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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Urteil verkündet am 18.05.2000
Aktenzeichen: U (K) 5047/99
Rechtsgebiete: GWB, GG, BGB, VO PR Nr. 30/53, VOB/A, VwGO, 92/50/EWG, ZPO


Vorschriften:

GWB § 26 a.F.
GWB § 35 Abs. 1
GWB § 26 Abs. 2 a. F.
GG Art. 3
BGB § 831
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 89
BGB § 31
BGB § 826
BGB § 823
VO PR Nr. 30/53 § 3
VO PR Nr. 30/53 § 4 Abs. 1
VO PR Nr. 30/53 § 5
VO PR Nr. 30/53 § 5 Abs. 1
VOB/A § 8
VwGO § 80 Abs. 1
92/50/EWG Art. 3 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Mit der aus einer "öffentlichen" Ausschreibung resultierenden wechselseitigen Sorgfaltspflichten ist es nicht vereinbar, daß der Ausschreibende sich nicht an die formalisierten oder selbst gesetzten Regeln hält und auf diese Weise einen Bieter benachteiligt.
OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: U (K) 5047/99 21 O 8721/98 LG-München I

Verkündet am 18. Mai 2000

Die Urkundsbeamtin: Barbagiannis Justizangestellte

In dem Rechtsstreit

hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter Mangstl und die Richter Jackson und Haußmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des Landgerichts München I vom 9. August 1999 - 21 O 8721/98 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,-- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,-- DM.

Tatbestand:

Die Beklagte führte im Jahre 1996 eine öffentliche Ausschreibung für die Verwertung von Altholz aus den städtischen Wertstoffhöfen durch. Die Klägerin, die sich an dieser Ausschreibung beteiligt hatte, fordert von der Beklagten Schadensersatz, weil nicht sie, sondern eine Konkurrentin den Zuschlag erhalten hat, die nach ihrer Ansicht wegen Fehlens der zur Ausführung der ausgeschriebenen Leistungen erforderlichen Genehmigung nicht hätte berücksichtigt werden dürfen.

Der Ausschreibung von 1996 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

In den städtischen Wertstoffhöfen fällt Altholz an, dessen umweltgerechte Verwertung aufwendig ist, weil es sich zu ca. 90 % um behandeltes, beispielsweise furniertes oder kunststoffbeschichtetes Holz handelt, das vermischt mit anderen Hölzern angeliefert wird und nicht zugleich an Ort und Stelle getrennt werden kann. Vor der Wiederverwendung ist daher stets eine Aufarbeitung in der Weise notwendig, dass Bindemittel wie Kunststoffe, Lacke und Klebstoffe herausgelöst werden. Die Verwertung des in den Wertstoffhöfen anfallenden Altholzes erfolgt teils stofflich in der italienischen Spanplattenindustrie, teils thermisch in Zementwerken. Regelmäßig bedarf das Unternehmen, das die Verwertung durchführt in beiden Fällen öffentlich-rechtlicher Genehmigungen.

Wird innerhalb der Europäischen Gemeinschaft behandeltes Altholz zur Verwertung verbracht, so setzt dies ein Genehmigungsverfahren voraus, weil die belasteten Hölzer der sogenannten "Gelben Liste" zuzuordnen sind und in der EG-Abfallverbringungsverordnung als besonders überwachungsbedürftige Abfälle eingestuft sind. Exportfirmen müssen deshalb vor einer Verbringung innerhalb der EG ein Notifizierungsverfahren nach den Vorschriften der Art. 6 ff EG-AbfVerbrVO durchführen.

Die thermische Verwertung von Altholz, das mit Holzschutzmitteln behandelt ist, ist nur in genehmigungsbedürftigen Anlagen zulässig, die den Anforderungen der 17. Bundesimissionsschutzverordnung entsprechen.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben schrieb das Amt für Abfallwirtschaft der Beklagten im Bundesausschreibungsblatt vom 22.1.1996 die Leistung "Annahme und ordnungsgemäße Verwertung von ca. 12.000 t Altholz aus den städt. Wertstoffhöfen" öffentlich aus.

In der Ausschreibung ist u.a. Folgendes bestimmt:

"Die Annahme erfolgt frühestens ab Ende Mai 1996, spätestens ab 1.7.1996 - je nach Dauer der Angebotsauswertung - mit einer Vertragslaufzeit bis 30.6.1997.

...

Die Vorlage von Verwertungsnachweisen und die Vorlage einer Genehmigung nach dem Bundesimissionsschutzgesetz (BimSchG) bzw. Abfallrecht (einschließlich genannter Auflagen) ist erforderlich. Sollte für Ihren Betrieb o.g.

Genehmigung nicht erforderlich sein, bitten wir um schriftliche Bestätigung seitens der zuständigen Behörde.

Ferner ist von den Exportfirmen vor einer Verbringung des behandelten Altholzes innerhalb der EG in jedem Falle ein Notifizierungsverfahren nach den Vorschriften der Art. 6 ff EG-Abfallverbringungsverordnung (EG-AbfVerbrVO) durchzuführen. Die Bescheide müssen zwei Wochen vor Auftragserteilung über die gesamte Vertragslaufzeit vorliegen.

...

Es wird ausdrücklich hingewiesen, dass sämtliche Unterlagen, Genehmigungen, Verwertungsnachweise etc. vollständig bis 16.2.1996 vorliegen müssen.

Die Ausschreibung erfolgt vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Fachbehörden (z.B. Landesamt für Umweltschutz) für die stoffliche und thermische Verwertung des behandelten Altholzes."

Wegen der weiteren Vorgaben wird auf den Ausschreibungstext (Anlage K 1) verwiesen.

Auf die Ausschreibung gingen insgesamt sechs Angebote ein, darunter das vor Ablauf des 16.2.1996 eingereichte Angebot der Klägerin (Anlage K 2) sowie ein Angebot der I R GmbH.

Das Angebot der Klägerin nannte zwei Annahmestellen, eine davon in der Detmoldstraße in M-M, die andere in der Forststraße in G/Eitting im Landkreis E. Im Werk G sollte nach dem Angebot der Klägerin auch eine Altholzaufbereitungsanlage betrieben werden. Für das Werk G legte die Klägerin ihrem Angebot eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts E vom 29.3.1995 bei. Dem Angebot zufolge sollte eine thermische Verwertung u.a. im Holzheizkraftwerk S Mühle in Österreich stattfinden. Hierzu wurde eine befristete Holzeinfuhrgenehmigung des österreichischen Bundesministeriums für Umwelt beigefügt. Als Möglichkeit der stofflichen Verwertung wurde die Anlieferung von 30 % des anfallenden Altholzes an die Spanplattenwerke F in Italien angeboten und zwar unter Vorlage eines Bescheids der Regierung von Oberbayern, in dem eine befristete Genehmigung nach der EG-Abfallverbringungsverordnung für die Verbringung von 10.0000 t behandelten Altholzes nach Italien ausgesprochen wurde, sowie einer von der zuständigen italienischen Behörde unterzeichneten Notifizierungsurkunde über dieselbe Holzmenge.

Das Angebot der Firma I bezog sich auf eine Altholzaufbereitungsanlage in der Riemer Straße in M. Für diesen Standort war ihr am 23.11.1995 vom Umweltschutzreferat der Beklagten eine Genehmigung nach dem AbfG und dem BimSchG für eine Altholzannahme-Sortier- und Umladestation erteilt worden. In Abschnitt 1 des Bescheids wurde festgeschrieben, dass keine "Hölzer aus der Außenverwendung" angenommen und bearbeitet werden dürfen. In dem mit "Nebenbestimmungen" überschriebenen Abschnitt 3 des Bescheids findet sich ein Auflagenkatalog (Anlage B 1, Seiten 6 - 20).

Mit Schreiben vom 22.12.1995 legte I gegen diese Genehmigung, "insbesondere" gegen bestimmte Nebenbestimmungen, Widerspruch ein und zog gegen das nach ihrer Ansicht im gestattenden Teil der Genehmigung mitenthaltene generelle Annahme- und Bearbeitungsverbot für Hölzer aus der Außenverwendung wie Masten, Rammpfähle, Palisaden, Zäune, Lärmschutzwände, Bahnschwellen und sonstige behandelte Hölzer zu Felde.

Über den Widerspruch war bei Ablauf der Angebotsfrist am 16.2.1996 noch nicht entschieden:

Im Anschluss an die Angebotseröffnung am 19.2.1996 zog sich das Ausschreibungsverfahren in die Länge. Der in der Ausschreibung avisierte Beginn der Altholzannahme spätestens ab 1.7.1996 konnte nicht eingehalten werden.

Mit Schreiben vom 25.6.1996 an das Umweltschutzreferat der Beklagten ließ die Firma I über ihre Bevollmächtigten ausführen, nach ihrer Auffassung sei die Genehmigung für den Standort bereits bestandskräftig, weil sich ihr Widerspruch nur gegen die Auflagen und nicht gegen den gestattenden Teil des Genehmigungsbescheides vom 23.11.1995 richte.

Mit weiterem Schreiben vom 4.7.1996 erklärte sie ihr Einverständnis damit, dass hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens für den Standort Neusser Straße eine Begutachtung unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten durch den TÜV Bayern erfolge. Hinsichtlich des Standorts Riemer Straße beantragte sie die Erteilung einer Änderungsgenehmigung dergestalt, dass in der Altholzaufbereitungsanlage Althölzer aller Art bearbeitet werden könnten. Im Rahmen des Änderungsgenehmigungsverfahrens sollte der TÜV Bayern auch bei diesem Standort eine entsprechende Begutachtung durchführen.

Mit Teilabhilfebescheid vom 17.7.1996 (Anlage B 5) änderte bzw. ergänzte das Umweltschutzreferat der Beklagten den Genehmigungsbescheid vom 23.11.1995 in einigen Punkten. Die genannten Bestimmungen über den Ausschluss der Annahme von Hölzern aus der Außenverwendung waren von diesen Änderungen nicht betroffen.

