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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 01.11.2007
Aktenzeichen: 1 U 13/07
Rechtsgebiete: ZPO, SGB X


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 2
SGB X § 116 Abs. 1 Satz 1
1. Zum Nachweis einer erfolgreichen Behandlung einer Kiefergelenksluxation trotz fehlender Dokumentation.

2. Es ist kein Behandlungsfehler, wenn der Arzt keinen bildgebenden Nachweis des Erfolgs seiner Behandlung schafft, soweit es für diese Befunderhebung keinen medizinischen Zweck gibt.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 13/07 OLG Naumburg

Verkündet am 1. November 2007

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Zettel und die Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und Grimm auf die mündliche Verhandlung

vom 25. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. Januar 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Halle, 3 O 262/04, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer übersteigt 20.000 EUR nicht.

und beschlossen:

Der Kostenwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.408,37 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte vertragliche und deliktische Schadenersatzansprüche aus dem nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X übergegangenem Recht ihrer Versicherten E. F. geltend. Das Landgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass ein solcher Anspruch schon dem Grunde nach nicht besteht. Die Kammer hat zutreffend festgestellt, dass der Klägerin der Nachweis eines Behandlungsfehlers des Chirurgen Dr. med. H. P. anlässlich der Einrenkung (Reponierung) des Kiefergelenks der Versicherten am 7. Juni 2000 nicht gelungen ist. Der Senat teilt auch die Zweifel des erstinstanzlichen Gerichts an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der Behandlung des Dr. P. am 7. Juni 2000 und der am 14. November 2000 durchgeführten offenen Reponierung, allerdings mit der Maßgabe, dass insoweit so erhebliche Zweifel bestehen, dass die Rechtsverfolgung durch eine medizinisch und juristisch sachverständig beratene gesetzliche Krankenkasse geradezu mutwillig erscheint.

1. Ein Behandlungsfehler ist nicht bewiesen.

1.1. Die Einrenkung (Reponierung) des Kieferngelenkes der Versicherten E. F. am 7. Juni 2000 war medizinisch geboten. Der behandelnde Arzt, Dr. P. , hatte nach dem hierfür maßgeblichen klinischen Befund eine Kiefergelenkausrenkung (sog. Luxation) festgestellt. Eines diese Diagnose sichernden bildgebenden Befundes bedurfte es hier nicht, weil die Ausrenkung des Kiefergelenks nach der schiefen Mundstellung rechts, der ebenfalls vorhandenen Kiefersperre und der spezifischen Kieferschmerzen offensichtlich war. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, denen die Klägerin zumindest im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht mehr entgegen getreten ist, wäre ein Röntgenbefund allenfalls dann notwendig gewesen, wenn Anhaltspunkte für eine knöcherne Veränderung des Kiefergelenks bestanden hätten. Solche Anhaltspunkte fehlten hier.

1.2. Die Behauptung der Klägerin, dass die am 7. Juni 2000 vorliegende Ausrenkung des Kiefergelenks durch den Eingriff des Dr. P. vom selben Tage nicht beseitigt worden wäre, ist nicht bewiesen. Demnach ist von einem erfolgreichen Eingriff auszugehen, weil die Klägerin insoweit die Beweislast für einen Misserfolg trägt.

Allerdings fehlt, wie die Klägerin zutreffend anführt, eine ärztliche Dokumentation des Ergebnisses des Eingriffs. Den Patientenunterlagen selbst, dort dem Pflegebericht, ist unter dem entsprechenden Datum lediglich zu entnehmen, dass gegen 13:00 Uhr eine Behandlung der Versicherten durch Dr. P. wegen der Ausrenkung erfolgt sei, weil der Stationsärztin S. eine Einrenkung nicht gelungen sei. Diese Eintragung spricht dafür, dass der Eingriff des Dr. P. zur Beseitigung der Ausrenkung geführt hat. Anderenfalls hätte es nahe gelegen, dass Frau S. eine Weiterbehandlung der Versicherten F. wegen der Kiefergelenkausrenkung veranlasst hätte. Unabhängig von diesem wohl nicht zwingenden Rückschluss erbringt die fehlende Dokumentation entgegen der Auffassung der Klägerin jedenfalls weder den Vollbeweis einer erfolglosen Einrenkung noch ein unwiderlegliches Beweisanzeichen für das Scheitern des Einrenkversuches des Dr. P. .

