Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht München
Beschluss verkündet am 28.04.2006
Aktenzeichen: Verg 6/06
Rechtsgebiete: VOF, VgV, VOL/A


Vorschriften:

VOF § 1
VOF § 2 Abs. 2 Satz 2
VOF § 3
VgV § 3 Abs. 1
VgV § 3 Abs. 5 Satz 1
VOL/A § 1
1. Hält sich der Auftraggeber bei der Ausschreibung unterschiedlicher freiberuflicher Leistungen (hier: Beratung in rechtlicher, technischer und wirtschaftlicher Beziehung bei einem ÖPP-Projekt) offen, ob er die zu vergebenden Lose einem Auftragnehmer überträgt, ist für die Berechnung des Schwellenwertes auf die Summe der Einzelleistungen abzustellen.

2. Zur Frage der eindeutig und erschöpfend beschreibbaren freiberuflichen Leistung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 VOF.


OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN BESCHLUSS

Verg 06/06

Aktenzeichen: Verg 6/06

Verkündet am 28.04.2006

Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Vavra sowie des Richters am Oberlandesgericht Nagorsen und der Richterin am Oberlandesgericht Willner

in dem Nachprüfungsverfahren

betreffend Beratungsleistungen für das ÖPP-Projekt "Schulen"

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2006

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 24.02.2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 118 GWB sowie der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen zu 2) und 4). Die Beigeladenen zu 1) und 3) tragen ihre notwendigen Aufwendungen selbst.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 8.700,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt, die Sanierung und/oder den Neubau mehrerer Schulgebäude einschließlich des teilweisen Betriebs an einen privaten Generalunternehmer im Rahmen einer Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP) zu vergeben. Zur Unterstützung bei der Ausarbeitung des wirtschaftlichsten Konzepts und der Erstellung der Vergabeunterlagen sowie Durchführung des Vergabeverfahrens sucht sie externe Berater. Zu diesem Zweck schrieb sie Anfang Januar 2006 europaweit mehrere Beratungsleistungen für das ÖPP-Projekt als Teilnahmewettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren nach VOF aus.

Die gewünschte Beratung teilte sie in der Ausschreibung in folgende Teilbereiche (Lose) auf:

Los 1: Wirtschaftliche Beratung

Los 2: Technische Beratung

Los 3: Juristische Beratung

Angebote waren für ein, mehrere oder alle Lose möglich. In Ziffer III.2 unter der Überschrift "Teilnahmebedingungen" listete die Antragsgegnerin die wesentlichen persönlichen, wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Anforderungen auf, über die sie von den Bewerbern Angaben verlangen wolle. Als Zuschlagskriterium wurde in Ziffer IV.2.1) der Bekanntmachung das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Verdingungs-/Ausschreibungsunterlagen, der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zur Verhandlung bzw. in der Beschreibung zum wettbewerblichen Dialog aufgeführt sind, festgelegt. In Ziffer VI.3 der Bekanntmachung wurde die Zahl der Unternehmen, die zur Angebotsabgabe aufgefordert werden sollen, mit mindestens drei beziffert. Als Frist zur Abgabe der Teilnahmeanträge wurde der 10.02.2006 bestimmt.

Mit Telefax vom 17.01.2006 bekundete die Antragstellerin ihre Absicht, für Los 3 ein Angebot abgeben zu wollen und beantragte die Übersendung der Ausschreibungs- bzw. Verdingungsunterlagen. Zugleich rügte sie Verfahrensfehler bezüglich der von der Antragsgegnerin gewählten Verdingungsordnung, der Verfahrensart, der Zuschlagskriterien und der geforderten Nachweise. Wunschgemäß übersandte die Antragsgegnerin der Antragstellerin am 18.01.2006 den 11 Seiten umfassenden Teilnahmeantrag. Ausweislich des Antrags wurde Interessenten die Möglichkeit eröffnet, sich sowohl für einzelne Lose als auch mit anderen in einer Bewerbergemeinschaft für mehrere oder alle Lose zu bewerben. Gefordert waren in 19 Register aufgeteilte Angaben der Teilnehmer nach §§ 11, 12 und 13 VOF, wobei in der beigefügten Musteraufstellung für die Zusammenstellung der Bewerbungsunterlagen zwischen Ausschluss- und Auswahlkriterien unterschieden wurde und für alle Angaben eine Rubrik "Bewertung" und eine Rubrik "Faktor" vorgesehen war. Unter anderem verlangte die Antragsgegnerin von den Teilnehmern eine Liste der wesentlichen, in den letzten drei Jahren erbrachten vergleichbaren Leistungen für Beraterleistungen bei ÖPP-Projekten und Leistungen nach dem öffentlichen Förderrecht. Den Unterlagen war nicht zu entnehmen, wie viele Punkte für welche Angaben erzielbar waren.

Mit Schreiben vom 20.01.2006 erhob die Antragstellerin weitere Beanstandungen und vertiefte zugleich ihre Einwände vom 17.01.2006. Die Antragsgegnerin wies die Rügen der Antragstellerin vom 17.01.2006 am 20.01.2006 als unbegründet zurück. Auch eine weitere Stellungnahme der Antragstellerin vom 26.01.2006 veranlasste die Antragsgegnerin nicht, ihre Rechtsauffassung zu ändern, wie sie der Antragstellerin mit Schreiben vom 30.01.2006 mitteilte.

Darauf hin stellte die Antragstellerin am 31.01.2006 Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer, mit dem Ziel der Antragsgegnerin zu untersagen, Rechtsberatungsleistungen für das ÖPP-Projekt "Schulen" (Los 3) im Verhandlungsverfahren nach VOF auszuschreiben. Vorsorglich beantragte die Antragstellerin, dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens mehrere Fragen zur Auslegung der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 in Bezug auf Rechtsberatungsleistungen vorzulegen.

Im Vergabevermerk vom 07.02.2006 legte die Antragsgegnerin die Gründe für die Wahl der Ausschreibung eines Teilnahmewettbewerbs mit Verhandlungsverfahren nach VOF nieder. Als geschätzte Vergütung setzte sie für jedes einzelne Los 150.000 € netto an. Mit e-mail vom 08.02.2006 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin über Fragen und Antworten zum Vergabeverfahren, die sich während der laufenden Teilnahmefrist noch ergeben hatten und teilte auf Anfrage der Antragstellerin mit, dass aus Gleichbehandlungsgründen der bislang nicht bekannt gegebene Faktor für die Bewertung der Angaben 1 sei. Fristgerecht zum 10.02.2006 übersandte die Antragstellerin ihren Teilnahmeantrag, wobei sie zugleich anzeigte, dass sie ihre Leistung auch in Bewerbergemeinschaft mit einer Beratungsgesellschaft anbiete, die die wirtschaftliche und technische Beratung (Lose 1 und 2 der Ausschreibung) übernehmen wolle.

Im Verfahren vor der Vergabekammer vertrat die Antragstellerin zur Frage der Zulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens den Standpunkt, dass bereits die objektiv geschätzte Gesamtvergütung für Los 3 (Rechtsberatung) den Schwellenwert für das Nachprüfungsverfahren überschreite. Abgesehen davon sei für die Berechnung des Schwellenwertes nicht § 3 Abs. 3 VOF, sondern § 3 Abs. 5 VgV heranzuziehen, wonach eine Addition der Loswerte erfolge. Zudem verstoße § 3 Abs. 3 VOF, wonach nur gleichartige Leistungen zu addieren seien, gegen Art. 9 Abs. 5 a der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 und sei damit unanwendbar. Die Antragsgegnerin habe den Antragstellern außerdem selbst die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens anheim gestellt und könne sich nicht mehr darauf berufen, dass die Schwellenwerte nicht überschritten seien. Der Antragstellerin drohe ein Schaden, da sie bei Einhaltung der Vergabevorschriften den Zuschlag erhalten würde.

In der Sache machte die Antragstellerin vor der Vergabekammer geltend, dass die Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 mangels Umsetzung in nationales Recht ab 01.02.2006 unmittelbar anwendbar sei. Die in Los 3 genannten Rechtsberatungsleistungen hätten ebenso wie die technische und wirtschaftliche Beratung im offenen Verfahren nach VOL/A ausgeschrieben werden müssen, da mittlerweile die Beratung betreffend ÖPP-Schulprojekte so gängig sei, dass diesbezügliche Dienstleistungen vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden könnten. Die gewünschte Beratung sei weder einzigartig noch ungewöhnlich. Eine kreative Leistung werde nicht verlangt. Soweit die Antragsgegnerin die Komplexität der Leistung bzw. deren geistig-schöpferische Herausforderung aus der Koordination der verschiedenen Bereiche ableite, sei dies nicht Gegenstand der Ausschreibung. Da eine getrennte Losvergabe vorgesehen sei, müsse sich die Antragsgegnerin um die Koordination entweder selbst kümmern oder aber eine gesonderte Ausschreibung durchführen. Zudem komme es nicht auf die Komplexität von ÖPP-Projekten an, sondern auf die Frage, ob die juristische Beratungsleistung für ein solches Projekt vorab beschreibbar sei. Ohnehin habe das Offene Verfahren Vorrang vor dem Verhandlungsverfahren, und sei im Zweifel vorzuziehen, zumal die Antragsgegnerin auf das Verhandlungsverfahren zurückgreifen könne, wenn sie im offenen Verfahren keine zufrieden stellenden Lösungen erhalte. Auch biete ein Verhandlungsverfahren für kleine und mittlere Unternehmen geringere Chancen, so dass auch unter dem Aspekt der Mittelstandsförderung das Offene Verfahren vorzuziehen sei, bei dem mittelständische Bewerber ihren Preisvorteil zur Geltung bringen könnten.

Außerdem habe die Antragsgegnerin gegen zahlreiche Vorschriften der Vergabekoordinierungsrichtlinie, wie beispielsweise Art. 53, Art. 44 Abs. 4, Art. 40 Abs. 5 e verstoßen. Sie habe die Zuschlagskriterien nicht frühzeitig genug bekannt gemacht und beabsichtige wohl eine phasenweise Abwicklung des Verhandlungsverfahrens. Dies hätte die Antragsgegnerin in der Bekanntmachung oder spätestens mit Übersendung des Teilnahmeantrags offen legen müssen. Zugleich hätte sie aus Transparenzgründen von Anfang an allen Teilnehmern sowohl die für die Auswahl, als auch für den endgültigen Zuschlag maßgebliche Gewichtung der Kriterien mitteilen müssen.