Am 5.8.1996 erteilte die Beklagte der Firma I, die im Vergleich mit der Klägerin die günstigeren Abnahmepreise angeboten hatte, den Zuschlag. Die Angebote der vier weiteren Unternehmen schieden aus, weil es jeweils an bestimmten unabdingbaren Erfordernissen fehlte.

Mit Bescheid vom 13.9.1996 (Anlage K 28) sprach das Umweltschutzreferat der Beklagten zugunsten der Firma I eine Änderungsgenehmigung für den Standort Riemer Straße aus. Danach wurde die maximal zulässige Durchsatzmenge auf 50.000 t pro Jahr festgeschrieben. Außerdem wurde bestimmt, dass auf der Anlage auch behandeltes Altholz angenommen und mit Ausnahme von teerölimprägnierten Hölzern, kyanisierten Pfählen und Masten, mit Asbest oder Mineralöl kontaminierten druckimprägnierten Hölzern, die nicht für die stoffliche Verwertung geeignet sind, sowie Brandholz auch verarbeitet werden dürfe.

Die Klägerin, der am 6.8.1996 von der Beklagten mitgeteilt worden war, dass ihr Angebot nicht habe berücksichtigt werden können, stellte am 1.3.1997 ihren Betrieb ein. Mit Schreiben vom 19.8.1997 (Anlage K 18) forderte sie die Beklagte mit Fristsetzung zum 23.9.1997 erfolglos zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.510.080,-- DM auf.

Die Klägerin führt zur Begründung ihrer in gleicher Höhe erhobenen Klage auf Schadenersatz aus, die Zuschlagserteilung an die Firma I habe formelles und materielles Vergaberecht verletzt. Da sie mit ihrem Angebot preislich an zweitbester Stelle gelegen habe, hätte sie anstelle der Firma I, die zum maßgeblichen Zeitpunkt die Voraussetzungen für den Zuschlag nicht erfüllt gehabt habe, zum Zuge kommen müssen.

Die Zuschlagserteilung an die Konkurrenzfirma habe unter folgenden Gesichtspunkten mit dem Vergaberecht nicht in Einklang gestanden: Das Amt für Abfallwirtschaft der Beklagten habe eine Zuschlagsfrist in Anspruch genommen, die deutlich länger gewesen sei, als es für eine sachgemäße Prüfung der Angebote nötig gewesen wäre. Damit habe die Beklagte auch gegen ihre eigene Zusage in der Ausschreibung verstoßen, die Altholzverwertung für "frühestens Ende Mai, spätestens ab 1.7.1996" ausführen zu lassen. Erst am 5.8.1996 sei der Zuschlag erteilt worden, obwohl die Angebotseröffnung schon am 19.2.1996 stattgefunden habe.

Da die erforderliche Bekanntmachung der Ausschreibung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften unterblieben sei, liege ferner auch ein formaler Verstoß vor.

Der Zuschlag hätte aber vor allem deswegen nicht an die Firma I erteilt werden dürfen, weil diese zum entscheidenden Zeitpunkt nicht die dafür maßgeblichen Voraussetzungen erfüllt habe. I habe weder bei der Angebotsabgabe noch bei Ablauf der Angebotsfrist und nicht einmal bei Zuschlagserteilung über die zur Ausführung des Auftrags erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigung verfügt. Die Betriebsgenehmigung für den Standort Riemer Straße vom 23.11.1995 habe dazu nicht ausgereicht, weil sie nur die Annahme von unbehandeltem Altholz erfasst habe. Für die Annahme von behandeltem Altholz sei eine Änderungsgenehmigung erforderlich gewesen. Dem am 4.7.1996 gestellten Antrag auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung sei aber erst nach der Zuschlagserteilung stattgegeben worden. Der der Zuschlagserteilung vorangegangene Teilabhilfebescheid vom 17.7.1996 habe nur einige der mit dem Widerspruch angegriffenen Nebenbestimmungen der Genehmigung vom 23.11.1995 geändert, nicht jedoch die Annahme und Bearbeitung von behandeltem Altholz gestattet. Der Widerspruch habe auch nicht etwa nur in Bezug auf die Auflagen und sonstigen Einschränkungen der Genehmigung vom 23.11.1995 aufschiebende Wirkung gehabt mit der Folge, dass während der fraglichen Zeit eine uneingeschränkte Genehmigung bestanden hätte. Die aufschiebende Wirkung auch hinsichtlich des bewilligenden Teils der Genehmigung habe vielmehr dazu geführt, dass I bis zur Rücknahme des Widerspruchs nicht einmal über eine Genehmigung für unbehandeltes Altholz verfügt habe.

Da bei ordnungsgemäßer Durchführung der Ausschreibung I vom Ausschreibungsverfahren hätte ausgeschlossen werden müssen, verletze die Erteilung des Zuschlags an dieses Unternehmen das in der Dienstleistungsrichtlinie Nr. 92/50 (EWG) enthaltene gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot. Die Richtlinie sei mit Ablauf der Umsetzungsfrist am 1.7.1993 unmittelbar anwendbar und damit auch für die Beklagte verbindlich geworden. Unabhängig davon sei zu beachten, dass sich auch aus anderen Rechtsvorschriften Bindungen der Beklagten bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ergäben, nämlich insbesondere aus § 26 GWB (a.F.), Art. 3 GG sowie den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts, die Kommunen ebenfalls zur diskriminierungsfreien Auftragsvergabe verpflichteten.

Die Zuschlagserteilung in einer öffentlichen Ausschreibung unter Verletzung formellen und materiellen Vergaberechts, insbesondere ein Verstoß gegen das vergaberechtliche Diskriminierungsverbot begründe Schadensersatzansprüche der Klägerin aus culpa in contrahendo, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Ersatz des positiven Interesses gerichtet seien. Ohne die Pflichtverletzung der Beklagten wäre sie, die Klägerin, nach dem Ausschluss der Firma I als zweitgünstigste Bieterin zum Zuge gekommen.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergebe sich ferner aus §§ 831, 823 Abs. 2 BGB bzw. §§ 89, 31, 823 Abs. 2 BGB jeweils i.V.m. den formellen und materiellen Vergabevorschriften, ferner aus § 826 BGB und schließlich aus §§ 35 Abs. 1, 26 Abs. 2 GWB (a. F.).

Die Schadenshöhe, nämlich den im Falle der Auftragsdurchführung erzielten Gewinn von 1.510.080,-- DM errechnet die Klägerin ausgehend von einem durchschnittlichen Tonnenpreis für die beiden voraussichtlich je zur Hälfte zu beliefernden Standorte von 164,-- DM (netto) nach Maßgabe ihres Angebots vom 15.2.1996. Nach Abzug der variablen Kosten für das Werk G von dem sich hieraus ergebenden Erlös von 1.968.000,-- DM bleibe ein Betrag von 1.030.080,-- DM. Unter Einbeziehung eines Betrags von 480.000,-- DM, den die Verwertungsfirma F für die stoffliche Verwertung in Italien gezahlt hätte, ergebe sich der Klagebetrag.

Die Klägerin hat beantragt zu erkennen:

Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin 1.510.080,-- DM zzgl. 9 % Zinsen seit dem 24.9.1997 zu bezahlen.

Die Beklagten hat Klageabweisung beantragt.

Sie vertrat die Auffassung, sie habe schon deshalb nicht gegen Vergaberecht verstoßen, weil es im vorliegenden Fall an einzuhaltenden Vergabebestimmungen gefehlt habe. Das vergaberechtliche Diskriminierungsverbot nach der EG-Dienstleistungsrichtlinie sei nicht einschlägig. Da bei Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung die Dienstleistungsrichtlinie noch nicht in deutsches Recht umgesetzt gewesen sei, sei sie nach Art. 189 Abs. 3 EGV (a.F.) nicht an die Bestimmungen der Richtlinie gebunden gewesen. Die Richtlinie sei zum anderen auch sachlich nicht einschlägig, weil es nicht um "Abfallbeseitigung" sondern - wie sich aus der Gesetzgebungsgeschichte zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ergebe - um "Abfallverwertung" gehe. Ferner komme eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des EuGH zu nicht rechtzeitig umgesetzten Richtlinien nicht in Betracht.

Entscheidend sei aber, dass sie, die Beklagte, jedenfalls nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen habe, weil die Firma I im Besitz der erforderlichen Genehmigung gewesen sei. Die Genehmigung vom 23.11.1995 habe für den Betrieb der Anlage ausgereicht. Danach sei die Anlage für das zulässige Ausgangsmaterial "Altholz" genehmigt worden.

Ausgenommen seien lediglich Hölzer "aus der Außenverwendung" gewesen, wobei nur schwer belastete und kontaminierte Hölzer nicht unter die Genehmigung fallen sollten.

Aus der Erweiterung im Bescheid vom 13.9.1996 ließen sich keine negativen Rückschlüsse auf den ursprünglichen Genehmigungsumfang ziehen. Selbst wenn die in der ursprünglichen Genehmigung enthaltenen Einschränkungen als erheblich anzusehen wären, so sei deren Wirkung doch während des Ausschreibungsverfahrens aufgrund des Widerspruchs der Firma I suspendiert gewesen, so dass I über eine uneingeschränkte Genehmigung verfügt habe. Die Genehmigung lasse sich nämlich in einen begünstigenden und einen belastenden Teil trennen, weil es sich um jeweils selbständige Sachverhalte handele. Der gestattende Teil des im übrigen angegriffenen Verwaltungsaktes vom 23.11.1995 sei daher nicht angefochten gewesen mit der Folge, dass I seit dem 23.11.1995 über eine bestandskräftige Genehmigung zum Betrieb ihrer Anlage in Riem verfügt habe. Damit seien im Zeitpunkt der Angebotsabgabe sämtliche Voraussetzungen für den Zuschlag erfüllt gewesen.