Dem gegenüber hat das Landgericht nach formell nicht zu beanstandender und von der Klägerin auch nicht beanstandeter Beweisaufnahme aus der Zeugenaussage des Dr. P. am 27. November 2006 die Überzeugung gewonnen, dass dieser das Einrenkmanöver standardgerecht und erfolgreich ausgeführt hat. Diese Beweiswürdigung begegnet keinen Bedenken des Senats. Bei der Einrenkung des Kiefergelenks handelt es sich um einen verhältnismäßig einfachen Eingriff. Die Kammer hat nach sachverständiger Beratung die Schilderung des Zeugen vom Eingriffsverlauf als deckungsgleich zum gebotenen Eingriffsmanöver nach Hippokrates bewertet. Das Landgericht durfte den Angaben des Zeugen auch entnehmen, dass er das Einschnappen des Gelenkkopfes im Gelenkraum bemerkt hatte, dass der "schiefe" Mund nach dem Eingriff beseitigt war und dass die Patientin den Mund danach wieder öffnen und schließen konnte. Dies alles sind Anzeichen für einen erfolgreichen Eingriff, die für eine Überzeugungsbildung geeignet sind. Soweit der Zeuge selbst zur Bekräftigung seiner Angaben ausgeführt hat, dass er die Patientin nicht aus seiner Behandlung entlassen und wortlos in die Betreuung auf der Station der Psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses zurückgeführt hätte, wenn die Behandlung s.E. nach nicht erfolgreich gewesen sei, ist die Aussage nachvollziehbar und hier auch glaubhaft.

Die Kammer hat - entgegen der Darstellung der Klägerin - den Inhalt der nachfolgenden Pflegedokumentation bei ihrer Beweiswürdigung berücksichtigt. Sie hat diese Dokumentation jedoch zutreffend in ihrer Gesamtheit und nicht nur in den von der Klägerin zitierten Ausschnitten bewertet. Danach bestehen während der zweiwöchigen Phase der stationären Behandlung der Versicherten F. nach dem Eingriff vom 7. Juni 2000 weitere erhebliche Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Reponierung des Kiefergelenks. Denn die Pflegedokumentation enthält regelmäßig Eintragungen, wonach die Patientin sich klar artikulieren konnte, keine Probleme bei der Nahrungsaufnahme hatte und den Mund auch vollständig schließen konnte, was ihr bei fehlgeschlagener Reponierung nicht oder nur eingeschränkt möglich gewesen wäre.

Selbst wenn die Bewertungen des Zeugen Dr. P. zum Erfolg seines Eingriffs objektiv auf einer unzureichenden Befunderhebung beruhten, wie die Klägerin behauptet, und selbst wenn der Senat den Bewertungen der Klägerin folgte, wonach einige andere Eintragungen in der Pflegedokumentation der Versicherten F. , wie das zeitweise Auftreten von Kieferschmerzen und Schwellungen sowie das vorübergehende Wiederauftreten eines schiefen Mundes auch Anzeichen für einen Misserfolg des Eingriffs sein könnten, genügten alle diese Anzeichen nicht für den Vollbeweis des Fehlschlagens der chirurgischen Behandlung. Die Behandlung könnte selbst bei unzureichender Erfolgskontrolle gleichwohl erfolgreich gewesen sein. Die Schwellungen und der schiefe Mund sind ebenso als Nachwirkungen einer erfolgreichen Behandlung deutbar. Gleiches gilt für den Befund der Hausärztin Dr. B. vom 22. Juni 2000. Frau Dr. B. hat ihre Befunde selbst nicht als eine andauernde oder erneute Luxation bewertet, sondern lediglich eine Kontrolle durch einen Zahnarzt empfohlen. Die Klägerin muss zudem auch gegen sich gelten lassen, dass ihre Versicherte dieser eindeutigen Empfehlung von Frau Dr. B. gerade nicht gefolgt ist, was zumindest auch so interpretierbar ist, dass die verbliebenen Beschwerden gegenüber den vor dem 7. Juni 2000 vorhandenen eher unerheblich waren. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass sich die Versicherte aufgrund eines seit ca. 20 Jahren bestehenden Grundleidens mit dem Zustand des Ausrenkens des Kiefergelenks auskannte und diesen wohl selbst hätte erkennen können.

