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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.03.2005
Aktenzeichen: 10 W 12/05 (Hs)
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 724 ff
ZPO § 767 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 793
ZPO § 829
ZPO § 890
ZPO § 890 Abs. 1
ZPO § 890 Abs. 2
ZPO § 929 Abs. 1
ZPO § 929 Abs. 2
ZPO § 936
Der Schuldner einer Unterlassungsverfügung unterliegt dann keinem vermeidbaren Verbotsirrtum, wenn er ohne anwaltlichen Rat der Auffassung ist, ein nicht rechtskräftiges erstinstanzliches Urteil bewirke noch nicht die Vollziehbarkeit der einstweiligen Verfügung.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG Beschluss

10 W 12/05 (Hs) OLG Naumburg

In der Beschwerdesache

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Oberlandesgericht Mertens und die Richterin am Landgericht Göbel

am 23. März 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Halle vom 26. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Schuldner zu tragen.

Gründe:

A.

Die Gläubigerin hat in dem der Vollziehung voran gegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren mit dem am 19. Mai 2004 verkündeten Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Halle den Erlass einer Unterlassungsverfügung erwirkt, mit der dem Schuldner unter anderem untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes

1. auf seiner Internetseite ... eine Werbung einzustellen, welche den Eindruck suggeriert, es handele sich um ein Interview, obwohl fragende und antwortende Person identisch sind und/oder diese Werbung so zu bezeichnen, dass der Eindruck entsteht, es handele sich um eine Pressemitteilung;

2. über die Verfügungsklägerin zu behaupten:

a) sie und die I. Versicherung seien ein "hübsches Paar",

b) durch die Zusammenarbeit mit einer Versicherungsgesellschaft habe sie den Kunden "gleich zweimal am Wickel",

c) sie wechsele je nach Interessenlage die Farbe,

d) Kunden würden durch sie "bewusst oder unbewusst vertraglich fest genagelt", so dass (u.a.) individuelle Vorstellungen der Angehörigen nicht mehr berücksichtigt werden könnten,

e) ihre Preiszusammensetzung sei nicht zu durchschauen und/oder Vorsorgeverträge könnten nicht nachverhandelt oder gekündigt werden,

f) sie hebele die freie Wahl des Bestatters (durch den Kunden) aus, indem sie unter anderem mit bundesweit tätigen Hilfsorganisationen zusammenarbeite (hier: A. und D. ), welche ihr die Kunden zuführten.

Für den Fall der Zuwiderhandlung hat das Landgericht dem Schuldner zugleich die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft angedroht.

Auf die von dem Schuldner gegen die Urteilsverfügung angestrengten Berufung hat das Oberlandesgericht Naumburg mit Urteil vom 04. November 2004 die einstweilige Verfügung des Landgerichts lediglich geringfügig abgeändert, überwiegend indessen bestätigt und die Berufung des Schuldners insoweit zurück gewiesen.

Die Gläubigerin stellte dem Schuldner die einstweilige Verfügung am 25. Mai 2004 zum Zwecke der Vollziehung im Parteibetrieb zu.

Den auf der Homepage des Schuldners im Internet veröffentlichten Beitrag "Das Geschäft mit dem Tod", der die durch die Urteilsverfügung verbotenen Behauptungen und Meinungsäußerungen enthielt und ursprünglich den Anlass für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung gebildet hatte, hielt der Schuldner auch noch nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils auf seiner Homepage weiterhin vor. Noch am 04. Juni 2004 konnte die Gläubigerin die Internetseite mit dem beanstandeten Beitrag auf der Homepage des Schuldners aufrufen.

Daneben beließ der Schuldner - zumindest bis zum 23. Juni 2004 - auf seiner Homepage einen mit "David gegen Goliath" überschriebene Abhandlung sowie ein mit "Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen" beginnendes Anschreiben, welche beide auf das beanstandete "Interview" inhaltlich Bezug nehmen.

Die Gläubigerin hat in der andauernden Veröffentlichung des inkriminierten Artikels einen Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung gesehen und mit Schriftsatz vom 04. Juni 2004 die Verhängung eines Ordnungsgeldes beantragt. Hierbei hat sie die Ansicht vertreten, dass in Anbetracht des Verbreitungsgrades der Internetseite ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,- Euro angemessen und sachgerecht sei.

