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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 30.11.1999
Aktenzeichen: 1 U 87/99
Rechtsgebiete: AktG, BRAGO, BGB, ZPO, GenG


Vorschriften:

AktG § 113
AktG § 114
AktG § 114 Abs. 2 S. 1
AktG § 113 Abs. 2
AktG § 114 Abs. 1
AktG § 114 Abs. 2 r.a
AktG § 114 Abs. 2 S. 2 r.a.
AktG § 114 Abs. 2 S. 2 2. Hs. r.a.
BRAGO § 118
BRAGO § 61
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 134
ZPO § 542 Abs. 2
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 S. 1
ZPO § 713
GenG § 37 Abs. 1 S. 1
GenG § 36 Abs. 2
1. Auf einen Rechtsberatungsvertrag zwischen einer eingetragenen Genossenschaft und einem Rechtsanwalt, der zugleich Mitglied (hier: Vorsitzender) des Aufsichtsrates dieser Genossenschaft ist, sind die Vorschriften der §§ 113, 114 AktG analog anzuwenden; d.h. er bedarf der Zustimmung bzw. Genehmigung durch den Aufsichtsrat.

2. Dies gilt im Einzelfall auch, wenn der Rechtsberatungsvertrag nicht mit dem Mitglied des Aufsichtsrates allein, sondern mit der Sozietät, der er angehört, geschlossen werden soll.

3. Die Zustimmung bzw. Genehmigung durch den Aufsichtsrat muss durch förmliche Beschlussfassung erteilt werden.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES Teilversäumnis- und Endurteil

1 U 87/99 Oberlandesgericht Naumburg

verkündet am: 30.11.1999

In dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Zink, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Smid und den Richter am Landgericht Wiedemann auf die mündliche Verhandlung vom

22. November 1999

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20.05.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Halle, Az.: 9 O 444/98, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1. bis zu 3. werden als Gesamtschuldner - der Beklagte zu 3. im Wege des Versäumnisurteils - verurteilt, an die Klägerin weitere 2.800,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 31.10.1998 zu zahlen.

Die Berufung der Beklagten zu 1. und zu 2. wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu 1. und zu 2. zu 99,5 % und der Beklagten zu 3. zu 0,5 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten zu 1. und zu 2. können die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 325.000,00 DM abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Den Beklagten zu 1. und zu 2. wird nachgelassen, diese Sicherheit durch Hinterlegung von Eigentümergrundschuldbriefen bei der Landeszentralkasse in Dessau bzw. durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank bzw. eines öffentlich-rechtlichen Geldinstitutes zu leisten.

Die Beschwer der Beklagten zu 1. und zu 2. übersteigt jeweils 60.000,00 DM, die der Klägerin und des Beklagten zu 3. übersteigt jeweils 60.000,00 DM nicht.

Die Revision der Beklagten zu 1. und zu 2. wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Beratungshonoraren und Rechtsanwaltsgebühren, die die Klägerin an die aus den Beklagten bestehende Rechtsanwalts-Sozietät K. & Partner in K. in den Jahren 1992 bis 1997 geleistet hat. Hauptstreitpunkt ist eine monatliche pauschale Vergütung von Beratungsleistungen wegen der Zugehörigkeit des Beklagten zu 1. zum Aufsichtsrat der Klägerin.

Die Klägerin ist eine eingetragene Wohnungsbaugenossenschaft, die aus einer ehemaligen Arbeiter-Wohnungs-Genossenschaft hervorging. Der Beklagte zu 1. war bereits seit Mitte der 80er Jahre ununterbrochen Mitglied der Aufsichtsgremien dieser Genossenschaft bzw. ihrer Rechtsvorgängerin. Seit dem 17.11.1990 gehörte er dem - neu gebildeten - Aufsichtsrat der Klägerin an. Entsprechend der Bestimmung in § 24 Abs. 7 S. 2 der Satzung der Klägerin (vgl. Hülle Bl. 28 Bd. I GA) und des diese Bestimmung konkretisierenden Beschlusses der Vertreterversammlung vom 27.04.1991 (vgl. Bl. 27 Bd. I GA) war eine Vergütung der Tätigkeit im Aufsichtsrat vorgesehen, und zwar für den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter in Höhe von je 500,00 DM sowie für sonstige Mitglieder in Höhe bis 400,00 DM. Am 01.12.1993 übernahm der Beklagte zu 1. das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden, welches er bis zu seiner Abwahl am 10.10.1996 innehatte. Am 20.03. 1997 erklärte er das Ruhen seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied (vgl. Bl. 94 f Bd. I GA) und am 15.04.1997 seinen Rücktritt von diesem Amte (vgl. Bl. 62 Bd. I GA).

Nach § 20 Abs. 3 der Satzung der Klägerin dürfen Mitglieder des Aufsichtsrates in Angelegenheiten der Genossenschaft nur dann eine für sie gewinnbringende Tätigkeit ausüben, wenn Vorstand und Aufsichtsrat dies beschlossen haben (vgl. Satzung, Anlage 3, Hülle Bl. 28 Bd. I GA). Am 21.03.1991 erteilten Aufsichtsrat und Vorstand dem Beklagten zu 1. sowie einem weiteren Aufsichtsratsmitglied in gemeinsamer Sitzung durch einstimmigen Beschluss die Zustimmung, "... als Rechtsanwalt für sich gewinnbringende Tätigkeiten in der HWG durchführen (zu) können." (vgl. Bl. 29 Bd. I GA).