Ihre Behauptung, die Tätigkeit der Firma I auf dem gegenständlichen Entsorgungsbereich sei durch das zuständige Umweltreferat im Zeitpunkt der Angebotsabgabe jedenfalls mündlich genehmigt gewesen, stellt die Beklagte unter Zeugenbeweis. Sie bringt ferner vor, I habe in Partnerschaft mit der ihr verbundenen Firma R-Wert über einen weiteren baurechtlich genehmigten Standort in der Neusser Straße verfügt, der auch Gegenstand ihres Angebots gewesen sei.

Die Beklagte führt ferner aus, ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo scheitere auch daran, dass die Klägerin aus der Ausschreibung kein schutzwürdiges Vertrauen auf die Einhaltung eines bestimmten Vergabeverfahrens habe gewinnen können. Die Rechtsprechung, die in vergleichbaren Fällen Schadensersatzansprüche gewährt habe, sei ausschließlich an der VOB/A bzw. VOL/A orientiert gewesen. Nur diese differenziert ausgebildeten Verfahren könnten die von der Rechtsprechung entwickelten Mitteilungs-, Aufklärungs- und Erhaltungspflichten begründen.

Dem schutzwürdigen Vertrauen stehe zudem die weitgehende Offenheit der Ausschreibung entgegen. So werde in der Ausschreibung ausgeführt, dass für die Verwertung des behandelten Altholzes noch die Zustimmung der zuständigen Fachbehörden erforderlich sei, dass die "ca. 12.000 t Altholz" nicht als Mengenbasis gelten sollten und dass angestrebt werde, mehrere Auftragnehmer einzuschalten. Angesichts solcher Vorbehalte habe ein Bieter keinerlei Sicherheit, bei Abgabe auch des annehmbarsten Angebots einen Auftrag in relevantem Umfang zu erhalten. Die in der Ausschreibung enthaltenen zeitlichen Bestimmungen seien nicht zum Schutz der Bieter bestimmt gewesen und stellten ebenfalls keinen Vertrauenstatbestand dar. Der Termin "spätestens ab 1.7.1996" für den Vollzug habe unter dem Vorbehalt "je nach Dauer der Angebotsauswertung" gestanden. Der Vorlagezeitpunkt 16.2.1996 für "sämtliche Unterlagen (Genehmigungen, Verwertungsnachweise etc.)" stelle keine Verfahrensbestimmung für das Vergabeverfahren dar, sondern lediglich einen Appell an die Bieter, ihre Unterlagen bis zu diesem Zeitpunkt bereitzuhalten. Mit der Terminierung habe sie sich keinesfalls selber binden wollen.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitere schließlich auch an fehlender Kausalität. Zum einen habe die Klägerin selbst nicht über eine ausreichende Genehmigung verfügt, so dass ihr kein Zuschlag hätte erteilt werden dürfen. Das Schreiben des Umweltschutzreferats vom 13.9.1995 sei lediglich eine Mitteilung zur Rechtslage. Auch an einer wirksamen Einfuhrgenehmigung habe es im Hinblick auf die Befristung der österreichischen Genehmigung gefehlt.

Die Tatsache, dass die Klägerin ihren Betrieb während der prospektiven Laufzeit des Angebots geschlossen habe, zeige, dass sie den Auftrag ohnehin nicht hätte ausführen können. Schließlich berief sich die Beklagte auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens. Sie führte ins Feld, angesichts des im vorliegenden Fall gegebenen Preisunterschieds zwischen dem Angebot der Klägerin und dem Angebot der mindestbietenden Firma I wäre sie, die Beklagte, wenn sie den behaupteten Verfahrensfehler erkannt hätte, aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots nach Art. 61 Abs. 2 BayGO verpflichtet gewesen, die Ausschreibung aufzuheben und den Auftrag - nach Vorliegen der Genehmigung - freihändig an die Firma I zu vergeben.

Zumindest fehle es aber am Verschulden. Unterstelle man, dass eine Genehmigung für I während des Ausschreibungsverfahrens gefehlt habe, so sei jedenfalls die Annahme berechtigt gewesen, dass I sie rechtzeitig erhalten werde. Der gesamte Schriftverkehr zwischen I und dem Umweltschutzreferat habe "auf eine Genehmigung zugesteuert". Auch wenn insoweit noch eine TÜV-Begutachtung erforderlich gewesen sei bzw. einzelne Detailpunkte noch hätten geklärt werden müssen, so habe das Amt für Abfallwirtschaft doch davon ausgehen dürfen, dass diese Klärung auch erfolgen werde.

Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB scheitere daran, dass die Normen des Vergaberechts nicht bieterschützend seien. Ansprüche aus § 826 BGB oder § 26 GWB (a. F.) seien nicht hinreichend dargelegt.

Auch der Höhe nach sei der Schadensersatzanspruch nicht begründet. Der von der Klägerin bei der Schadensberechnung angesetzte Anfall von 12.000 t pro Jahr sei unzutreffend, weil es keine sichere Mengenbasis für den Auftrag gegeben habe und mehrere Anbieter hätten einbezogen werden sollen.

Das Landgericht hat durch Grundurteil vom 9.8.1999 festgestellt, dass der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Schadens, der ihr infolge der Ablehnung des Zuschlags für das im Bundesausschreibungsblatt vom 22. Januar 1996 unter der Ziffer 009 239 ausgeschriebene Projekt der Beklagten "Annahme und ordnungsgemäße Verwertung von ca. 12.000 t Altholz aus den städtischen Wertstoffhöfen" entstanden sein soll, dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Auf das landgerichtliche Urteil wird verwiesen.

Gegen dieses Grundurteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie rügt, das Landgericht habe übersehen, dass eine Vergabe der gegenständlichen Leistungen an die Klägerin aus preisrechtlichen Gründen rechtswidrig gewesen wäre; es habe ferner die Voraussetzungen des Vorliegens eines Verschuldens bei Vertragsschluss sowie des § 823 BGB i.V.m. der Dienstleistungsrichtlinie der EG zu Unrecht angenommen und schließlich die Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens unrichtig beurteilt.

Zu diesen Angriffspunkten führt sie zusammengefasst Folgendes aus:

Die Anwendung des öffentlichen Preisrechts auf das Angebot der Klägerin führe dazu, dass dieses Angebot im wesentlichen nichtig gewesen wäre und deshalb im Vergabeverfahren nicht hätte berücksichtigt werden dürfen. Da die Klägerin sonach keinen Anspruch auf Zuschlag gehabt habe, bestehe auch kein Schadensersatzanspruch. Aufgrund der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen dürften nämlich für Leistungen aus öffentlichen Aufträgen "höhere Preise nicht gefordert, versprochen, vereinbart, angenommen oder gewährt werden, als nach den Bestimmungen dieser Verordnung zulässig ist." Damit liege eine Höchstpreisbegrenzung mit öffentlich-rechtlichem Charakter vor, die das Landgericht übersehen habe. Da die angebotenen Preise nach dem Vortrag der Klägerin ca. 75 % Gewinn enthielten, seien sie nach § 3 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 der VO PR Nr. 30/53 i.V.m. den "Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten" unzulässig. Die Leitsätze erlaubten nämlich nur den Ansatz eines kalkulatorischen Gewinns, der das allgemeine Unternehmerwagnis sowie den Leistungsgewinn abdecke. Der von der Klägerin behauptete Gewinn von ca. 75 % liege weit jenseits der dazu erarbeiteten Werte. Ein zu erholendes amtliches Gutachten der Preisprüfungsstelle bei der Regierung von Oberbayern werde den Nachweis erbringen, dass das Angebot der Klägerin insoweit gegen die Preisverordnung für öffentliche Aufträge verstoße. Nach § 4 Abs. 1 VO PR 30/53 dürften für marktgängige Leistungen - wie die Altholzentsorgung durch Verbrennung - die im Verkehr üblichen preisrechtlich zulässigen Preise nicht überschritten werden. Die Preisprüfung werde demnach ergeben, dass der von der Klägerin angebotene Preis mit 75 % Gewinn die preisrechtliche Höchstgrenze überschreite. Dies hätte zur Nichtigkeit, mindestens Teilnichtigkeit des aus der Preisüberhöhung folgenden Rechtsgeschäfts geführt. Da die Klägerin mit ihrem Angebot sonach keinen Anspruch auf Auftragserteilung gehabt habe, könne ihr auch kein Schadensersatzanspruch zustehen.

Zum weiteren Angriffspunkt des Fehlens der Voraussetzungen eines Verschuldens bei Vertragsschluss führt die Beklagte ins Feld, es sei grundsätzlich das gute Recht eines jeden an Vertragsverhandlungen Beteiligten, vom Vertragsschluss letztlich doch Abstand zu nehmen, ohne dies irgendwie begründen zu müssen. Dieser Grundsatz habe auch zu Gunsten der Beklagten zu gelten, jedenfalls auf einem Gebiet, auf dem einerseits keine vergaberechtliche Verfahrensordnung bestanden habe, andererseits aber in technischer Hinsicht alles im Umbruch gewesen sei. Wie bekannt, sei der Umstieg von der thermischen Verwertung von Altholz auf stoffliche Verwertung 1996/1997 ein völlig neuer Weg ohne vergaberechtliche Erfahrungen gewesen.

Ferner werde im Schrifttum zu Recht die Auffassung vertreten, dass eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsabschluss erst dann in Betracht komme, wenn der eine Teil durch sein Verhalten im anderen Teil das berechtigte Vertrauen wecke, dass es mit Sicherheit zum Abschluss des Vertrages kommen werde. In diesem Fall gehe er eine Bindung ein, die es rechtfertige, ihn wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen haften zu lassen, aber auch nur dann, wenn er vom Vertragsschluss ohne einen triftigen Grund Abstand nehme.