Der Schuldner ist dem Sanktionsantrag entgegen getreten und hat insoweit vorgetragen, dass die versehentliche Fortführung der beanstandeten Internetseite auf einem entschuldbaren Verbotsirrtum beruhe. Denn er sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass er seine Werbung so lange im Internet fortsetzen dürfe, so lange das von ihm mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Nachdem er über die Rechtslage aufgeklärt worden sei, habe er unverzüglich die Löschung der Internetseite veranlasst. Er ist daher der Meinung gewesen, dass die Verhängung eines Ordnungsmittels nicht erforderlich sei, um seinen Willen zu beugen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 01. Februar 2005 gegen den Schuldner wegen Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1) und 2) der Unterlassungsverfügung ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.500,- Euro verhängt und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500,- Euro einen Tag Ordnungshaft angeordnet.

Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass der Schuldner gegen das in der Urteilsverfügung angeordnete Verbot verstoßen habe, indem er auf der Internetseite den beanstandeten Beitrag "Das Geschäft mit dem Tod" weiterhin vorgehalten habe. Den Verstoß habe er jedenfalls fahrlässig und damit schuldhaft begangen. Soweit der Schuldner über die sofortige Vollziehbarkeit der einstweiligen Verfügung geirrt habe, sei dieser Irrtum bei Beachtung der prozessual gebotenen Sorgfalt vermeidbar gewesen. Bei der Bemessung der Ordnungsgeldhöhe hat das Landgericht Art und Intensität der Verletzungshandlung des Schuldners sowie den begrenzten Zeitraum, über den sich die Verletzung erstreckte, und das Maß des Verschuldens des Schuldners berücksichtigt.

Gegen diesen, dem Schuldner am 01. Februar 2005 zugestellten Festsetzungsbeschluss hat der Schuldner mit einem am 10. Februar 2005 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Er vertritt die Ansicht, dass die versehentliche Fortführung der beanstandeten Werbung im Internet, deren Löschung er zunächst schlicht vergessen habe, von dem Verbotsumfang der einstweiligen Unterlassungsverfügung im übrigen gar nicht erfasst sei. Nach der Fassung der Ziffer 1) der einstweiligen Verfügung sei ihm nämlich ausschließlich die Einstellung neuer Werbung untersagt worden. Dass er die alte Werbung zeitweilig weiterhin im Internet vorgehalten habe, begründe daher keinen neuen, selbständigen und ahndungsfähigen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot. Er wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde zudem gegen die Höhe des verhängten Ordnungsgeldes, das er für übersetzt erachtet.

Die 1. Kammer für Handelssachen hat am 16. Februar 2005 beschlossen, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen und sie dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.

B.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist nach §§ 793 in Verbindung mit § 767 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen form - und fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt worden. Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht und mit zutreffender Begründung gegen den Schuldner wegen schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsgebote aus der mit Urteil des Oberlandesgericht Naumburg vom 04. November 2004 bestätigten einstweiligen Verfügung des Landgerichts Halle vom 19. Mai 2004 ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.500,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft nach § 890 Abs. 1 ZPO verhängt.

Das Beschwerdevorbringen des Schuldners rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

I. Die Voraussetzungen für eine Vollstreckungsanordnung nach § 890 ZPO liegen hier vor.

1. Die mit Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 04. November 2004 bestätigte einstweilige Verfügung stellt einen formal und inhaltlich ordnungsgemäßen Unterlassungstitel dar, der auch ohne vorläufige Vollstreckbarerklärung im Urteil gemäß §§ 936, 929 Abs. 1 ZPO sofort vollziehbar ist. Der Erteilung einer Vollstreckungsklausel nach §§ 724 ff ZPO bedarf es nicht.

2. Der Vollziehung der Unterlassungsverfügung stehen auch im übrigen keine Hindernisse entgegen.

a) Die Gläubigerin hat die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO gewahrt, indem sie die einstweilige Verfügung dem Schuldner zum Zwecke der Vollziehung am 25. Mai 2004 im Parteibetrieb zugestellt hat.

b) Der Festsetzung des Ordnungsmittels ist auch die Androhung einer Bestrafung nach § 890 Abs. 2 ZPO vorausgegangen. Denn das Landgericht hat bereits in der Urteilsverfügung dem Schuldner die Verhängung eines Ordnungsmittel für den Fall der Zuwiderhandlung gemäß § 890 Abs. 2 ZPO angekündigt .