Die Klägerin kann sich schließlich nicht mit Erfolg auf die Diagnose "veraltete Kiefergelenkluxation" der nachbehandelnden Ärzte im November 2000 berufen. Diese lässt den Rückschluss auf einen Behandlungsfehler i.S. einer fehlgeschlagenen Reponierung nicht zu. Zunächst ist insoweit darauf zu verweisen, dass die Erkenntnisgrundlage dieser Ärzte derjenigen entspricht, die auch dem gerichtlichen Sachverständigen und dem Gericht vorliegt. Die Diagnose der Zahnärzte K. und W. beruht ganz maßgeblich auf den Angaben der Versicherten selbst sowie auf eigenen Erkenntnissen aus der Vorbehandlung der Versicherten im März 2000, ohne dass die gezogenen Schlüsse zwingend wären. Die Zahnärzte dokumentierten als Angaben aus der Anamnese, dass ihnen Schmerzen "seit längerer Zeit" geschildert worden seien (vgl. GA Bd. I Bl. 77), woraus sie selbst zunächst den Schluss gezogen hatten, dass diese Schmerzen seit März 2000, dem Zeitpunkt der ihnen bekannten letzten Luxation des Kiefergelenks, bestehen könnten. Nach nochmaliger Befragung der Patientin rückten sie hiervon ab und unterstellten nunmehr Anfang Juni als Beginn der Schmerzenszeit. Andere Quellen der Erkenntnis als die ungenauen Angaben der Versicherten selbst sind nicht erkennbar. Während der stationären Behandlung der Versicherten in H. sind die Angaben dieser Zahnärzte, also deren Verdachtsdiagnose zur Überweisung, übernommen worden.

Zur Bewertung der geschilderten Befunde hat der gerichtliche Sachverständige nachvollziehbar und nicht zu widerlegen ausgeführt, dass der Befund einer offensichtlich längere Zeit anhaltenden Ausrenkung noch nichts darüber aussagt, ob diese pathologische Situation auf einer irreponiblen Luxation, auf einer fehlgeschlagenen Reponierung oder auf einer unbehandelten, nach dem 22. Juni 2000 erst eingetretenen Luxation beruhte. Diese Frage sei auch für die nachbehandelnden Ärzte nicht mehr aufklärbar gewesen, weil konkrete Befunde in der Zeit vom 22. Juni 2000 bis zum 8. November 2000 fehlten (vgl. Gutachten vom 20. März 2006, Seite 8 = GA Bd. I Bl. 124).

1.3. Die Kammer und - ihr folgend - der Senat haben auch nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Befund des Dr. P. nach Abschluss seines Eingriffs einer Sicherung durch Anfertigung eines Röntgenbildes bedurft hätte.

Jeder medizinische Eingriff, auch und gerade ein diagnostischer Eingriff unter Belastung des Patienten mit Röntgenstrahlen, bedarf einer medizinischen Indikation. Ein bildgebender Nachweis des Behandlungserfolgs ohne irgendeinen Nutzen für die weitere medizinische Behandlung und für den Patienten, z. Bsp. lediglich aus forensischen Gründen, ist nicht nur nicht geboten, sondern u.U. sogar behandlungsfehlerhaft. Ein solcher medizinischer Zweck einer Anfertigung eines Röntgenbildes vom rechten Kiefergelenk der Versicherten ist nicht ersichtlich und jedenfalls von der Klägerin nicht bewiesen.