Im Streitfall zeige sich bei Anwendung dieser Grundsätze, dass die Klägerin sich unter keinem Aspekt in einer schützenswerten Position befunden habe. Mit der Ausschreibung habe die Beklagte noch nicht einmal das Vertrauen erweckt, dass es überhaupt zu einem Auftrag kommen werde, gleichgültig auf wen. Während des gesamten Vergabeverfahrens habe es an einer sicheren Perspektive der Klägerin gefehlt, den Auftrag zu bekommen. Schließlich habe sie nicht "ohne triftigen Grund" von einem Vertragsschluss mit der Klägerin Abstand genommen, vielmehr gerade deshalb, weil die Klägerin erheblich teurer als die spätere Auftragnehmerin und zudem das mit 75 % Gewinn kalkulierte Angebot einfach nicht seriös gewesen sei.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei kein Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin geschaffen worden. Ihre Bekanntmachung vom 21.1.1996 habe keinerlei Hinweise auf ein bestimmtes Vergabeverfahren, geschweige denn eine irgendwie geartete Verfahrensgarantie enthalten. Die vom Landgericht herangezogene, ausschließlich an der VOB Teil A und an der VOL Teil A orientierte Rechtsprechung basiere durchweg darauf, dass die Vergabebestimmungen für den Bieter von vornherein überschaubar und berechenbar seien. Nur dieses differenziert ausgebildete Verfahren könne die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Mitteilungs-, Aufklärungs- und Erhaltungspflichten begründen. Ohne eine solche Vergabeordnung aber werde ein Vertrauenstatbestand nicht geschaffen. Die Ausschreibung vom 21.1.1996 zeige demgegenüber weitgehende Offenheit: Mit der ausgeschriebenen Verwertung von Altholz habe sie, die Beklagte, einen neuen Weg beschritten, der noch keineswegs festgeschrieben gewesen sei. Auch handle es sich bei den in der Ausschreibung genannten Terminen um reine verwaltungsinterne Terminsetzungen ohne verfahrensmäßige Konsequenzen. Ausschließliches Ziel der Terminierung sei es gewesen, von vornherein ausssichtslose Bieter von der Teilnahme an der Ausschreibung abzuhalten, also solche, die nicht über eine genehmigungsfähige Annahmeanlage verfügten. Unseriöse Bieter, die Altholzmaterial auf sog. Billigdeponien schafften, sollten ferngehalten werden. Mit der Terminierung 16.2.1996 habe sich die Vergabestelle nicht selbst nach außen in irgendeiner Weise binden wollen. Schließlich habe die Ausschreibung im Gegensatz zu anderen Vergabeverfahren keinen festen Termin für die Angebotsabgabe vorgesehen, wie die Möglichkeit einer Probeanlieferung zeige.

Wie aus dem Beschluss des Vergabeüberwachungsausschusses des Bundes vom 14.6.1996 (ZfBR 1996, 273 ff) hervorgehe, sei es im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unbedenklich, wenn ein Bieter noch nicht alle Nachweise vorlegen könne, aber die sichere Perspektive der Erteilung einer beispielsweise vorzulegenden Lizenz bereits bei Angebotsabgabe habe. Für den Bereich von § 8 VOB Teil A werde die Frage der Prüfung der Eignungsnachweise durch den Auftraggeber nicht als Schutzbestimmung zugunsten des Konkurrenten angesehen. Um so mehr stehe diese Freiheit dem Auftraggeber bei der offenen Ausschreibung zu, bei der die Eignungsnachweise eben erst im Zeitpunkt des Zuschlags vorliegen müßten.

Es fehle ferner unter folgenden Gesichtspunkten am Verschulden:

Es gelte der Primat der Wirtschaftlichkeit der Vergabeentscheidung. Da eine Ausschreibung für die Gemeinde kein eigenständiges Verwaltungsziel darstelle, sondern nur das Mittel zum Zweck der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsplanung und Haushaltsführung, gehe dieses Prinzip dem mit der Ausschreibung auch verbundenen Bieterschutz vor. Das Landgericht habe verkannt, dass das Vergaberecht kein Selbstzweck sei, sondern sekundären Rang habe. Maßstab der Vergabe seien Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit sowie die Einhaltung des Willkürverbots.

Auch in diesem Zusammenhang sei in Betracht zu ziehen, dass sich Abfallrecht und Entsorgungstechnik in der Übergangsphase befänden. Die Verwertung des auf den Wertstoffhöfen gesammelten Altholzes stelle ein Grenzproblem zwischen der Abfallentsorgung einerseits und Umweltgesichtspunkten andererseits dar. Man habe sich in rechtlichem und technischem Neuland befunden. Bei allen Beteiligten habe es noch keine feste Handhabung gegeben. Angesichts dieser Unsicherheiten habe sich die Klägerin keineswegs auf ein "normales" Verfahren verlassen können.

Unzutreffend gewürdigt habe das Landgericht auch den Ablauf des Genehmigungsverfahrens zugunsten der Konkurrenzfirma I. Angesichts des Änderungsantrages der Firma I vom 4.7.1996 sowie des Bescheids des Umweltschutzreferats vom 13.9.1996 stelle sich die Frage, ob die Erlaubnis schon mit Bescheid vom 23.11.1995 ausgesprochen gewesen sei. Im Ergebnis sei dieser Bescheid durch den Bescheid vom 13.9.1996 ersetzt worden. Der Erlaubnisumfang in diesem zweiten Bescheid sei klar erkennbar: Annahme und Verarbeitung aller behandelter Hölzer ist erlaubt; nur die Verarbeitung von kontaminierten Hölzern und von Brandholz ist verboten. Da der Anlieferer nicht trenne, sollten solche als Sondermüll zu behandelnde Hölzer zwar angenommen, nicht aber verarbeitet werden dürfen. Damit decke sich der Inhalt der beiden Bescheide im Wesentlichen. Das angegriffene Urteil habe den Genehmigungsbescheid des Umweltschutzreferats vom 23.11.1995 mit seinen umfangreichen Nebenbestimmungen falsch gewürdigt. Ein Teil dieser Bestimmungen sei für I nicht akzeptabel gewesen, insbesondere das Annahme- und Bearbeitungsverbot für die schwer kontaminierten Hölzer aus der Außenverwendung. Da sich I ferner gegen 11 Auflagen bzw. konkret bezeichnete Nebenbestimmungen mit dem Widerspruch vom 22.12.1995 zur Wehr gesetzt habe, seien der gestattende Teil sowie die nicht angegriffenen übrigen Bestimmungen bestandskräftig geworden. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei infolge der Aufspaltbarkeit des angegriffenen Verwaltungsakts in einen gestattenden (bestandskräftigen) und einen belastenden (schwebend unwirksamen) Teil die Annahme und Bearbeitung von Astholz durch den ersten Teil mit Bestandskraft genehmigt worden. Dementsprechend habe die Fa. I ihre Tätigkeit am Standort in der Riemer Straße mit Kenntnis der Behörden rechtmäßig durchgeführt. Im weiteren Verwaltungsverfahren sei es allerdings darum gegangen, eine für beide Seiten befriedigende Lösung zu finden. Da es den Beteiligten um praktische Lösungen gegangen sei, sei vereinbart worden, dass I das Widerspruchsverfahren zwar nicht durch Rücknahme beendete, aber parallel zu diesem einen Antrag auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung stellte, der zum Teilabhilfebescheid und sodann - die Rechtslage klarstellend - zur Änderungsgenehmigung vom 13.9.1996 geführt habe. Im Zeitpunkt der Angebotsabgabe seien deshalb sämtliche Voraussetzungen für den Zuschlag erfüllt gewesen. Selbst wenn man annehme, erst der Bescheid vom 13.9.1996 habe eine effektive Genehmigung zugunsten von I bedeutet, könne ihr, der Beklagten, schuldhaftes Handeln nur dann vorgeworfen werden, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen rechtlich geschützte Interessen der Klägerin verstoßen hätte, was nicht der Fall gewesen sei.

Im übrigen stehe nach allgemeiner Auffassung dem Auftraggeber bei der Bewertung der Angebote ein weiter Ermessensspielraum zu. Von diesem Ermessen habe sie in sachgerechter Weise Gebrauch gemacht. Angesichts des Preisunterschiedes zwischen dem Angebot der Klägerin (179,-- DM pro Tonne = 2.148.000,-- DM netto Auftragsumfang) und dem Angebot der mindestbietenden Firma (119,-- DM pro Tonne x 12.000,-- DM = 1.428.000,-- DM), also einer Differenz in Höhe von 720.000,-- DM netto und 823.200,-- DM brutto, sei es keineswegs willkürlich gewesen, das weitaus billigere Angebot der Fa. I anzunehmen.

