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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: 1 U 47/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, HPflG, EGZPO


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 308
ZPO § 343 ZPO
ZPO § 256
BGB § 852 Abs. 1
BGB § 852 Abs. 2
HPflG § 1 Abs. 1
EGZPO § 26 Nr. 7
EGZPO § 26 Nr. 8
Ein Vermögensschaden ist dem Mandanten eines Rechtsanwalts bereits dann entstanden, wenn durch die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts sämtliche außervertragliche Schadenersatzansprüche des Mandanten aus einem Unfall gegen mehrere Haftpflichtige verjährt sind, und zwar unabhängig davon, ob der Mandant ggf. noch vertragliche Schadenersatzansprüche gegen weitere Haftpflichtige geltend machen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Voraussetzungen eines deliktischen Schadenersatzanspruches leicht darzulegen und zu beweisen waren (hier: Gefährdungshaftung beim Betrieb einer Eisenbahn).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

1 U 47/04 OLG Naumburg

verkündet am: 14. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Zink, den Richter am Oberlandesgericht Wiedemann und den Richter am Oberlandesgericht Grimm auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 9. November 2004 wird aufrechterhalten.

Die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden bzw. des tatsächlich vollstreckten Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000 EUR.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten zu 1) und zu 2) (künftig: die Beklagten) Schadenersatz wegen Schlechterfüllung anwaltlicher Vertragspflichten aus einem Mandat zur Regulierung eines der Klägerin entstandenen Sachschadens aus einem Bahnunfall am 8. Oktober 1996 in B. -Ch. . Soweit erstinstanzlich auch Rechtsanwalt B. als Beklagter zu 3) in Anspruch genommen worden war, hat die Klägerin die Abweisung der gegen den Beklagten zu 3) gerichteten Klage wegen fehlender Zugehörigkeit zur Sozietät im Zeitpunkt der Pflichtverletzungen und der Schadensentstehung in Rechtskraft erwachsen lassen.

Der Schadensfall ereignete sich anlässlich der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin auf dem Gelände des Güterbahnhofs B. -Ch. .

Die D. Netz AG hatte die Arbeitsgemeinschaft K. GmbH & Co. KG (künftig: K. ) mit Tiefbauarbeiten des Bauvorhabens Schnellverbindung Hannover - Berlin beauftragt. Die K. übertrug die Tiefbauarbeiten auf ihr Mitglied, die H. GmbH & Co. KG (künftig: Fa. H. ); diese wiederum beauftragte die Fa. A. (künftig: Fa. A. ) als Subunternehmer mit den Baggerarbeiten und die Klägerin als weitere Subunternehmerin mit Transportleistungen zum Abtransport des Bodenaushubes. Mit der Sicherung der Bahngleise während der Bauarbeiten hatte die D. Netz AG die S. GmbH (künftig: S. ) beauftragt, mit der Überwachung der Baustelle die G. mbH (künftig: G. ).

Am 8. Oktober 1996 belud ein Bagger der Fa. A. einen Lkw der Klägerin. Der Bagger befand sich dabei entgegen der Bestimmungen der Eisenbahnbau- und Betriebs-ordnung innerhalb der Umgrenzungslinien des Betriebsgleises 23. Bei den zur Aufnahme der Gleisbettrückstände und zum Verladen auf den Lkw notwendigen Schwenkbewegungen des Baggers befand sich der Ausleger regelmäßig im Regellichtraum dieses Gleises. Auf dem Gleis 23 näherte sich eine fahrdienstlich zugelassene Regionalbahn der in einer langgezogenen Rechtskurve liegenden Baustelle in überhöhter Geschwindigkeit. Der Triebwagen kollidierte mit dem Schwenkarm des Baggers, wodurch dieser auf den Lkw der Klägerin geschleudert wurde. Am Lkw entstand ein Sachschaden in Höhe von 58.492,48 DM netto; zudem entstanden der Klägerin Kosten für die Erstellung eines Schadensgutachtens in Höhe von 2.824,00 DM netto.

