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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 19.05.2004
Aktenzeichen: 1 Ws 171/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 771
Ein Dritter, dessen Sache in Vollziehung eines im Strafverfahren zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz erlassenen Arrestbeschlusses gepfändet worden ist, muss sein "besseres" Recht an der gepfändeten Sache mit der Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO geltend machen (HansOLG Hamburg NJW-RR 2003, 715 f).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

1 Ws 171/04

920 Js 50091/01 StA Halle

In der Strafsache

gegen

wegen Geldwäsche u. a.,

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 19. Mai 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Hennig, die Richterin am Oberlandesgericht Henze-von Staden und den Richter am Oberlandesgericht Sternberg

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. großen Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Halle vom 21. Januar 2004 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Antrag, die Pfändung des Pkw Daimler-Benz mit dem amtlichen Kennzeichen ... aufzuheben, als unzulässig zurückgewiesen wird.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

In dem dieser Strafsache zu Grunde liegenden Ermittlungsverfahren ordnete das Amtsgericht Halle-Saalkreis mit Beschluss vom 02. Mai 2003 zur Sicherung des staatlichen Anspruchs auf Verfall des Wertersatzes den dinglichen Arrest in das Gesellschaftsvermögen der S. Corporation , A. Avenue, M. , Florida, vertreten durch den Angeklagten in Höhe von mehr als 400.000,00 Euro an. Auf Grund dieses Beschlusses wurde bei der S. Corporation unter der Wohnanschrift des Angeklagten am 07. Mai 2003 der Pkw Mercedes-Benz mit dem amtlichen Kennzeichen ... durch Beamte des Bundeskriminalamtes gepfändet.

Nachdem der Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft dem Angeklagten mit Schreiben vom 23. Juli 2003 die beabsichtigte Notveräußerung des Pkw bekannt gegeben hatte, erhob die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 06. August und 22. Oktober 2003 Einwendungen gegen die "Beschlagnahme" und die beabsichtigte Notveräußerung und beantragte, den Pkw an sie herauszugeben. Mit - zwischenzeitlich (teilweise) zugelassenen - Anklagen wegen Geldwäsche und anderer Delikte verfolgt die Staatsanwaltschaft u. a. das Ziel, den Verfall des Wertersatzes der S. Corporation zugeflossener Geldbeträge in Höhe von mehr als 400.000,00 Euro gerichtlich anzuordnen.

Die auf Grund Anklageerhebung mit der Sache befasste Wirtschaftsstrafkammer hat das Begehren der Antragstellerin auch als Antrag auf Aufhebung der Pfändung des Pkw ausgelegt und diesen Antrag mit Beschluss vom 21. Januar 2004 - als unbegründet - zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§ 304 Abs. 1 und 2 StPO), hat jedoch mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe keinen Erfolg.

Ein Dritter - hier die Antragstellerin -, dessen Sache in Vollziehung eines im Strafverfahren zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz erlassenen Arrestbeschlusses gepfändet worden ist, muss sein "besseres" Recht an der gepfändeten Sache mit der Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO geltend machen (HansOLG Hamburg NJW-RR 2003, 715 f). Im Rahmen der Anordnung des dinglichen Arrestes gemäß § 111 d StPO gilt nach Abs. 2 dieser Vorschrift § 928 ZPO sinngemäß, der für die Vollziehung des Arrestes die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung - mithin § 771 ZPO - für entsprechend anzuwenden vorschreibt. Entscheidend hierbei ist, dass im Rahmen des Strafverfahrens der dingliche Arrest wegen des Verfalls von Wertersatz in das bewegliche Vermögen angeordnet wird, ohne hierbei etwa konkrete Vermögensgegenstände zu bestimmen. Die Vollziehung des Arrestes wird vielmehr durch Pfändung einzelner Vermögensgegenstände (§ 930 Abs. 1 Satz 1 ZPO) bewirkt, wobei die Auswahl hierüber durch die Staatsanwaltschaft oder durch deren Hilfsbeamte - wie hier der Fall - getroffen wird (§ 111 f Abs. 3 Satz 1 StPO). An dieser Auswahl von gepfändeten Gegenständen ist das mit der Strafsache befasste Gericht nicht beteiligt und kann auch nicht durch Anträge von am Verfahren nicht beteiligten Dritten befasst werden, weil diese Auswahl der gepfändeten Gegenstände für das Strafverfahren nicht relevant ist. Denn auch bei der abschließenden Entscheidung im Hauptverfahren trifft das Strafgericht keine Entscheidung über bestimmte Gegenstände, sondern nur über den Verfall von Wertersatz allgemein (§ 73 a StGB). Die Sachkenntnis des Strafgerichts ist auf die Schuld- und Straffrage des angeklagten Lebenssachverhalts konzentriert. Es wäre daher auch prozessökonomisch unvertretbar, das Strafgericht - etwa im Falle von Pfändungen diverser Gegenstände, hinsichtlich derer sich im Laufe des Verfahrens entsprechend viele Dritte einer Eigentumsstellung berühmen - mit der Entscheidung über entsprechende Eigentumsansprüche Dritter - bei geltendem Amtsermittlungsgrundsatz - zu befassen. Den erhobenen Anspruch auf Herausgabe des gepfändeten Pkw - und damit zugleich Aufhebung der Pfändung - kann die Antragstellerin daher allein im Zivilrechtsweg mit der Drittwiderspruchsklage geltend machen.

Ob ein Interessengegensatz i. S. v. § 356 StGB (hierzu Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 356 Rn. 7) dadurch besteht, dass die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zugleich Verteidiger des Angeklagten sind, hat der Senat nicht zu entscheiden.

Die Kostenfolge beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.



Ende der Entscheidung

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