Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 20.05.2005
Aktenzeichen: 10 Sch 1/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 328
ZPO §§ 1025 ff.
ZPO § 1029
ZPO § 1029 Abs. 2
ZPO § 1040 Abs. 3 S. 2
ZPO § 1054
ZPO § 1059
ZPO § 1059 Abs. 2
ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b
ZPO § 1059 Abs. 3
ZPO § 1060 Abs. 2
ZPO § 1060 Abs. 2 S. 3
ZPO § 1062 Abs. 2 Nr. 4
ZPO § 1063 Abs. 2
BGB § 133
BGB § 154
BGB § 157
BGB §§ 1025 ff.
Ist lediglich in einem gesonderten Schiedsvertrag die ausschließliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts vereinbart worden und widerspricht diese Regelung der Schiedsabrede in einem am selben Tag geschlossenen Hauptvertrag, die lediglich eine Schlichtungsabrede enthält, kann eine wirksame Schiedsabrede nicht angenommen werden.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

10 Sch 1/05 OLG Naumburg

verkündet am 20. Mai 2005

In dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2005 unter Mitwirkung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, der Richterin am Oberlandesgericht Mertens und der Richterin am Landgericht Göbel

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Teilschiedsspruchs vom 16. Dezember 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 8. April 2005 wird abgelehnt.

Der Teilschiedsspruch vom 16. Dezember 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 8. April 2005 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I.

Die Parteien schlossen unter dem 22. März 2001 einen als Generalübernahmevertrag bezeichneten Vertrag. Die Antragsgegner hatte bereits Planungsleistungen für die Errichtung von 21 Windkraftanlagen in den Gemeinden Q. und B. erbracht. Die Antragstellerin erwarb durch den Vertrag die komplette Planung des Windparks einschließlich aller notwendigen Dienst- und Werkleistungen zu einem Festpreis von 31.750.000,00 DM netto.

Unter § 15 des Vertrags schlossen die Parteien eine gesondert unterschriebene Vereinbarung mit dem folgenden Inhalt:

§ 15 Schiedsklausel/Gerichtsstand

(1) Sollte es zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer Streitigkeiten bezüglich der Arbeiten oder der die Arbeiten betreffenden Vereinbarungen, einschließlich des vorliegenden Vertrages geben, versuchen Auftraggeber und Auftragnehmer zunächst, diese mit Hilfe von Schlichtern zu entscheiden. Hierzu schließen Auftraggeberin und Auftragnehmer einen Schiedsvertrag ab, welcher als Anlage 12 diesem Vertrag anliegt.

(2) Hat es sich erwiesen, dass sich die Streitigkeiten mit Hilfe der Schlichtung wie im Schiedsvertrag beschreiben, nicht beilegen lassen oder sollte sich der Schiedsvertrag als unwirksam erweisen, werden die Streitigkeiten, gleich aus welchem Rechtsgrund, in erster Instanz durch das Landgericht Magdeburg entschieden.

(3) ...

Wegen des weiteren Inhalt des Vertrags wird auf Bl. 3 ff. d.A. Bezug genommen.

Ebenfalls unter dem 22. März 2001 schlossen die Parteien einen als Schiedsvertrag zum Generalübernahmevertrag bezeichneten Vertrag.

§ 1 dieses Vertrags hat folgenden Wortlaut:

Zuständigkeit des Schiedsgerichts:

(1) Alle Streitigkeiten, die zwischen den Vertragsparteien aufgrund des zwischen diesem abgeschlossenen Vertrages über den Erwerb des Windparks in Q. - B. mit Wirksamkeit zum 22. März 2001 ergeben, werden (unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges) durch ein Schiedsgericht entschieden. Dies gilt auch für Streitigkeiten über die Wirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen oder etwaiger Nachträge sowie für Meinungsverschiedenheiten über die Rechtmäßigkeit oder Angemessenheit der vorgesehenen schiedsgutachterlichen Entscheidungen.

