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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 26.11.2002
Aktenzeichen: 11 U 234/01
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

HOAI § 15 Abs. 2
BGB §§ 631 ff. a.F.
BGB § 635 a.F.
ZPO § 3
ZPO § 4
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 539
ZPO § 540 a.F.
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1
GKG § 12 Abs. 1 Satz 1
GKG § 14 Abs. 1 Satz 1
GKG § 22
Den wegen unzureichender Bauüberwachung auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Architekten kann u. U. die sekundäre Darlegungslast zur Ausführung und zum Umfang seiner Kontrollen treffen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 234/01 OLG Naumburg

verkündet am: 26. November 2002

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Schadensersatzes aufgrund Nichterfüllung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2002 unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. Grubert und Krause für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 16.11.2001, Geschäftszeichen: 9 O 312/00, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Landgericht Halle zurückverwiesen.

Gerichtskosten für den Berufungsrechtszug werden nicht erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 39.989,92 DM bzw. 20.446,52 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks P. straße 5 in M. , das sie umfassend sanieren ließ. Hierbei sollten die Beklagten, insbesondere der Beklagte zu 1., für die Klägerin als Architekten tätig werden. Am 30.10.1995 schlossen die Parteien einen Architektenvertrag im Umfang der Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI (Bd. I Bl. 2-15 d.A.). Zur Sanierung gehörten auch Dachdecker- und Dachklempnerarbeiten, die die Firma H. GmbH ausführte.

Die Werkunternehmerin hatte bereits während der Ausführung des Auftrags der Klägerin wirtschaftliche Schwierigkeiten, sodass die tätigen Arbeitnehmer nicht mehr vollständig bezahlt wurden. Kurz nach Beendigung der Arbeiten am Gebäude der Klägerin fiel die H. GmbH in Insolvenz.

Die Bezahlung der Auftragnehmerin hat der Beklagte zu 1. über öffentliche Fördermittel abgewickelt, wobei der Klägerin eine geprüfte Schlussrechnung nicht übergeben wurde. Eine Dokumentation der Baumaßnahme wurde von den Beklagten ebenfalls nicht übergeben.

Zwischen 1996 und 1998 wandte sich die Klägern mehrmals schriftlich an den Beklagten zu 1. und kam in diesem Zusammenhang auch auf Mängel bei der Ausführung der Dacharbeiten zu sprechen. Der Beklagte zu 1. hatte mit Schreiben vom 22.04.1997 (Bd. I Bl. 121 d.A.) gegenüber der Auftragnehmerin verschiedene Ausführungsmängel gerügt. Als schließlich der Beklagte zu 1. auf die Schreiben der Klägerin nicht mehr reagierte, nicht abrechnete und auch keine Dokumentation über das Bauvorhaben übergab, machte die Klägerin gegenüber den Beklagten mit Schreiben vom 10.07.2000 (Bd. I Bl. 35-39 d.A.) deutlich, dass sie wegen aufgetretener Mängel Abhilfe erwarte und ggf. Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen werde. Den Beklagten wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb von 14 Tagen darzulegen, ob und welche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung sie einleiten wollten. Bei fruchtlosem Fristablauf wurde die Ablehnung der Nachbesserung durch die Beklagten angedroht.

Die Klägerin hat unter Vorlage eines Gutachtens des Sachverständigen Sch. aus L. (Bd. I Bl. 68-100 d.A.) behauptet, an ihrem Gebäude seien, insbesondere im Dachbereich, diverse Mängel vorhanden (Bd. I Bl. 4-5, 60-61 d.A.), die nur den Schluss zulassen würden, dass der Beklagte zu 1. die Auftragnehmerin nicht ordnungsgemäß überwacht und die Ausschreibung nachlässig durchgeführt habe. Schon frühzeitig habe die Klägerin den Beklagten zu 1. auf Mangelerscheinungen aufmerksam gemacht. Durch die Beklagten sei jedoch nichts unternommen worden. Die Beseitigung der Mängel sowie die zur Schadensfeststellung aufzuwendenden bzw. aufgewandten Kosten würden 39.989,92 DM betragen (Bd. I Bl. 6, 61-64 d.A.).

Auf die Säumnis der Beklagten hat das Landgericht am 23.11.2000 ein Teilversäumnisurteil erlassen, mit dem die Beklagten verurteilt worden sind, an die Klägerin als Gesamtschuldner 20.388,10 DM nebst 8,5% Zinsen seit dem 13.10.2000 zu zahlen (Bd. I Bl. 105 d.A.). Gegen diese, dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 08.12.2000 zugestellte Entscheidung haben die Beklagten mit einem am 22.12.2000 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt und diesen begründet.