Bei der Bewertung der Angebote vermische die Antragsgegnerin unzulässig Wertungsstufen. Sie beabsichtige, die Übersichtlichkeit und Ordnung der eingereichten Bewerbungsunterlagen als Auswahlkriterium heranzuziehen, obwohl die Vorlage der Unterlagen nach dem vorgeschriebenen Muster nur ordnungsgemäß sein könne oder nicht. Falls die Unterlagen nicht ordnungsgemäß seien, sei dies ein Ausschluss- und kein Auswahlkriterium. Zudem sei unklar, ob die Antragsgegnerin Antworten unterschiedlich gewichte. Auch insoweit sei die Auswahl intransparent. Andererseits werde der Preis für die Leistung nicht nachgefragt und in die Wertung einbezogen, was den Wettbewerbsgrundsatz und das Transparenzgebot verletze. Vergaberechtswidrig werde schließlich im Teilnahmeantrag eine dauerhafte örtliche Präsenz sowie ein Eigenleistungserfordernis verlangt.

Weiterhin rügte die Antragstellerin, dass im Vergabevermerk der Antragsgegnerin wesentliche Punkte nicht dokumentiert worden seien. Beispielsweise fehle eine nachvollziehbare Begründung für die angenommene Höhe der Vergütung, die Auswahl der Vergabeordnung und des Verfahrens, Art und Umfang der Leistung sowie der Kriterien für die Teilnehmerauswahl. Auch dies verletze die Antragstellerin in ihren Rechten.

Da sich aus der Vergabekoordinierungsrichtlinie nicht zweifelsfrei ergebe, ob bei einer Aufteilung eines Auftrags in mehrere Lose, bei dem ein Teil der Leistung unter Anlage II Teil B der Richtlinie falle, das Offene Verfahren anzuwenden sei und zudem die in Deutschland erfolgte Differenzierung zwischen Leistungen nach der VOF und der VOL/A gemeinschaftsrechtlich bedenklich sei, solle eine Vorlage der Fragen an den EuGH erfolgen.

Die Antragsgegnerin hat gegenüber der Vergabekammer vorgebracht, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Keines der Lose, insbesondere nicht das Los 3, für das sich die Antragstellerin beworben habe, übersteige den Schwellenwert von 200.000 €. Die Antragsgegnerin habe für Los 3 - ebenso wie für die beiden anderen Lose - eine Vergütung von 150.000 € netto angesetzt, was auch im Lichte des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes vertretbar und angemessen sei. Der Schwellenwert werde nur überschritten, wenn ein Bewerber bzw. eine Bewerbergemeinschaft mehr als ein Los übernehme. Diesbezüglich habe die Antragsgegnerin jedoch keine Präferenz. Für Los 3, das ausschließlich Streitgegenstand sei, sei damit weder das Nachprüfungsverfahren eröffnet, noch seien die Vorschriften der VOL/A oder der VOF einschlägig. Unabhängig davon habe die Antragsgegnerin die Vorschriften der VOF eingehalten. Wie im Vergabevermerk vom 07.02.2006 festgehalten, sei weder für die Rechtsberatungsleistungen noch für die wirtschaftliche und technische Beratung derzeit eine detaillierte Leistungsbeschreibung möglich. Zudem sei für die ausgeschriebenen Leistungen eine besondere Qualifikation vonnöten, so dass die Antragsgegnerin auch eine beschränkte Ausschreibung/das Nichtoffene Verfahren hätte wählen können (§ 3 Nr. 1 Abs. 2 S.1 und § 3 Nr. 3 a VOL/A). Unter keinem denkbaren Gesichtspunkt sei die Antragstellerin bei einem Teilnahmewettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren in ihren Rechten verletzt, wie ohnehin nicht nachvollziehbar sei, in welcher Weise die Antragstellerin daran gehindert sei, am Wettbewerb teilzunehmen.

Die Richtlinie 2004/18/EG sei nicht für Ausschreibungen anwendbar, bei denen die Bekanntmachung vor dem 01.02.2006 erfolgt sei; im Übrigen entspreche das Vergabeverfahren der Antragsgegnerin auch der Richtlinie vom 31.03.2004. Eine Vorlage einzelner Fragen an den EuGH sei nicht erforderlich. Die Antragsgegnerin habe ordnungsgemäß Auswahlkriterien bestimmt und bekannt gemacht. Eine unterschiedliche Gewichtung der Kriterien sei nicht beabsichtigt gewesen, was der Antragstellerin auf Nachfrage mitgeteilt worden sei. Zuschlagskriterien seien nach der Richtlinie nicht bereits im Teilnahmewettbewerb, sondern erst im Zuge des Verhandlungsverfahrens ausgewählten Bewerbern mitzuteilen. Für eine Abfrage des Preises bestehe im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung.

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 24.02.2006 den Nachprüfungsantrag als unzulässig abgelehnt. Auszugehen sei von der Kostenschätzung der Vergabestelle, somit von einer geschätzten Honorarsumme von 150.000 € netto für Los 3 der Ausschreibung. Eine Addition der Auftragswerte aller drei Lose sei nicht vorzunehmen, da es sich nicht um Teilaufträge derselben freiberuflichen Leistung handele (§ 3 Abs. 3 Satz 1 VOF). Die Antragsteller hätten nur einen Teilnahmeantrag für das Los 3 abgegeben. Der Schwellenwert für das Nachprüfungsverfahren sei damit nicht erreicht. Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag auch unbegründet, da die Antragsgegnerin in zulässiger Weise einen Teilnahmewettbewerb mit Verhandlungsverfahren nach der VOF gewählt habe. Auch aus der EU-Richtlinie 2004/18/EG ergebe sich kein Anspruch der Antragstellerin. Sie könne weder die Durchführung eines offenen Verfahrens verlangen, noch müsse die Antragsgegnerin die Wertungskriterien bereits in der Bekanntmachung offen legen. Die Auswahlkriterien habe die Antragstellerin mit dem Teilnahmeantrag erhalten. Mehr könne selbst nach der neuen Richtlinie nicht verlangt werden. Ebenso wenig seien die Auswahlkriterien selbst zu beanstanden. Eine Vorlage von Fragen an den EuGH sei mangels Entscheidungserheblichkeit nicht veranlasst.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der sie ihr Ziel, der Antragsgegnerin zu untersagen, Rechtsberatungsleistungen für das ÖPP-Projekt "Schulen" (Los 3) im Verhandlungsverfahren nach VOF auszuschreiben, weiterverfolgt. Vorsorglich beantragt sie, dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EGV folgende Fragen vorzulegen:

1. Ist die Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 ab dem 01.02.2006 direkt und unmittelbar zugunsten von Bietern in bereits laufenden Vergabeverfahren anwendbar, wenn die Vergabe am 01.02.2006 noch nicht stattgefunden hat?

2 a) Ist der Begriff "Gemischten Aufträge über Dienstleistungen" in Art. 22 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 dahingehend auszulegen, dass ein in mehrere Lose geteilter Auftrag über technische, wirtschaftliche und rechtliche Beratungsdienstleistungen darunter zu fassen ist?

hilfsweise, für den Fall, dass die erste Frage verneint wird,

2 b) Ist der Begriff "diese Dienstleistung" in Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 1992/50/EWG vom 18.06.1992 dahingehend auszulegen, dass ein in mehrere Lose geteilter Auftrag über technische, wirtschaftliche und rechtliche Beratungsdienstleistungen darunter zu fassen ist?

3. Wenn die Frage 2 a) positiv zu beantworten ist: Führt die Anwendung von Art. 22 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 dazu, dass ein Auftrag über Rechtsberatungsleistungen im Sinne der Kategorie 21 von Anhang II Teil B im offenen Verfahren nach Art. 24 der Richtlinie vergeben werden muss, wenn er zusammen mit technischen Beratungsleistungen im Sinne der Kategorie 12 von Anhang II Teil A und wirtschaftlichen Beratungsleistungen im Sinne der Kategorie 11 von Anhang II Teil A vergeben wird und diese Leistungen den Wert der Rechtsberatungsleistungen übersteigen?

4. Gewähren die deutschen Verdingungsordnungen transparente und wettbewerbliche Vergabeverfahren entsprechend Erwägungsgrund Nr. 2 und Art. 2 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004, soweit die Vergabe von Dienstleistungen freier Berufe getrennt in der VOF und in der VOL/A geregelt ist? Ergänzend zu ihrem bisherigen Sach- und Rechtsvortrag macht die Antragstellerin geltend, die Vergabekammer hätte ohne Gebührengutachten die Honorarschätzung der Antragsgegnerin nicht als vertretbar ansehen dürfen. Weiterhin habe die Vergabekammer fälschlicherweise aus Art. 28 Satz 4, Art. 30 Abs. 1 c der Richtlinie geschlossen, dass vorliegend ein Verhandlungsverfahren zulässig sei. Dies sei schon deshalb unzutreffend, da bei spezifizierbaren geistig-schöpferischen Dienstleistungen auch nach der Richtlinie ein Offenes Verfahren durchzuführen sei. Zudem sei durch die gemeinsame Ausschreibung eines "gemischten Dienstleistungsvertrags" Art. 22 der Richtlinie einschlägig, wonach ein Offenes Verfahren geboten sei. Ein Rückgriff auf Art. 21 der Richtlinie sei nicht zulässig, da der nationale Gesetzgeber dem Bieter weitergehende Rechte einräumen könne; hieran sei die öffentliche Hand gebunden und könne nicht zu ihren Gunsten europäische Richtlinien ins Feld führen. Die Vergabekammer habe sich auch nicht mit dem Argument der Antragstellerin auseinandergesetzt, dass nach Art. 53 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie der Teilnahmeantrag zu den Verdingungsunterlagen gehöre und deshalb spätestens mit Übersendung dieses Antrags die Zuschlagskriterien hätten bekannt gegeben werden müssen. Dementsprechend seien die ministeriellen Empfehlungen abgefasst. Auch habe sich die Vergabekammer nicht zu dem unzureichenden Vergabevermerk der Antragsgegnerin geäußert. Die Wahl der Vergabeart sei im Vermerk vom 7.2.2006 nicht hinreichend begründet. Es fehlten zudem Rügen und Anfragen sowie abgewogene und sachliche Erwägungen zur Höhe der Vergütung. Art und Umfang der Leistung sei nicht hinreichend konkret beschrieben und es sei von der Ausschreibung abgewichen worden, da ein möglicher Neubau der Schulen im Vermerk nicht mehr erwähnt sei. Darüber hinaus fehlten im Vermerk die Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer oder für den Zuschlag. Allein die unrichtige Fertigung des Vergabevermerks verletze die Antragstellerin in ihren Rechten nach Art. 43 der Richtlinie bzw. §§ 30 VOL/A, 18,19 VOF. Auch zur Rüge der Vermischung von Wertungsstufen habe die Vergabekammer keine Stellung bezogen. Im übrigen wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihre bisherige Argumentation, insbesondere zur Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/18/EG und der Frage, ob die gewünschte Leistung eindeutig und erschöpfend beschreibbar und damit im offenen Verfahren nach der VOL/A auszuschreiben sei.