Der gerichtliche Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, dass bei einer Ausrenkung des Kiefergelenks der unmittelbare klinische Befund sehr viel aussagekräftiger als ein Röntgenbild zeigt, ob eine Reponierung erfolgreich war oder nicht. Ist der klinische Befund aus Sicht des Arztes eindeutig, wie hier, so bedarf es einer Befundsicherung durch Röntgenbilder nicht. Ein Röntgenbefund sei demgegenüber nur geboten, wenn ein Verdacht auf Veränderungen der Substanz von Teilen des Kiefergelenks (nicht nur ihrer Stellung zueinander) bestehe und ein etwaiger positiver Befund Einfluss auf die Therapie haben kann. Beide Voraussetzungen hätten hier nicht vorgelegen. Diese Bewertung überzeugte die Kammer und überzeugt auch den erkennenden Senat.

Dem steht die zitierte Leitlinie 007/063 der Fachgesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie nicht entgegen, weil ihr Erkenntniswert für das Gericht gering ist. Insoweit ist zunächst allgemein darauf zu verweisen, dass die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) lediglich einen Informations- und Empfehlungscharakter für die Ärzteschaft haben, ohne die sachverständige Auseinandersetzung des Gerichts mit den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls ersetzen zu können. Sie enthalten keine für die Bewertung der Behandlung durch das Gericht verbindlichen oder quasi-verbindlichen Aussagen. Das trifft auf die genannte Leitlinie augenscheinlich zu, weil sie sehr knapp gefasst ist und die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten ohne erläuternde Zusätze einfach aufzählt. Es liegt auf der Hand, dass nicht jeweils alle Alternativen anzuwenden sind. Hinzu kommt, dass die Entwicklung dieser Leitlinie auf Entwicklungsstufe 1 stehen geblieben ist und seit ihrer erstmaligen Zusammenstellung im Jahre 1998 nicht mehr aktualisiert worden ist.

Die Wertungen der Kammer und des Senats werden ebenso wenig durch die Ausführungen des Privatsachverständigen der Klägerin, des Facharztes für Chirurgie Dipl.-Med. R. , erschüttert. Der private Sachverständige verfügt gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen über keine überlegenen Erkenntnismöglichkeiten; ihm fehlt z. Bsp. eine Spezialisierung zum Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen. Er begründet in seinen schriftlichen Stellungnahmen die Notwendigkeit einer nachfolgenden Röntgenaufnahme mit dem Text der Leitlinie, der, wie dargestellt, eine solche Deutung nicht trägt, sowie mit der Notwendigkeit der Beweissicherung aus forensischer Sicht; hierin sieht der Senat kein medizinisches Kriterium. Soweit die Klägerin selbst schriftsätzlich und ihr privater Sachverständiger nochmals im Termin der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf Fachliteratur ausgeführt haben, dass nach jeglicher Reponierung von Gelenken ein Röntgenbefund zur Nachkontrolle zu erheben ist, u.a. um Absplitterungen oder zusätzliche Verletzungen auszuschließen, ist dieses Vorbringen schon neu und seine Verspätung nicht i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO entschuldigt. Selbst wenn es zuzulassen gewesen wäre, so ist nicht ersichtlich, dass diese allgemeine Aussage auch auf die Behandlung von Kiefergelenksausrenkungen zutrifft. Der gerichtliche Sachverständige hat auf Seite 12 seines schriftlichen Gutachtens vom 20. März 2006 (GA Bd. I Bl. 127) anders lautende, seine Angaben stützende Behandlungsempfehlungen angeführt.