Die Klägerin hat nunmehr beantragt,

das Teilversäumnisurteil aufrechtzuerhalten und die Beklagten darüber hinaus zu verurteilen, an die Klägerin als Gesamtschuldner weitere 19.601,82 DM nebst 8,5% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner sämtliche, über den Zahlungsantrag hinausgehenden Schäden, die durch die fehlerhafte Dacheindeckung des Hauses P. straße 5 in M. aufgrund des Architektenvertrages vom 30.10.1995 zwischen den Beklagten und der Klägerin zu ersetzen haben, insbesondere die Mangelfolgeschäden sowie die Kosten der Schadensfeststellung.

Die Beklagten haben beantragt,

das Teilversäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen, der Beklagte zu 1. habe dem Dachdeckergewerk seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet und als Architekt alle Anstrengungen unternommen, um deren mangelfreie Ausführung sicherzustellen. Hierzu habe er allerdings nicht jeden einzelnen Handwerker überwachen können. Alle für ihn feststellbaren Mängel habe der Beklagte zu 1. angezeigt. Die Klägerin versuche nur, die ordentlich arbeitenden Beklagten mit den Kosten zu belasten, die sie von der gewährleistungspflichtigen, aber insolventen Werkunternehmerin nicht mehr erhalten könne. Die Klage trage nicht einmal vor, dass es bei den Mängeln um Leistungen gehe, die die Fa. H. GmbH nach dem zwischen ihr und der Klägerin geschossenen Vertrag zu erbringen gehabt habe. Ebenso wenig sei die Werklohnzahlung der Klägerin ersichtlich, womit es bereits am Schaden fehle. Selbst wenn der Beklagte zu 1. Mängel übersehen und dafür einzustehen hätte, bliebe dies hier ohne Folgen, da Gewährleistungsansprüche gegenüber der Fa. Hard sowieso nicht durchzusetzen gewesen seien. Die Mängel und die geltend gemachten Kosten haben die Beklagten bestritten.

Das Landgericht hat zunächst am 23.03.2001 (Bd. I Bl. 181/182 d.A.) einen Beweisbeschluss erlassen, wonach sich ein Sachverständiger zu den Mängeln, deren Vermeidbarkeit durch den aufsichtsführenden Architekten und den Mängelbeseitigungskosten habe schriftlich äußern sollen. Nachdem sich herausgestellte, dass die Klägerin die Mängel zwischenzeitlich hatte beseitigen lassen, hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2001 deutlich gemacht, dass sie am Beweisbeschluss nicht mehr festhalte, da die Beklagten dem substantiierten Vorbringen der Klägerin zu den Mängeln, der Überwachungspflichtverletzung und den Mängelbeseitigungskosten nicht ausreichend substantiiert entgegen getreten seien. Die Mängel seien nur einfach bestritten, keine Einzelheiten zur Durchführung der Überwachung der Dacharbeiten vorgetragen und die Kosten zur Mängelbeseitigung wiederum nur einfach ohne Gegendarstellung bestritten worden. Dies reiche nicht aus. Den Beklagten wurde auf den Hinweis ein Schriftsatz nachgelassen, worauf weiterer Sachvortrag nicht erfolgte.

Durch Urteil vom 16.11.2001 hat das Landgericht unter weitestgehender Aufrechterhaltung des Teilversäumnisurteils der Klage im wesentlichen stattgegeben. Lediglich der Feststellungsantrag wurde aufgrund fehlenden Feststellungsinteresses abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, die Beklagten sei neben dem Werkunternehmer als Gesamtschuldner zur Leistung von Schadensersatzes wegen Nichterfüllung verpflichtet. Der Beklagte zu 1. habe die Bauüberwachung mangelhaft ausgeführt. Bei den Dacharbeiten sei es zu erheblichen Mängeln gekommen. Den dahingehenden Sachvortrag der Klägerin hätten die Beklagten nicht erheblich angegriffen, da es ihrem Bestreiten angesichts des von der Klägerin vorgelegten Gutachtens an der nötigen Substanz fehle. Zum Umfang der von ihnen durchgeführten Überwachung trügen die Beklagten nichts vor, sodass sie sich nicht entlastet hätten. Die Nachbesserung fehlerhafter Bauüberwachung komme nicht in Betracht. Dementsprechend sei die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entbehrlich. Die Schuld der Beklagten stehe außer Frage. Zu ersetzen seien die Kosten der Schadensbeseitigung am Bauwerk sowie der für die Feststellung der Mängel betriebene Aufwand, mithin die geltend gemachten 39.989,92 DM.