Mit Schreiben vom 10.03.2006 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass deren Teilnahmeantrag keine Berücksichtigung finde, da andere Bewerber eine bessere Punktzahl erzielt hätten. Auf Nachfrage der Antragstellerin übersandte die Antragsgegnerin am 20.03.2006 die anhand einer am 13.02.2006 beschlossenen Bewertungsmatrix durchgeführte Auswertung der Bewerbungen für Los 3 in anonymisierter Form. Zugleich teilte sie der Antragstellerin mit, dass für Los 3 42 Interessenten Teilnahmeanträge eingereicht hätten und hieraus 4 Bewerber ausgewählt worden seien.

Die Antragstellerin hat die für sie ungünstige Auswahlentscheidung ebenfalls zum Gegenstand ihres Nachprüfungsantrags bzw. der sofortigen Beschwerde gemacht. Diesbezüglich hat sie zum einen gerügt, dass die Antragsgegnerin die Zahl der Referenzobjekte bewertet habe und damit in unzulässiger Weise ein "Mehr an Eignung" verlange. Die Vorgehensweise begünstige große Unternehmen und lasse kleinen und mittleren Anbietern keine Chance. Zum anderen sei die Bewertungsmatrix weder im Vergabevermerk festgehalten noch den Bewerbern vorab mitgeteilt worden. Diese hätten sich nicht darauf einstellen können, worauf es der Antragsgegnerin bei der Auswahl der Bewerber ankomme. Hätte die Antragstellerin gewusst, dass sie mit weiteren betreuten Projekten mehr Punkte erzielen hätte können, hätte sie diese im Antrag aufgelistet. Sie müsse Gelegenheit erhalten, dies nachzuholen. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin die Zahl der auszuwählenden Teilnehmer nicht ordnungsgemäß festgelegt und begründet.

Schließlich weist die Antragstellerin darauf hin, dass in einer Stadtratssitzung der Antragsgegnerin vom 29.03.2006 detaillierte Pläne zur Abwicklung des ÖPP-Projekts "Schulen" verabschiedet worden seien. Auch dies belege, dass die ausgeschriebene Leistung eindeutig und erschöpfend beschreibbar sei. Der Stadtrat habe im Übrigen am 29.03.2006 Abweichungen vom Umfang des beabsichtigten ÖPP-Projekts beschlossen und sich vorbehalten, nach einem Wirtschaftlichkeitsvergleich anstelle einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft eine konventionelle Realisierung des Projekts zu wählen. Damit habe sich die Beschaffungsabsicht der Antragsgegnerin grundsätzlich geändert. Die Ausschreibung sei entsprechend dem Rechtsgedanken des § 16 VOL/A verfrüht gewesen, da die Antragsgegnerin noch gar keine abschließende Entscheidung über ihren Beratungsbedarf getroffen habe.

Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.

Sie tritt dem Vorbringen der Antragstellerin im Wesentlichen mit den bereits gegenüber der Vergabekammer vorgebrachten Argumenten entgegen. In Übereinstimmung mit der Vergabekammer hält sie den Nachprüfungsantrag für unzulässig, da die Antragstellerin sich nur für einen Auftrag unterhalb des Schwellenwertes interessiere. Das gesamte Vergabeverfahren sei ordnungsgemäß, insbesondere habe sie zu Recht das Verhandlungsverfahren nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb entsprechend der VOF gewählt, eine ordnungsgemäße Auswahl getroffen und das Vorgehen hinreichend dokumentiert.

Mit Beschluss vom 29.03.2006 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde einstweilen verlängert. Die ausgewählten Bewerber wurden zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladenen zu 2) und 4) sind dem Vorbringen der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2006 entgegen getreten und haben die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 116, 117 GWB), aber nicht begründet. Das Vorgehen der Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin ist bei der Durchführung des Vergabeverfahrens nicht in ihren Rechten verletzt worden. Es besteht auch keine Veranlassung für eine Vorlage an den EuGH.

1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig.

a) Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist vorliegend der nach § 100 GWB i.V.m. § 127 GWB für das Nachprüfungsverfahren erforderliche Schwellenwert überschritten. Gegenstand der Ausschreibung ist die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, für die nach § 2 Nr. 3 VgV ein Schwellenwert von 200.000 € netto gilt. § 3 Abs. 1 VgV bestimmt, dass bei der Schätzung des Auftragswertes von der voraussichtlichen Gesamtvergütung für die vorgesehene Leistung auszugehen ist, wobei Lose grundsätzlich zu addieren sind (§ 3 Abs. 5 Satz 1 VgV). Die Antragsgegnerin hat für die technische, wirtschaftliche und rechtliche Beratung ein Honorar von insgesamt ca. 450.000 € netto veranschlagt. § 3 Abs. 5 Satz 2 VgV steht der Addition der Lose nicht entgegen, da darin nur für Lieferaufträge bestimmt ist, dass bei ungleichartigen Lieferungen die Vergütung für ein einzelnes Los ausschlaggebend sein soll.

Auch nach § 3 VOF ist nicht allein auf Los 3, sondern auf die Summe der ausgeschriebenen Lose abzustellen. Für die Frage des Auftragswertes und damit für die Anwendbarkeit der VOF ist der Wert der vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistung maßgeblich. Soll eine freiberufliche Leistung nicht an einen Auftragnehmer vergeben, sondern in Teilaufträge aufgeteilt werden, ist der Wert der einzelnen Lose zu addieren, sofern es sich um dieselbe freiberufliche Leistung handelt (§ 3 Abs. 3 VOF). Verschiedene freiberufliche Leistungen, die verschiedene Auftragnehmer ausführen sollen, sind jeweils für sich zu betrachten, auch wenn sie sich auf ein Objekt beziehen. Will der Auftraggeber unterschiedliche fachspezifische Leistungen zusammengefasst an einen Auftragnehmer vergeben oder behält er sich dies im Vergabeverfahren vor, verbleibt es wiederum bei dem Grundsatz, dass auf die Summe der Leistungen abzustellen ist (vgl. Matuschak in Dammert/Fett/Irmler/Knebelkamp/Matuschak/Vavra, Praxishandbuch für die Vergabe von Bau- und Planungsleistungen nach VOB/A und VOF, Stand November 2005, Abschnitt C I, Rn. 37; Voppel/Osenbrück/Bubert VOF, 2001, § 3 VOF, Rn. 12; Müller-Wrede, Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF), 2. Auflage, § 3 VOF, Rn. 15; Vergabekammer Schleswig-Holstein vom 11.01.2006, VK-SH 28/05, IBR 2006, 224).

Vorliegend hat die Antragsgegnerin in der Ausschreibung den Teilnehmern die Möglichkeit eingeräumt, sich für ein, für mehrere oder für alle Lose zu bewerben. Sie hat sich vorbehalten, statt mehrere Vertragspartner einen Berater bzw. eine Beratergemeinschaft zu wählen und sich von diesem ein alle Lose umfassendes Gesamtkonzept erarbeiten zu lassen. Es kommt nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin diese Variante favorisiert. Entscheidend ist, dass die Ausschreibung gerade auch die Möglichkeit der Vergabe aller Leistungen an einen "Generalberater" beinhaltet. Die Antragsgegnerin bezweifelt nicht, dass das Nachprüfungsverfahren eröffnet wäre, wenn die Antragstellerin den Zuschlag für mehr als ein Los anstreben würde oder sich die Antragsgegnerin bereits für einen "Generalberater" entschieden hätte. Die Zulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens kann jedoch hiervon nicht abhängen. Hält sich die Vergabestelle bei der Ausschreibung offen, ob sie die zu vergebenen Lose einem Vertragspartner überträgt, etwa um Koordinationsprobleme zwischen den einzelnen Leistungsbereichen zu vermeiden, verbietet sich bei der Berechnung der Schwellenwerte eine isolierte Betrachtung der ausgeschriebenen Einzelleistungen. Für die Feststellung, dass der Schwellenwert für das Nachprüfungsverfahren erreicht ist, ist auch unerheblich, dass die Antragstellerin lediglich an der Erteilung eines Auftrags interessiert ist, dessen Nettovergütung nach Schätzung der Antragsgegnerin unter 200.000 € liegt. Die maßgeblichen Schwellenwerte sind objektiv anhand der Vorgaben der VgV bzw. der Verdingungsordnungen zu ermitteln. Auf das konkrete wirtschaftliche Interesse des Antragstellers am Ausgang des Nachprüfungsverfahrens kommt es ebenso wenig an, wie auf die rechtlichen Vorstellungen oder Hinweise der Vergabestelle bei der Ausschreibung. Nicht selten wird beispielsweise bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge der Schwellenwert von 5 Millionen Euro überschritten, von einem Bieter jedoch zulässigerweise nur die Vergabe eines bestimmten Loses mit wesentlich niedrigerem Wert zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht.