(2) Das Schiedsgericht ist auch zuständig für Streitigkeiten über die Wirksamkeit und Auslegung dieses Schiedsvertrages.

Wegen des weiteren Inhalts des Schiedsvertrags wird auf Bl. 16 ff. d.A. Bezug genommen.

Mit am 24. Februar 2003 bei dem Landgericht Magdeburg eingegangenen Schriftsatz erhob der Antragsgegner Klage auf Zahlung eines Teilbetrags in Höhe von 25.000,00 Euro aus seiner entsprechend § 7 des Grundvertrags vorgesehenen 5. Teilrechnung vom 2. September 2002 über 572.316,40 Euro brutto. Die hiesige Antragstellerin erhob nach Klagezustellung die Rüge der Einrede des Schiedsvertrags. In der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2003 wies das Gericht darauf hin, dass es dazu neige, die Schiedsgerichtsvereinbarung für wirksam zu halten. Noch in der mündlichen Verhandlung nahm der hiesige Antragsgegner die Klage zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu Informationszwecken beigezogene Akte des Landgerichts Magdeburg, Geschäftszeichen 6 O 393/03, Bezug genommen.

Mit Unterschriften des Antragsgegners als Schiedskläger und der Antragstellerin als Schiedsbeklagten vom 28. Oktober 2003 und 19. Dezember 2003 schlossen die Parteien mit Prof. Dr. D. , Rechtsanwalt St. und Rechtsanwalt Dr. R. als Schiedsrichtern einen Schiedsrichtervertrag. Wegen des Vertrags wird auf Bl. 214 ff. d.A. Bezug genommen.

Am 16. Dezember 2004 fand vor dem Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung statt. Im Anschluss verkündete das Schiedsgericht den hier in Rede stehenden Teilschiedsspruch. Wegen des Protokolls wird auf Bl. 22 f. d.A., wegen des Teilschiedsspruchs wird auf Bl. 24 ff. d.A. Bezug genommen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, zwischen den Parteien sei eine wirksame Schiedsklausel vereinbart worden. Nur die im Hauptvertrag gewählte Formulierung "zunächst" spreche dafür, dass der staatliche Rechtsweg durch das Schiedsverfahren nicht ausgeschlossen sein solle. In § 1 des Schiedsvertrags hätten die Parteien aber gerade den Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs vereinbart. Der Schiedsvertrag selbst habe Vorrang vor dem Hauptvertrag, da dieser separater Prozessvertrag und damit unabhängig vom Hauptvertrag sei.

Zu berücksichtigen sei auch, dass der Antragsgegner seine vor dem Landgericht Magdeburg erhobene Klage nach Hinweis des Gerichts zurückgenommen habe.

Aufhebungsgründe lägen nicht vor, insbesondere nicht die Voraussetzungen des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürfe dies nicht zur Überprüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs führen, die es weder im Bereich des § 328 ZPO, noch im Bereich des § 1059 Abs. 2 ZPO gebe.

Die Antragstellerin beantragt, den Teilschiedsspruch vom 16. Dezember 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 8. April 2005 für vollstreckbar zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Erteilung der Vollstreckbarkeit des Teilschiedsspruchs vom 16. Dezember 2004 in der Fassung des Berichtigungsbeschluss vom 8. April 2005 zurückzuweisen und somit inzident festzustellen, dass er aufzuheben ist.

Der Antragsgegner vertritt die Auffassung,

der Teilschiedsspruch entspreche bereits nicht den Erfordernissen des § 1054 ZPO, denn es sei durch das Schiedsgericht nicht nachvollziehbar begründet worden, weshalb dieser zulässig und begründet sein solle.

Durch das Schiedsgericht könne ohnehin keine endgültige Entscheidung getroffen werden, da - wie er behauptet - nach den Vereinbarungen der Parteien das Schiedsgericht nicht die ordentlichen Gerichte ausschließen solle. Auf die Möglichkeit, den Schiedsspruch durch ein ordentliches Gericht überprüfen zu lassen, habe er nicht verzichten wollen.