Selbst wenn die Anfertigung eines Röntgenbildes nach dem Eingriff erforderlich gewesen wäre, ist hier nicht ersichtlich, inwiefern der zu erwartende Befund die Operation vom November 2000 hätte verhindern können. Hätte der Befund, wovon die Kammer und der Senat aus o.a. Gründen ausgehen, den Erfolg der Reponierung gezeigt, so wäre er ohne Einfluss auf die weitere Behandlung der Versicherten F. geblieben. Selbst wenn das Röntgenbild knöcherne Veränderungen gezeigt hätte, die auf eine unzureichende bzw. nicht nachhaltige Reponierung hätten schließen lassen, so hätte dies die Notwendigkeit einer bereits seit Jahren (lt. Patientenakte bei der MLU seit 1993) medizinisch gebotenen offenen Operation lediglich verstärkt mit der Folge, dass die Operation u.U. schon früher als im November 2000 hätte durchgeführt werden müssen. Dann wären die hier als Schaden geltend gemachten Heilbehandlungskosten früher angefallen, aber nicht entfallen. Bei diesen Heilbehandlungskosten handelt es sich um sog. Sowieso-Kosten der Versicherten bzw. ihrer Krankenkasse, die aus dem Grundleiden der Versicherten resultieren.

2. Die Kammer hat in der angefochtenen Entscheidung weiter zutreffend festgestellt, dass die Klägerin den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Ausrenkung des Kiefergelenks der Versicherten F. im Juni 2000 und der Operation am 14. November 2000 nicht erbracht hat und auch nicht mehr erbringen kann.

Es ist zwischen den Prozessparteien unstreitig und darüber hinaus urkundlich belegt, dass eine Operation, wie der am 14. November 2000 durchgeführte Eingriff, bereits seit 1993 medizinisch relativ indiziert war. Die Verstärkung dieser Disposition ist auch ohne Hinzutreten einer Behandlung durch Dr. P. vorstellbar und jedenfalls nicht auszuschließen. Der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, dass eine Ausrenkung des Kiefergelenks angesichts der Grunderkrankung der Versicherten F. jederzeit, und zwar auch durch alltägliche Aktivierungen des Kiefergelenks hätte ausgelöst werden können. Nach der Untersuchung der Versicherten am 22. Juni 2000 konnte demnach über einen Zeitraum von etwa viereinhalb Monaten jederzeit eine Verschlechterung der Kiefergelenksituation eintreten, die in keinem Zusammenhang mit der Behandlung am 7. Juni 2000 steht.

Darüber hinaus war es für die Kammer und ist es auch für den erkennenden Senat nur schwer vorstellbar, dass die Versicherte einen Zustand, bei dem sie den Mund überhaupt nicht schließen und keinerlei effektive Kaubewegungen ausführen kann, über mehrere Monate hinweg hinnimmt, ohne eine ärztliche Behandlung zu suchen, und dass die sie regelmäßig pflegenden Personen in keiner Weise auf eine offensichtliche Fehlstellung des Kiefergelenks reagiert haben sollten. Sehr viel naheliegender, logischer ist der Schluss, dass bei der Versicherten Ende Oktober / Anfang November 2000 eine erneute Kiefergelenkausrenkung erfolgt ist. Dies steht nicht im Widerspruch zu den Angaben der Versicherten, wonach sie "seit längerer Zeit" Schmerzen im Kieferbereich habe. Diese Schmerzen sind durch die Grundkonstellation hinreichend erklärbar.

Entgegen der Ansicht der Klägerin sind Voraussetzungen für Beweiserleichterungen der Klägerin nicht gegeben. Nach den vorstehenden Ausführungen liegen schon keine Behandlungsfehler vor, erst recht keine groben Behandlungsfehler. Der Senat sieht auch keine Dokumentationslücken, die die geltend gemachte Beweiserleichterung rechtfertigen können. Denn die entscheidende Lücke in den Erkenntnisgrundlagen ist in einer Zeit aufgetreten, in der eine medizinische Behandlung gerade nicht durchgeführt oder auch nur gesucht wurde, im Zeitraum zwischen dem 22. Juni und dem 8. November 2000.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nr. 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Die Festsetzung des Kostenwertes beruht auf §§ 47, 48 GKG und ergibt sich hier aus dem bezifferten Zahlungsantrag.

Ende der Entscheidung

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