Die weiteren, in diesem Zusammenhang von den Verfahrensbeteiligten diskutierten Streitpunkte, insbesondere die Bedeutung von Art. 9 Abs. 5 a) der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 für die Schwellenwertberechung nach VgV bzw. VOL/A und VOF sowie die Frage der Angemessenheit der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Schätzung der Vergütung für die gewünschte Rechtsberatung sind nicht entscheidungserheblich und damit nicht erörterungsbedürftig.

b) Die Antragstellerin ist antragsbefugt, § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat ihr Interesse an der Übernahme der Beratungsleistungen entsprechend Los 3 durch Abgabe eines Teilnahmeantrags hinreichend dokumentiert. Sie behauptet zahlreiche Vergaberechtsverstöße, insbesondere macht sie geltend, dass sie durch die Wahl des falschen Vergabeverfahrens sowie durch die Nichtauswahl als Teilnehmer für das Verhandlungsverfahren in ihren Bieterrechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sei. Des Weiteren bringt die Antragstellerin vor, dass sie bei Vermeidung der behaupteten Rechtsverstöße größere Chancen auf den zu vergebenen Auftrag haben würde, ihr somit ein Schaden zu entstehen drohe. Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsverfahrens ist dies ausreichend. Würden sich die Vorwürfe der Antragstellerin als zutreffend erweisen, müsste die Antragsgegnerin möglicherweise die Ausschreibung in anderer Form wiederholen oder die Teilnehmer nach anderen Kriterien auswählen, womit sich für die Antragstellerin erneut die Gelegenheit bieten würde, den Auftrag zu erhalten. Ob das Vorgehen der Antragsgegnerin tatsächlich vergaberechtswidrig ist, die Antragstellerin in subjektiven Rechten verletzt wurde und ihr dadurch ein Schaden droht, ist demgegenüber eine Frage der Begründetheit (vgl. BGH NZBau 2004, 457).

Der Antragsbefugnis der Antragstellerin steht auch nicht entgegen, dass sie bei Abgabe ihres Teilnahmeantrags mitgeteilt hat, sie biete ihre Leistung parallel in Kooperation mit einer Beratungsgesellschaft an, die die in den Losen 1 und 2 geforderten Leistungen übernehmen wolle. Trotz dieser Erklärung kann sie einen eigenen Nachprüfungsantrag stellen und ist nicht verpflichtet, gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft als Bewerbergemeinschaft im Verfahren aufzutreten. Die Antragstellerin hat sowohl einen eigenen (von ihr im vorliegenden Verfahren weiterverfolgten) Teilnahmeantrag gestellt, als auch in Form einer Bewerbergemeinschaft ihr Interesse am Verhandlungsverfahren bekundet. Nach den Vorgaben der Antragsgegnerin war eine parallele Bewerbung gestattet, was sie in der Ausschreibung bzw. mit Übersendung der Teilnahmeanträge gegenüber den Teilnehmern auch zum Ausdruck gebracht hat. Während sich im Bereich der VOL/A oder der VOB/A wegen der Gefahr der unzulässigen Abstimmung von Angeboten, die im Sinne des Wettbewerbs konkurrieren sollen, die Abgabe von Angeboten sowohl als Einzelbieter als auch innerhalb einer Bietergemeinschaft grundsätzlich verbietet, bestehen im konkreten Fall keine durchgreifenden Bedenken gegen die Zulassung einer solchen "Doppelbewerbung". Zum einen geht es nicht um einen Vergleich verschiedener Angebote zu einer bereits festgelegten, ausgeschriebenen Leistung, sondern um die Auswahl von Teilnehmern, mit denen in einem zweiten Schritt die Auftragsbedingungen verhandelt werden. Zum anderen steht die Antragstellerin in keiner echten Konkurrenz mit ihrer eigenen Bewerbergemeinschaft. Zwischen ihr und den übrigen Mitgliedern der Beratergemeinschaft besteht eine klare Aufgabentrennung; während die Antragstellerin ausschließlich die Rechtsberatung gemäß Los 3 übernehmen kann und will, stehen ihre Partner nur für die in Los 1 und 2 beschriebene technische und wirtschaftliche Beratung zur Verfügung. Die Gefahr einer vergaberechtlich unzulässigen Wettbewerbsverzerrung ist bei dieser Konstellation nicht gegeben.

c) Es kann dahinstehen, ob die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verfrüht war. Nachdem die Antragstellerin mittlerweile von der Antragsgegnerin die Mitteilung erhalten hat, dass sie nicht zum Kreis der ausgewählten Teilnehmer zählt, hat sich die Frage durch prozessuale Überholung erledigt. Jedenfalls im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung hat sie ein Rechtschutzbedürfnis für das streitgegenständliche Verfahren. Zwar war die Vergabekammer mit den Einwänden der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Auswahl der Teilnehmer nicht mehr befasst, da die Absage seitens der Antragsgegnerin nach Einlegung der sofortigen Beschwerde erfolgt ist. Im Hinblick auf das Gebot einer möglichst schnellen Entscheidung in strittigen Vergabeverfahren und des sachlichen und prozessualen Ineinandergreifens der Argumente der Antragstellerin erschien es jedoch geboten, im Rahmen des Beschwerdeverfahrens auch über diese Einwände mit zu entscheiden. Ein gesonderter Beschluss der Vergabekammer zur Frage der Rechtmäßigkeit der Teilnehmerauswahl war nicht erforderlich, zumal die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mangels Erreichen des Schwellenwertes bereits dem Grunde nach als unzulässig angesehen hat.

d) Sämtliche von der Antragstellerin im Verfahren vorgebrachten Rügen wurden hinreichend zeitnah gegenüber der Antragsgegnerin erhoben (§ 107 Abs. 3 GWB).

2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.

a) In vergaberechtlich zulässiger Weise hat die Antragsgegnerin für die von ihr gewünschten Leistungen einen Teilnahmewettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren nach §§ 1, 2 VOF gewählt.

Die Vergabe einer Leistung nach der VOF setzt voraus, das es sich dabei um eine Dienstleistung handelt, die im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit erbracht werden soll bzw. im Wettbewerb mit freiberuflich Tätigen angeboten wird (§ 5 Satz 1 VgV, § 1 VOF) und die nicht vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist (§ 2 Abs. 2 Satz 2 VOF, § 1 VOL/A, § 5 Satz 2 VgV). Da ein Auftrag nicht nach verschiedenen Verdingungsordnungen vergeben werden kann, ist bei einem verschiedene Leistungsteile oder Lose umfassenden möglichen Gesamtauftrag zu prüfen, auf welchem Leistungsteil der Schwerpunkt liegt. Regelmäßig kann dies anhand des Wertes der Leistung beurteilt werden. Die gewichtigste Leistung gibt den Ausschlag, welche Verdingungsordnung anzuwenden ist (vgl. auch § 2 Abs. 4 VOF).

aa) Zu der Frage, was eine freiberufliche Tätigkeit kennzeichnet, enthält § 2 Abs. 2 Satz 1 PartGG Hinweise. Danach haben die freien Berufe im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Aufraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt. Der EuGH (Urteil vom 11.10.2001, Rs C-267/99) versteht unter freiberuflichen Tätigkeiten solche, die u.a. einen ausgesprochen intellektuellen Charakter haben, eine hohe Qualifikation verlangen und gewöhnlich einer genauen und strengen berufsständischen Regelung unterliegen. Bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit habe das persönliche Element besondere Bedeutung und die Ausübung setze jedenfalls eine große Selbständigkeit bei der Vornahme der beruflichen Handlung voraus. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auf den eine amtliche Fußnote des § 1 VOL/A verweist, enthält eine Aufzählung der freien Berufe. Demnach sind die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Beruftätigkeit der Ärzte, (...) Rechtsanwälte (...), Ingenieure, Architekten, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte (...) und ähnliche Berufe freiberufliche Tätigkeiten.

Daran, dass es sich bei der juristische Beratung (Los 3 der Ausschreibung) um eine freiberufliche Tätigkeit handelt, besteht kein Zweifel, zumal die Antragsgegnerin hierfür ausdrücklich die Qualifikation nach § 3 BRAO verlangt. Der Rechtsanwalt übt einen typischen freien Beruf aus (vgl. § 2 Abs. 1 BRAO). Aber auch die Ausschreibung der wirtschaftlichen und technischen Beratung für das geplante ÖPP-Projekt richtet sich primär an Freiberufler, wie Wirtschafsprüfer, beratende Volks- und Betriebswirte, Steuerberater einerseits (Los 1) sowie Ingenieure und Architekten andererseits (Los 2). Die erste Voraussetzung für die Anwendbarkeit der VOF ist damit für alle drei Lose erfüllt.

bb) Keine der gewünschten Beratungsleistungen ist vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar.