Das Schiedsgericht habe sich auch nicht mit seinem Verteidigungsvorbringen auseinandergesetzt und nur inhaltsleere Wendungen benutzt. Insbesondere habe sich das Schiedsgericht nicht mit seinem Hilfsantrag im Schriftsatz vom 20. Oktober 2004, Seite 9, befasst, mit dem er die hilfsweise die Verurteilung der Antragstellerin Zug um Zug gegen Erteilung einer Löschungsbewilligung der zu seinen Gunsten in den diversen Grundbüchern eingetragenen beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten und Vormerkungen zur Sicherung des Rechts auf Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit beantragt habe.

Der Teilschiedsspruch sei aufzuheben, da insbesondere sein Anspruch auf rechtliches Gehör und der Grundsatz eines fairen Verfahrens verletzt worden sei.

II.

Der Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarkeitserklärung ist zulässig. Die Zuständigkeit des beschließenden Senats ergibt sich aus § 1062 Abs.2 Nr.4 i.V.m. § 1060 Abs.2 ZPO.

Der Antrag ist jedoch gemäß § 1060 Abs.2 ZPO unter Aufhebung des Teilschiedsspruchs abzulehnen, da ein in § 1059 Abs.2 ZPO bezeichneter Aufhebungsgrund vorliegt. Es ist nämlich davon auszugehen, dass zwischen den Parteien eine nach deutschem Recht wirksame Schiedsvereinbarung nicht besteht (§ 1059 Abs.2 Nr.1 litt. a ZPO).

Der Antragsgegner, der sich vorliegend auf einen Aufhebungsgrund im Sinne des § 1059 ZPO beruft und dem die Darlegungs- und Beweislast für dessen Vorliegen obliegt (BGH, WM 1979, 1006, 1007 m.w.N.), hat diesen Nachweis erbracht.

Im Schiedsverfahren befindet zwar zunächst das Schiedsgericht selbst über seine Zuständigkeit, und zwar entweder durch einen seine Zuständigkeit bejahenden Zwischenentscheid (§ 1040 Abs.3 S.1 ZPO) sowie - ausnahmsweise - im verfahrensabschließenden Schiedsspruch oder - negativ - durch eine die Schiedsklage als unzulässig abweisenden Prozessschiedsspruch (BGHZ 151, 79, 80 f.; amtliche Begründung, BT-Drucks. 13/5274 S. 26 und 44). Das letzte Wort hat jedoch gemäß § 1040 Abs.3 S.2 ZPO bzw. 1059 ZPO das staatliche Gericht.

Da das Recht auf Zugang zu den staatlichen Gerichten, das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt, und das Recht auf den gesetzlichen Richter Verfassungsrang haben (BGH, NZG 2000, 897, 898), ist Voraussetzung für eine Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs durch den beschließenden Senat, dass sich der freie Wille der Parteien zur Unterwerfung unter den Spruch eines privaten Schiedsgerichts unter Verzicht auf die Entscheidung staatlicher Gericht eindeutig feststellen lässt. Die Parteien können sich nicht etwa vorbehalten, nach dem Schiedsverfahren ein staatliches Gericht anzurufen, das den Schiedsspruch überprüfen soll, wenn diese Überprüfung über das in § 1059 Abs. 2 ZPO gesetzlich ohnehin Geregelte hinausgeht (BGHZ 48, 25, 28; BB 1982, 1077; Münchener Kommentar/Münch, ZPO-Kommentar, 2. Auflage, § 1029 Rn. 41 m.w.N.).

Der Senat geht jedoch davon aus, dass es sich bei dem "Schiedsgericht", das vorliegend tätig geworden ist, nicht um ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO handelt. Dies wäre - wie ausgeführt - nur dann der Fall, wenn die Parteien dem Schiedsgericht die Entscheidung des Rechtsstreits unter Ausschluss des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten zugewiesen hätten.