Gegen diese, ihrem Prozessbevollmächtigten am 22.11.2001 zugestellte Entscheidung wenden sich die Beklagten mit der am 19.12.2001 beim Oberlandesgericht eingegangenen und am 21.01.2002 begründeten Berufung.

Nach Auffassung der Beklagten sei das Landgericht verfahrensfehlerhaft über ihr Bestreiten hinweggegangen. Die Beklagten seien in der Lage, das Vorliegen von Mängeln einfach zu bestreiten, da diese dem Beklagten zu 1. gerade verborgen geblieben seien. Es sei ausschließlich die Klägerin, die die Anspruchsvoraussetzungen darlegen und beweisen müsse. Im Übrigen wiederholen und vertiefen die Beklagten ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Halle vom 16.11.2001 abzuändern, das Teilversäumnisurteil des Landgerichts Halle vom 23.11.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt unter Wiederholung ihres Vorbringens erster Instanz vor, die Mängel hätten den Beklagten bereits während der Ausführung auffallen müssen. Da es sich um gravierende Fehler handele, ergebe sich hieraus die Überwachungspflichtverletzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze, die in diesem Zusammenhang überreichten Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Auf das Rechtsmittel der Beklagten sind weiterhin die Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO) in der bis zum 31.12.2001 maßgeblichen Fassung anzuwenden, da die angefochtene Entscheidung auf eine vor dem 01.01.2002 geschlossene mündliche Verhandlung zurück geht (§ 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO). Die danach zulässige Berufung führt zur Aufhebung und Zurückverweisung, weil das Urteil des Landgerichts auf einem wesentlichen Verfahrensmangel beruht und zur Herbeiführung der Entscheidungsreife weitergehende Feststellungen zu treffen sind, was grundsätzlich in erster Instanz zu geschehen hat (§§ 539, 540 ZPO a.F.).

1. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag um einen Werkvertrag i.S.v. §§ 631 ff. BGB a.F. handelt. Auf das Vertragsverhältnis sind die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 1, § 5 Satz 1 EGBGB). Die Beklagten (vgl. § 427 BGB) schuldeten daher die mangelfreie Sanierung des Gebäudes der Klägerin von der Bauplanung bis zur Bauüberwachung. Nicht jeder Mangel am Bauwerk stellt sich jedoch als Mangel des Architektenwerkes dar. Die Beklagten haben nur für die Mängel des Gebäudes, hier insbesondere bzw. im wesentlichen der Dachsanierung, einzustehen, die auf eine mangelhafte Erfüllung der dem Architekten obliegenden Aufgaben zurückzuführen sind (BGH VersR 1974, 261, 263). Ist dem so, schuldet der Architekt, insbesondere bei unzureichender Bauüberwachung, Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 635 BGB a.F., wenn sich die Fehler bei der Bauaufsicht bereits in Mängeln des Bauwerks manifestiert haben (BGHZ 141, 63, 66 m.w.N.).

2. Im Rahmen der Bauaufsicht hat der Architekt dafür zu sorgen, dass das Bauwerk plangerecht und mangelfrei errichtet wird (Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 631 Rdn. 7c).

a) Das Landgericht hat angenommen, die Beklagten hätten bereits deshalb ihre Überwachungspflichten verletzt, weil sie zu ihrer Entlastung nicht vorgetragen hätten, wie sie die örtliche Bauaufsicht durchführten. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Es ist der Bauherr, hier die Klägerin, der die objektiven Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruches darlegen und beweisen muss. Dazu gehören die ungenügende Aufsichtsführung und deren Ursächlichkeit für den Bauwerksmangel. Nur für die Frage der Schuld trifft den Architekten die Beweislast (BGH VersR 1974, 261, 263; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999,1616, 1617; Palandt/Sprau, § 635 Rdn. 9; § 634 Rdn. 10; Erman/Seiler, BGB. 10. Aufl., § 635 Rdn. 29; a.A. BGH NJW-RR 2000, 1547, 1548, wenn das Architektenwerk noch nicht abgenommen ist <obiter dictum>). Es ist demnach nicht richtig, wenn das Landgericht davon ausgeht, die Beklagten müßten sich entlasten.

b) Etwas anderes mag es sein, wenn die Kammer gemeint hat, die Mangelhaftigkeit des Bauwerks lasse prima facie auf eine ungenügende Bauaufsichtsführung durch die Beklagten schließen (OLG München NJW-RR 1988, 336, 337 m.w.N.). Ob dies für besondere Fallgestaltungen zu bejahen wäre und dem die von der Klägerin vorgetragenen Mängel entsprechen, kann offen bleiben. Im Ergebnis ist das Landgericht zutreffend von einer ungenügenden Bauüberwachung der Beklagten ausgegangen.