Theoretisch ist, gegebenenfalls mit entsprechendem Aufwand, kaum eine Leistung vorstellbar, die man nicht vorab detailliert festlegen kann. Mit diesem Ansatz ist eine Abgrenzung der Anwendungsbereiche von VOL/A und VOF nicht möglich. Ebenso wenig aussagekräftig erscheint, ob eine Tätigkeit so weit präzisiert werden kann, dass sie Gegenstand einer juristisch bindenden vertraglichen Vereinbarung sein kann. Um festzustellen, ob ein Auftraggeber eine Leistung im Sinne der genannten vergaberechtlichen Vorschriften vorab eindeutig und erschöpfend beschreiben kann, muss man sich vielmehr am Grundkonzept der verschiedenen Vergabearten orientieren. Beim offenen oder nichtoffenen Verfahren erstellt der Auftraggeber eine umfassende und detaillierte Leistungsbeschreibung. Er gibt nicht nur vor, welche Aufgabe gestellt wird, sondern er legt auch die von ihm gewünschte Lösung in den wesentlichen Punkten fest. Aufgrund dessen können alle Bewerber (grundsätzlich ohne Rücksprache mit der Vergabestelle) ihre Preise kalkulieren und für die gewünschte Leistung Angebote einreichen, die problemlos miteinander vergleichbar sind. Der Auftraggeber erteilt sodann - ebenfalls grundsätzlich ohne weitere Verhandlung oder Rücksprache - nach den von ihm festgelegten Kriterien den Zuschlag auf das günstigste Angebot. Steht die Lösung der Aufgabe dagegen nicht fest, benötigt der Auftraggeber vielmehr gerade das gestalterisch-schöpferische Potential des Auftragnehmers zur Ausarbeitung der optimalen Lösung, ist die Leistung vorab nicht mehr hinreichend erschöpfend beschreibbar. Eingehende Angebote wären auch nicht in der Weise vergleichbar, wie dies für eine Zuschlagsentscheidung im offenen oder nichtoffenen Verfahren nach VOL/A nötig wäre. Hinreichend präzise Vorgaben für eine Leistungsbeschreibung könnte der Auftraggeber nur dann machen, wenn er dem Ergebnis möglicher geistig schöpferischen Gestaltung vorgreift und selbst die Lösung vorgibt. Im Sinne der Abgrenzung beschreibbarer und nicht beschreibbarer Leistungen ist somit im konkreten Einzelfall zu ermitteln, wie groß der schöpferische, gestalterische und konstruktive Freiraum des potentiellen Auftragnehmers zur Ausfüllung der vom Auftraggeber bereits festgelegten Rahmenbedingungen und gesteckten Zielvorgaben ist. Ist ein solcher Freiraum in erkennbarem Maß vorhanden und gewollt, geht es insbesondere darum, dass der Auftragnehmer aufgrund seiner beruflichen Erfahrung und Kompetenz eine eigenständige, kreative Lösung findet, so mag das planerische Ziel des Auftrags beschreibbar sein, nicht jedoch die planerischer Umsetzung (vgl. Matuschak in Dammert/Fett/Irmler/Knebelkamp/ Matuschak/Vavra, Praxishandbuch für die Vergabe von Bau- und Planungsleistungen nach VOB/A und VOF, Abschnitt C I, Rn. 18 ff; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 2 VOF, Rn. 38 ff; Müller-Wrede, Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF), 2. Auflage, § 2, Rn. 69 ff).

Entgegen der Meinung der Antragstellerin kommt es demnach nicht darauf an, wie häufig sich mittlerweile öffentliche Auftraggeber bundesweit über ÖPP-Schulprojekte haben beraten lassen. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob Arbeitsgruppen oder Fachleute brauchbare Grundkonzepte für ÖPP-Projekte erarbeitet haben. ÖPP-Projekte sind komplex und vielschichtig. Die wirtschaftliche, technische und juristische Beratung für ein solches Projekt bietet vielfältige Varianten und hängt von den konkreten Umständen ab. Gegenstand der ausgeschriebenen Leistung ist eine individuell auf die konkreten Bedürfnisse der Antragsgegnerin abgestimmte fachliche Beratung einschließlich der Erarbeitung eines möglichst wirtschaftlichen Konzeptes für das geplante Projekt. Unabhängig von der Frage, ob die Antragsgegnerin die Lose an einen oder mehrere Auftragnehmer vergeben wird, geht es für jedes der drei Lose darum, vom Vertragspartner eine eigenständig geistig schöpferische Lösung zu erhalten. Deren Inhalt und Ergebnis kann von der Antragsgegnerin sinnvollerweise nicht vorab festgelegt werden. Wäre sie hierzu in der Lage, hätte sie keinen Bedarf an der Leistung. Abgesehen davon, dass es nicht Aufgabe des Vergaberechts ist, zu prüfen, ob ein öffentlicher Auftraggeber eine Aufgabe mit eigenen Ressourcen, insbesondere mit Hilfe der eigenen Mitarbeiter lösen könnte, ist auch ansonsten nicht ersichtlich, weswegen man der Antragsgegnerin verwehren sollte, auf dem freien Markt um fachliche Beratung für ein komplexes Projekt nachzusuchen. Bei der ausgeschriebenen Leistung handelt es sich somit um eine nicht erschöpfend und eindeutig beschreibbare Tätigkeit im Sinne der VOF.

cc) Die grundsätzlichen Vorbehalte der Antragstellerin gegen die Durchführung eines Teilnahmewettbewerbs mit anschließendem Verhandlungsverfahren teilt der Senat nicht. Richtig ist zwar, dass das Offene Verfahren Vorrang vor einem Verhandlungsverfahren hat (vgl. § 101 Abs. 6 GWB). Kann jedoch - wie vorliegend - aufgrund der Eigenart der Leistung, die der Auftraggeber benötigt, vorab keine erschöpfende Leistungsbeschreibung erstellt werden, ist die Durchführung eines offenen Verfahrens nicht möglich. Bei dieser Konstellation ist nach der vergaberechtlichen Systematik die Durchführung von Verhandlungsverfahren möglich und zulässig. Dass bei dieser Vergabeart kleine oder mittlere Unternehmen keine oder nur geringe Chancen haben sollten, ist nicht ersichtlich (vgl. auch § 4 Abs. 5 VOF). Auch die europäischen Richtlinien einschließlich der von der Antragstellerin vielfach zitierten Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 stehen der Wahl eines Verhandlungsverfahrens nach VOF für die ausgeschriebenen Leistungen nicht entgegen.

Artikel 20 und 21 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 bestimmen, dass Aufträge über Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil A nach den Artikeln 23 bis 55 zu vergeben sind, während Aufträge über Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil B nur den Artikeln 23 und 35 Abs. 4 der Richtlinie unterliegen; nach Artikel 22 der Richtlinie gelten bei gemischten Aufträgen über Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil A und Teil B die Artikel 23 bis 55, wenn der Wert der Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil A höher ist als derjenige der Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil B. Ebenso wie bislang Art. 11 Abs. 2 lit. c) der Richtlinie 92/50/EWG vom 18.6.1992 erlaubt Artikel 28 Satz 4 i.V.m. Artikel 30 Abs. 1 c) der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.02.2004 bei geistig-schöpferischen Dienstleistungen die Durchführung eines Verhandlungsverfahrens, sofern die zu erbringende Dienstleistung so beschaffen ist, dass vertragliche Spezifikationen nicht so genau festgelegt werden können, dass der Auftrag durch die Wahl des besten Angebots in Übereinstimmung mit den Vorschriften des offenen und nichtoffenen Verfahrens vergeben werden kann. Vorliegend umfasst die Ausschreibung sowohl Dienstleistungen nach Anhang II Teil A (Kategorie 11 "Unternehmensberatung und verbundene Tätigkeiten" und Kategorie 12 "Architektur, technische Beratung und Planung"), als auch nach Anhang II Teil B (Kategorie 21 "Rechtsberatung"), wobei der Wert der Dienstleistungen nach Anhang II Teil A überwiegt. Selbst wenn man die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie auf die noch im Januar 2006 durchgeführte Bekanntmachung bejahen würde, wäre die Ausschreibung der Dienstleistungen im Verhandlungsverfahren nicht zu beanstanden. Wie dargelegt sind Gegenstand der Ausschreibung vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbare geistig-schöpferische Leistungen. Hinreichend präzise vertragliche Spezifikationen für die Wahl des offenen bzw. nichtoffenen Verfahrens sind somit gerade nicht möglich, so dass nach Art. 30 Abs. 1 c der Richtlinie 2004/18/EG ein Verhandlungsverfahren zulässig ist. Keine der von der Antragstellerin zitierten Vorschriften, insbesondere auch nicht Artikel 22 bzw. Artikel 30 der Richtlinie, enthält Formulierungen, die dafür sprechen könnten, dass bei einer gemeinsamen Ausschreibung von Dienstleistungen nach Anhang II Teil A und Dienstleistungen nach Anhang II Teil B das offene Verfahren durchzuführen wäre, zumal wenn - wie hier - keine der Dienstleistungen vorab durch vertragliche Spezifikationen eindeutig und erschöpfend beschreibbar sind. Es ist auch nicht ersichtlich, dass bei Anwendung der dargestellten Grundsätze die Vergabe von Dienstleistungen nach der VOL/A bzw. VOF im Widerspruch zu den europarechtlichen Regelungen stehen würde.

Ob die Richtlinie 2004/EG/18 vom 31.03.2004 mangels rechtzeitiger Umsetzung in nationales Recht zum 01.02.2006 unmittelbar auch auf Vergabeverfahren anzuwenden ist, die vor diesem Datum begonnen, jedoch noch nicht abgeschlossen sind, erscheint fraglich. Der Senat neigt dazu, dass die Rechtmäßigkeit einzelner Schritte des Vergabeverfahrens anhand der zum entsprechenden Zeitpunkt gültigen Gesetzeslage zu beurteilen ist, also beispielsweise eine bereits durchgeführte Bekanntmachung nicht rückwirkend durch ab 1.2.2006 geltende Vorschriften rechtswidrig werden würde. Da jedoch die Ausschreibung nach VOF im Verhandlungsverfahren nicht im Widerspruch zu den Vorgaben der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 steht, ist hierüber eine Entscheidung nicht veranlasst.

b) Die Antragsgegnerin hat die Kriterien über die Auswahl der Teilnehmer ordnungsgemäß festgelegt und bekannt gemacht. Hinsichtlich der Anwendung der festgelegten Kriterien bestehen lediglich Bedenken, ob die Antragsgegnerin bestimmte Referenzprojekte mit einer höheren Punktzahl bewerten dürfte. Selbst wenn jedoch aufgrund der im Vergabeverfahren erteilten Auskünfte ein solches Vorgehen nicht zulässig gewesen sein sollte, ist die Antragstellerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, da sie keinesfalls ebenso viele oder mehr Punkte erzielt hätte, als die ausgewählten Teilnehmer. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die Antragstellerin nicht zu Verhandlungen aufzufordern, ist damit im Ergebnis nicht zu beanstanden.