Am 06.01.1992 schlossen die Klägerin, vertreten durch ihren Vorstand, und der Beklagte zu 1. eine Vereinbarung, wonach die Klägerin dem Beklagten zu 1. die Beratung zu allgemeinen Rechtsfragen unter der Auferlegung einer Anwesenheitspflicht in der Geschäftsstelle, und zwar regelmäßig dienstags zu den Sprechstunden, übertrug. Hierfür wurde eine monatliche Pauschalvergütung von 2.000,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer anstelle der gesetzlichen Gebühren vereinbart. In § 5 dieser Vereinbarung heißt es:

"Außerhalb der Pauschalvergütung liegen Tätigkeiten, die ihrem Umfang und ihrer Bedeutung nach so über den allgemeinen Rahmen einer laufenden Beratungstätigkeit hinausgehen, dass ihre Einbeziehung dem Charakter einer pauschalen Vergütung widersprechen würde. Hierzu zählen größere zeitliche Abweichungen zu dem in § 1 vereinbarten Umfang sowie die Übernahme von kompletten Rechtsangelegenheiten. Prozessdurchführung und Zwangsvollstreckung werden nach den Vorschriften der BRAGO gesondert abgerechnet."

Als Vertragsbeginn wurde der 01.01.1992 bestimmt.

Am 09.03.1994 unterzeichnete die Beklagte zu 2. für die Sozietät K. & Partner eine nahezu wortgleiche Vereinbarung mit der Klägerin; das Angebot der Klägerin war ebenfalls auf den 06.01.1992 datiert und enthielt als Vertragsbeginn ebenfalls den 01.01.1992. Abweichend vom vorgenannten Vertrag mit dem Beklagten zu 1. wurde für die Beklagte zu 2. eine Anwesenheit in der Geschäftsstelle jeweils mittwochs vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt beider Vereinbarungen (vgl. Bl. 30 bis 32 und 33 bis 35 Bd. I GA) Bezug genommen.

Gleichfalls unter dem 09.03.1994 vereinbarten die Klägerin und die Sozietät K. & Partner, vertreten durch die Beklagte zu 2. sowie durch den Beklagten zu 1., in zwei gesonderten Vertragsexemplaren eine Erhöhung der monatlichen Pauschalvergütung ab 01.01.1994 auf 6.000,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer (vgl. Bl. 36 und 37 Bd. I GA).

Die vorgenannten Vereinbarungen wurden dem Aufsichtsrat der Klägerin nicht ausdrücklich zur Beschlussfassung über die Zustimmung bzw. Genehmigung vorgelegt.

Die Klägerin zahlte auf Grund dieser Vereinbarungen auf das gemeinschaftliche Konto der Beklagten monatliche Pauschalvergütungen in Höhe von 2.000,00 DM bzw. 6.000,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer in der Zeit vom 01.01.1992 bis zum 31.10.1996, insgesamt einen Betrag von 289.560,00 DM.

Die Beklagten zu 1. und zu 2. vertraten die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum darüber hinaus in einer Vielzahl von außergerichtlichen und gerichtlichen Streitigkeiten, die sie jeweils gesondert - nach den gesetzlichen Gebühren der BRAGO - abrechneten.

Im Jahre 1996 wurden Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2. gegenüber der Klägerin bekannt, die in der Folge zu einer nachhaltigen Störung des gegenseitigen Vertrauensverhältnisses führten (vgl. z. Bsp. Stellungnahme der Klägerin gegenüber der Rechtsanwaltskammer des Landes Sachsen-Anhalt vom 27.08.1997, Bl. 89 bis 93 Bd. I GA). Unter dem 23.10.1996 erklärte die Klägerin gegenüber der Sozietät K. & Partner die sofortige Kündigung der bestehenden Honorarvereinbarung (vgl. Bl. 59 Bd. I GA). In einer Sitzung der Vertreterversammlung der Klägerin am 25.06.1998 wurde einstimmig beschlossen, gegen den Beklagten zu 1. Schadenersatzansprüche geltend zu machen (vgl. Protokoll vom 26.06.1998, dort zu Beschlussvorlage 13/98, Bl. 12 bis 26 Bd. I GA).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die den Beklagten zugeflossene Pauschalvergütung ohne Rechtsgrund gezahlt worden sei, weil die dem zugrundeliegenden Honorarvereinbarungen mangels Zustimmung bzw. Genehmigung durch ihren Aufsichtsrat unwirksam seien. Eine Honorarvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. als Aufsichtsratsmitglied bzw. der Sozietät K. & Partner hätte in analoger Anwendung von § 114 AktG zu ihrer Wirksamkeit eines förmlichen Einverständnisses des Aufsichtsrates bedurft. Sie hat hierzu behauptet, zur Durchführung sei der am 06.01.1992 mit dem Beklagten zu 1. geschlossene Vertrag und nicht der Vertrag mit der Sozietät gekommen.

Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht von einer Wirksamkeit der Honorarvereinbarung ausgehe, hat die Klägerin eine Überzahlung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 166.361,28 DM geltend gemacht und sich hierzu auf die in den Beweismittelordnern I und II vorgelegten Rechnungen bezogen. Die Klägerin hat insoweit behauptet, diese Rechnungen, die die Klägerin unstreitig beglichen hat, seien auf solche anwaltliche Tätigkeiten bezogen, die durch die Pauschalhonorarvereinbarung bereits abgegolten seien.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten zudem Ansprüche auf Rückzahlung zuviel berechneter Rechtsanwaltsgebühren in den Rechnungen in Beweismittelordner III in Höhe von insgesamt 6.092,37 DM geltend gemacht. Hinsichtlich der mit Nr. 1 bis 113 gekennzeichneten Rechnungen habe den Beklagten jeweils ein Auftrag zur gerichtlichen Geltendmachung der Zustimmung zur Mieterhöhung nach dem Mietüberleitungsgesetz gegen einzelne Mieter der Klägerin vorgelegen. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagten in konkret bezeichneten Rechnungen zu Unrecht neben der Prozessgebühr auch Gebühren nach § 118 BRAGO abgerechnet hätten und dass eine Abrechung der Portopauschale in Höhe von 15 % zu Unrecht an den 100%-igen Gebühren statt an den für das Beitrittsgebiet um 20 % reduzierten Rechtsanwaltsgebühren orientiert worden seien. Die Klägerin hat zudem Schadenersatzforderungen in Höhe der abgerechneten Gebühren erhoben, soweit ihr in konkret bezeichneten Einzelfällen Gebühren nach § 61 BRAGO in Rechnung gestellt worden seien, obwohl die Einlegung einer Kostenerinnerung bzw. -beschwerde von Anfang an wegen des Nichterreichens der Beschwerdesumme bzw. mangels Erfolgsaussicht einen Verstoß gegen anwaltliche Sorgfaltspflichten dargestellt habe. Hinsichtlich der mit Nr. 114 bis 122 gekennzeichneten Rechnungen hat die Klägerin gleichartige Zuvielberechnungen gerügt und hieraus bereicherungsrechtliche Rückzahlungsansprüche abgeleitet.

Die Klägerin hat mit ihrer den Beklagten am 30.10.1998 zugestellten Klage beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 295.652,37 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.10.1998 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben bestritten, dass die Zahlung der Beraterhonorare ausschließlich auf Grund der Pauschalhonorarvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. erfolgt sei, und dagegen behauptet, zur Durchführung sei lediglich die Vereinbarung mit der Sozietät gekommen, was sich unter anderem auch aus der Änderungsvereinbarung vom 09.03.1994 und aus der Kündigungserklärung der Klägerin vom 23.10.1996 ergebe. Die Beklagten haben insoweit die Auffassung vertreten, dass diese Vereinbarung keiner Zustimmung durch den Aufsichtsrat der Klägerin bedurft habe, weil aktienrechtliche Bestimmungen wegen des nicht planwidrigen Fehlens einer entsprechenden Bestimmung im Genossenschaftsrecht nicht analog anwendbar seien und zudem die streitgegenständliche Vereinbarung mit der Sozietät und nicht mit dem Beklagten zu 1. geschlossen worden sei.

Die Beklagten haben bestritten, dass die durch Pauschalhonorar vergüteten Leistungen bereits anderweitig vergütet worden seien. Der Beklagte zu 1. hat hierzu ausgeführt, dass er das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden im Dezember 1992 in einer wegen erheblicher Altschulden wirtschaftlich und finanziell existenzbedrohenden Situation der Klägerin übernommen habe. Seine Aufgabe als Aufsichtsratsvorsitzender habe insbesondere in der Entwicklung von Modellen zur Erfüllung der Anforderungen des Altschuldenhilfegesetzes bestanden. Hierfür habe er - im Gegensatz zu seinem Nachfolger im Amte - über die monatliche Vergütung in Höhe von 500,00 DM hinaus kein Entgelt erhalten. Gegenstand der Honorarvereinbarung seien Beratungsleistungen gegenüber den Vorstandsmitgliedern der Klägerin, u.a. über allgemeine Fragen formwirksamer Mieterhöhungen, Reaktionsmuster für Verstöße der Mitglieder gegen die Satzung und die Möglichkeiten einer effizienten Gestaltung von Verträgen mit Reparaturunternehmen, sowie Sprechstundentätigkeiten der Beklagten zu 1. und zu 2. gewesen.

Hinsichtlich der Forderungen der Klägerin wegen der Zuvielberechnung von Rechtsanwaltsgebühren haben die Beklagten behauptet, sämtliche Gebührentatbestände hätten, so wie abgerechnet, tatsächlich vorgelegen; lediglich in der mit Nr. 119 bezeichneten Rechnung sei die angefallene Besprechungsgebühr fälschlicherweise als Verhandlungsgebühr bezeichnet worden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in I. Instanz wird insbesondere auf die Klageschrift vom 24.09.1998 (Bl. 1 ff Bd. I GA) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 29.12.1998 (Bl. 47 ff Bd. I GA) und vom 10.03.1999 (Bl. 81 ff Bd. I GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat am 18.03.1999 mündlich zur Sache verhandelt; wegen des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 101 f Bd. I GA) Bezug genommen.