3. Das Landgericht hat überdies zutreffend festgestellt, dass der Schuldner durch die fortgesetzte Vorhaltung der Werbeanzeige mit dem Titel " Das Geschäft mit dem Tod" auf seiner Homepage schuldhaft gegen Ziffer 1) und Ziffer 2) der einstweiligen Verfügung verstoßen hat.

a) Entgegen der Ansicht des Schuldners liegt auch gerade in dem vorübergehenden Belassen des beanstandeten Beitrages auf seiner Homepage ein ahndungswürdiger Verstoß gegen das Unterlassungsgebot. Die tenorierte Unterlassungsverpflichtung lässt den Verbotsgehalt der einstweiligen Verfügung nach Inhalt und Reichweite klar und eindeutig erkennen. Nach der insoweit unmissverständlichen Fassung des Urteilstenors wird mit dem Unterlassungstitel nicht nur das zukünftige Neueinstellen von Werbeartikeln mit inhaltlich entsprechenden Äußerungen in das Internet untersagt, der Urteilsformel lässt sich - bei objektiv verständigen Auslegung - vielmehr zugleich unzweifelhaft entnehmen, dass auch die fortgesetzte Vorhaltung der beanstandeten Werbeanzeige von dem Verbotsgehalt der einstweiligen Verfügung erfasst ist. Denn auch das Aufrechterhalten des verbotenen Störzustandes stellt eine Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot dar. Für eine abweichende Auslegung der Unterlassungsverfügung lässt die insoweit unmissverständliche Fassung des Urteilstenors demgegenüber kein Raum.

aa) Soweit der Schuldner aus der Formulierung unter Ziffer 1) der Unterlassungsverfügung, nach dem es dem Schuldner verboten ist, auf seiner Internetseite ... eine Werbung mit dem im einzelnen dargestellten Inhalt "einzustellen", schließen will, dass ihm ausschließlich die Neueinbringung zusätzlicher Äußerungen auf die Internetseite untersagt sein soll, greift diese, allein am Begriff "einstellen" orientierte Wertung des Schuldners ersichtlich zu kurz und wird auch schon nicht von dem Bedeutungsgehalt des Wortes "einstellen" gedeckt.. Der Begriff "einstellen" meint nämlich nicht nur den aktiven, auf ein positives Handeln gerichteten Vorgang des Neueinbringens einer Information oder Aussage auf eine Internetseite, sondern kann auch zugleich einen auf eine gewisse Dauer angelegten Zustand beschreiben. Das "Einstellen" im Internet ist nach seinem Begriffsverständnis nämlich auch gleichbedeutend mit Vorhalten und Präsentieren von Daten bzw. hier einer Werbeaussage im Internet, was aber in der Regel auf eine gewisse Dauer angelegt ist.

bb) Zu Unrecht stützt der Schuldner die von ihm vertretene Ansicht über den Bedeutungsgehalt des Urteilstenors zudem allein auf die unter Ziffer 1) der Unterlassungsverfügung verwandte Formulierung "Werbung einzustellen", denn dabei lässt er den klar und unmissverständlich gefassten Verbotsgehalt der Ziffer 2) der einstweiligen Verfügung gänzlich außer Acht. Nach der Fassung der Ziffer 2) der Urteilsformel, wonach dem Schuldner das Behaupten der beanstandeten Äußerungen untersagt wird, kann aber kein ernsthafter Zweifel mehr bestehen, dass das Unterlassungsgebot auch eine Fortsetzung der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Anzeigenartikels, der die im einzelnen verbotenen Aussagen enthält, einbezieht.

cc) Wie bereits das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung zutreffend ausgeführt hat, kann dem eigenen Vorbringen des Schuldners aus seiner Antragserwiderung sowie seiner Beschwerdeschrift ohne weiteres entnommen werden, dass er die Unterlassungsverpflichtung in dem dargestellten Sinne auch durchaus verstanden hat. Erstinstanzlich hat er sich in seiner Erwiderungsschrift nämlich in erster Linie damit verteidigt, dass er einem vermeidbaren Verbotsirrtum hinsichtlich der sofortigen Vollziehbarkeit des mit dem Berufung angegriffenen erstinstanzlichen Urteils unterlegen gewesen sei. Mit seiner sofortigen Beschwerde trägt er vor, dass er das Löschen der Anzeige auf seiner Homepage nur versehentlich und damit fahrlässig vergessen habe. Das diesbezügliche Sachvorbringen impliziert jedoch, dass sich der Schuldner über die Reichweite des Verbotsgehaltes im übrigen durchaus im Klaren gewesen ist.

dd) Dass die titulierte Unterlassungsverpflichtung hier tatsächlich im Hinblick auf die in die Internetseite bereits zuvor eingestellte wettbewerbswidrige Werbung auf ein aktives Handeln, nämlich das Beseitigen der Störquelle, gerichtet ist und dass umgekehrt das Zuwiderhandeln, das ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO auszulösen vermag, an ein verbotswidriges Untätigbleiben des Schuldners knüpft, steht dem Betreiben der Vollstreckung nach § 890 ZPO bzw. der Vollziehung im Sinne des § 829 ZPO nicht entgegen.

Der Schutzumfang des Unterlassungstitels beschränkt sich nicht nur auf das Verbot selbständiger neuer und damit zusätzlicher Verletzungshandlungen, die der in dem Tenor aufgenommenen Unterlassungsverpflichtung inhaltlich entsprechen, sondern ist zunächst auf die Beseitigung des vorhandenen Störzustandes gerichtet, da in erster Linie hierdurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet wird (vgl. Teplitzky, Wettbewerbliche Ansprüche, 7. Aufl., Kapitel 57 Rdn. 1/ Rdn. 26; Stöber in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 890 ZPO Rdn. 3; Schilken in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 890 ZPO Rdn. 3). Denn gerade auch in der Aufrechterhaltung einer bereits bestehenden Beeinträchtigung liegt eine Zuwiderhandlung gegen das von der Gläubigerin erstrittene Unterlassungsgebot (vgl. Schilken in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 890 ZPO Rdn. 3).

b) Der Schuldner hat das Unterlassungsgebot zudem schuldhaft, nämlich jedenfalls fahrlässig verletzt.

Soweit er erstinstanzlich vorgetragen hat, er sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass er die Werbung auf der Internetseite so lange fortsetzen dürfe, so lange die Urteilsverfügung, gegen die er Berufung eingelegt habe, noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei, vermag ihn dies nicht zu entlasten.

aa) Der Verschuldensvorwurf kann zwar ausnahmsweise entfallen, wenn der Schuldner einem entschuldbaren, nämlich unvermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt, denn für einen unverschuldeten Rechtsirrtum braucht der Schuldner nicht einzustehen. An die Annahme eines entschuldbaren Verbotsirrtums sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Der einem Irrtum unterliegende Schuldner kann sich nur dann exkulpieren, wenn er die Rechtslage zuvor sorgfältig geprüft und - erforderlichenfalls - einen Rechtsanwalt konsultiert und fachkundigen Rechtsrat eingeholt hat. Aber selbst wenn er sich auf einem ihm erteilten anwaltlichen Rat verlässt, vermag ihn dies noch nicht in jedem Fall zu entlasten. Entschuldigt ist der Vollstreckungsschuldner vielmehr nur dann, wenn er gestützt auf den anwaltlichen Rat ohne Verschulden geirrt hat (vgl. OLG Frankfurt OLGR Frankfurt 2001, 122, 123 m.w.N.). Der Rechtsirrtum ist trotz anwaltlichen Rat indessen vermeidbar, sofern der Schuldner erkennen konnte, dass die anwaltliche Auskunft offenkundig unrichtig war (vgl. OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 2001, 122, 123).

