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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 22.03.2005
Aktenzeichen: 1 HEs 7/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 121
StPO § 121 Abs. 1
StPO § 122
Es liegt keine Untersuchungshaft wegen "derselben Tat" i. S. v. § 121 Abs. 1 StPO vor, wenn der Beschuldigte nach Außervollzugsetzung oder Aufhebung eines (1.) Haftbefehls wegen des Verdachts einer nach Entlassung aus der Untersuchungshaft begangenen Straftat aufgrund eines (2.) Haftbefehls erneut in Untersuchungshaft genommen wird. Bei der Haftprüfung nach § 121 StPO sind - unabhängig von einer Verbindung beider Verfahren - die vollzogenen Haftzeiten des 1. und 2. Haftbefehls nicht zusammenzurechnen (Anschluss an OLG Köln NStZ-RR 2001, 123 f.; gegen OLG Celle NStZ 1989, 243 f und OLG Schleswig StV 1983, 466).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

1 HEs 7/05 OLG Naumburg

In der Strafsache

wegen gefährlicher Körperverletzung

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 22. März 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hennig, die Richterin am Oberlandesgericht Henze-von Staden und den Richter am Oberlandesgericht Sternberg

beschlossen:

Tenor:

Eine Haftprüfung gemäß §§ 121, 122 StPO durch den Senat ist derzeit nicht veranlasst.

Gründe:

Der Angeschuldigte wurde in dieser Sache am 20. November 2004 vorläufig festgenommen und befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Oschersleben vom 21. November 2004 (Az.: 1 BER 17/04), der auf den dringenden Tatverdacht einer am 20. November 2004 begangenen gefährlichen Körperverletzung gestützt ist, seit diesem Tage in Untersuchungshaft.

Zuvor wurde gegen den Angeschuldigten in anderer Sache (Az.: 331 Js 16074/04 - StA Magdeburg) der Haftbefehl des Amtsgerichts Haldensleben - Dienststelle Wolmirstedt vom 13. Mai 2004 von diesem Tage an bis zum 26. Juli 2004 vollstreckt. Während der Unterbrechung der Untersuchungshaft in jener Sache vom 27. Juli 2004 bis zum 14. September 2004 zur Vollstreckung einer Restersatzfreiheitsstrafe setzte das Amtsgericht Haldensleben - Dienststelle Wolmirstedt den Haftbefehl vom 13. Mai 2004 mit Beschluss vom 06. September 2004 außer Vollzug.

Das Amtsgericht Haldensleben - Dienststelle Wolmirstedt hat jenes Verfahren mit hiesiger Sache durch Beschluss vom 15. März 2005 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Sache mit Verfügung vom selben Tage dem Senat zur Haftprüfung gemäß §§ 121, 122 StPO vorgelegt.

Eine Haftprüfung durch den Senat ist derzeit nicht veranlasst, weil es sich bei der dem Haftbefehl des Amtsgerichts Haldensleben - Dienststelle Wolmirstedt vom 13. Mai 2004 zugrundeliegenden Tat und derjenigen des Haftbefehls des Amtsgerichts Oschersleben vom 21. November 2004 nicht um dieselbe Tat i. S. v. § 121 Abs. 1 StPO handelt. Entscheidend ist hier, dass der Angeschuldigte nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft in anderer Sache die in dem erneuten Haftbefehl aufgeführte Tat begangen hat. Für eine solche Fallkonstellation kann - unabhängig von der Frage einer Verfahrensverbindung - nicht von "derselben Tat" i. S. v. § 121 Abs. 1 StPO die Rede sein (OLG Köln NStZ-RR 2001, 123, 124 m. w. N.).

Die Auffassung, wonach auch in einem solchen Fall die Zeiten der in beiden Verfahren verbüßten Untersuchungshaft zusammengerechnet werden (OLG Celle NStZ 1989, 243 f.; OLG Schleswig StV 1983, 466), teilt der Senat nicht. Der Angeschuldigte hat die Ursache der Anordnung der erneuten Untersuchungshaft durch die Begehung der weiteren Straftat selbst gesetzt. Ein Bedürfnis nach einem "frühzeitigen Schutz des § 121 Abs. 1 StPO durch die Kontrolle der Obergerichte" (OLG Celle a. a. O.) besteht ebenso wie die Gefahr von Manipulationsmöglichkeiten, der die Zusammenrechnung von Haftzeiten entgegenwirken soll, bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht; vielmehr muss zur Ausermittlung und gegebenenfalls Aburteilung einer erneuten Straftat nach dem Sinn und Zweck des § 121 StPO eine angemessene Frist zur Verfügung stehen (OLG Köln a. a. O.).

Die Ansicht des Senats wird zusätzlich dadurch gestützt, dass es im Einzelfall bei einer Addition der Haftzeiten unmöglich sein kann, das Verfahren gemäß § 121 StPO innerhalb der Frist dem Oberlandesgericht vorzulegen. Wenn der Beschuldigte in der ersten Haftsache erst ganz kurz vor Ablauf der sechs Monate aus der Untersuchungshaft entlassen worden ist, dann wäre im Extremfall nicht einmal genug Zeit für einen Aktentransport bis zum Oberlandesgericht, ganz abgesehen von der Schwierigkeit, nach einer erneuten Festnahme die bisherige Haftzeit sofort und exakt festzustellen.

Geht die Akte aber nicht fristgerecht beim Oberlandesgericht ein, dann ruht der Fristablauf nicht (§ 121 Abs. 3 StPO).

Wenn auch die Überschreitung der Frist als unschädlich angesehen wird (Meyer-Goßner, StPO, 47. A., RdNr. 28 zu § 121 m. w. N.) so wird doch für diesen Fall gefordert, an die Prüfung der materiellen Voraussetzungen der Haftfortdauer erhöhte Anforderungen zu stellen. Die Frage, warum am Tag vor Fristablauf - ggf. nur einen Tag früher - geringere Anforderungen zu stellen sind, muss der Senat im gegebenen Fall nicht beantworten.

Ende der Entscheidung

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