Soweit das Landgericht im Rahmen seiner Erwägungen zu § 823 Abs. 2 BGB die Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie der EG zu Unrecht als anwendbar ansehe, bleibe es bei den hiergegen gerichteten Ausführungen im ersten Rechtszug. Gleiches gelte für die Ablehnung ihrer Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten. Hierzu werde ergänzend ausgeführt, dass sie, die Beklagte, keinerlei Verfahrensvorschriften für die Auftragsvergabe einzuhalten gehabt und insoweit in einem "Vakuum" zwischen der nicht umgesetzten Dienstleistungsrichtlinie und den gemeindehaushaltsrechtlichen Vorgaben zur Wirtschaftlichkeit gearbeitet habe. Hätte sie die behauptete fehlende Genehmigung realisiert, so hätte sie sich in Kenntnis, dass ein weit billigeres Angebot vorlag als das der Klägerin, dass aber ein Verfahrenshindernis die Annahme dieses billigeren Angebots verhinderte, dafür entschieden, die Ausschreibung aufzuheben. Im Zuge der daraufhin mit den übrigen Beteiligten aufgenommenen Verhandlungen in Richtung auf die Verbilligung ihrer Angebote hätten sich sodann folgende Varianten ergeben: Entweder wäre mindestens einer der Bieter, möglicherweise auch die Klägerin, auf den Preis der Firma I eingeschwenkt und hätte dann den Auftrag erhalten. Möglicherweise aber hätten die Bieter keine oder zumindest keine befriedigenden Angebote abgegeben; in diesem Fall hätte sie noch zugewartet, bis I die nötigen Genehmigungen beisammen gehabt hätte und ihr dann den Auftrag erteilt. Eine dritte Variante wäre gegeben gewesen, wenn kein Bieter auf den Preis von I eingeschwenkt wäre; in diesem Fall wäre der Auftrag nach dem 13.9.1996 an I gegangen. Die Klägerin hätte in keinem der Fälle einen Schadensersatzanspruch gehabt. Sie könne sich deshalb erfolgreich darauf berufen, dass sie bei Berücksichtigung der (von der Klägerin behaupteten) Nichtgenehmigung rechtmäßig so gehandelt hätte, dass die Klägerin gleichfalls keinen Anspruch haben würde.

Die Beklagte beantragt daher,

das landgerichtliche Urteil vom 9. August 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt und vertieft ihre sachlichen und rechtlichen Ausführungen im ersten Rechtszug. Wie das Landgericht kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Beklagte aufgrund vorsätzlicher Verletzung des vergaberechtlichen Diskriminierungsverbotes ihr zur Leistung von Schadenersatz verpflichtet sei, weil sie einer mit ihr konkurrierenden Bieterin in der Altholzausschreibung den Zuschlag erteilt habe, obwohl sie gewusst habe, dass die konkurrierende Bieterin weder zum Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist noch zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung im Besitz der zur Auftragsdurchführung erforderlichen Genehmigung war und obwohl in der Ausschreibung die Vorlage der erforderlichen Genehmigung bis zum Ablauf der Angebotsfrist gefordert worden war. Ferner weist sie darauf hin, dass die Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung im Vergabenachprüfungsverfahren bereits mit Bescheid der Vergabeprüfstelle und Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern (Anlagen K 7 und K 29) festgestellt worden sei. Wegen des Vorbringens und der rechtlichen Argumente im Einzelnen, mit denen die Klägerin den Angriffen der Berufung gegen das landgerichtliche Urteil entgegentritt, wird auf die Berufungserwiderung Bezug genommen.

Die Beklagte gab zuletzt unter Hinweis auf die Entscheidung des Vergabesenats des OLG Hamburg vom 21.1.2000 (1 Verg 2/99) zu bedenken, dass auch im Streitfall die Perspektive der Erfüllung öffentlicher Auflagen durch die Fa. I gegeben gewesen und es deshalb nur noch auf den "Preis" angekommen sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung führt nicht zum Erfolg. Das Landgericht hat zulässigerweise durch Grundurteil und in der Sache zu Recht entschieden, dass der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Schadens, der ihr infolge der Ablehnung des Zuschlags für das im Bundesausschreibungsblatt vom 22. Januar 1996 ausgeschriebene Projekt der Beklagten "Annahme und ordnungsgemäße Verwertung von ca. 12.000 t Altholz aus den städtischen Wertstoffhöfen" entstanden ist, dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Auf die eingehende Begründung und die in allen Punkten zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil, die sich der Senat zu eigen macht, wird verwiesen. Im Hinblick auf die Berufungsbegründung sind ergänzend folgende Ausführungen veranlasst:

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten sind preisrechtliche Erwägungen im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Die Beklagte führt ins Feld, dass die behauptete Höchstpreisüberschreitung zur Unwirksamkeit einer aufgrund der Ausschreibung entstehenden privatrechtlichen Vereinbarung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot geführt hätte. Ein zur Nichtigkeit des angestrebten Rechtsgeschäfts führender Verstoß gegen Preisrecht liegt aber ersichtlich nicht vor. Die Verordnung PR Nr. 30/53 vom 21.11.1953 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen bestimmt in § 4 Abs. 1, dass für marktgängige Leistungen die im Verkehr üblichen preisrechtlich zulässigen Preise nicht überschritten werden dürfen. Mit den Parteien ist davon auszugehen, dass die Altholzentsorgung durch thermische Verwertung eine derartige marktgängige Leistung ist, nämlich eine Leistung, für die ein Markt besteht oder aus Anlass der Vergabe entstehen soll. Der Auffassung der Klägerin ist beizutreten, dass im vorliegenden Fall bei einer preisrechtlichen Prüfung auf die Marktpreise abzustellen ist und nicht - wie die Beklagte meint - auf Selbstkostenpreise, die gemäß § 5 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 nur ausnahmsweise vereinbart werden dürfen, wenn keine Marktpreise festgestellt werden können. Die Beklagte hatte im ersten Rechtszug selbst die Ansicht vertreten, dass in dem im Rahmen der Ausschreibung von der Klägerin abgegebenen Angebot ein solcher "verkehrsüblicher Preis" liege. Sie schränkte lediglich ein, es gebe keine Automatik, derzufolge Ausschreibungsergebnisse per se als Marktpreis im Sinne des Preisrechts anzuerkennen wären und knüpfte hieran die Erwartung, die zu veranlassende Preisprüfung werde zur Feststellung führen, dass der von der Klägerin angebotene Preis den verkehrsüblichen überschreitet. Zu Recht ist das Landgericht dem Antrag der Beklagten, zum Nachweis für den Verstoß des Angebots der Klägerin gegen die Preisverordnung für öffentliche Aufträge ein amtliches Gutachten der Preisprüfstelle der Regierung von Oberbayern zu erholen, nicht nachgekommen. Aufgrund des Vortrags der Beklagten handelte es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Der in der Berufungsinstanz wiederholte Antrag ist nicht anders zu beurteilen, obwohl die Beklagte in Abänderung ihrer Argumentation nunmehr geltend macht, im Angebot der Klägerin habe ein "verkehrsüblicher Preis" nicht gelegen. Sie begründet dies mit der Behauptung, der von der Klägerin angebotene Preis habe 75 % Gewinn enthalten und damit den preisrechtlich zulässigen Preis überschritten. Da die Beklagte ihren Ausführungen eine Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten zugrundelegt, Selbstkostenpreise aber hier nicht relevant sind, besteht weiterhin kein Anlass dem nicht durch entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag gestützten Beweisantrag nachzugehen.

Es ist im Streitfall nicht erkennbar, warum die Ausschreibungsergebnisse nicht zu einem verkehrsüblichen und damit zulässigen Preis im Sinne des Preisrechts geführt haben sollten. Die Klägerin führt zu Recht an, dass die typische Art der Feststellung eines Marktpreises die Auftragsvergabe im Wege der öffentlichen Ausschreibung ist. Die Klägerin lag aber mit ihren Preisen durchaus im Mittelfeld der Angebote, was für deren Verkehrsüblichkeit spricht. Insgesamt war die Klägerin aufgrund ihrer Angebotspreise unstreitig zweitgünstigste Bieterin in der Ausschreibung, wobei in Betracht zu ziehen ist, dass bei ihrem Angebot das Vorhalten einer genehmigten Altholzaufbereitungsanlage einen sich auf die Preisbildung auswirkenden Kostenfaktor darstellte, während die Mitbieterin I, die günstigere Preise anbieten konnte, nicht über die zur Auftragsdurchführung erforderliche Genehmigung verfügte.

Soweit die Parteien eingehend auf die Schadensberechnung der Klägerin über die Höhe des Prozentsatzes des in die Auftragssumme einkalkulierten Gewinns und über die Frage der Umlegung der Fixkosten auch auf den hier interessierenden Auftrag streiten, geht es im Wesentlichen um die Schadenshöhe, deren Feststellung dem im ersten Rechtszug anhängigen Betragsverfahren vorbehalten bleibt.

2. Mit der Klägerin und dem ihr folgenden Landgericht ist davon auszugehen, dass der Schadensersatzanspruch dem Grunde nach jedenfalls aus dem im Wege der Rechtsfortbildung abgeleiteten und gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz folgt, dass bereits durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen oder einen diesem gleichzustellenden geschäftlichen Kontakt ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis entsteht, das die Partner zur Sorgfalt von "Schuldnern" verpflichtet.

a) Auch die öffentliche Ausschreibung begründet ein solches vertragsähnliches Vertrauensverhältnis, das zur gegenseitigen Rücksichnahme und Loyalität verpflichtet. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und in der Literatur entwickelten Grundsätzen zur Haftung bei einer öffentlichen Ausschreibung wird zwischen dem Ausschreibenden einerseits und einem interessierten Bieter andererseits ein auf eine mögliche Auftragserteilung gerichtetes vorvertragliches Vertrauensverhältnis begründet. Bei Verletzung dieses Vertrauensverhältnisses durch den Ausschreibenden können nach den Grundsätzen einer Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen Schadensersatzansprüche des interessierten Bieters nach vertraglichen Grundsätzen entstehen. Sie sind auf den Ersatz des Schadens gerichtet, den der Bieter dadurch erlitten hat, dass er darauf vertraut hat, die Ausschreibung werde nach den der Ausschreibung zugrunde gelegten formalisierten Vergabebestimmungen (VOB/A) bzw. nach den vom Ausschreibenden selbst in der Ausschreibung aufgestellten Regeln abgewickelt. Zwar ist ein daraus abgeleiteter Anspruch im Allgemeinen auf einen Ersatz der durch Beteiligung an der Ausschreibung entstandenen Aufwendungen beschränkt, also auf den Ersatz des negativen Interesses, kann aber auch den durch die Nichterteilung des Auftrags entgangenen Gewinn erfassen (BGH WuW Verg 148, 149). Insbesondere in einer Fallgestaltung, bei der der Auftrag zwar erteilt wurde, aber nicht demjenigen Bieter, der das annehmbarste Gebot abgegeben hatte und der deshalb nach den Vergaberegeln den Auftrag hätte erhalten müssen, ist es gerechtfertigt, den übergangenen Bieter nicht lediglich auf einen Ersatz seiner nutzlosen Aufwendungen zu verweisen, sondern ihm einen Anspruch auf den entgangenen Gewinn infolge des zu Unrecht vorenthaltenen Auftrags zuzusprechen (BGH WuW Verg 129, 133).