Mit seinem am 20.05.1999 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage überwiegend, nämlich in Höhe von 292.117,60 DM nebst Prozesszinsen, stattgegeben und sie im Übrigen, d.h. in Höhe von 3.534,77 DM, abgewiesen. Seine Entscheidung hat die Kammer im Wesentlichen damit begründet, dass der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der monatlichen Beraterhonorare zustehe. Die Vorschrift des § 114 AktG sei analog anwendbar, weil es sich nach Auffassung der Kammer beim Fehlen einer entsprechenden Regelung im Genossenschaftsgesetz um eine planwidrige Gesetzeslücke handele und im vorliegenden Fall eine vergleichbare Interessenlage vorläge. Die Kammer sah die Voraussetzungen des § 114 Abs. 2 S. 1 AktG als gegeben an. Trotz fehlender Ausführung von Umgehungstatbeständen sei die Vorschrift des § 114 AktG auch auf den Vertrag zwischen der Klägerin und der Sozietät der Beklagten anzuwenden. Von den Forderungen der Klägerin wegen der Zuvielberechnung von Rechtsanwaltsgebühren erachtete die Kammer die auf die Rechnungen Nr. 114 bis 122 des Beweismittelordners III bezogenen Teilforderungen in Höhe von 2.557,60 DM für begründet (in den Entscheidungsgründen wird auf Bl. 122 Bd. I GA offensichtlich unrichtig der Betrag von 2.567,60 DM beziffert, während bei der Tenorierung der o.g. - korrekte - Betrag Berücksichtigung fand); im Übrigen vertrat die Kammer die Ansicht, dass dem Vortrag der Klägerin nicht ohne Weiteres zu entnehmen sei, mit welchen Fehlern welche einzelne Rechnung jeweils behaftet sein solle und in welcher Höhe hieraus Zuvielberechnungen resultierten.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 27.05.1999 zugestellte Urteil mit einem am 03.06.1999 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese sogleich begründet (vgl. Bl. 140, 144 Bd. I GA). Die Beklagten zu 1. und zu 2. haben gegen das ihnen und dem Beklagten zu 3. am 31.05.1999 zugestellte Urteil am 30.06.1999 Berufung eingelegt (vgl. Bl. 141, 157 Bd. I GA) und diese innerhalb der bis zum 24.08.1999 verlängerten Berufungsbegründungsfrist auch begründet (vgl. Bl. 160 Bd. I und Bl. 1 Bd. II GA).

Die Klägerin, die das erstinstanzliche Urteil im Umfang der Angriffe der Berufung der Beklagten zu 1. und zu 2. verteidigt, hat ursprünglich die Geltendmachung weiterer 3.534,77 DM in der Berufungsinstanz angekündigt, gestützt auf vermeintliche Zuvielberechnungen der Beklagten in den mit Nr. 1 bis 113 gekennzeichneten Rechnungen im Beweismittelordner III. Hierzu hat sie im Einzelnen ausgeführt, welchen Rechnungen welche Berechnungsfehler anhaften sollen. Dabei hat sie auf Seiten 6 und 7 ihrer Berufungsbegründung die Rechnung Nr. 36 offensichtlich irrtümlich doppelt angeführt (vgl. Bl. 149 f Bd. I GA), weshalb sie zu einer den geltend gemachten Betrag übersteigenden rechnerischen Endsumme kommt (3.578,54 DM statt 3.534,77 DM). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat sie die Klage hinsichtlich des ihr erstinstanzlich zugesprochenen Teils ihrer Forderungen mit Zustimmung der Beklagten zu 1. und zu 2. in Höhe von 290,69 DM sowie hinsichtlich des erstinstanzlich abgewiesenen Teils in Höhe von 30,29 DM zurückgenommen, was sich aus ihrem Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.1999 ergibt (vgl. Bl. 115 f Bd. II GA; dort 3.213,79 DM = 3.534,77 DM abzgl. 290,69 DM abzgl. 30,29 DM). Soweit im Schriftsatz vom 08.09.1999 noch eine Rücknahme der Berufung in Höhe von 74,06 DM (statt 30,29 DM) angekündigt worden war, handelt es sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die auf der doppelten Berücksichtigung der Regressforderung aus Rechnung Nr. 36 resultiert. Im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin schließlich nach Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie nach einem weiteren Teilanerkenntnis der Beklagten zu 1. und zu 2. die Berufung in Höhe weiterer 413,79 DM zurückgenommen (vgl. Bl. 116 Bd. II GA). Mithin hat die Klägerin zuletzt eine Regressforderung in Höhe von 5.357,60 DM (6.092,37 DM abzgl. 290,69 DM abzgl. 30,29 DM abzgl. 413,79 DM) geltend gemacht, von der ihr erstinstanzlich bereits 2.557,60 DM zuerkannt worden sind, so dass Gegenstand ihrer Berufung ein Betrag von 2.800,00 DM blieb.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagten zu 1. bis zu 3., den Beklagten zu 3. im Wege des Versäumnisurteils, als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 2.800,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 31.10.1998 zu zahlen, sowie die Berufung der Beklagten zu 1. und zu 2. zurückzuweisen.

Die Beklagten zu 1. und zu 2., die mit ihrer Berufung ursprünglich ihre erstinstanzliche Verurteilung mit Ausnahme eines Betrages von 1.458,91 DM angegriffen hatten, haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.11.1999 die Forderung der Klägerin wegen der Zuvielberechnung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe weiterer 2.800,00 DM anerkannt. Mit dieser Prozesserklärung haben die Beklagten zu 1. und zu 2. nicht nur den o.g. Betrag, sondern zugleich auch ihre insoweit ergangene erstinstanzliche Verurteilung in Höhe von 2.557,60 DM anerkannt und beantragen nunmehr,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage in Höhe von 289.560,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.10.1998 abzuweisen.

Der Beklagte zu 3., dem die Berufungsbegründung der Klägerin am 08.06.1999 (vgl. Bl. 155 Bd. I GA) und die Ladung zum Termin der mündlichen Verhandlung am 20.10.1999 (vgl. Bl. 102 Bd. II GA) zugestellt worden sind, ist im Berufungsverfahren nicht aufgetreten. Nach Angaben der Klägerin wurde zwischen ihr und dem Beklagten zu 3. eine vergleichsweise Regelung getroffen, die den Antrag der Klägerin auf Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Beklagten zu 3. in der Berufungsinstanz vorsieht.