Zwar hat sich in Rechtsprechung und Schrifttum die Auffassung durchgesetzt, dass eine Vereinbarung zulässig ist, nach der wahlweise entweder ordentliche Gerichte oder Schiedsgerichte über entstehende Streitigkeiten entscheiden sollen, in den behandelten Fällen war die wahlweise Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte oder der Schiedsgerichte aber ausdrücklich festgelegt und klar abgegrenzt, so dass von vornherein eindeutig erkennbar war, in welchen Fällen die ordentlichen Gerichte ausschließlich und endgültig entscheiden sollten und in welchen Fällen die Zuständigkeit der Schiedsgerichte gelten sollte (BGH, NJW 1992, 575 f.; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO-Kommentar, 22. Auflage, § 1029 ZPO Rn. 15).

Um eine solche eindeutige Vereinbarung einer wahlweisen Zuständigkeit der Schiedsgerichte handelt es sich im vorliegenden Fall aber nicht. Vielmehr ergibt sich aus § 15 des Generalübernahmevertrages, dass zunächst lediglich versucht werden sollte, Streitigkeiten von Schlichtern entscheiden zu lassen. Sollte es sich erweisen, dass sich die Streitigkeiten nicht beilegen lassen, sollte das Landgericht Magdeburg zur Entscheidung berufen sein. Diese Bestimmung kann für sich betrachtet nur so verstanden werden, dass in allen Streitfällen aus dem Generalübernahmevertrag der Weg zum ordentlichen Gericht offen bleiben sollte.

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Parteien in dem gesonderten Schiedsvertrag, der als Anlage 12 dem Generalübernahmevertrag beigefügt worden ist, eine Regelung getroffen haben, die im Widerspruch zu § 15 des Generalübernahmevertrags steht. § 1 Abs. 1 des Schiedsvertrags enthält nämlich die Bestimmung, dass das Schiedsgericht unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs zu entscheiden habe, was für sich betrachtet auf eine ausschließliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts hindeuten und eine wirksame Schiedsabrede darstellen würde.

Die Parteien haben keinerlei Vortrag zu der Frage getätigt, ob dieser Widerspruch Gegenstand der Vertragsverhandlungen war und in welcher Weise er seinerzeit erörtert worden ist. Dass die Parteien ihre Vorstellungen von ihrem Verständnis des Verhältnisses zwischen § 15 des Generalübernahmevertrags und dem gesonderten Schiedsvertrag seinerzeit erörtert haben, ist nicht ersichtlich und von den Parteien dargelegt worden.

Aus dem Parteivorbringen kann vorliegend ein übereinstimmender Wille im Hinblick auf die Frage des Inhalts von § 15 des Generalübernahmevertrags in Verbindung mit dem gesonderten Schiedsvertrag nicht entnommen werden. Bei einer Vertragsauslegung geht ein übereinstimmender Wille der Parteien jeder anderweitigen Interpretation vor. Ergibt sich aus dem Vorbringen der Parteien im Verfahren, dass sie eine Erklärung in einem bestimmten Sinn verstanden haben, so hat der Richter dementsprechend von dem gemeinsamen Verständnis der Parteien auszugehen (Soergel/Hefermehl, BGB-Kommentar, 12. Auflage, § 133 BGB, Rnrn. 17, 35; Soergel/Wolf, aaO., § 157 BGB, Rn. 16).

Wegen dieser Unklarheiten ist es erforderlich gemäß §§ 133, 154 BGB eine Auslegung zur Erforschung des von den Parteien Gewollten vorzunehmen. Gemäß § 133 BGB ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Bei der Auslegung ist insbesondere die Berücksichtigung des Wortlauts der Erklärungen, der Begleitumstände und der Interessenlage der Parteien zu berücksichtigen (BGH, NJW 2002, 1260).