bb) Die Voraussetzungen des Ausnahmefalles eines unvermeidbaren Verbotsirrtums hat das Landgericht hier zutreffend verneint. Denn der Rechtsirrtum des Schuldners beruhte auf Fahrlässigkeit, da der Schuldner bei der Beurteilung der Rechtslage nicht eine hinreichende prozessuale Sorgfalt hat obwalten lassen. Es ist gerade der Zweck einer einstweiligen Verfügung, eine zwar vorläufige, aber doch - mit ihrer Zustellung - sofort vollziehbare Regelung zu treffen. Diese Wirkungen der einstweiligen Verfügung hat der Schuldner fahrlässig verkannt. Dabei ist nichts dafür ersichtlich, dass er die Rechtslage nach Zustellung der Unterlassungsverfügung einer sorgfältigen Prüfung unterzogen hätte und insbesondere zu der Frage der Vollziehbarkeit der einstweiligen Verfügung den Rechtsrat seines Prozessbevollmächtigten eingeholt hätte. Die Einholung einer Rechtsauskunft über die hier in Rede stehende Rechtsfrage der Vollziehbarkeit einer mit der Berufung angefochtenen Urteilsverfügung war dem Schuldner aber ohne weiteres möglich und zumutbar. Indem er seine Rechtsmeinung nicht zuvor durch Einholung eines fachkundigen Rechtsrates abgesichert hat, sondern sich allein auf sein eigenes Rechtsverständnis verlassen hat, ist er sorgfaltswidrig das Risiko eingegangen, mit der weiteren Vorhaltung der verbotswidrigen Werbung in seiner Homepage der Verbotsverfügung zuwider zu handeln.

II. Die von dem Landgericht festgesetzte Höhe des Ordnungsgeldes begegnet gleichfalls keinen Bedenken. Der hiergegen gerichtete pauschale Angriff des Schuldners geht fehl.

1. Die Bestimmung der Ordnungsgeldhöhe liegt im pflichtgemäßen Ermessen des erkennenden Gerichtes. Bei der Bemessung hat sich das Landgericht an dem Unwertgehalt der Verletzungshandlung, nämlich an der Art und Intensität des Eingriffs sowie der Dauer des Verstoßes und den nachteiligen Wettberwerbsfolgen für den Gläubiger, und daneben ferner an dem Grad des Verschuldens des Gläubigers zu orientieren und darüber hinaus auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass dem Schuldner durch eine fühlbare Sanktion offenbart werden soll, dass eine Titelverletzung wirtschaftlich nicht lohnend erscheint, so dass er von weiteren Zuwiderhandlungen zukünftig absieht (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 890 ZPO Rdn. 18; Teplitzky, a.a.O., Kapitel 57, Rdn. 34; Schilken in Münchener Kommentar, ZPO, 2. Aufl., § 890 ZPO Rdn. 22).

2. Gemessen hieran liegt das von dem Landgericht in Höhe von insgesamt 1.500,- Euro festgesetzte Ordnungsgeld eher im unteren Bereich des hier unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Verletzungshandlung grundsätzlich gebotenen Sanktionsrahmens. Das Landgericht hat sich bei der Bemessung des Ordnungsgeldes zu Recht von der Erwägung leiten lassen, dass dem Schuldner kein vorsätzliches Handeln, sondern lediglich ein fahrlässiges Versäumnis zur Last zu legen ist, da es - nach seinem eigenen Beschwerdevorbringen - auf einem bloßem Versehen beruhte, dass er die streitige Anzeige auf der Internetseite belassen habe. Dies lässt den Schuldvorwurf zwar nicht entfallen, mindert ihn jedoch deutlich. Dass das Landgericht die wirtschaftlichen und wettbewerbsrechtlichen Folgen der verbotswidrigen Werbung des Schuldners im Internet als gering eingeschätzt hat, ist gleichfalls nicht zu beanstanden.

Auch im übrigen erachtet der Senat die von dem Landgericht festgesetzte Ordnungsgeldhöhe für zutreffend und richtig. Der Senat pflichtet dem Landgericht umgekehrt nämlich auch darin bei, dass die uneinsichtige Haltung des Schuldners, die in seinem Verteidigungsvorbringen in dem Beschwerdeverfahren zum Ausdruck gekommen ist, letztlich gezeigt hat, dass es einer - für ihn zumindest hinreichend fühlbaren - Sanktion bedarf, um ihn zukünftig zu einer Beachtung der Unterlassungsverpflichtung anzuhalten.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 1.500,- Euro ( Wert des von dem Landgericht gegen den Schuldner verhängten Ordnungsgeldes).

Ende der Entscheidung

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