aa) Die Antragsgegnerin hat entsprechend § 10 Abs. 3 VOF in der Bekanntmachung angegeben, welche Nachweise über die finanzielle, wirtschaftliche oder fachliche Eignung oder welche anderen Nachweise vom Bewerber zu erbringen sind. Im Teilnahmeantrag hat sie entsprechende Angaben und Nachweise verlangt und deutlich gemacht, dass sie hierfür Punkte vergibt. Die Punktvergabe erfolgte nach Maßgabe einer nach Eingang der Teilnahmeanträge erstellten Bewertungsmatrix. Die Antragsgegnerin hat damit zwar offen gelegt, welche Kriterien für die Auswahl eine Rolle spielen. Wie viele Punkte der Bewerber für welche Antworten erzielen konnte und welche Gewichtung einzelne Komplexe erhalten, konnten die Teilnehmer bei Abgabe ihrer Anträge nicht erkennen. Aus der Sicht eines Bewerbers mag zwar wünschenswert sein, dass er möglichst frühzeitig und möglichst genau weiß, auf welche Umstände es dem Auftraggeber bei der Auswahl der Teilnehmer besonders ankommt. Zwingend vorgeschrieben ist eine solche Festlegung und Bekanntgabe jedoch nicht. Lediglich für die Auftrags- bzw. Zuschlagskriterien sieht § 16 Abs. 3 VOF eine vorherige Bekanntgabe der Reihenfolge und Gewichtung vor. Auch die Europäischen Richtlinien enthalten keine Pflicht der Auftraggeber, vorab für die Auswahl der Teilnehmer eine Bewertungsmatrix zu erstellen und mitzuteilen. Aus dem Grundsatz der Transparenz folgt lediglich, dass der Bewerber die Kriterien erkennen kann, die der Auftraggeber für die Auswahl zugrunde legt, nicht dass er von vorneherein jede Einzelheit der beabsichtigten Auswahlentscheidung vorhersehen kann. Nur dann, wenn der Auftraggeber entsprechende Regeln vor der Vergabebekanntmachung festgelegt hat, hat er sowohl die Kriterien als auch deren Gewichtung mitzuteilen (h.M. vgl. OLG Bremen vom 13.11.2003, Verg 8/2003; OLG Düsseldorf vom 29.10.2003, Verg 43/03; Vergabekammer Baden-Württemberg vom 28.10.2004, 1 VK 67/04; EuGH vom 12.12.2002, Rs.C-470/99 für das nichtoffene Verfahren; Jasper, Die Auswahl der zur Verhandlung aufzufordernden Bewerber im VOF -Verfahren, NZBau 2005, S. 494, 497; Matuschak in Dammert/Fett/Irmler/Knebelkamp/Matuschak/Vavra, Praxishandbuch für die Vergabe von Bau- und Planungsleistungen nach VOB/A und VOF, Abschnitt C IV, Rn. 123). Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Bewertungsmatrix ausweislich des Vergabevermerks erst am 13.02.2006, also nach Ablauf der Teilnahmefrist, erstellt. Die vorherige Bekanntmachung der Matrix war damit weder möglich noch vergaberechtlich geboten.

bb) Die Antragsgegnerin hat keine unzulässigen Auswahlkriterien festgelegt. Nachweise dürfen nur insoweit gefordert werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist. Nachweise, die für die zu vergebene Leistung keine Rolle spielen, dürfen dagegen nicht verlangt werden (vgl. Matuschak in Dammert/Fett/Irmler/Knebelkamp/Matuschak/Vavra, Praxishandbuch für die Vergabe von Bau- und Planungsleistungen nach VOB/A und VOF, Abschnitt C IV, Rn. 159).

Die Antragsgegnerin war befugt, von den Teilnehmern den beabsichtigten Einsatz von Subunternehmern abzufragen und neben einer Vielzahl anderer Punkte auch dies bei der Auswahlentscheidung mit zu berücksichtigen. Nach der VOF wählt der Auftraggeber den Auftragnehmer auf Grund der von ihm nachgewiesenen fachlichen Eignung und dem damit verbundenen Vertrauen in seine Leistung aus. Dementsprechend hat er ein Interesse daran, dass der Auftragnehmer die übertragene Leistung selbst bzw. in seinem eigenen Büro oder Betrieb ausführt. Werden die Leistungen in nicht unerheblichem Umfang von Dritten erbracht, kann dies Auswirkungen auf die Qualität der Leistung haben. Die VOF ermöglicht deshalb dem Auftraggeber sowohl, nachzufragen, in welchem Umfang der Bewerber möglicherweise einen Unterauftrag zu erteilen beabsichtigt, bzw. an wen ein Unterauftrag erteilt werden soll (§§ 13 Abs. 2 h, § 7 Abs. 3 VOF), als auch, diese Information bei der Auswahlentscheidung einzubeziehen (vgl. Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 13, Rn. 33). Dass nach dem ÖPP- Beschleunigungsgesetz eine entsprechend Nachfrage nicht mehr zulässig ist, ist nicht ersichtlich, zumal der Auftraggeber damit auch nicht verbietet, dass sich der Auftragnehmer der Leistungen anderer Unternehmer bedient.

Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin von den Teilnehmern Angaben über die Erreichbarkeit und Präsenz im Bedarfsfall verlangt und das Angebot eines Jour fixe bei der Auswahl positiv bewertet hat. Dieses Kriterium betrifft die Frage von Maßnahmen der Qualitätssicherung (§ 13 Abs. 2 f VOF) und bewirkt eine Steigerung der Effizienz. Eine ständige Anwesenheit unabhängig von einer sachlichen Notwendigkeit wird nicht verlangt. Das Kriterium ist damit weder sachfremd noch diskriminierend, insbesondere werden ansässige Bewerber nicht unzulässig bevorzugt.

cc) Umgekehrt war die Antragsgegnerin im Stadium der Teilnehmerauswahl nicht verpflichtet, den Preis für die zu erbringende Leistung abzufragen und zum Auswahlkriterium zu machen, wie sich aus der Systematik des Verhandlungsverfahrens ergibt. Beim Verhandlungsverfahren sind eine erschöpfende Leistungsbeschreibung und eine damit korrespondierende einfache Preisabfrage gerade nicht möglich. Es sind vielmehr Verhandlungen mit den Bewerbern nötig, um festzustellen, welcher Bewerber am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistungserfüllung bietet. Wegen dieser Besonderheit ist es vergaberechtlich gerechtfertigt, dass die Zahl der Bewerber, mit denen Gespräche geführt werden, vorab angemessen reduziert wird. Während die erste Phase dazu dient, festzustellen, welche Teilnehmer grundsätzlich für den Auftrag geeignet sind und unter diesen eine Auswahl getroffen wird, wird in der zweiten Phase mit den verbleibenden Bewerbern über die Einzelheiten des Auftrags verhandelt. Abgesehen davon, dass dem Preis im VOF- Verfahren ohnehin nicht die Bedeutung zukommt, wie bei Ausschreibungen nach VOL/A oder VOB/A, ist eine Preisabfrage in der Phase der Bewerberauswahl damit weder möglich noch sinnvoll.

dd) Gegen die Anwendung der Bewertungsmatrix im Einzelnen bestehen - abgesehen von einem Punkt - keine vergaberechtlichen Bedenken.

Die Antragsgegnerin hat Wertungsstufen nicht unzulässig vermischt. Sie hat vielmehr zunächst anhand der Angaben der Bewerber festgestellt, ob Ausschlusskriterien nach § 11 VOF vorliegen. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin die Sorgfalt und Übersichtlichkeit bei der Zusammenstellung des Teilnahmeantrags im Rahmen der Auswahl bewertet hat, steht dem nicht entgegen. Denn dieser Punkt ist nicht identisch mit § 11 e VOF, wonach Bewerber von der Teilnahme ausgeschlossen werden können, die Auskünfte nach §§ 7, 10, 12 und 13 VOF unberechtigterweise nicht erteilt haben.

Die Antragsgegnerin hat weiterhin für jeden Bewerber erkennbar und vorhersehbar deutlich gemacht, dass sie beabsichtigt, für die geforderten Nachweise bzw. Auskünfte Punkte zu vergeben. Sie war nicht gehalten, sämtliche pro Register erteilten Nachweise bzw. Auskünfte mit einem Punkt zu bewerten, insbesondere war ihr auch nicht verwehrt, die durch eine höhere Zahl an Referenzobjekten belegte größere Eignung bei der Auswahl mit einzubeziehen.

Grundsätzlich ist es im VOF-Verfahren, bei der der Auftraggeber fachlich besonders qualifizierte, leistungsfähige und zuverlässige Bewerber sucht, sachlich gerechtfertigt, dass der Auftraggeber Fachkunde und Erfahrung in der zu vergebenen Leistung in die Auswahlentscheidung einbezieht. Anders als im offenen oder nichtoffenen Verfahren nach VOB/A bzw. VOL/A stellt dies keine unzulässige Berücksichtigung eines "Mehr an Eignung" dar. Allerdings hat der Auftraggeber auch der Forderung des § 4 Abs. 5 VOF Rechnung zu tragen, wonach Berufsanfänger und kleine Büroorganisationen angemessen zu berücksichtigen sind. Zwar kann ein Berufsanfänger bzw. eine kleine Büroorganisation nicht in jedem Verfahren nach VOF verlangen, in die engere Auswahl zu gelangen. Auch ist dem Auftraggeber im VOF-Verfahren ein weiter Beurteilungsspielraum für die Auswahlentscheidung zuzubilligen, der nur begrenzt nachprüfbar ist (vgl. Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 10, Rn.5). Dennoch kann im Einzelfall aufgrund eines Übermaßes der Gewichtung der beruflichen Erfahrung in einem spezifischen Bereich vergaberechtlich problematisch werden.

Dem Umstand, dass die Antragsgegnerin für jedes Referenzprojekt Punkte vergeben hat, steht nicht entgegen, dass sie im Teilnahmeantrag - entsprechend § 13 VOF - die Nennung der wesentlichen Dienstleistungen der letzten drei Jahre im Bereich der Beratung bei ÖPP-Projekten bzw. im öffentlichen Förderrecht verlangt hat. Jeder verständige Bewerber rechnet damit, dass eine größere Zahl an Referenzleistungen eine größere Leistungsfähigkeit belegt und damit bei der Auswahlentscheidung von Bedeutung ist. Er wird daher nach Möglichkeit alle nicht vollkommen unerheblichen Aufträge nennen, die er ausgeführt hat. Insoweit bestand keine Veranlassung, der Antragstellerin Gelegenheit zu geben, ihre im Teilnahmeantrag gemachten Angaben zu Referenzprojekten nachzubessern oder zu ergänzen.