Aus dem zwischen den Parteien am Tag des Abschlusses des Generalübernahmevertrags vom 22. März 2001 ebenfalls getroffenen Schiedsvertrag ergibt sich jedoch nicht der Ausschluss der in § 15 des Generalübernahmevertrags vorhandenen Regelungen. Die in § 1 Abs. 1 des Schiedsvertrags vorhandene Bestimmung zum Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs kann unter Heranziehung des § 15 des Generalübernahmevertrags auch so ausgelegt werden, dass der Ausschluss nur während der Zeit der Anhängigkeit des Schiedsverfahrens gelten sollte, also "zunächst".

Grundsätzlich hätte es den Parteien gemäß § 1029 Abs. 2 ZPO frei gestanden, eine Schiedsvereinbarung entweder in Form einer selbständigen Vereinbarung oder in Form einer Klausel in einem Vertrag zu schließen. Vorliegend haben die Parteien letztlich von beiden Varianten Gebrauch gemacht, denn sie haben sowohl im Generalübernahmevertrag als auch gesondert eine Schiedsvereinbarung getroffen.

Es kann aber entgegen der Auffassung der Antragstellerin ohne weitere Anhaltspunkte nicht angenommen werden, dass die separaten Regelungen im Verhältnis der Über-/Unterord-nung oder gar in einem Ausschlussverhältnis zueinander getroffen worden sind.

Vielmehr zeigt der Hinweis auf den gesonderten Schiedsvertrag in § 15 Abs. 1 des Generalübernahmevertrags, dass diese mit der Ursprungsregelung nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich im Zusammenhang erblickt werden soll. § 15 Abs. 2 des Generalübernahmevertrags ist räumlich nach dem Hinweis auf den Schiedsvertrag angeordnet und enthält für den Fall, dass sich die Streitigkeiten mit Hilfe der Schlichtung wie im Schiedsvertrag beschrieben, nicht beilegen lassen, die Zuständigkeitsbestimmung zu Gunsten des Landgerichts Magdeburg.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Parteien in § 15 des Generalübernahmevertrags zum einen den Begriff des Schlichters und zum anderen den Begriff der Schlichtung verwendet haben. Ob diese Begriffe inhaltlich bewusst oder nur unbewusst benutzt worden sind, kann nicht festgestellt werden. Jedenfalls spricht die Wortwahl dafür, dass die Parteien nur einen Schlichtungsversuch, nicht jedoch eine endgültige Streitbeilegung durch ein Schiedsgericht wünschten oder schlicht keine Kenntnis von den rechtlichen Konsequenzen der benutzten Begrifflichkeiten hatten.

Der Auffassung der Antragstellerin, wonach ein Widerspruch zwischen Haupt- und Schiedsvertrag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Weise zu lösen sei, dass der betreffenden Schiedsvertragsklausel der Vorrang einzuräumen sei, kann nicht gefolgt werden. In der unter Bezug genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1969, 1536 f.) stand ein Fall zur Entscheidung an, in dem vordergründig Widersprüche zwischen Lieferbedingungen der einen Seite und Auftragsbestätigungen der anderen Partei gegeben waren. Ferner hatten die Partei in dem in Rede stehenden Fall von einer Schiedsklausel übereinstimmend keinen Gebrauch gemacht und vor einem ausländischen staatlichen Gericht verhandelt. Vorliegend ist der beschließende Senat aber gerade deshalb zur Entscheidung gemäß § 1063 Abs. 2 ZPO berufen, weil sich die Parteien im Hinblick auf die Frage der Auslegung der schiedsgerichtlichen Abreden nicht einig sind.

Auch die Klagerücknahme der Teilklage durch den Antragsgegner ist kein Umstand, der zwingend eine Auslegung der Schiedsvereinbarung im Sinne des Antragstellervortrags zulässt. Es sind vielerlei Gründe denkbar, die den Antragsgegner zu diesem Vorgehen veranlasst haben könnten. Die Kammer hatte ihre vorläufige Rechtsauffassung zur Zuständigkeitsfrage geäußert, so dass der Antragsgegner sich durchaus veranlasst sehen konnte, zur Vermeidung weiterer Kosten und unnötiger Verzögerungen den Versuch einer außergerichtlichen Streitbeilegung zu unternehmen. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich und von der Antragstellerin dargelegt worden, die aus damaliger Sicht den Schluss auf eine Aussichtslosigkeit dieses Versuchs zugelassen hätten.

