, die hier wesentlich von der Erkennbarkeit der Wertlosigkeit der Forderungen gegen verbundene Unternehmen und insbesondere der Wertlosigkeit des Verlustausgleichsanspruchs gegen die Muttergesellschaft S. AG abhängt, dargetan hat und diese aufgrund der Beweisaufnahme nachgewiesen ist. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:

aa) Der Beklagte war als Mitgeschäftsführer für den Bereich Entwicklung zuständig. Die kaufmännischen Angelegenheiten oblagen dem Mitgeschäftsführer R., der gleichzeitig als Vorstandsvorsitzender der S. AG bestimmenden Einfluss im S. Konzern ausgeübt hat. Der Beklagte hatte die streitgegenständlichen Zahlungen nicht selbst vorgenommen und hatte nach seinem unbestrittenen Vortrag nicht einmal Kontoverfügungsbefugnis. In die Unterlagen der S. AG hatte er keinen Einblick. Mangels eigener organschaftlicher Stellung in der S. AG hatte er auch keine rechtliche Möglichkeit, sich diesen Einblick zu verschaffen. Als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der S. AG konnte er auch ein Auskunftsverlangen gegenüber der Muttergesellschaft über deren Vermögenslage rechtlich nicht durchsetzen. Im Gegenteil äußerte sich nach Aussage des Zeugen J. der Vorstandsvorsitzende der S. AG, R., noch im Mai und Juni 2002 bei Mitarbeitertreffen optimistisch zur weiteren Firmenentwicklung und zu den Verkäufen der Tochterunternehmen und der weiteren Zusammenarbeit mit diesen.

bb) Ausweislich der Aussagen des Zeugen S. war der Beklagte auch bei den Sitzungen mit den Bankenvertretern nicht zugegen. S. hat den Namen des Beklagten erst im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Zivilverfahren gehört. Die Berichte der Wirtschaftprüfungsgesellschaft sind nach Angabe des Zeugen L. am 20.3.2002 allein an Herrn R. versandt worden. Die Prüfer haben ebenfalls allein mit Herrn R. und nicht mit dem Beklagten kommuniziert (Anl. K 10 und B 6). Die Angaben des Herrn R. und auch noch seine Vorstandsvorlage vom 3.6.2002 wiesen Angaben über eine Überschuldung der S. AG nicht aus.

cc) Der als Mitgeschäftsführer für den kaufmännischen Bereich zuständige G. R., der gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der S. AG war, hat in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 9.1.2007 (Anlage zu Bl. 133) bestätigt, dass nahezu wöchentlich Meetings stattgefunden haben, bei denen er, R., gegenüber den anwesenden leitenden Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin angegeben habe, es bestünden keine Gründe zur Annahme der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der S. AG. Eine weitere Vernehmung des ursprünglich als Zeugen geladenen Reinhardt, der sein Fernbleiben wegen krankheitsbedingter Prozessunfähigkeit entschuldigt hatte, gegen dessen Willen hielt auch der Kläger für nicht möglich (Bl. 240 d. A.).

dd) Auch die am Pool-Vertrag beteiligten Banken - die jetzt im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin die Hauptgläubiger darstellen - haben das Konzept der Verkäufe von Tochtergesellschaften gestützt und dementsprechend die eigenen Kreditlinien im Mai 2002 nicht nur aufrecht erhalten, sondern sich sogar zu einer Erhöhung um 2,6 Mio. Euro bis 30.6.2002 verpflichtet und ihre Kredite erst zum 30.6.2002 fällig gestellt. Bis dahin sind Zahlungen von dem Firmenkonto der Gemeinschuldnerin ausgeführt worden. Gerade weil die beteiligten Banken im April/Mai 2002 das Finanzkonzept R. stützten und die Finanzierung und den Zahlungsverkehr der Gemeinschuldnerin aufrecht erhielten, stellt das Vertrauen des Beklagten auf die Angaben, die sein für den kaufmännischen Bereich zuständiger Mitgeschäftsführer R. machte, kein schuldhaftes Verhalten in Bezug auf die fehlende Beurteilung des Vorliegens der Überschuldung der Gemeinschuldnerin dar. Für die Annahme eines kollusiven Zusammenwirkens von R. und dem Beklagten zur Täuschung der Poolbanken und der sonstigen Gläubiger haben sich Anhaltspunkte nicht ergeben.

ee) Dass es finanzielle Schwierigkeiten im S.-Konzern gab, von denen der Beklagte nach seinen eigenen Angaben bei der polizeilichen Vernehmung vom 7.4.2004 (Anl. K 22) auch wusste, und dass auch die Fachmedien auf der Grundlage der Ad-hoc-Mitteilung vom 19.2.2002 über finanzielle Schwierigkeiten im S. Konzern berichteten, wie sich aus den als Anlage K 20 aufgeführten Berichten ergibt, reicht nicht aus für die Annahme der Wertlosigkeit des Verlustübernahmeanspruchs und damit der Überschuldung der Gemeinschuldnerin angesichts der Äußerungen des verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden des Muttergesellschaft, R., zum Nichtbestehen einer Überschuldung der S. AG und zur Bewältigung der Finanzkrise durch den Verkauf einzelner Tochtergesellschaften und der Stützung dieses Sanierungskonzepts durch die Poolbanken.

Somit konnte sich der Beklagte zur Widerlegung der Vermutung der Erkennbarkeit der Konkursreife und des ihn treffenden Verschuldens wirksam auf den abgeschlossenen Verlustübernahmevertrag mit der S. AG berufen.

4. Die dem Schadensersatzanspruch zugrundeliegenden Beträge sind im Übrigen nur zu einem kleinen Teil im Rahmen des Anspruchs nach § 64 Abs. 2 GmbHG berücksichtigungsfähig. Die Zahlungen an die T.-Krankenkasse und der B. Ersatzkasse sind im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nach § 64 Abs. 2 GmbHG nicht anzusetzen, weil sie Zahlungen an die gesetzliche Sozialversicherung darstellen und deren Bezahlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG - insbesondere im Hinblick auf die Strafbarkeit nach § 266 a StGB - vereinbar ist (vgl. BGH NJW 2007, 2118). Dies gilt sowohl für die zu leistenden Arbeitgeber- wie für die Arbeitnehmerbeiträge. Die Zahlung der 30.600,60 Euro an die Verwaltungsberufsgenossenschaft entspricht auch der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes, weil diese die gesetzliche Haftpflichtversicherung abdeckt und sich der Geschäftsführer bei Weiterbeschäftigung seiner Arbeitnehmer einer Pflichtverletzung gegenüber diesen schuldig machen würde, wenn er diese gesetzlichen Haftpflichtversicherungsbeiträge nicht zahlt. Somit wären allenfalls Zahlungen in Höhe von 17.424,27 EUR im Rahmen des geltend gemachten Anspruchs berücksichtigungsfähig, wobei jedoch nach den Ausführungen oben unter B. II. 3. der Anspruch schon dem Grunde nach nicht besteht.

Die Berufung ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar nach den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung beruht wesentlich auf der Beweiswürdigung.



Ende der Entscheidung

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