Auch die Auskunft der Antragsgegnerin vor Ablauf der Teilnahmefrist, sie beabsichtige eine Gewichtung mit dem Faktor 1 ist nicht dahingehend zu verstehen, dass für jedes Register nur 1 Punkt vergeben werden dürfte. Im Teilnahmeantrag wurde erkennbar zwischen den erzielten Punkten und dem Faktor unterschieden. Die Antragsgegnerin hat sich durch ihre Auskunft lediglich dahingehend festgelegt, dass sie die jeweils erzielten Punkte nicht zusätzlich mit einer Zahl multipliziert und auf diese Weise einem bestimmten Abschnitt bei der Gesamtauswertung eine höhere Gewichtung verleiht. Vergaberechtlich bedenklich ist allerdings, dass die Antragsgegnerin für die Angabe von Schulprojekten bzw. Beratungen öffentlicher Auftraggeber bei ÖPP-Projekten je 2 Punkte vergeben hat. Es kann offen bleiben, ob diese Vorgehensweise für den verständigen Bewerber überraschend ist. Dagegen spricht, dass die Ausschreibung gerade die Beratung für ein solches Vorhaben betraf. Andererseits erfolgte keine differenzierte Nachfrage gerade nach diesen Projekten. Ebenso wenig ist zu entscheiden, ob die Antragsgegnerin damit eine zu einseitige, nicht mehr vertretbare Auswahl vorgenommen hat. Denn die vorgenommene Punktvergabe könnte dazu führen, dass Bewerber mit Erfahrungen bei der Beratung öffentlicher Auftraggeber bei ÖPP-Schulprojekten allein für diese Angaben eine so hohe Punktzahl erreichen könnten, dass die übrigen geforderten Nachweise vollkommen unerheblich würden.

Durch die Vorgehensweise besteht jedoch die Gefahr einer Umgehung der Auskunft der Antragsgegnerin, sie gewichte nur mit dem Faktor 1. Das gleiche Bewertungsergebnis hätte sie nämlich erzielt, wenn sie die Durchführung von ÖPP-Schulprojekten bzw. die Beratungen öffentlicher Auftraggeber in einem gesonderten Register abgefragt und die erzielten Punkte anhand des Faktors 2 doppelt so stark gewichtet hätte, wie die Antworten zu den sonstigen Referenzleistungen.

Anhand der von der Antragsgegnerin vorgelegten Auswertung der Teilnahmeanträge kann der Senat jedoch feststellen, dass die Antragstellerin auch dann nicht in den Kreis der ausgewählten vier Teilnehmer - der Beigeladenen zu 1) bis 4) - gekommen wäre, wenn diese in den fraglichen Registern für alle erbrachten Leistungen nur je einen Punkt erzielt hätten. Ausgehend von der Hälfte der in den umstrittenen Abschnitten erzielten Punkte hätten alle Beigeladenen rechnerisch dennoch in der Gesamtsumme eine höhere Punktzahl als die Antragstellerin. Da die Auswahlentscheidung im Übrigen durch die erstellte Bewertungsmatrix feststeht, der Vergabestelle somit kein Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum verbleibt, der eine andere Entscheidung zugunsten der Antragstellerin möglich erscheinen lässt, kann ohne Wiederholung der Auswahl durch die Antragsgegnerin das Gericht erkennen, dass die Antragstellerin auch bei einer ordnungsgemäßen Anwendung der Bewertungsmatrix keine Chance hat, als Bewerber ausgewählt zu werden. Das Vorgehen der Antragsgegnerin verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Sie ist im Ergebnis zu Recht nicht zu Verhandlungen aufgefordert worden.

c) Die Tatsache, dass in der Vergabebekanntmachung die Kriterien nach § 16 Abs. 2 VOF sowie deren Gewichtung nicht im Einzelnen dargelegt sind, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens (vgl. BayOblG vom 24.09.2002, Verg 16/02). Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, mit Übersendung der Teilnahmeanträge neben den Auswahl- auch die Zuschlagskriterien für den späteren Auftrag genauer mitzuteilen. Nach § 16 Abs. 3 VOF hat der Auftraggeber die Wahl, ob er die Kriterien für die Erteilung des Auftrags bereits in der Vergabebekanntmachung oder erst in der Aufgabenbeschreibung (§ 8 VOF) nennt. Eine Pflicht, die Aufgabenbeschreibung und damit auch die Zuschlagskriterien vor der Auswahlentscheidung an alle Teilnehmern zu übersenden, enthält die VOF nicht. Es genügt, dass der Auftraggeber diese den ausgewählten Bewerbern zugänglich macht (vgl. Matuschak in Dammert/Fett/Irmler/ Knebelkamp/Matuschak/Vavra, Praxishandbuch für die Vergabe von Bau- und Planungsleistungen nach VOB/A und VOF, Abschnitt C V, Rn. 213). Auch die europäischen Richtlinien stehen dem nicht entgegen. Dem Transparenzgebot wird im Verhandlungsverfahren dahingehend Rechnung getragen, dass die Teilnehmer darüber informiert sind, nach welchen Kriterien unter ihnen in der ersten Phase des Verhandlungsverfahrens eine Auswahl stattfindet. Die Kriterien für die Erteilung des Auftrags spielen dagegen nur in der zweiten Stufe eine Rolle für die Vergabeentscheidung und sind dementsprechend auch nur für die Bewerber von Interesse, die in die engere Wahl gekommen sind (BayOblG a.a.O).

Auch aus der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 würde sich nichts anderes ergeben. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin beabsichtigt die Antragsgegnerin keine phasenweise Abwicklung des Verhandlungsverfahrens nach Art. 30 Abs. 4 der Richtlinie, war also nicht zu einer entsprechenden Bekanntmachung verpflichtet. Dementsprechend ist Art. 44 Abs. 4 der Richtlinie, der sich auf Art. 30 Abs. 4 bezieht, nicht einschlägig. Auszugehen ist vielmehr von Art. 53 Abs. 2 i.V.m. Art. 40 Abs. 5 c der Richtlinie, die erlauben, dass der öffentliche Auftraggeber die Gewichtung der Zuschlagskriterien oder gegebenenfalls die absteigende Reihenfolge der Bedeutung der Kriterien in der Aufforderung zur Angebotsabgabe nennt, soweit nicht bereits in der Bekanntmachung, den Verdingungsunterlagen oder der Beschreibung entsprechende Angaben enthalten sind. Die Argumentation der Antragstellerin, dass bereits der übersandte Teilnahmeantrag als Teil der Verdingungsunterlagen im Sinne von Art. 53 Abs. 2 der Richtlinie zu verstehen sei und spätestens dieser Angaben zu den einzelnen Zuschlagskriterien bzw. deren Gewichtung enthalten müsse, findet in der Richtlinie keine Stütze. Vielmehr spricht Art. 40 Abs. 1 und 2 der Richtlinie, wonach den ausgewählten Bewerber mit der Aufforderung zur Verhandlung die Verdingungsunterlagen zuzuleiten sind, dafür, dass der vor der Auswahl notwendigerweise übersandte und zurückgeleitete Teilnahmeantrag kein Bestandteil der Verdingungsunterlagen ist. Ebenso wenig lassen sich aus den von der Antragstellerin vorgelegten ministeriellen Informationsschreiben andere Anweisungen oder Grundsätze herauslesen.

d) Soweit die Antragstellerin bemängelt, die Antragsgegnerin habe die Zahl der Teilnehmer nicht rechtzeitig bzw. nicht ordnungsgemäß festgelegt, trifft dies nicht zu. Ausweislich Ziffer VI.3 der Bekanntmachung hat die Antragsgegnerin für alle Teilnehmer ersichtlich bestimmt, dass sie mindestens drei Teilnehmer für das Verhandlungsverfahren auswählen will. Dies entspricht der in § 10 Abs. 2 VOF bzw. den europäischen Richtlinien vorgeschriebenen Mindestzahl. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, zugleich die Höchstzahl der aufzufordernden Teilnehmer festzulegen bzw. eine Marge zu bestimmen. Auch dass die Antragsgegnerin letztlich vier Teilnehmer ausgewählt hat, ist nicht zu beanstanden. Ein Überschreiten der vorgegebenen Mindestzahl schafft einen größeren Wettbewerb, was für die vergaberechtliche Zulässigkeit der Erweiterung des Kreises der ausgewählten Teilnehmer spricht (vgl. Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 10, Rn. 10). Zudem hat die Antragsgegnerin die Erweiterung der Teilnehmerzahl sachlich begründet und dargelegt, dass die Punktzahlen des dritt- und viertplazierten Teilnehmers sehr eng zusammen lagen. e) Der Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe ihre Beschaffungsabsicht wesentlich geändert oder teilweise aufgegeben, greift ebenso wenig durch, wie die Bedenken der Antragstellerin, die Antragsgegnerin betreibe unzulässige Marktforschung und beabsichtige in Wirklichkeit keine Vergabe.

Anders als im offenen oder nichtoffenen Verfahren nach VOL/A oder VOB/A sind beim Verhandlungsverfahren nach VOF in gewissem Umfang Abweichungen der beauftragten Leistung von der in der Bekanntmachung umschriebenen Leistung unbedenklich. Das Verhandlungsverfahren ist wesentlich flexibler ausgestaltet und bietet dem Auftraggeber gerade die Möglichkeit, mit den Bewerbern Einzelheiten der Auftragsvergabe auszuhandeln, womit sich auch der ursprünglich gewünschte Leistungsumfang ändern kann. Solange die Identität des ausgeschriebenen Vorhabens aufrecht erhalten bleibt, somit kein "aliud" beschafft wird, sind Abweichungen zulässig. Ausgeschlossen sind dagegen Modifikationen, durch die der Wesenskern der Ausschreibung geändert wird, es also zu einer Auswechslung des Leistungsgegenstandes kommt (vgl. OLG Dresden vom 21.10.2005, WVerg 5/05). Unerheblich ist dabei, ob der Auftraggeber aufgrund eigener Überlegungen Änderungswünsche bezüglich des Leistungsumfangs hat oder sich die Abweichungen im Zuge der Verhandlungen als zweckmäßig herausstellen.

Vorliegend hat die Antragsgegnerin einen Beratungsbedarf, der sie zur Durchführung der Ausschreibung veranlasst hat. Dieser Bedarf ist weder entfallen noch hat er sich grundlegend geändert.