Die Beklagten zu 1. und zu 2. wenden sich mit ihrer Berufung gegen die Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichts und meinen, eine analoge Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Bestimmungen zur Wirksamkeit von Beratungsverträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern komme nicht in Betracht. Für den Fall eines Unterliegens der Beklagten zu 1. und zu 2. im vorliegenden Rechtsstreit kündigten diese die Geltendmachung bereicherungsrechtlicher Ansprüche wegen der erbrachten Beratungsleistungen in einem Folgeprozess an.

Der Senat hat am 22.11.1999 mündlich zur Sache verhandelt und im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage insbesondere auf die widerstreitenden Rechtsauffassungen zur analogen Anwendbarkeit der §§ 113, 114 AktG Stellung genommen. Eine vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits zwichen den Parteien im Hauptstreitpunkt scheiterte. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.11.1999 (Bl. 115 f Bd. II GA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin sowie die Berufung der Beklagten zu 1. und zu 2. sind jeweils zulässig, insbesondere wurden sie form- und fristgerecht erhoben und begründet.

Die Berufung der Klägerin hat nach teilweiser Klage- und Berufungsrücknahme im vollem Umfange Erfolg; die Berufung der Beklagten zu 1. und zu 2. ist unbegründet.

1.

Die Klägerin hat gegen die gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten einen Anspruch auf Zahlung weiterer 2.800,00 DM wegen der Zuvielberechnung von Rechtsanwaltsgebühren in den mit Beweismittelordner III vorgelegten Rechnungen aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, den die Beklagten zu 1. und zu 2. jeweils im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 22.11.1999 anerkannt haben und auf den hinsichtlich des Beklagten zu 3. nach § 542 Abs. 2 ZPO zu erkennen war.

2.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin gegen die gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung von 289.560,00 DM an Beraterhonoraren hat. Beide zwischen den Parteien den Rechtsstreits geschlossene Pauschalhonorarverträge sind unwirksam, wobei dahingestellt bleiben kann, ob der Rückzahlungsanspruch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 i.V.m. 134 BGB, § 113 AktG r.a. und § 24 Abs. 7 S. 2 der Satzung der Klägerin bzw. aus § 114 Abs. 2 S. 1 AktG r.a. resultiert.

2.1. Für die Entscheidung des Senats ist es unerheblich, ob letztlich der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. oder der nahezu wortgleiche Vertrag zwischen der Klägerin und der Sozietät K. & Partner oder aber beide Verträge nacheinander zur Durchführung kamen. Es spricht allerdings viel dafür, dass in der Zeit vom 01.01.1992 bis 31.12.1993 der Vertrag mit dem Beklagten zu 1. und ab 01.01.1994 der durch Verpflichtung der gesamten Sozietät K. & Partner geänderte Vertrag realisiert worden ist. Beide Rechtsberatungsverträge hätten zu ihrer Wirksamkeit einer Zustimmung bzw. Genehmigung durch den Aufsichtsrat der Klägerin bedurft, die jedenfalls für keinen von beiden erteilt wurde.

2.2. Allerdings sehen die für die Klägerin anzuwendenden genossenschaftsrechtlichen Regelungen einschließlich ihrer eigenen Satzung ein Zustimmungserfordernis für die Wirksamkeit von konkreten Beratungsverträgen selbst nicht ausdrücklich vor.

Die Satzung enthält lediglich in § 20 Abs. 3 die Bestimmung, dass gewinnbringende Tätigkeiten von Aufsichtsratsmitgliedern in der Genossenschaft der Zustimmung des Aufsichtsrates und des Vorstandes bedürfen. Eine solche Zustimmung, die dem Beklagten zu 1. für die Ausübung rechtsanwaltlicher Tätigkeiten durch Beschluss des Aufsichtsrates und Vorstandes der Klägerin vom 21.03.1991 erteilt worden war, ist jedoch als eine allgemeine Ermächtigung zur Ausübung gewinnbringender Tätigkeiten aufzufassen. Die o.a. Satzungsbestimmung, die auch im Musterstatut einer Wohnungsbaugenossenschaft vorgesehen ist, konstituiert zur Sicherung der Unabhängigkeit des Aufsichtsrates den Grundsatz der völligen Vermeidung potentieller Interessenkollisionen bei Mitgliedern des Aufsichtsrates (vgl. Metz in: Lang/ Weidmüller/ Metz/ Schaffland, Komm. z. GenG, 33. Aufl. 1997, § 36 Rn. 17 Abs. 2).

Für den hier vorliegenden Fall einer einmal erlaubten Ausübung gewinnbringender Tätigkeiten eines Aufsichtsratsmitgliedes in Gestalt allgemeiner Rechtsberatung halten jedoch weder das Statut der Klägerin noch das Genossenschaftsgesetz eine Regelung zum weiteren Schutz der Unabhängigkeit des Aufsichtsrates, zum Beispiel durch Sicherung der Transparenz und Beeinflussbarkeit der Leistungen der Genossenschaft an einzelne Aufsichtsratsmitglieder für den Aufsichtsrat, bereit. Durch die hierfür einzig in Betracht kommende Regelung des § 37 Abs. 1 S. 1 GenG wird der Abschluss von Pauschalhonorarverträgen, wie den vorliegenden, in deren Rahmen das Aufsichtsratsmitglied ohne Anstellungsverhältnis rechtsberatend für die Genossenschaft tätig wird, nicht erfasst, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Rechtsberatung auf einen geschäftsleitenden Bereich bezieht (vgl. Müller in: Komm. z. GenG, 2. Aufl. 1996, § 37 Rn. 7 m.w.N.; Metz, a.a.O., § 37 Rn. 5; Beuthien in: Meyer/ Meulenbergh/ Beuthien, Komm. z. GenG, 12. Aufl. 1995, § 37 Anm. 2).