Im November 1996 beauftragte die Klägerin die Beklagten mit der Durchsetzung ihrer Schadenersatzansprüche in Höhe von insgesamt 61.366,48 DM netto (entspricht 31.376,18 EUR). Die Beklagten nahmen u.a. Einsicht in die bahnpolizeiliche Ermittlungsakte (später 1 Ve Js 2529/96 Staatsanwaltschaft I beim Landgericht Berlin = 303c Ds 187/98 Amtsgericht Tiergarten). Das hieraus resultierende Strafverfahren endete im November 1999 mit Einstellungen der Verfahren gegen verschiedene Angeklagte jeweils nach Opportunitätsvorschriften. Im Verlaufe der Mandatsbearbeitung erhielten die Beklagten u.a. auch die schriftliche Unfalluntersuchung des Eisenbahn-Bundesamtes vom 17. Januar 1997 (vgl. Anlage K 20, GA Bd. I Bl. 126 ff.).

Die Beklagten forderten die Fa. A. mit Schreiben vom 27. November 1996 zur Schadenersatzleistung in voller Höhe auf; dabei gingen sie noch von einem Alleinverschulden des Unfalls durch den Baggerführer aus (vgl. Anlage K3, GA Bd. I Bl. 20 f.). Die Fa. A. verwies die Beklagten an ihre Haftpflichtversicherung; diese wiederum verwies auf die noch laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen und stellte der Klägerin anheim, die Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs selbständig und vor Abschluss der Ermittlungen darzulegen (vgl. Anlage K 30 - Schreiben vom 21. Februar 1997 - GA Bd. I Bl. 210). In der Folgezeit behielt der Haftpflichtversicherer der Fa. A. , teilweise vertreten durch die Versicherungsmakler, diesen Standpunkt bei und bekräftigten ("... zu Ihrer Fristsetzung ..." !), dass eine endgültige Entscheidung, wer letztlich der Haftende sei, noch nicht gefallen sei (vgl. Anlage K 33 - Schreiben vom 25. August 1997 - GA Bd. I Bl. 214).

Mit Schreiben vom 29. Januar 1997 forderten die Beklagten die Fa. H. im Namen der Klägerin zur Schadenersatzleistung in o.g. Höhe auf (vgl. Anlage K 5, GA Bd. I Bl. 23 f.). Der Haftpflichtversicherer der Fa. H. verwies darauf, dass ihm eine abschließende Stellungnahme wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens noch nicht möglich sei, dass er aber vorläufig daran festhalte, dass die Schadenersatzansprüche gegen die Hauptauftraggeberin, die D. Netz AG, zu richten seien (vgl. Anlage K 25 - Schreiben vom 4. September 1997 - GA Bd. I Bl. 176 f.).

Schließlich erhoben die Beklagten namens der Klägerin die Schadenersatzforderung auch gegenüber der D. AG als Betreiber des Schienenpersonenregionalverkehrs mit Schreiben vom 13. Oktober 1997 (vgl. Anlage K 6, GA Bd. I Bl. 25 f.). Die Haftpflicht-abteilung der D. AG verwies ebenfalls darauf, dass sie im Hinblick auf die noch laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen kein Anerkenntnis abgeben könnten, obwohl es sich zweifelsfrei um einen Unfall beim Betriebe der Bahn gehandelt habe (vgl. Anlage K 35 - Schreiben vom 21. Oktober 1997 - GA Bd. I Bl. 217).

Nach Abschluss des Strafverfahrens im November 1999 entfalteten die Beklagten keine Aktivitäten in diesem Mandat mehr. Die Beklagten machten insbesondere die Schadenersatzforderung der Klägerin bis zur Mandatsbeendigung nicht gegen einen der potenziellen Haftpflichtigen gerichtlich geltend.