Die Antragsgegnerin verfügt über mehrere Schulen, bei denen sich die Frage stellt, inwieweit diese im Rahmen eines ÖPP-Projekts saniert und weitergeführt werden können. Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Projekts benötigt die Antragsgegnerin wirtschaftlichen, technischen und juristischen Rat. Denknotwendig hängt der Umfang der Beratung davon ab, welche Zwischenergebnisse sich im Rahmen der zu erbringenden Leistung zeigen. Erweist sich beispielsweise das gesamte Projekt als unwirtschaftlich, werden die Erstellung von Verdingungsunterlagen und eine Beratung bei der Durchführung eines weiteren Vergabeverfahrens nicht mehr nötig sein. Solche Variationsbreiten der zu erbringenden Leistung ergeben sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass die Antragsgegnerin die Erarbeitung geistig-schöpferischer Lösungen für die gestellte Aufgabe nachfragt, deren Ergebnis offen ist. Gerade dies ermöglicht das Verhandlungsverfahren. Dass die Antragsgegnerin für eines der drei ausgeschriebenen Lose überhaupt keinen Bedarf haben könnte, ist nicht ersichtlich. Bei der Frage, ob sich ein ÖPP-Projekt rentiert, sind nicht nur wirtschaftliche und technische Aspekte zu klären, sondern auch juristische Gestaltungsmöglichkeiten zu erörtern. Die Antragsgegnerin betreibt damit keine vergaberechtlich unzulässige Markterforschung, sondern sie hat Bedarf an der ausgeschriebenen Leistung.

Zwar hat die Antragsgegnerin zwischenzeitlich das Volumen des geplanten ÖPP-Projekts modifiziert, indem sie eine der Schulen, auf die sich das Projekt bezogen hat, ausgetauscht hat. Wie die Antragstellerin selbst einräumt, hat sich dadurch das gesamte Sanierungsvolumen jedoch nur geringfügig geändert. Für die nachgefragten Beratungsleistungen, über deren Inhalt die Verhandlungen erst beginnen, sind die im Stadtrat beschlossenen Änderungen ebenfalls von untergeordneter Bedeutung.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Änderungen erst am 29.03.2006 beschlossen wurden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Auswahl der Teilnehmer bereits stattgefunden hat. Etwaige Rügen der nicht ausgewählten Antragsgegnerin zu unterlassenen Mitteilungen oder Dokumentationen gehen damit ins Leere.

f) Schließlich ist die Antragstellerin auch nicht durch die Erstellung eines unzureichenden Vergabevermerks in ihren Rechten verletzt. Nach § 18 VOF hat der öffentliche Auftraggeber die einzelnen Stufen des Verfahrens, Maßnahmen und Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen in einem zeitnah zu erstellenden Vergabevermerk zu dokumentieren. Dies folgt aus dem Grundsatz der Transparenz und der Überprüfbarkeit des Vergabeverfahrens. Weitere Anhaltspunkte zum Umfang der Dokumentationspflicht enthalten die europäischen Richtlinien (vgl. Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 92/50/EWG vom 18.06.1962; Art. 43 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 i.V.m. Anhang VII Teil A). Sind die wesentlichen Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers im Vergabeverfahren aufgrund eines unzureichenden oder fehlenden Vergabevermerks nicht nachvollziehbar, kann darauf mit Erfolg ein Nachprüfungsantrag gestützt werden. Der Bieter kann seinen Nachprüfungsantrag allerdings nur dann auf eine fehlende oder unzureichende Dokumentation stützen, wenn sich die diesbezüglichen Mängel gerade auch auf seine Rechtsstellung im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt haben könnte (vgl. OLG Düsseldorf vom 17.03.2004, Verg 1/04 m.w.N.; Voppel/Osenbrück/Bubert, VOF, § 18 Rn. 17 f).

Der Antragstellerin ist zuzugestehen, dass der vorliegende Vergabevermerk äußerst knapp formuliert ist. Die Antragsgegnerin hat jedoch die grundlegenden Entscheidungen im Vergabevermerk so weit festgehalten, dass der Senat einen ordnungsgemäßen Verlauf der Vergabeentscheidung feststellen kann.

Hinsichtlich der Wahl eines Verhandlungsverfahrens nach VOF kam angesichts der Leistungen, die die Antragsgegnerin vergeben will, weder eine andere Verdingungsordnung noch eine andere Vergabeart in Betracht. Ihre Beschaffungsabsicht und die Gründe für die Wahl des Vergabeverfahrens hat die Antragsgegnerin im Vergabevermerk ausreichend niedergelegt. Die gewünschte Leistung wurde in den wesentlichen Punkten umschrieben, eine genauere Festlegung war nicht zwingend notwendig.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass der Vermerk zu spät erstellt wurde, ist zwar zutreffend, dass eine möglichst frühzeitige Erstellung ebenso wünschenswert ist, wie eine möglichst detaillierte Dokumentation. Die Pflicht zur zeitnahen Erstellung des Vermerks ist jedoch nicht gleichbedeutend mit "unverzüglich". Unter den gegebenen Umständen sieht der Senat in der zeitlichen Abfolge noch keinen hinreichenden Grund für eine Beanstandung. Soweit die Antragstellerin Rügen erhoben hat und die Antragsgegnerin auf Fragen Auskünfte erteilt, ist dies dem Vermerk zwar nicht zu entnehmen. Zweifel über den Inhalt der Rügen und der Auskünfte haben sich jedoch nicht ergeben, so dass eine diesbezügliche Beeinträchtigung die Antragstellerin in ihrer Position als Bewerberin nicht ersichtlich ist. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob die von der Antragsgegnerin angenommene Vergütung für die fraglichen Leistungen zu niedrig erscheint.

Weiterhin ergeben sich aus dem Vermerk der Zeitpunkt der Erstellung sowie der Inhalt der Bewertungsmatrix. Die Frage der ordnungsgemäßen Auswahl der Bewerber kann nachvollzogen und überprüft werden. Ebenso sind die Durchführung der Bewertung sowie deren Ergebnis anhand des Vermerks feststellbar. Die Festlegung der genauen Zuschlagskriterien sowie deren Gewichtung war zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - wie dargelegt - noch nicht geboten. Das Fehlen entsprechender Erwägungen bis zum 10.03.2006 ist damit nicht vergaberechtswidrig und verletzt die nicht ausgewählte Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

3. Für den Senat besteht keine Veranlassung, das Verfahren auszusetzen und einzelne Fragen nach Art. 234 EGV dem EuGH vorzulegen, da sich klärungsbedürftige Zweifelsfragen zur Auslegung oder dem Verständnis europäischer Richtlinien für den Senat nicht ergeben haben. a) In welchem Umfang die Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 ab dem 01.02.2006 direkt und unmittelbar zugunsten von Bietern in bereits laufenden Vergabeverfahren anwendbar ist, wenn die Vergabe am 01.02.2006 noch nicht stattgefunden hat, ist für den vorliegenden Fall unerheblich. Regelungen in der neuen Vergabekoordinierungsrichtlinie, die vorliegend eine Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin denkbar erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.

b) Auch die Frage, ob jeder in mehrere Lose geteilte Auftrag über technische, wirtschaftliche und rechtliche Beratungsdienstleistungen als "Gemischter Auftrag über Dienstleistungen" im Sinne von Art. 22 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 anzusehen ist, kann dahinstehen. Im konkreten Fall geht der Senat - wie dargelegt - davon aus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Auftrag um einen solchen gemischten Auftrag im Sinne von Art. 22 der Richtlinie handelt. Weshalb hieraus zu folgern wäre, dass eine Vergabe im offenen Verfahren hätte durchgeführt werden müssen, wie die Antragstellerin meint, ist nicht nachvollziehbar und lässt sich auch aus der Richtlinie nicht ableiten.

c) Auch die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage zu Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 1992/50/EWG vom 18.06.1992 bedarf für den vorliegenden Fall keiner Klärung durch den EuGH. Der Senat geht davon aus, dass der Wert der Leistungen aller Lose zu addieren ist und damit der Schwellenwert für das Nachprüfungsverfahren eröffnet ist.

d) Soweit die Antragstellerin bezweifelt, dass die deutschen Verdingungsordnungen transparente und wettbewerbliche Vergabeverfahren entsprechend Erwägungsgrund Nr. 2 und Art. 2 der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.03.2004 enthalten, weil die Vergabe von Dienstleistungen freier Berufe getrennt in der VOF und in der VOL/A geregelt ist, ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der neuen Vergabekoordinierungsrichtlinie dem nationalen Gesetzgeber nicht untersagt ist, die Vergabe öffentlicher Auftrage in verschiedenen Verdingungsordnungen zu regeln, solange diese im Einklang mit den Grundsätzen der Richtlinie stehen. Es mag wünschenswert sein und der Vermeidung von Missverständnissen und Abgrenzungsproblemen dienen, wenn der Gesetzgeber - wie zeitweise beabsichtigt - eine einheitliche Verdingungsordnung für die Vergabe aller Arten von Leistungen schaffen würde. Vergaberechtlich zwingend ist dies allerdings nicht. Die maßgeblichen Kriterien zur Abgrenzung einer Ausschreibung nach der VOF und der VOL/A entsprechen den Vorgaben der bisherigen und der neuen Richtlinie und sind in den wesentlichen Grundsätzen durch die Richtlinien vorgegeben. Aus welchen Gründen die mit den Richtlinien in Einklang stehenden nationalen Verdingungsordnungen dem Gebot der Transparenz und des Wettbewerbs nicht hinreichend Rechnung tragen sollten, ist nicht ersichtlich.

4. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten nach § 118 GWB hat die Antragstellerin als unterliegende Verfahrensbeteiligte zu tragen (§ 97 ZPO entsprechend). Sie hat auch die notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen, die sich am Verfahren beteiligt und dem Begehren der Antragstellerin widersetzt haben, zu erstatten.

5. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 50 Abs. 2 GKB. Er beläuft sich auf 5 % der Bruttoauftragssumme der Antragstellerin. Diese hatte in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie sei auch für eine Vergütung von 150.000 € zuzüglich Mehrwertsteuer zur Übernahme der geforderten Rechtsberatung bereit.

Ende der Entscheidung

Zurück