b) Mit diesen wechselseitigen Sorgfaltspflichten ist es nicht vereinbar, wenn der Ausschreibende sich nicht an die formalisierten oder selbst gesetzten Regeln hält und auf diese Weise einen anderen Bewerber in unsachlicher Weise bevorzugt (BGH NJW 1980, 180; 1983, 1673; 1986, 1466). Die Auftragsvergabe soll nach einheitlichen Grundsätzen und ohne Diskriminierung einzelner Bieter erfolgen. Es gelten die Prinzipien der Gleichbehandlung aller Bieter und der Transparenz des Verfahrens. (vgl. Boesen, NJW 1997, 345).

c) Die Beklagte hält der aus der öffentlichen Ausschreibung resultierenden Vertrauenshaftung entgegen, dass es grundsätzlich das gute Recht eines jeden an Vertragsverhandlungen Beteiligten sei, vom Vertragsschluss letztlich doch Abstand zu nehmen, ohne dies irgendwie begründen zu müssen. Sie verficht auch im zweiten Rechtszug die Ansicht, dieser Grundsatz müsse zu ihren Gunsten gelten, weil kein vergaberechtliche Verfahrensordnung bestanden habe. Tatsächlich enthielt die Bekanntmachung der Beklagten vom 21.1.1996 keine Hinweise auf ein bestimmtes Vergabeverfahren, etwa VOB Teil A. Die Vertrauenshaftung besteht aber nicht nur dann, wenn die Ausschreibung einem bestimmten formalisierten Verfahren folgt. Hier ist durch die Ausschreibungsbekanntmachung selbst ein Vertrauenstatbestand zu Gunsten der Bieter geschaffen worden. Die Klägerin durfte auf diese von der Beklagten selbst aufgestellten Verfahrensregeln vertrauen, weil hierdurch eine Selbstbindung der Beklagten als öffentliche Auftraggeberin eingetreten ist. Die zu fordernde Transparenz und Berechenbarkeit für die Bieter setzt formalisierte Vergabebestimmungen nicht voraus. Ein Vertrauenstatbestand kann ebenso durch die in der Ausschreibung selbst vorgegebenen Verfahrensregeln begründet werden.

d) Dem Argument der Beklagten, ihre Ausschreibung im Bundesausschreibungsblatt zeige weitgehende Offenheit - was schon daraus hervorgehe, dass die Ausschreibung vorbehaltlich der Zustimmung der zuständigen Fachbehörden des Landesamts für Umweltschutz erfolgt sei -, dies hätte die Klägerin daran hindern müssen, verbindliche Dispositionen zu treffen, hält die Klägerin zu Recht entgegen, dass sie den geltend gemachten Schadensersatzanspruch auf entgangenen Gewinn und nicht auf im Vertrauen auf die Einhaltung von Vergaberegeln getroffene Dispositionen stützt. Auch der Hinweis auf die Möglichkeit einer von den Fachbehörden veranlassten anderen Verwertungsmethode, die eventuell dazu führen könne, dass die Ausschreibung aufgehoben werde, ist bedeutungslos, weil es hierzu nicht gekommen ist. Ebenfalls zu Unrecht verficht die Beklagte ihre Ansicht weiter, dass eine nicht gegebene Mengenerwartung das Entstehen eines Vertrauenstatbestandes, bei Abgabe des geringsten Angebots einen Auftrag in relevantem Umfang zu erhalten, verhindert habe. Zwar heißt es in der Ausschreibung "beim Kostenangebot können somit die insgesamt anfallenden 12.000 t nicht als Mengenbasis gelten", tatsächlich wurde aber der Gesamtauftrag in diesem Umfang pro Jahr an die konkurrierende Mitbieterin I vergeben.

Ohne Erfolg sucht die Beklagte die Terminvorgaben der Ausschreibung als bloße verwaltungsinterne Terminsetzungen darzustellen, die keine das Vertrauen der Bieter schützende zeitliche Bestimmungen bedeuteten. Die Klägerin durfte im Gegenteil insbesondere darauf vertrauen, dass die Beklagte bis zum 30.6.1996 über den Zuschlag entscheiden und dabei nur diejenigen Angebote berücksichtigen werde denen bis zum Ablauf der Angebotsfrist am 16.2.1996, spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Zuschlag, die erforderlichen Genehmigungen beilagen. Der Ausschreibungstext bestimmt, dass die Annahme frühestens ab Ende Mai 1996, spätestens aber ab 1.7.1996 - je nach Dauer der Angebotsauswertung - mit einer Vertragslaufzeit bis 30.6.1997 erfolgen werde. Zu Recht ist das Landgericht der Auffassung der Beklagten nicht gefolgt, aufgrund der Einschränkung "je nach Dauer der Angebotsauswertung " sei offen geblieben, ob der Beginn der Vertragslaufzeit und damit der Zuschlag vor dem 1.7.1996 liegen könne. Warum die genannte Parenthese eindeutig dem Annahmebeginn zugeordnet werden müsse, nicht der Vertragslaufzeit, nämlich wann innerhalb des Zeitraums Ende Mai 1996 bis 1.7.1996 die Vertragslaufzeit bei gleichbleibendem Endtermin 1.7.1996 beginnen solle, hat die Beklage auch im zweiten Rechtszug nicht zu begründen vermocht. Der 1.7.1996 stellte nach der Ausschreibung den spätesten Termin dar, an dem mit der Annahme des Altholzes begonnen werden sollte, die Bieter also leistungsbereit sein mussten. Dieser Termin wurde nicht eingehalten, da unstreitig der Zuschlag an die Fa. I am 5.8.1996 erfolgte.

e) Die Bestimmung in der Ausschreibung, dass sämtliche Unterlagen, u.a. Genehmigungen, vollständig bis zum 16.2.1996 vorliegen müßten, ist eindeutig und kann nicht als bloßer Appell an die Bieter abgetan werden, ihre Unterlagen bis zu diesem Zeitpunkt bereitzuhalten. Diese klare Fristbestimmung wird auch nicht durch die vorausgegangene Bestimmung außer Kraft gesetzt, wonach die Bescheide zwei Wochen vor Auftragserteilung über die gesamte Vertragslaufzeit vorliegen müssen, da sich dieser Hinweis nach dem Textzusammenhang nur auf die Bescheide im Notifizierungsverfahren nach der EG-Abfallverbringungsverordnung bezieht. Die genannte Vorgabe, dass sämtliche Unterlagen (Genehmigungen, Verwertungsnachweise etc.) vollständig bis 16.2.1996 vorliegen müssen, findet sich im Ausschreibungstext weiter unten und zwar unter Hervorhebung durch Fettdruck des Wortes "Unterlagen" und des Endtermins "bis 16.2.1996". Auch hieraus folgt, dass nur im Zusammenhang mit dem Notifizierungsverfahren aus den vom Landgericht angeführten Gründen eine abweichende Vorlagefrist bestimmt wurde. Für die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, das Erfordernis, dass sämtliche Unterlagen bis 16.2.1996 vorzulegen seien, habe lediglich den Zweck gehabt, von vornherein aussichtslose Bieter von der Teilnahme an der Ausschreibung abzuhalten, nämlich vor allem unseriöse Bieter, die das Material auf sog. "Billigdeponien" schaffen, finden sich keine Anhaltspunkte. Es ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern die Vergabestelle der Beklagten mit diesem Termin lediglich für ihre eigenen Zwecke einen "optimalen Kalender im Sinn einer Selbstmahnung", ohne sich selbst binden zu wollen, aufgestellt hat. Tatsächlich ist die von der Beklagten selbst verbindlich vorgegebene Vergaberegel der für die Vorlage der Genehmigungen einzuhaltenden Frist, auf deren Einhaltung die Bieter vertrauen durften, von der Beklagten durch die Zuschlagserteilung an die Fa. I verletzt worden, obwohl dieses Konkurrenzunternehmen bei Ablauf der Angebotsfrist am 16.2.1996 und nicht einmal zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung am 5.8.1996 über die erforderliche Anlagenbetriebsgenehmigung verfügte. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich bestritten, dass die Fa. I bis 16.2.1996 überhaupt eine Anlagenbetriebsgenehmigung vorgelegt hat. Der Genehmigungsbescheid des Umweltschutzreferates vom 23.11.1995 (Anlage B 1) trägt den Eingangsstempel des Amts für Abfallwirtschaft vom 31.7.1998. Hieraus ergibt sich, dass er dem Amt für Abfallwirtschaft jedenfalls nicht am 16.2.1996 vorlag. Hierin sieht die Klägerin zu Recht unabhängig davon, welchen Genehmigungsumfang die durch Widerspruch angegriffene Anlagenbetriebsgenehmigung vom 23.11.1995 hatte, einen selbständigen Vergabeverstoß, durch den sie als Mitbieterin diskriminiert wurde.

f) Der Beklagten vermag auch nicht das Argument zum Erfolg zu verhelfen, die Prüfung der Eignungsnachweise durch den Auftraggeber diene nicht dem Schutz des Konkurrenten. Sie meint, jedenfalls bei einer öffentlichen Ausschreibung könne die Eignung des Bieters in jedem Stadium des Vergabeverfahrens bis zum Zuschlag geprüft bzw. festgestellt werden. Tatsache ist aber, dass auch zum Zeitpunkt des Zuschlags am 5.8.1996 die erforderliche Anlagengenehmigung nicht vorgelegen hat. Die von der Fa. I vorgelegte Genehmigung des Umweltschutzreferats vom 23.11.1995 (Anlage B 1) reichte - wie noch auszuführen ist - nicht aus, um den ausgeschriebenen Auftrag auszuführen.