Mit Schreiben vom 12. Februar 2001 kündigte die Klägerin alle Mandate der Beklagten, darunter auch das streitgegenständliche. Auslöser hierfür waren vor allem die Geschehnisse, die dem Regressprozess der Klägerin gegen die Beklagten unter 6 O 1629/02 Landgericht Dessau = 1 U 17/04 Oberlandesgericht Naumburg zugrunde liegen. Die Klägerin beauftragte nunmehr ihre jetzige Prozessbevollmächtigte mit der Fortführung des hier streitgegenständlichen Mandats. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erhielt erst im April 2001 schrittweise Einblick in die Unterlagen der gegnerischen Haftpflichtversicherungen sowie auch in die Handakten der Beklagten.

In einem vor dem Landgericht Berlin zum Aktenzeichen 36 O 266/01 geführten Rechtsstreit schlossen u.a. die D. Netz AG - zugleich auch im wirtschaftlichen Interesse der D. Regio AG als Rechtsnachfolgerin der D. AG im Bereich des Regionalverkehrs - und die G. , die S. und die K. am 10. Mai 2002 einen Vergleich, wonach die Haftung aufgrund des Unfalls vom 8. Oktober 1996 zwischen den Beteiligten intern verteilt wurde, und zwar auf die D. Netz AG, die G. und die K. zu jeweils 20 % und auf die S. zu 40 % (vgl. Anlage K 43, GA Bd. II Bl. 45 ff).

Die von der Klägerin auf Schadenersatz in Anspruch genommenen Unfallbeteiligten haben sich inzwischen auf Verjährung von etwaigen Schadenersatzansprüchen berufen, und zwar die Haftpflichtversicherung der Fa. A. mit Schreiben vom 26. Februar 2003 (vgl. Anlage K 18, GA Bd. I Bl. 100), die Haftpflichtversicherung der Fa. H. mit Schreiben vom 18. April 2001 und vom 26. Februar 2003 (vgl. Anlagen K 36, GA Bd. I Bl. 218, und K 16, GA Bd. I Bl. 98) und die Haftpflichtabteilung der D. AG mit Schreiben vom 18. März 2003 (vgl. Anlage K 17, GA Bd. I Bl. 99). Des weiteren erhoben auch die K. mit anwaltlichem Schreiben vom 13. November 2003 (vgl. Anlage K 44, GA Bd. II Bl. 48), die S. mit anwaltlichem Schreiben vom 27. Oktober 2003 (vgl. Anlage K 45, GA Bd. II Bl. 45) und die G. mit anwaltlichem Schreiben vom 30. Oktober 2003 (vgl. Anlage K 46, GA Bd. II Bl. 50 f.) jeweils vorsorglich die Einrede der Verjährung

Die Klägerin hat den Beklagten vorgeworfen, sie hätten es schuldhaft pflichtwidrig unterlassen, ausreichende verjährungsunterbrechende bzw. -hemmende Maßnahmen zu ergreifen oder zumindest sie, die Klägerin, über die Gefahr der Anspruchsverjährung und über das jeweilige Ende der Verjährungsfrist zu belehren. Wegen der zwischenzeitlichen Vollendung der Verjährung seien ihre berechtigten Schadenersatzansprüche nun nicht mehr durchsetzbar.

Die Beklagten haben bestritten, dass die Verjährung des Schadenersatzanspruches der Klägerin bereits eingetreten sei. Insbesondere habe die Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Lauf der Verjährung durch die Aufnahme von Verhandlungen gehemmt sei. Selbst wenn deliktische Ansprüche der Klägerin verjährt sein sollten, bestünden noch unverjährte vertragliche Ansprüche gegen die Fa. H. , so dass der Klägerin noch kein Vermögensschaden entstanden sei.