Aus diesen Gründen spricht auch der Umstand, dass der Antragsgegner Klage vor dem Schiedsgericht erhoben hat, nicht zwingend dafür, dass er dieses als Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. BGB akzeptiert hatte. Vielmehr zeigt der Abschluss des Schiedsrichtervertrags, dass jedenfalls der Antragsgegner nicht von der unbeschränkten Zuständigkeit eines Schiedsgerichts für Streitigkeiten aus dem Vertrag ausging. Der Antragsgegner strich nämlich in dem Schiedsrichtervertrag den Satz, der sich auf die Anerkennung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts bezog, wie sich aus dem Schreiben des Vorsitzenden des Schiedsgerichts vom 16. Januar 2004, Bl. 219 d.A., ergibt. Diesem Schreiben ist auch zu entnehmen, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts Prof. Dr. D. den Widerspruch zwischen § 15 des Generalübernahmevertrages und dem gesonderten Schiedsvertrag im Sinne einer Abgrenzung zwischen Schlichtungsverfahren und Schiedsverfahren erkannt hat. Dafür, dass der Antragsgegner gegenüber dem Schiedsgericht zu irgendeiner Zeit deutlich gemacht hat, dass er von dem Abschluss einer wirksamen Schiedsabrede im Sinne des § 1029 ZPO ausgeht, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich und von dem Antragsteller dargelegt worden.

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin selbst zur Zeit der Anhängigkeit des Rechtsstreits vor dem Landgericht Magdeburg den Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht als vereinbart angesehen hatte. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. März 2003 führte die Antragstellerin aus, dass erst nach Erfolglosigkeit eines Schlichtungsverfahrens die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts gegeben wäre. Diesbezüglich wird auf Bl. 43 f. der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Die Gesamtwürdigung aller für die Auslegung maßgeblichen Umstände führt nach alledem dazu, die in Rede stehenden Vereinbarungen als eine Schlichtungsabrede zu qualifizieren.

Schlichtung zeichnet sich im Gegensatz zur neutralen Entscheidungskompetenz der Schiedsgerichtsbarkeit dadurch aus, dass ein neutraler Dritter ohne eigene Entscheidungsgewalt sich bemüht, den freiwillig verhandelnden Parteien zu einer Einigung zu verhelfen, wobei eine starre Definition nicht herangezogen werden kann (Münchener Kommentar/Münch, ZPO-Kommentar, 2. Auflage, vor § 1025 ff. ZPO, Rn. 12). Vorliegend haben die Parteien zwar eine Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts vereinbart, indes hindert dies die Parteien - wie ausgeführt - nicht, die ordentliche Gerichtsbarkeit anzurufen, denn ein fehlender Schlichtungsversuch könnte allenfalls dazu führen, eine etwaige Klage als zur Zeit unzulässig abzuweisen (vgl. BGH, NJW 1984, 669, 670; OLG Köln, MDR 1990, 638; Münchener Kommentar, a.a.O.). Nur ergänzend sei bemerkt, dass dies vorliegend bereits deshalb nicht in Betracht kommen dürfte, weil in Ansehung des Streitinhalts und des bisherigen Verlaufs nicht zu erwarten ist, dass eine weitere Tätigkeit des "Schiedsgerichts" zur Befriedung der Parteien führen könnte.

Nach alledem ist der Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung des Teilschiedsspruchs gemäß § 1060 Abs.2 ZPO abzulehnen und dieser aufzuheben. Insbesondere steht der Aufhebung des Teilschiedsspruchs nicht gemäß § 1060 Abs.2 S.3 ZPO entgegen, dass die Frist gemäß § 1059 Abs.3 ZPO für einen Aufhebungsantrag abgelaufen ist, denn diese beträgt drei Monate ab Empfang des Schiedsspruchs.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück