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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 17.02.2006
Aktenzeichen: 10 U 41/05 (Hs)
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 7 Abs. 1
UWG § 7 Abs. 2 Ziff. 3
UWG § 8 Abs. 1
ZPO § 286
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Unterlassung von unverlangter Zusendung von Telefax-Werbung. Insbesondere liegen genügend Indizien zur Abnahme einer Störereigenschaft vor, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Dritter unter dem Namen des Prozessgegners Telefaxschreiben versendet.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

10 U 41/05 (Hs) OLG Naumburg

verkündet am: 17. Februar 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 03.02.2006 durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Oberlandesgericht Mertens und die Richterin am Amtsgericht Westerhoff für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 10.08.2005 abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Vermeidung der vom Landgericht angedrohten Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für einen Telefaxabrufdienst, insbesondere den "F. verlag", mittels Versendens von Telefaxschreiben zu werben,

a) ohne dass eine Einwilligung der Adressaten in den Empfang der Werbeschreiben vorliegt

und/oder

b) ohne dass eine gültige Adresse (Postanschrift, Telefonnummer und/oder Telefaxnummer) angegeben wird, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Telefaxschreiben richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer und der Streitwert für den Berufungsrechtzug werden auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagten einen Unterlassungsanspruch wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens geltend.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, der sich satzungsmäßig zur Aufgabe gemacht hat, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen und den lauteren Geschäftsverkehr zu fördern.

Die Beklagte zu 1) ist ein Unternehmen, welches Telekommunikationswerbung auch in Deutschland betreibt. Sie unterhält in Deutschland zumindest unter der im Rubrum bezeichneten Adresse eine Niederlassung. Der Beklagte zu 2) ist ihr "Director", d. h., ihr Geschäftsführer.

Die Beklagte zu 1) versendet unter anderem per Fax ein Werbeschreiben des "F. verlags", womit der Empfänger zum gebührenpflichtigen Fax-Abruf einer Werbeliste animiert werden soll. Am unteren Ende des Werbeschreibens erscheint sehr kleingedruckt folgender Hinweis: "Sie erhalten diese Informationen von uns nur, wenn sie sich gegenüber uns oder einem unserer Partner mit der Übersendung von Informationen per Telefax einverstanden erklärt haben. Sollten Sie künftig keine Sendungen mehr wünschen, senden Sie uns bitte dieses Fax einfach mit Ihrer Telefaxnummer zurück an die oben genannte Nummer oder an ... oder schreiben Sie uns eine eMail. ... Sie werden dann sofort aus unserer Datenbank gelöscht."

Anrufe bzw. Faxe unter den genannten Telefax-Nummern werden jeweils mit anderen Kosten als den Basistarifen berechnet. Die Kosten für die hier verwendete "700er" Nummer kann der Verwender selbst festlegen.

Der Kläger mahnte diese Werbung mit Schreiben vom 22.12.2004 ab, die Beklagten gaben keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Mit Schreiben vom 03.01.2005 erklärten sie gegenüber dem Kläger wörtlich: "Unser Haus hat zu keinem Zeitpunkt Telefaxwerbung verschickt."

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Werbung der Beklagten sei wettbewerbswidrig. Hierzu hat sie behauptet, die Beklagte zu 1) betreibe ihre Geschäfte von der im Rubrum bezeichneten Anschrift aus. Das Werbeschreiben sei - unaufgefordert, was unstreitig ist - am 07.11.2004 um 04:29 Uhr auf einem Faxgerät des als Zeugen benannten D. B. eingegangen. Am 06.04.2005 habe dieser zudem eine Vielfachwerbung von 64 Seiten erhalten. Versender dieser Faxe sei die Beklagte zu 1) gewesen. Der Beklagte zu 2) habe hiervon Kenntnis gehabt und sei als Geschäftsführer bzw. "Director" für die Versendung auch verantwortlich.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, hinsichtlich der Beklagten zu 1) zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu untersagen,

im geschäftlichen Verkehr für einen Telefaxabrufdienst, insbesondere den "F. verlag", mittels Versendens von Telefaxschreiben zu werben,

- ohne dass eine Einwilligung der Adressaten in den Empfang der Werbeschreiben vorliegt

und/oder

- ohne dass eine gültige Adresse (Postanschrift, Telefonnummer und/oder Telefaxnummer) angegeben wird, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Telefaxschreiben richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Ansicht vertreten, die Klage sei bereits unzulässig, da die Parteibezeichnung unrichtig sei. Der Kläger habe nicht ausreichend nachgewiesen, dass die Beklagte zu 1) unter der im Rubrum benannten Anschrift eine selbständige Zweigniederlassung habe. Zudem hafte der Beklagte zu 2) nicht allein aufgrund seiner Geschäftsführertätigkeit. Der Zugang der Faxe beim Zeugen B. werde mit Nichtwissen bestritten.

Die Beklagten haben zudem behauptet, der Zeuge B. habe zu keinem Zeitpunkt Telefaxe von der Beklagten zu 1) erhalten.

Die 11. Zivilkammer des Landgerichts Halle - Einzelrichter - hat der Klage insoweit stattgegeben, als sie den Beklagten zu 1) und 2) untersagt hat, im geschäftlichen Verkehr für einen Telefaxabrufdienst mittels Versenden von Telefaxschreiben zu werben, insbesondere für den "F. verlag", ohne dass eine gültige Adresse (Postanschrift, Telefonnummer und/oder Telefaxnummer) angegeben wird, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Telefaxsendungen richten kann, ohne dass hierfür anderen als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird jedem der Beklagten die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000,00 Euro angedroht, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, hinsichtlich der Beklagten zu 1) gegen einen Geschäftsführer der Beklagten zu 1).

Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen. Zur Begründung hat der erkennende Einzelrichter ausgeführt, dass ein Anspruch auf Unterlassen der unverlangten Zusendung von Werbung gem. § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG daran scheitert, dass entgegen § 8 Abs. 1 UWG weder eine Erstbegehungsgefahr noch eine Wiederholungsgefahr festzustellen sei. Selbst wenn die in Streit stehenden Schreiben dem Zeugen B. tatsächlich zugegangen wären - was von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten wird -, so stehe nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass diese von den Beklagten - und nicht von Dritten, die sich etwa einen Spaß erlauben wollten - übersandt wurden. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Zur Begründung beruft er sich darauf, dass das Landgericht bei zutreffender Würdigung des Sachverhalts die Versendung der Schreiben durch die Beklagten an den Zeugen B. als erwiesen hätte ansehen müssen. Folge man der Ansicht des Landgerichts über die Anforderungen an die diesbezügliche Beweisführung, so könne allein ein Zugeständnis des Beklagten zu 2) genügen, dies sei von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht nicht gedeckt. Nicht nur Herr B. , sondern zahlreiche andere Personen, u. a. die Staatsanwaltschaft Naumburg hätten ausweislich einer Fernsehsendung vergleichbare Telefaxe unaufgefordert durch die Beklagten zugesandt bekommen. Der Kläger beantragt,

die Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Halle vom 10.08.2005, AZ: 11 O 8/05, weiter wie folgt zu verurteilen:

Den Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, hinsichtlich der Beklagten zu 1) zu vollziehen an dem Geschäftsführer, untersagt, im geschäftlichen Verkehr für einen Telefaxabrufdienst, insbesondere den "F. verlag", mittels Versendens von Telefaxschreiben zu werben, ohne dass eine Einwilligung der Adressaten in den Empfang der Werbeschreiben vorliegt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten weiterhin, sie hätten die streitgegenständlichen Telefaxe nicht an den Zeugen B. versandt, dies ergebe sich aus den geprüften Sendeprotokollen der Faxanschlüsse der Beklagten. Es seien eine Vielzahl von Möglichkeiten denkbar, wie das Telefax dem Zeugen B. zugeleitet worden sein könnte, möglicherweise durch Mandanten oder ähnliches, denkbar sei auch eine beabsichtigte gezielte Schädigung der Beklagten. Der Inhalt der von der Klägerin zitierten Fernsehsendung sei für den vorliegenden Rechtsstreit irrelevant.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen - über den vom Landgericht zugesprochenen Anspruch hinausgehenden - Unterlassungsanspruch.

1. Zutreffend hat das Landgericht Halle in seinem Urteil die Zulässigkeit der Klage einschließlich der örtlichen Zuständigkeit im Hinblick auf die Geschäftsadresse der Beklagten zu 1) bejaht. Diesbezüglich wird auf die Urteilsgründe verwiesen. Hierzu haben die Beklagten in der Berufungsinstanz nicht weitergehend vorgetragen.

2. Der Unterlassungsanspruch ist gem. §§ 3, 7 Abs. 2 Ziff. 3, 8 Abs. 1 UWG auch begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf Unterlassen der unverlangten Zusendung von Telefaxwerbung, da dies gem. § 7 Abs. 2 Ziff. 3 UWG wettbewerbswidrig ist.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Werbung mit Telefax - ebenso wie Telefon- und Telexwerbung (BGHZ 59, 317, 319 - Telex-Werbung) wettbewerbswidrig, wenn kein sachlicher, in der Interessensphäre der Adressaten liegender Grund besteht, ein Angebot über Telefax zu übermitteln (BGH WM 1996, 216 - 217). Sie führt zu wettbewerbsrechtlich nicht zu billigenden Beeinträchtigungen des Betriebsablaufs des Empfängers. Telefax-Schreiben erfordern zumeist einen mehr als nur unerheblichen Arbeits- und Zeitaufwand. Hinzu kommt dass infolge des jederzeitigen Zugangs der Mitteilungen anders als bei Postsendungen eine Arbeitsunterbrechung stattfindet (OLG Hamm GRUR 1990, 689). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Empfänger der Telefax-Werbung Kosten aufgebürdet werden, nämlich Papier-, Toner- und Stromkosten sowie anteilige Kosten für die Wartung des Geräts, die nach dem Grad der Benutzung unterschiedlich ausfallen.

Wie in den Fällen der Telefonwerbung im geschäftlichen Verkehr kann daher auch die Telefax-Werbung wettbewerbsrechtlich grundsätzlich nicht gebilligt werden. Für zulässig erachtet werden kann sie - ausnahmsweise - nur dann, wenn der Gewerbetreibende mit dem Erhalt von Telefax-Werbeschreiben ausdrücklich oder konkludent einverstanden ist oder sein Einverständnis damit vom Absender anhand konkreter Umstände vermutet werden kann (BGH WM 1996, 216 - 217).

Danach beanstandet der Kläger die vorliegend angegriffene Werbung zu Recht.

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Zeuge B. die streitgegenständlichen Faxschreiben erhalten hat. Der Senat hegt keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der diesbezüglichen Bekundungen des Zeugen. Der Zeuge hat die an ihn gerichtete Beweisfrage hinreichend eindeutig und bestimmt zu beantworten vermocht. Seine Angaben sind in sich stimmig und frei von inneren Widersprüchen. Etwaige Unsicherheiten seiner Angaben - etwa hinsichtlich der genauen Anzahl der am 06.04.2005 erhaltenen Faxschreiben - hat er dem Senat klar zu erkennen gegeben, was ebenfalls für die Glaubhaftigkeit seiner Bekundung und die Glaubwürdigkeit des Zeugen spricht. Der Zeuge hat seine Aussage zudem durch die Vorlage von Empfangsprotokollen seines Fax-Gerätes untermauert.

Ausweislich dieser Protokolle hat er am 07.11.2004 um 04:29 Uhr ein von der Beklagten zu 1) verwendete Faxe und am 06.04.2005 ab 18:41 Uhr insgesamt 50 von der Beklagten zu 1) verwendete Faxe erhalten.

c) Die Versendung erfolgte auch unaufgefordert. Weder standen die Beklagten und der Empfänger des Telefax-Schreibens miteinander in Geschäftsbeziehungen noch konnten die Beklagten auf Grund anderer Gegebenheiten dessen Einverständnis mit einer Werbung per Telefax voraussetzen. Dies hätten die Beklagten darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH WM 2004, 1049 - 1053). Dass die Werbung außerhalb der üblichen Geschäftszeiten erfolgt ist, nimmt ihr nicht die Wettbewerbswidrigkeit. Die außerhalb der Geschäftszeit eingehenden Telefax-Schreiben gelangen ebenso wie die während der Geschäftszeit eingehenden Schreiben in den Geschäftsverkehr (BGH a.a.O.). Hieran ändert sich auch nichts durch die nach dem heutigen Stand der Technik bestehende Möglichkeit, die Empfangnahme von unaufgeforderten Telefaxschreiben auszuschließen (sog. Robinson-Liste), da der Bürger nicht verpflichtet ist, alle denkbaren Schutzvorkehrungen gegen wettbewerbswidriges Handeln anderer zu treffen (vgl. OLG Oldenburg NJW 1998, 3208).

d) Die vom Kläger vorliegend beanstandete Werbemaßnahme ist geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG) und stellt eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG dar. Die Werbung mittels Telefax-Schreiben führt, wie die vorstehenden Erörterungen ergeben, zu einer erheblichen wettbewerbswidrigen Belästigung der beworbenen Teilnehmer des Wirtschaftsverkehrs und begründen die Gefahr, dass andere Unternehmen die Werbemethode übernehmen, um im Wettbewerb nicht benachteiligt zu sein (vgl. BGH, GRUR 1995, 122, 124; OLG Stuttgart WRP 1995, 254, 255). Selbst wenn der einmalige Zugang des Faxes vom 07.11.2004 noch nicht als unzumutbare Belästigung angesehen werden könnte, so ist doch spätestens mit der Versendung der Faxe vom 06.04.2005 die Grenze der Zumutbarkeit auch im konkreten Fall überschritten.

e) Die Beklagten sind auch Schuldner des Unterlassungsanspruchs und damit passivlegitimiert.

aa) Die grundsätzliche Störereigenschaft des Beklagten zu 2) hat das Landgericht zutreffend bejaht. Auch insoweit wird auf die Urteilsgründe verwiesen. Ein persönliches Einstehen müssen des gesetzlichen Vertreters einer juristischen Person für Wettbewerbsverstöße kommt in Betracht, wenn das Organ selbst als Störer für die Rechtsverletzungen ursächlich ist. Das kann angenommen werden, wenn das Organ selbst die Rechtsverletzung begangen hat oder wenn es wenigstens von ihr Kenntnis hatte und die Möglichkeit, sie zu verhindern (BGH GRUR 1986, 248, 251 m. w. N.). Dies wurde grundsätzlich von den Beklagten nicht bestritten.

Spätestens ab Kenntnis vom wettbewerbswidrigen Verhalten und damit ab Zugang der Unterlassungsaufforderung lag eine willentliche Duldung dieses Verhaltens durch den Beklagten zu 2) vor. Er hat weder den Unterlassungsanspruch sofort anerkannt noch sich vom Verhalten der Beklagten zu 1) distanziert bzw. vorgetragen, diese von der weiteren Versendung solcher Schreiben in Zukunft abzuhalten. Der Beklagte zu 2) hat vielmehr das Verhalten inhaltlich verteidigt. Jedenfalls im Sinne einer Erstbegehungsgefahr liegen aufgrund dieser Umstände ernsthafte und greifbare Anhaltspunkte vor, die eine weitere Verbreitung der Schreiben mit Duldung oder auf Veranlassung des Beklagten zu 2) besorgen lassen.

bb) Vorliegend steht auch mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass die benannten Schreiben von den Beklagten an den Zeugen B. versandt wurden und diese damit auch im konkreten Fall Störer sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet jeder als wettbewerbsrechtlicher Störer, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal an der Herbeiführung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt, wobei es auf ein Verschulden insoweit nicht ankommt (BGH GRUR 1976, 258; BGH GRUR 1991, 769, 770).

Aufgrund der vorliegenden Indizien könnte man hier bereits zu einem Beweis des ersten Anscheins für die Störereigenschaft der Beklagten kommen. Dieser greift bei typischen Geschehensabläufen ein, d. h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (vgl. BGHZ 100, 31 ff). Der erkennende Richter darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Rechtsfehlerhaft ist es daher, einen Beweis deshalb als nicht erbracht anzusehen, weil keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit gewonnen werden konnte (BGHZ 53, 245 ff; 61, 165 ff). Soweit nach § 286 ZPO zu beurteilen ist, ob eine Behauptung "wahr" ist, kommt es auf die "freie Überzeugung" des Richters an. Das Gericht darf also nicht darauf abstellen, ob jeder Zweifel und jede Möglichkeit des Gegenteils ausgeschlossen ist.

Das Landgericht hat demgegenüber unzulässigerweise bloß theoretischen Zweifeln Raum gegeben. Es verbleiben vorliegend keine vernünftigen Zweifel an der Absendereigenschaft der Beklagten. Grundsätzlich spricht bereits die Vermutung dafür, dass der auf einem Werbefax angegebene Absender auch der tatsächliche Absender eines Telefaxes ist.

Es ist vorliegend nicht ersichtlich, wieso ein Dritter - ein Feind der Beklagten oder gar ein Mandant des Zeugen B. - kostenträchtige Telefaxe an den Zeugen B. unter Verwendung der unstreitig von den Beklagten verwendeten Schreiben mit deren Telefaxnummern versenden sollte. Weder ist hier ein irgendwie gearteter Scherz erkennbar, noch ein sonstiger Sinn. Insbesondere hinsichtlich der Faxschreiben vom 06.04.2005 ist allein ein Interesse der Beklagten erkennbar, den Zeugen B. - kurze Zeit nach der Klagezustellung - mit solchen Schreiben zu überhäufen. Zwar ist nicht zu verkennen, dass auch für die Beklagten hierdurch nicht unerhebliche Kosten entstanden sind, allerdings liegt bei den Beklagten nahe, dass sie dies zur Verwirklichung eines "Denkzettels" durchaus hingenommen haben. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, wie ein Dritter zu den Informationen über die vorliegende Klage und die Zeugeneigenschaft des Rechtsanwalts B. gekommen sein soll und welchen Vorteil er aus einer solchen Faxübersendung gezogen haben soll.

Als Indiz dafür, dass die Schreiben von den Beklagten an den Zeugen B. versandt wurden, spricht zudem, dass die Beklagte zu 1) in ihrem Reaktionsschreiben auf die Aufforderung zur Unterlassungsunterwerfung durch den Kläger nicht etwa darauf hinwies, solche Schreiben nur mit Einverständnis der Empfänger versandt zu haben, sondern jegliches Versenden von Telefaxwerbung abgestritten hat. Dies war offensichtlich - angesichts des nunmehr unstreitigen Sachverhalts - falsch.

Selbst wenn man hier allein aufgrund der Tatsache, dass ausschließlich ein wirtschaftliches Interesse der Beklagten an der Versendung der Schreiben besteht, noch nicht zum Anscheinsbeweis für deren tatsächliche Absendereigenschaft käme, so ergibt sich hieraus jedoch in jedem Fall nicht nur eine erhöhte Darlegungslast der Beklagten für ihr Bestreiten der Absendereigenschaft, sondern auch eine eigene Beweislast. Die Auferlegung einer sogenannten sekundären Behauptungslast ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und im Schrifttum zumindest dann anerkannt, wenn die primär darlegungspflichtige Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner zumutbar nähere Angaben machen kann (vgl. BGHZ 120, 320, BGH, NJW 1987, 1201; NJW 1990, 3151 f. NJW 1997, 128, 129; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 138 Rn. 8 b).

Zwar behaupten die Beklagten, aus ihren Sendeprotokollen ergäbe sich keine Versendung der - unstreitig von ihnen verwendeten - Schreiben an den Zeugen B. . Fraglich ist jedoch bereits, ob diese Behauptung angesichts der Nichtvorlage der entsprechenden Protokolle als substantiiert anzusehen ist und die Beklagten damit ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen sind.

Dies kann jedoch dahinstehen, da dieser Vortrag weiterhin streitig und damit beweisbedürftig ist. Es ist vorliegend auch keinesfalls so, dass bei der Annahme einer sekundären Behauptungslast die Beweislast in jedem Fall weiterhin bei demjenigen liegt, der den Anspruch geltend macht (so wohl Zöller/Greger, a.a.O., vor § 284 Rdnr. 34c). Da auch diese Behauptung allein durch Tatsachen bewiesen werden kann, die in der Geschäftssphäre der Beklagten liegen, hätten diese diesbezüglich auch Beweis anbieten müssen (vgl. zu den Darlegungs- und Beweispflichten des in Anspruch genommenen Störers im Wettbewerbsrecht auch OLG München, Urteil vom 16.11.2000, AZ: 29 U 3772/00 und KG Berlin TranspR 2003, 172 ff). Trotz Hinweises des Senats ist insoweit jedoch kein Beweisantritt - etwa durch Vorlage sämtlicher Sendeprotokolle - erfolgt.

Die Auferlegung sekundärer Darlegungslasten führt hier auch nicht zu einer unzulässigen Umkehr der materiellen Beweislast. Diese Gefahr besteht schon deshalb nicht, weil die prozessuale Obliegenheit zur substantiierten Darlegung der dem eigenen Geschäftskreis entspringenden Abläufe nur dann besteht, wenn der Gesamtsachverhalt ausreichende Anhaltspunkte für eine Störereigenschaft der Beklagten bietet. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken, den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (vgl. näher zu den für das Transportrecht aufgestellten Grundsätzen BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.).

Damit haben die Beklagten auf den schlüssigen Klagevortrag nicht ausreichend substantiiert erwidert, so dass das entsprechende Vorbringen des Klägers als zugestanden gilt (Zöller/Greger a.a.O. vor § 284 Rn. 34 c).

Selbst wenn man dies - dem Landgericht in seiner Argumentation folgend - anders sähe, kommt hier eine Störerhaftung der Beklagten dennoch in Betracht. Denn mit dem Argument, das Schreiben selbst nicht versandt zu haben, können sie sich der Verantwortung nicht entziehen. Störer ist auch, wer fremdes wettbewerbswidriges Verhalten für sich ausnutzt und/oder von der Möglichkeit, den Dritten an der für sich günstigen Störungshandlung zu hindern, keinen Gebrauch macht (OLG Hamm, GRUR 1992, 126).

Zumindest die im Telefax vom 07.11.2004 übersandte Werbung ist allein den Beklagten geschäftlich förderlich. Jedoch ergibt sich aus dem gesamten vorprozessualen und prozessualen Verhalten der Beklagten, dass diese sich keinesfalls von dem wettbewerbswidrigen Verhalten durch sie selbst und ggfls. durch Dritte unter Nutzung der von ihr - wettbewerbswidrig - verfassten Schreiben distanziert, so dass davon auszugehen ist, dass die Beklagten nicht alles in ihrer Macht stehende getan haben, um eine solche ungewollte Weitersendung zu verhindern. Zumindest wäre es ihnen in diesem Zusammenhang ein Leichtes gewesen, auf den von ihnen versendeten Telefaxen die Nummer ihres Absenderfaxanschlusses nicht - wie bisher - zu unterdrücken und damit klar zu stellen, welche Faxe von ihnen stammen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO iVm § 26 Ziff. 8 EGZPO.

Die Wertfestsetzung richtet sich nach §§ 2, 3 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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