Im Übrigen haben die Beklagten die Einrede der Verjährung etwaiger gegen sie gerichteter Schadenersatzansprüche erhoben.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen der widerstreitenden Rechtsauffassungen der Parteien des Rechtsstreits und wegen des Verlaufs des Verfahrens in erster Instanz, nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht Dessau hat mit seinem am 18. Juni 2004 verkündeten Urteil der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass derzeit nur ein Anspruch auf Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten zu 1) und zu 2) bestehe. Es hat diese Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Beklagten es pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen hätten, die Verjährung der Schadenersatzansprüche der Klägerin aus unerlaubter Handlung rechtzeitig zu unterbrechen bzw. zu hemmen. In einem fiktiven Vorprozess wären deliktische Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen die Fa. A. , die D. AG, die S. , die G. , gegen die K. und die Fa. H. als begründet angesehen worden. Alle genannten Unternehmen hätten sich inzwischen wirksam auf die Einrede der Verjährung berufen. Derzeit sei der Klägerin jedoch ein Schaden noch nicht entstanden, weil sie ihre Schadenersatzforderungen noch als vertragliche Ansprüche gegen die Fa. H. und die K. Erfolg versprechend geltend machen könnte. Diese Ansprüche verjährten erst zum 31. Dezember 2004. Die Klägerin könne daher die Beklagten noch nicht auf Leistung in Anspruch nehmen. Es bestehe aber ein Feststellungsinteresse an der Feststellung der Ersatzpflicht zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung, weil nicht absehbar sei, ob die Klägerin mit vertraglichen Ansprüchen gegen die vorgenannten Unternehmen erfolgreich sein werde.

Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben gegen das ihnen am 28. Juni 2004 zugestellte Urteil mit einem am 28. Juli 2004 beim Oberlandesgericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese Berufung innerhalb der ihnen bis zum 28. September 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch begründet.

Die Beklagten wenden sich zunächst gegen den Erlass eines Feststellungsurteils und meinen, dass das Landgericht damit gegen den Grundsatz der Antragsbindung des Gerichts nach § 308 ZPO verstoßen habe. Zudem habe die Beklagte zu einem Feststellungsinteresse nichts vorgetragen. Sei ein Vermögensschaden noch nicht entstanden, so sei eine Schadenersatzklage unbegründet.

Die Beklagten meinen, dass die tenorierte Feststellung zu weit ginge, weil sie auch den Fall einschlösse, dass die Verjährung nicht während der Mandatslaufzeit der Beklagten, sondern später eingetreten sei. Hierfür habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin einzustehen.

Die Beklagten rügen den Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens, insbesondere meinen sie, dass der Klägerin zu häufig Fristverlängerungen für ergänzenden Sachvortrag gewährt worden seien, während ihnen, den Beklagten, auf den Schriftsatz der Klägerin vom 7. Januar 2004 im Termin am 28. Januar 2004 kein Schriftsatznachlass gewährt worden sei.

Schließlich meinen sie, dass der Eintritt der Verjährung der deliktischen Schadenersatzansprüche der Klägerin von dieser nicht hinreichend dargelegt worden sei, weil die Hemmung der Verjährung u.U. noch länger, als vom Landgericht angenommen, angedauert hätte.

Der Senat hat in seiner Sitzung am 9. November 2004 auf Antrag der Klägerin ein Versäumnisurteil gegen die ordnungsgemäß geladenen und unentschuldigt nicht erschienenen Beklagten erlassen, mit dem die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückgewiesen wurde.

Gegen dieses, ihnen am 11. November 2004 zugestellte Versäumnisurteil haben die Beklagten am 24. November 2004 Einspruch eingelegt.

Die Beklagten beantragen,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 9. November 2004 und unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils vom 18. Juni 2004 die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil des Senats vom 9. November 2004 aufrechtzuerhalten.

Sie verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil.

Der Senat hat am 14. Dezember 2004 mündlich zur Sache verhandelt; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls des Senats von diesem Tage (vgl. GA Bd. III Bl. 76) Bezug genommen.

II.

Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch der Beklagten ist zulässig und führt zur Prüfung, ob das Versäumnisurteil in der Sache zu Recht ergangen und deshalb aufrechtzuerhalten ist oder nicht, § 343 ZPO. Der Einspruch bleibt danach ohne Erfolg.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig; insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die angefochtene Entscheidung enthält auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens keinen tatsächlichen oder rechtlichen Fehler zum Nachteil der verurteilten Beklagten.

1. Das erstinstanzliche Verfahren leidet nicht an prozessualen Fehlern, auf denen wiederum das angefochtene Urteil beruht.

Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils zu Recht darauf verwiesen, dass eine derzeit unbegründete Leistungsklage auf Schadenersatz auch ohne ausdrückliche Antragstellung in einen Antrag auf Feststellung der Schadenersatzverpflichtung umgedeutet werden kann (vgl. BGH MDR 1993, 1340; BGH DStR 2002, 228). Diese Voraussetzungen lagen nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts vor.

Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es nicht an einem Feststellungsinteresse der Klägerin i.S.v. § 256 ZPO. Die Beklagten haben erstinstanzlich bereits die Einrede der Verjährung erhoben. Angesichts des Umstandes, dass die Primärverjährung eines Schadenersatzanspruches der Klägerin gegen die Beklagten aus noch aufzuzeigenden Gründen bereits Ende November 2002 bzw. Ende Januar 2003 vollendet war und die Sekundärverjährung bereits mit Mandatsende, mithin am 12. Februar 2001, zu laufen begann, liegt die Gefahr des Verjährungseintritts auf der Hand.

Der Urteilsausspruch ist hinreichend bestimmt; er lässt im Zusammenhang mit den Entscheidungsgründen erkennen, dass der Klägerin ein entsprechender Leistungstitel nur im Hinblick auf die Möglichkeit der Erlangung von vertraglichem Schadenersatz von der K. bzw. der Fa. H. versagt worden ist.

Schließlich können die Beklagten nicht mit Erfolg eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs geltend machen. Soweit sie die Versagung eines Schriftsatznachlasses im Januar 2004 rügen, ist schon nicht ersichtlich, welche Auswirkungen dieser vermeintliche Verfahrensfehler gehabt haben soll. Der letzte Termin der mündlichen Verhandlung fand am 5. Mai 2004 statt; bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hätte demnach ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme auf den Schriftsatz der Klägerin vom 7. Januar 2004 bestanden.

2. Das Landgericht hat zu Recht eine Pflichtverletzung der Beklagten im Unterlassen ausreichender verjährungsunterbrechender bzw. -hemmender Maßnahmen sowie zumindest einer Belehrung der Klägerin über die Gefahr der Anspruchsverjährung und über den Zeitpunkt der Vollendung der Verjährung gesehen.

Ein Rechtsanwalt, der mit der Geltendmachung deliktischer Schadenersatzansprüche beauftragt wird, ist verpflichtet, den Eintritt der Verjährung dieser Ansprüche zu verhindern.

Zwar ist diese Verpflichtung erst verletzt, wenn die Verjährung entweder bereits eingetreten ist oder so nahe bevorsteht, dass sie aus zeitlichen Gründen nicht mehr unterbrochen werden kann. Diese Voraussetzung ist hier jedoch erfüllt: Die Verjährung aller deliktischen Ansprüche der Klägerin war bei Mandatsende bereits eingetreten.

Hinsichtlich der Fa. A. ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der nach § 852 Abs. 1 BGB a.F. maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der Verjährungsfrist spätestens auf den Tag des Anspruchsschreibens vom 27. November 1996 anzusetzen ist. Die dreijährige Verjährungsfrist lief demnach am 27. November 1999 ab. Eine Unterbrechung dieser Verjährung ist unstreitig nicht eingetreten. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist auch eine Hemmung nicht erfolgt. Denn die Schreiben der Versicherungsmakler und der Haftpflichtversicherung der Fa. A. enthalten jeweils eine Zurückweisung des Schadenersatzbegehrens und kein Eingehen auf diese Ansprüche, die als ein "Verhandeln" i.S.v. § 852 Abs. 2 BGB a.F. gewertet werden können. Im Übrigen verkennen die Beklagten in ihrer Berufungsbegründung die Verteilung der Darlegungslast: Zwar muss die Klägerin die Pflichtverletzung darlegen. Sie ist ihrer Anfangsdarlegungslast durch Darstellung des regelmäßigen Verjährungseintritts gerecht geworden. Soweit die Beklagten die behauptete Pflichtverletzung bestreiten, hätte es ihnen oblegen, konkrete Umstände darzulegen, die zu einer weiteren Verjährungshemmung geführt haben sollen.

Hinsichtlich aller weiteren möglichen Ersatzpflichtigen, also der Fa. H. , der D. AG als Betreiberin des Regionalverkehrs, der K. , der S. und der G. , ist die Verjährung der deliktischen Ansprüche spätestens Ende Januar 2000 eingetreten. Die Beklagten hatten für die Klägerin im November 1996 Einsicht in die Ermittlungsakte mit den Protokollen der wesentlichen Zeugenvernehmungen sowie im Januar 1997 Einsicht in den schriftlichen Unfalluntersuchungsbericht des Eisenbahn-Bundesamtes vom 17. Januar 1997 genommen. Damit hatten sie Kenntnis von den möglichen Ersatzpflichtigen und vom Schaden. Der Lauf der Verjährung ist hinsichtlich keines dieser möglichen Ersatzpflichtigen unterbrochen oder gehemmt worden. Insbesondere ist auch der Schriftverkehr der Beklagten mit der Fa. H. bzw. deren Haftpflichtversicherer sowie mit der D. AG jeweils nicht als die Aufnahme von Verhandlungen i.S.v. § 852 Abs. 2 BGB a.F. zu bewerten.

3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts geht der Senat davon aus, dass aufgrund der vorgenannten Pflichtverletzungen der Beklagten ein Vermögensschaden der Klägerin bereits eingetreten ist.

Ein Schaden entsteht, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts gegenüber seinem vorherigen Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, wenn ein Teilschaden eingetreten ist; es muss nicht feststehen, dass eine Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin ihre Schadenersatzansprüche gegen mehrere Haftungspflichtige faktisch verloren, sie sind endgültig nicht mehr durchsetzbar. Unabhängig davon, ob die Klägerin ggfs. noch erfolgreich vertragliche Schadenersatzansprüche gegen zwei der in Betracht kommenden Haftpflichtigen geltend machen kann oder nicht, hat sich die Zahl der Haftpflichtigen verringert. Dem kommt hier Bedeutung zu, weil diese Haftpflichtigen im Außenverhältnis zur Klägerin jeweils als Gesamtschuldner haften, so dass die Klägerin einen jeden von ihnen wegen ihres gesamten Schadens hätte in Anspruch nehmen dürfen. Dies gilt hier umso mehr, als die Voraussetzungen eines deliktischen Schadenersatzanspruches jedenfalls gegenüber der D. AG leicht darzulegen und zu beweisen waren. Denn deren Haftung für Sachschäden anlässlich des Betriebes einer Schienenbahn ist nach § 1 Abs. 1 HPflG als Gefährdungshaftung ausgestaltet.

4. Selbst wenn man - zugunsten der Beklagten - der Auffassung folgte, dass ein Schaden noch nicht eingetreten ist, solange die Beseitigung des bereits eingetretenen Vermögensschadens noch möglich erscheint, war die Feststellung der Schadenersatzverpflichtung der Beklagten für den Fall des Scheiterns der Inanspruchnahme der K. bzw. der Fa. H. jedenfalls begründet.

5. Das angefochtene Versäumnisurteil war demnach aufrechtzuerhalten.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 26 Nrn. 7 und 8 EGZPO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 sowie 543, 544 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.



Ende der Entscheidung

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