g) Soweit die Beklagte erneut aus dem Beschluss des Vergabeüberwachungsausschusses des Bundes vom 14.6.1996 (ZfBR 1996, 273 ff) für den Streitfall ableiten will, dass die Vergabestelle bei Vorliegen der als ausreichend und überzeugend anzusehenden übrigen Eignungsnachweise sich auf die sichere Perspektive der Erteilung einer noch fehlenden bestimmten Lizenz verlassen durfte, kann ihr gleichfalls nicht gefolgt werden. Der Klägerin ist zuzustimmen, dass diese Entscheidung den vorliegenden Fall nicht trifft. Dort ging es um die Neutralisierung der Ungewissheiten bei den sich hinziehenden bürokratischen Entscheidungen in Russland. Zudem war die fragliche "Lizenz" in den Ausschreibungsunterlagen nicht gefordert. Zugelassen waren jedwede Nachweise für die Leistungsfähigkeit und Sachkunde. Außerdem hatte der Bieter die Lizenz bereits vor Ablauf der Bewerbungsfrist beantragt und die Lizenz noch vor Zuschlagserteilung nachgereicht, was im Streitfall gerade nicht geschehen ist. Schließlich weist die Klägerin zu Recht auch darauf hin, dass die Fa. I - wie sich aus den Akten der Vergabeprüfstelle bei der Regierung von Oberbayern ergibt - den Antrag auf Erteilung der erforderlichen Anlagengenehmigung erst ca. 4 1/2 Monate nach Ablauf der Angebotsfrist, also verspätet, gestellt hat. In der Ausschreibung verlangte Genehmigungen müssen aber bis zum Zuschlagszeitpunkt vorliegen, andernfalls muss das Angebot ausgeschlossen werden (vgl. Entscheidung des Vergabeüberwachungsausschusses Brandenburg vom 6.5.1998, ZFgR 1998, S 485 ff., Anlage K 20). Die sichere Erwartung, dass dem Antrag auf Genehmigung stattgegeben werde, weil ein Anspruch hierauf tatsächlich besteht, reicht im Vergabeverfahren nicht aus. Es ist nicht Aufgabe der Vergabestelle, das Vorliegen der für die Genehmigung erforderlichen Voraussetzungen zu prüfen. Dies ist Sache der Genehmigungsbehörde. Der Ansicht von Ax (ZFgR 1998, S. 487, 488) ist zuzustimmen, dass sich hieran auch dann nichts ändert, wenn Genehmigungsbehörde und Vergabestelle - wie hier - identische Rechtssubjekte sind, wenn also das Amt für Abfallwirtschaft der Landeshauptstadt als Vergabestelle und das Umweltschutzreferat als Genehmigungsbehörde fungiert.

Auch die von der Beklagten zuletzt vorgelegte Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 21.1.2000 (1 Verg 2/99) vermag die Zuschlagserteilung an die Fa. I nicht zu rechtfertigen. Auch diese Entscheidung ist nicht auf den Streitfall übertragbar, weil sich die Sachverhalte in wesentlichen Punkten unterscheiden. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass im Gegensatz zu dem vom Hanseatischen Oberlandesgericht beurteilten Sachverhalt hier in der Ausschreibung die Vorlage der erforderlichen Genehmigungen bis zum Ablauf der Angebotsfrist als unbedingtes Zuschlagskriterium genannt worden war. Auch wurde hier der Änderungsantrag auf Erteilung der erforderlichen BimSchG-Genehmigung nach Ablauf der Angebotsfrist am 16.2.1996 und nach dem Zeitpunkt des in der Ausschreibungsbekanntmachung genannten Auftragsbeginns gestellt. Schließlich verfügte im Streitfall die Fa. I weder bei Ablauf der Angebotsfrist, noch bei Zuschlagserteilung, noch im Zeitpunkt des in der Ausschreibung genannten Auftragsbeginns über die erforderliche öffentlich-rechtliche Genehmigung, die erst am 13.9.1996 (Anlage K 28) erteilt wurde. Die Beklagte zieht daher aus der Hamburger Entscheidung zu Unrecht die Schlussfolgerung, wenn die Perspektive der Erfüllung öffentlicher Auflagen als sicher gegeben sei, komme es nur noch auf den Preis an, weil nur so die Vergabestelle dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Umgang mit öffentlichen Geldern gerecht werde. Im Rahmen der Vergabe eines Dienstleistungsauftrags ist vielmehr ein Angebot zwingend auszuschließen, wenn der Bieter nicht im Besitz der für die ausgeschriebene Tätigkeit erforderlichen Genehmigung ist. Als Folge des Ausschlusses der Fa. I wäre der Klägerin als zweitbester Bieterin der Zuschlag für den Altholz-Entsorgungsauftrag erteilt worden (§ 252 BGB).

h) Dem Landgericht ist ferner beizupflichten, dass die Beklagte das durch die Ausschreibung begründete vorvertragliche Vertrauensverhältnis schuldhaft verletzt hat. Die Beklagte rügt zu Unrecht, das Landgericht habe verkannt, dass das Vergaberecht kein Selbstzweck sei, sondern sekundären Rang habe; primär gelte der Vergabewille des Auftraggebers; Maßstab der Vergabe müsse die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsplanung und Haushaltsführung sein. Diesem Primat der Wirtschaftlichkeit habe sie mit ihrer Vergabeentscheidung entsprochen. Dem ist entgegenzuhalten, dass das Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung die Verletzung von im Ausschreibungstext selbst vorgegebenen Vergaberegeln und sich aus dem Diskriminierungsverbot der Dienstleistungsrichtlinie 92/50/EWG ergebender europarechtlicher Regelungen nicht rechtfertigen kann. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass ein absoluter Vorrang der sparsamen Haushaltsführung im Ergebnis das gesamte Vergaberecht aushebeln würde. Der allgemeine Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung besteht bei Auftragsvergaben nur in den Grenzen der allgemein oder in der Ausschreibung selbst vorgegebenen Vergaberegeln und - insoweit stimmt die Beklagte zu - der Einhaltung eines fairen und diskriminierungsfreien Verfahrens, also der Einhaltung des Willkürverbots.

Ohne Erfolg sucht die Beklagte den Vorwurf, schuldhaft gehandelt haben, durch den Hinweis auszuräumen, dass sich zur Zeit der Ausschreibung das Abfallrecht und die Entsorgungstechnik in einer Übergangsphase befunden hätten und insbesondere die Verwertung des auf den Wertstoffhöfen gesammelten Altholzes ein Grenzproblem zwischen der Abfallentsorgung einerseits und Umweltgesichtspunkten andererseits dargestellt habe. Wegen der nichtkonsolidierten Situation hätten Unsicherheiten bestanden, komplizierte Aspekte hätten zu einer teilweise nicht geklärten Rechtslage geführt. Ungeachtet des Umstands, dass sich das Abfallrecht und die Entsorgungstechnik ständig weiterentwickeln und hierdurch Übergangsphasen entstehen, kann nicht festgestellt werden, dass es sich bei der Altholzverwertung um rechtliches und technisches Neuland gehandelt hat. Es steht der Landeshauptstadt M mit ihren hochqualifizierten technischen und juristischen Beamten schlecht an, sich für eine rechtswidrige Vergabeentscheidung auf unzureichende Sach- und Rechtskenntnis zu berufen. Im übrigen ist der Ansicht der Klägerin beizupflichten, das die rechtliche und technische Entwicklung auf dem Abfallsektor für die nach Vergaberecht zu beurteilenden Verstöße gegen das nach der Dienstleistungsrichtlinie und im Rahmen der Selbstbindung bestehende Diskriminierungsverbot keine Rolle spielt. Die Tatsache des Nichtvorliegens der erforderlichen Anlagengenehmigung für die Fa. I stand während des gesamten Ausschreibungsverfahren fest und die Beklagte wusste im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung, dass die erforderliche Genehmigung fehlte. Die Beklagte war sich ersichtlich der Tatsache des Fehlens der Genehmigung zum Zuschlagszeitpunkt bewusst, auch wenn sie weiterhin geltend macht, die Änderungsgenehmigung vom 13.9.1996 sei eigentlich zur Ausführung des Altholz-Auftrags durch die Fa. I nicht erforderlich gewesen, weil die ursprüngliche Genehmigung vom 23.11.1995 hierzu bereits ausgereicht hätte. Im Widerspruch hierzu hat die Beklagte schon im ersten Rechtszug (Schriftsatz vom 30.4.1999, S. 7) dezidiert festgestellt, dass das im Bescheid vom 23.11.1995 ausgesprochene Annahme- und Bearbeitungsverbot für behandeltes Altholz, gegen das sich der Widerspruch der Fa. I wandte, quasi eine Betriebsuntersagung darstelle, weil, so die Begründung des Widerspruchs, die einer Verwertungsfirma angelieferten Hölzer von den Anlieferern nicht sortiert würden und umgekehrt diese dann auch nicht bereit seien, Sortierungen abzuwarten, um möglicherweise aussortiertes Material wieder mitzunehmen. Diese in der Berufungsbegründung wiederholte Einschätzung, das Annahmeverbot laufe auf eine Betriebsuntersagung hinaus, entspricht der Sach- und Rechtslage. Die Fa. I war aufgrund der Genehmigung vom 23.11.1995 nicht in der Lage, den Altholzauftrag der Stadt auszuführen; sie benötigte hierfür eine weiterreichende Genehmigung, die ihr erst am 13.9.1996 durch die Änderungsgenehmigung erteilt wurde. Bis dahin war es ihr nicht erlaubt, unsortiertes, mit behandeltem Holz vermischtes Altholz in ihrer Anlage anzunehmen und zu verarbeiten. Da das Umweltschutzreferat als Genehmigungsbehörde nach Maßgabe des von der Fa. I gestellten Antrags mit der Genehmigung vom 23.11.1995 nur die Annahme von unbehandeltem Altholz gestattete, war für die Annahme von behandeltem Altholz sowohl aus der Sicht des Umweltschutzreferates als auch aus der Sicht der Beklagten eine Änderungsgenehmigung erforderlich, was im übrigen auch aus der Korrespondenz (Anlagen B 3 und B 4) hervorgeht. Da der mit Schreiben vom 4.7.1996 gestellte Änderungsantrag auf Gestattung der Bearbeitung auch behandelten Altholzes erst am 13.9.1996 genehmigt wurde - wie der Vermerk des Umweltschutzreferats auf dem Änderungsantrag (Anlage B 4) zeigt -, verfügte die Fa. I vor dem 13.9.1996 über keine Genehmigung zur Annahme und Behandlung von behandeltem Altholz in der Anlage Riemer Straße. Auch der Teilabhilfebescheid vom 17.7.1996 (Anlage B 5) führte nicht zu dieser Gestattung, vielmehr nur zur Änderung einiger der mit dem Widerspruch angegriffenen Nebenbestimmungen der ursprünglichen Genehmigung. Die Klägerin führt zu Recht aus, dass sich schon aus dem erheblichen Umfang der Änderungsgenehmigung vom 13.9.1996 mit den zahlreichen Nebenbestimmungen ergibt, dass es sich dabei nicht lediglich um eine reine Formsache gehandelt hat.

i) Mit dem Landgericht und entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist davon auszugehen, dass der Widerspruch der Fa. I vom 22.12.1995 gegen den Bescheid vom 23.11.1995 nicht etwa dazu geführt hat, dass gemäß § 80 Abs. 1 VwGO allein die in der Genehmigung enthaltenen Auflagen suspendiert worden wären mit der Folge, dass I während des Ausschreibungsverfahrens über eine unbeschränkte, auch behandeltes Altholz umfassende Genehmigung verfügt hätte. Zutreffend hat das Landgericht hierzu ausgeführt, dass einer isolierten Anfechtung nur echte Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt, insbesondere Auflagen, unterliegen, nicht hingegen solche Bestimmungen, die den Inhalt des Verwaltungsakts bestimmen, insbesondere "modifizierende Auflagen". Im übrigen ist die hier interessierende Einschränkung in dem Genehmigungsbescheid vom 23.11.1995 nicht unter den Nebenbestimmungen (Ziff. III.), sondern unter der den Regelungskern betreffenden Ziffer I. aufgeführt.

Soweit die Beklagte ausführt, die Änderungsgenehmigung vom 13.9.1996 sei nach der "hilfsweise" erfolgten Zurücknahme des Widerspruchs insoweit, als er sich auch gegen den gestattenden Teil des Genehmigungsbescheides vom 23.11.1995 gerichtet hätte, "vereinbarungsgemäß" lediglich zur Klarstellung der Rechtslage beantragt und erlassen worden, erscheint diese Darstellung konstruiert. Die Behauptung ist nicht nachvollziehbar, dass mit dieser Änderungsgenehmigung die Formulierungen der ursprünglichen Genehmigung angepasst und der Bestand an Genehmigungen einerseits und Nebenbestimmungen andererseits zusammengefasst dargestellt wurden. Tatsächlich hat die Fa. I noch nicht einmal im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung am 5.8.1996, sondern erst am 13.9.1996 über die erforderliche Genehmigung verfügt mit der Folge, dass ihr Angebot nicht den von der Beklagten in der Ausschreibung selber festgelegten Mindestanforderungen genügte (so auch Nachprüfungsbescheid vom 19.6.1997 der Vergabeprüfstelle und Widerspruchsbescheid vom 3.3.1999 der Regierung von Oberbayern Anlagen K 7, K 29). Schließlich bleibt anzumerken, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung selbst vom Nichtvorhandensein der erforderlichen Anlagenbetriebsgenehmigung zur Durchführung des Altholzauftrages ausgegangen ist, denn laut Zuschlagsschreiben vom 5.8.1996 erfolgte die Auftragserteilung an die Fa. I unter dem ausdrücklichen Vorbehalt "einer vollziehbaren sowie bestandskräftigen Anlagenbetriebsgenehmigung für die Altholzannahmestelle in M-R". Auch dies verdeutlicht, dass die Beklagte sich nicht auf fehlendes Verschulden unter dem Aspekt berufen kann, sie habe sich bei der Zuschlagserteilung davon leiten lassen, dass die ursprüngliche Genehmigung vom 23.11.1995 ausreichend gewesen sei. Die Beklagte hat vielmehr grob fahrlässig gehandelt. Geht man davon aus, dass der Zuschlag bewusst rechtswidrig erteilt wurde, so kann die Beklagte bei ihrer Vergabeentscheidung keinen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum in Anspruch nehmen; ihre Vorgehensweise stellt vielmehr eine eindeutige Verletzung des vergaberechtlichen Diskriminierungsverbotes dar.

Ihre Ansicht, eine Entscheidung zugunsten der Klägerin hätte gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen und sie Schadensersatzansprüchen der mindestnehmenden Bieterin ausgesetzt, stützt die Beklagte auf eine unzutreffend berechnete Differenz der Angebote der Klägerin und der Fa. I. Wie die Klägerin bereits im ersten Rechtszug (Schriftsatz vom 4.8.1999) richtiggestellt hat, beläuft sich die Differenz der Angebot nicht auf 720.000,-- DM netto, die Preisdifferenz beträgt vielmehr, je nach tatsächlicher Anlieferungsstelle des Altholzes bei der Klägerin zwischen 120.000,-- DM netto und 480.000,-- DM netto.

3. Die Klägerin stützt schließlich den geltend gemachten Schadensersatzanspruch berechtigterweise auch auf §§ 823 Abs. 2, 89, 31 BGB i.V.m. Art. 3 Abs.2 der Dienstleistungsrichtlinie (92/50/ EWG). Auch insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen. Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung ins Feld führt, das Fehlen einer formellen Umsetzung und damit die "leise" Verbreitung der Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie begründe kein Verschulden, so weit ihr der Richtlinieninhalt nicht bekannt wurde, tritt die Klägerin dem zu Recht mit dem Hinweis entgegen, dass der Beklagten aufgrund der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 24.5.1995 (Anlage K 23) die unmittelbare Geltung der Dienstleistungsrichtlinie zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Vergabe bekannt war, zumindest aber hätte bekannt sein müssen.

4. Schließlich beruft sich die Beklagte ohne Erfolg auf die Rechtsprechung, wonach gegenüber einem aus vorvertraglichem Verschulden hergeleiteten Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Auftragsvergabe der öffentliche Auftraggeber als rechtmäßiges Alternativverhalten einwenden kann, er hätte bei Kenntnis von der Pflichtwidrigkeit die Ausschreibung aufgehoben. Zwar kann die Berufung auf rechtmäßiges Alternativverhalten, nämlich der Einwand des Schädigers, der Schaden wäre auch bei rechtmäßigem Verhalten entstanden, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof bei der Frage der Zurechnung eines Schadenserfolges beachtlich sein (BGH, NJW 1993, 520, 521). Die Beklagte hat aber gerade nicht darzulegen vermocht, dass sie sich bei Kenntnis der Pflichtwidrigkeit rechtmäßig alternativ verhalten hätte. Die Beklagte ist für die Voraussetzungen einer Aufhebung der Ausschreibung darlegungs- und beweispflichtig, wie sich aus dem allgemeinen Grundsatz ergibt, dass regelmäßig der Schädiger nachweisen muss, der Schaden wäre auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten. Nach der Rechtsprechung ist die Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten nur beachtlich, wenn der Schädiger bei pflichtgemäßem Verhalten denselben Erfolg herbeigeführt hätte; dass er ihn lediglich hätte herbeiführen können, reicht regelmäßig nicht aus ( BGH a.a.O. S. 522 ). Mit dem Landgericht kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte die Ausschreibung hätte aufheben müssen, wenn sie die Firma I rechtmäßigerweise nicht berücksichtigt hätte. Insbesondere wäre das Wirtschaftlichkeitsgebot nach Art. 61 Abs. 2 BayGO kein zwingender Anlass zur Aufhebung der Ausschreibung gewesen, weil die Angebote der Klägerin deutlich günstiger als die Angebote der Bieterfirma Nr. 2 und hinsichtlich der stofflichen Verwertung in der Abladestelle G auch günstiger als die Angebote der Firma Nr. 4 waren. Auch war die thermische Verwertung im Werk G günstiger als das entsprechende Angebot der Firma I. Ebenso gab die Gesamtdifferenz zum Angebot der Firma I keinen Anlass zur Aufhebung. Das Landgericht hat ferner zurecht ausgeführt, gegen die Annahme, dass die Beklagte die Ausschreibung widerrufen hätte, spreche zudem die Besonderheit des vorliegenden Falles, dass nämlich die Vergabestelle der Beklagten während des gesamten Ausschreibungsverfahrens Kenntnis davon hatte, dass die zuständige Genehmigungsbehörde der Beklagten der Firma I keine ausreichende Genehmigung erteilt hatte. Dass die Beklagte dennoch die Ausschreibung nicht aufhob, sondern der Firma I den Zuschlag erteilte, spricht gegen die Erwartung eines rechtmäßigen Alternativverhaltens.

Schließlich erscheint es auch zweifelhaft, ob bei der Verletzung von Verfahrensvorschriften der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens überhaupt zuzulassen ist. Auf die vom Landgericht hierzu angeführten Gründe wird verwiesen.

5. Da sich die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des Landgerichts sonach als unbegründet erweist, war das Rechtsmittel mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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