2.3. Auf die Rechtsberatungsverträge zwischen einer eingetragenen Genossenschaft - wie hier der Klägerin - und einem der Mitglieder ihres Aufsichtsrates - wie hier dem Beklagten zu 1. - sind die Vorschriften der §§ 113, 114 AktG analog anwendbar (ebenso vgl. Müller, a.a.O., § 36 Rn. 75 a bis e m.w.N.; angedeutet auch Bayer, DStR 1999, 1815, 1819).

Das Fehlen einer entsprechenden Regelung im Genossenschaftsrecht ist planwidrig. Allerdings ist das Genossenschaftsgesetz allein in den letzten fünf Jahren sechsmal geändert bzw. ergänzt worden, so dass der Gesetzgeber zumindest hinreichend Gelegenheit zu einer Anpassung des Genossenschaftsrechts an die moderneren und im Gesellschaftsrecht häufig als Leitbild dienenden Regelungen des Aktiensrechts zum Verhältnis zwischen Aufsichtsratsmitgliedern und kontrollierter Gesellschaft gehabt hätte. Die Untätigkeit des Gesetzgebers in dieser Frage allein ist jedoch kein überzeugendes Indiz für einen entgegenstehenden gesetzgeberischen Willen. Soweit ersichtlich, hat die Frage der Schaffung einer Regelung im Genossenschaftsrecht, die den §§ 113, 114 AktG vergleichbar ist, dem Bundesgesetzgeber noch nicht vorgelegen. Es mehren sich dagegen im Schrifttum die Stimmen, die die Nachholung der "vergessenen" Reform des genossenschaftlichen Aufsichtsrates anmahnen (vgl. Trescher DB 1997, 1551, 1555) und hilfsweise eine weitgehende Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften auf den genossenschaftlichen Aufsichtsrat befürworten (zuletzt vgl. Bayer DStR 1999, 1815). Der Bundesgerichtshof hat bereits in einer ganzen Reihe von Einzelfragen eine Schließung von Regelungslücken im Genossenschaftsrecht unter Rückgriff auf das Aktienrecht vorgenommen (vgl. z. Bsp. BGHZ 18, 334, 338; BGHZ 70, 384, 387; BGHZ 130, 108, 111 f, 114 f; Übersicht bei Bayer, a.a.O. unter 2., m.N.) und dabei zu Recht darauf verwiesen, dass einerseits bereits die Gesetzesmaterialien zum Genossenschaftsgesetz von 1889 von einer engen Anlehnung der Bestimmungen über den Aufsichtsrat der Genossenschaft an die - usprünglichen - Vorschriften des Aktiensrechts ausgingen und andererseits Anpassungen des Genossenschaftsrechts bisher ersichtlich vor allem im Hinblick auf eine spätere umfassende Revision des Genossenschaftsgesetzes unterblieben sind (vgl. BGHZ 130, 111 f, 114 f = ZIP 1995, 1331, 1332 f mit zust. Anm. Bayer in EWiR 1995, 879; BGH ZIP 1996, 2071).

Die Kernfrage besteht regelmäßig, so auch im vorliegenden Fall, darin, ob auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Strukturen einer Kapitalgesellschaft und einer eingetragenen Genossenschaft eine vergleichbare Interessenlage besteht - und sie ist hier zu bejahen.

Der Aufsichtsrat einer eingetragenen Genossenschaft hat die gleichen Aufgaben einer begleitenden Überwachung der Geschäftsführung wie der Aufsichtsrat einer Kapitalgesellschaft; bereits diese identischen Aufgabenstrukturen sprechen dafür, dass sich die interne Stellung der Aufsichtsratsmitglieder in einer eingetragenen Genossenschaft und in einer Kapitalgesellschaft- entgegen der derzeitigen Gesetzeslage - nicht wesentlich unterscheiden sollten (so auch Trescher a.a.O.). Zumindest im vorliegenden Fall haben die Aufsichtsratsmitglieder der Klägerin - ebenso wie die Aufsichtsratsmitglieder einer Kapitalgesellschaft - einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung, vgl. § 24 Abs. 7 S. 2 der Satzung der Klägerin i.V.m. § 36 Abs. 2 GenG sowie § 113 AktG. Zur Sicherung der Unabhängigkeit des Aufsichtsrates in der Ausübung seiner Kontrollfunktion ist es bei Genossenschaften und Kapitalgesellschaften gleichermaßen erforderlich, diese Vergütung transparent zu gestalten und jegliche Formen einer Sondervergütung für einzelne Aufsichtsratsmitlieder wegen der damit verbundenen Gefahren der Herbeiführung von Interessenkonflikten bzw. gar der Korrumpierbarkeit zu unterbinden. Daher kennt das Genossenschaftsrecht in seinem § 36 Abs. 2 - wie das Aktienrecht - das Verbot einer nach dem Geschäftsergebnis bemessenen Vergütung; daher hat über die Höhe der Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder der Klägerin - ebenfalls vergleichbar mit der in § 113 Abs. 2 AktG getroffenen Zuständigkeitsregelung - die Vertretersammlung der Klägerin entschieden.

Der Sinn der Vorschrift des § 114 AktG besteht in einer präventiven Kontrolle der Beachtung der Bestimmungen des § 113 AktG

(1) durch die obligatorische Prüfung eines jeden Dienst- oder Werkvertrages über eine sog. Tätigkeit höherer Art eines Aufsichtsratsmitgliedes darauf,ob der Vertragsgegenstand auch tatsächlich außerhalb der Organpflichten des Aufsichtsratsmitglieds liegt und

(2) ob mit der darin vereinbarten Vergütung sachlich ungerechtfertigte Sonderbezüge eines Aufsichtsratsmitgliedes aus dem Vermögen der Gesellschaft entstehen können,

sowie

(3) durch die Gewährleistung der Kenntnis aller Aufsichtsratsmitglieder von möglichen besonders engen Beziehungen und Verflechtungen zwischen den Kontrollierten und einzelnen Kontrolleuren, wie sie sich häufig aus solchen Vertragsbeziehungen entwickeln (vgl. für alles BGHZ 126, 340, 344 f, 347 f; Mertens in: Kölner Komm. z. AktG, 2. Aufl. 1996, § 114 Rn. 2 m.w.N.; Hüffer, Komm. z. AktG, 3. Aufl. 1997, § 114 Rn. 1; Hoffmann-Becking in: Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. IV: Aktiengesellschaft, 1988, § 33 Rn. 24, 27).

Das Bedürfnis nach einer gleichwertigen präventiven Kontrolle zur Vermeidung einer unsachlichen Beeinflussung seiner Mitglieder ist dem Aufsichtsrat einer eingetragenen Genossenschaft nicht abzusprechen angesichts der Gleichartigkeit seiner Aufgaben und der Gleichartigkeit der für seine Unabhängigkeit bestehenden Gefahren; es gibt auch keinen genossenschaftsspezifischen Grund, die Funktionsfähigkeit des Aufsichtsrates einer eingetragenen Genossenschaft nicht gleichwertig und in gleicher Weise, wie es mit der Normierung der §§ 113, 114 AktG für den Aufsichtsrat einer Kapitalgesellschaft geschehen ist, zu schützen.

2.4. Ausgehend von der analogen Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 113, 114 AktG sind deren Voraussetzungen für die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Rechtsberatungsverträge nicht erfüllt.

Dabei kann es hier dahinstehen, ob die beiden - hinsichtlich der wesentlichen Bestimmungen wortgleichen - Honorarverträge überhaupt zustimmungs- bzw. genehmigungsfähig sind, woran erhebliche Zweifel bestehen könnten. Eine entsprechende Zustimmungsfähigkeit setzte voraus, dass die Vertragsleistungen des Beklagten zu 1. bzw. der aus den drei Beklagten bestehenden Sozietät im Vertragstext so konkret bestimmt wären, dass allein hieraus eine sichere Abgrenzung dieser Vertragspflichten von den Organpflichten des Beklagten zu 1. möglich wäre (vgl. BGHZ 114, 127, 129 ff; BGHZ 126, 340, 344 ff; auch LG Stuttgart ZIP 1998, 1275, 1278 ff m.w.N. und Anm. Wissmann/Ost in BB 1998, 1957, und Harnacke/Jorde in BB 1999, 489; zudem Mertens, a.a.O., § 114 Rn. 4 bis 6; Hüffer, a.a.O., § 114 Rn. 4 bis 6; Henze in: Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Aktienrecht, 1992, S. 193). Da zu den Aufgaben eines Aufsichtsratsmitgliedes, mithin auch zu denen des Beklagten zu 1. im streitgegenständlichen Zeitraum, zumindest auch die Beratung der Geschäftsleitung in übergeordneten Fragen der Unternehmensleitung gehört und nach den übereinstimmenden Regelungen beider streitgegenständlicher Honorarvereinbarungen jedenfalls die Übernahme einzelner konkreter Rechtsangelegenheiten als Rechtsanwalt nicht der Pauschalhonorierung unterfallen sollte, drängen sich Bedenken hinsichtlich der Abgrenzbarkeit der vertraglich geschuldeten Rechtsberatung zu allgemeinen Fragen geradezu auf. Unterstellt, die vertraglich geschuldeten Leistungen ließen sich nach dem Inhalt der Beratungsvereinbarungen nicht von den organschaftlichen Aufgaben trennen, dann wären beide Beratungsvereinbarungen bereits nach § 134 BGB i.V.m. § 113 AktG r.a. nichtig und demzufolge nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB bereicherungsrechtlich rückabzuwickeln (vgl. Mertens, a.a.O., § 114 Rn. 5).

Selbst wenn der Senat jedoch unter Zurückstellung dieser Bedenken von einer generellen Zustimmungsfähigkeit beider Honorarvereinbarungen ausginge, so fehlte es zu deren Wirksamkeit unter analoger Anwendung von § 114 Abs. 1 AktG an einer Zustimmung des Aufsichtsrates bzw. nach § 114 Abs. 2 AktG r.a. an einer entsprechenden Genehmigung. Die Entscheidung über das Einverständnis erfordert einen förmlichen Beschluss des Aufsichtsrates; eine stillschweigende bzw. konkludente Zustimmung oder Genehmigung enfaltet nicht die Rechtswirkungen eines solchen Beschlusses (vgl. für das Aktienrecht: BGHZ 10, 187, 194; 41, 282, 286; Mertens, a.a.O., § 108 Rn. 12 bis 14 und § 114 Rn. 11 f; Hüffer,a.a.O., § 108 Rn. 4 und § 114 Rn. 6; Henze, a.a.O., S. 178 f m.w.N.). Aus den gleichen Gründen, wie im Aktienrecht, ist auch bei einer eingetragenen Genossenschaft, wie hier, auf eine förmliche Beschlussfassung des Aufsichtsrates abzustellen, der hier fehlt, und eine konkludente Genehmigung, wie sie von den Beklagten zu 1. und zu 2. unter Verweis auf die Prüfung der Jahresabschlüsse für die Jahre 1993 und 1994 durch den Aufsichtsrat der Klägerin und die beanstandungsfreie Akzeptanz der hierin aufgeführten Zahlungen der Klägerin an die Beklagten geltend gemacht wird, abzulehnen. Bei der Zulassung einer konkludenten Genehmigung träte eine erhebliche Rechtsunsicherheit ein; die für eine Abstimmung unerlässlichen Feststellungen - wie Beschlussfähigkeit, Abstimmungserklärungen und Stimmverhältnisse - wären nicht zu treffen.

2.5. Unter Berücksichtigung der erstgenannten Möglichkeit - Unwirksamkeit der Beratungsvereinbarungen nach § 134 BGB i.V.m. § 113 AktG r.a., anknüpfend an § 24 Abs. 7 S. 2 der Satzung der Klägerin, - ergäbe sich der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der gesamten pauschalen Beratungshonorare von 289.560,00 DM gegen alle drei Beklagten als Zahlungsempfänger aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB; anderenfalls - bei Abstellen auf das fehlende förmliche Einverständnis des Aufsichtsrates der Klägerin mit den Honorarvereinbarungen - ist der Anspruch der Klägerin gegen alle drei Beklagten auf Rückzahlung des o.g. Betrages als spezifisch genossenschaftsrechtlicher Rückgewähranspruch nach § 114 Abs. 2 S. 2 AktG r.a. begründet.

Dem Anspruch steht - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten zu 1. und zu 2. - auch nicht entgegen, dass gegebenenfalls allein die Rechtsberatungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der aus allen drei Beklagten gebildeten Sozietät durchgeführt wurde. Die Vorschriften der §§ 113 und 114 AktG sind (doppelt) analog jedenfalls im vorliegenden Fall auch auf einen Vertrag mit der Sozietät der Beklagten anzuwenden. Allerdings ist es in Rechtsprechung und Literatur umstritten, nach welchen Kriterien die Anwendbarkeit des § 114 AktG auch auf Beratungsverträge mit einer Rechtsanwaltssozietät ausgedehnt werden kann (Übersicht vgl. Wissmann/Ost, a.a.O., 1959 m.w.N.). Das Meinungsspektrum reicht vom erwünschten Ausschluss jeglicher Umgehung der §§ 113 f AktG (Oppenhoff und - mit der Einschränkung der Beteiligung des Aufsichtsratsmitglieds an der Erbringung der Vertragsleistungen - auch Mertens) über das Abstellen auf die bloße Beteiligung des Aufsichtsratsmitgliedes - hier angewandt: des Beklagten zu 1. - an der Sozietät (Rellermever) bis zur - u.E. zu weit gehenden - Forderung einer gesellschaftsrechtlich beherrschenden Stellung des Aufsichtsratsmitglieds in der Sozietät (Lutter/Kremer). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte zu 1. als Begründer und Namensgeber einer ortsansässigen, zu keinem Zeitpunkt aus mehr als vier Rechtsanwälten bestehenden Sozietät jedenfalls an der Erbringung der Vertragsleistungen mitgewirkt und ist, was nach Auffassung des Senats hier maßgeblich ist, jedenfalls auch unmittelbar in den Genuss der Erträge aus den Vertragsleistungen gekommen. Wäre diesenfalls der Pauschalhonorarvertrag für Rechtsberatungsleistungen von der Zustimmungspflicht nach § 114 AktG r.a. ausgenommen, wäre der mit der analogen Rechtsanwendung bezweckte Schutz des Aufsichtsrates der Klägerin vor der Möglichkeit unsachlicher Beeinflussung ihrer Mitglieder erheblich ausgehöhlt, was jedenfalls nicht hingenommen werden kann.

2.6. Wie die Beklagten zu 1. und zu 2. selbst einräumen, ist ihnen die Aufrechnung mit möglichen eigenen bereicherungsrechtlichen Ansprüchen wegen der auf die Beratungsvereinbarung erbrachten Leistungen im vorliegenden Rechtsstreit wegen § 114 Abs. 2 S. 2 2. Hs. AktG r.a. verwehrt; dieses Aufrechnungsverbot gilt sowohl für den Anspruch aus § 114 Abs. 2 S. 1 AktG r.a. als auch für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch wegen Verstoßes gegen § 113 AktG r.a. i.V.m. § 24 Abs. 7 S. 2 der Satzung der Klägerin (vgl. Mertens, a.a.O., § 114 Rn. 13; Hüffer, a.a.O., § 114 Rn. 7 m.w.N.).

3.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 und 269 Abs. 3 ZPO.

Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 713 (hinsichtlich des Beklagten zu 3.), 546 Abs. 1 und 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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