Die Klägerin war bei der Bauausführung nicht vor Ort. Sie wohnt in H. , weshalb gerade die Beklagten mit der Vollarchitektur befasst wurden. Der Beklagte zu 1. hatte nach den vertraglichen Abreden unstreitig sämtliche Fragen der Sanierung für die Klägerin zu klären. Allein er bzw. die Beklagten sind daher überhaupt in der Lage, Einzelheiten zur Durchführung der hier bemängelten Arbeiten und der in diesem Zusammenhang erfolgten örtlichen Bauüberwachung vorzutragen. Der Klägerin sind bisher keine Unterlagen zugänglich gemacht worden, die sie ebenfalls hierzu befähigen würden. Dies führt zwar nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast. Die Beklagten sind jedoch verpflichtet, auf das Vorbringen der Klägerin, sie hätten gegen ihre Überwachungspflichten verstoßen, vereinzelt vorzutragen, welche Arbeiten wann, wie oft, durch wen, in welchem Umfang kontrolliert wurden sowie was dabei festzustellen war, und inwieweit sich die Firma H. GmbH überhaupt als zuverlässig erwies (BGH NJW 1995, 3311, 3312; NJW-RR 1999, 1152; NJW 1999, 579, 580; NJW-RR 2000, 1547,1549; Stein-Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 138 Rdn. 28f.; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 138 Rdn. 8b; § 284 Rdn. 34). Dieser sekundären Darlegungslast wird der Sachvortrag der Beklagten nicht ansatzweise gerecht, womit sich die Sicht des Landgerichts im Ergebnis als richtig erweist. Die Kammer konnte kraft der Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO davon ausgehen, dass die Beklagten ihre Überwachungsaufgaben nicht bzw. nur unzureichend wahrgenommen haben (Stein-Jonas/Leipold, § 138 Rdn. 29). Hieran hat sich auch in der Berufungsinstanz nichts geändert.

3. Keine Feststellungen hat das Landgericht zur Ursächlichkeit der ungenügenden Bauüberwachung für die vorgetragenen Mängel getroffen. Nur Baumängel, die auf mangelhafter Erfüllung der Überwachungspflicht beruhen, sind Fehler des Architektenwerkes (Palandt/Sprau, § 633 Rdn. 2c). Ein Unterlassen ist für den Bauwerksmangel aber nur dann kausal, wenn der Handlungspflichtige zur Abwendung tatsächlich in der Lage gewesen wäre, d.h. ein zumutbares Verhalten den Mangel zum damaligen Zeitpunkt vermieden oder verringert hätte (Jauernig/Teichmann, BGB, 9. Aufl., § 823 Rdn. 33).

a) Die Kammer mag als ausreichend empfunden haben, dass bei der Ausführung der Dacharbeiten "fundamentale Fehler" gemacht worden seien. Woher allerdings die Sachkunde genommen wurde, um beurteilen zu können, dass die von der Klägerin vorgetragenen Mängel in ihrer Gänze schwerwiegenden Charakters sind, kann der Entscheidung des Landgerichts nicht entnommen werden. Selbst das von der Klägerin vorgelegte Gutachten, bei dem es sich lediglich um qualifizierten Parteivortrag handelt, trifft zum Charakter der Mängel keine Aussagen.

b) Als durch mangelhafte Bauüberwachung hervorgerufen können nur die Mängel gelten, die normalerweise bei ordnungsgemäßer Leistung des Architekten erkannt worden wären. Das Ausmaß der Überwachungspflicht hängt vor allem auch von der Bedeutung und Schwierigkeit des jeweiligen Bauabschnitts ab (BGH WM 1971, 680, 681; Palandt/Sprau, vor § 631 Rdn. 7c). Das Landgericht geht selbst davon aus, dass der Architekt einfache Handgriffe eines Handwerkers nicht überprüfen muss. Bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten trifft den Architekten keine Überwachungspflicht. Nur Handwerksleistungen, die regelmäßig mit einer hohen Fehlerquote verbunden oder besonders wichtige Bauabschnitte betreffen, sind entweder bei Ausführung zu überwachen oder nach ihrer Fertigstellung zu kontrollieren. Dementsprechend sind die Anwesenheitszeiten nur so zu organisieren, dass der Architekt die unbedingt einer Beaufsichtigung oder nachträglichen Kontrolle unterliegenden Arbeiten in Augenschein nehmen kann (OLG Düsseldorf, 5 U 89/92, vom 11.11.1993 - zitiert in juris; OLG München a.a.O.; OLG Hamm BauR 1991, 788, 790). Mag bei Dacharbeiten (Traufe - BGH NJW-RR 2000, 1468, 1469; OLG Düsseldorf BauR 1998, 810 ff.) und im Rahmen des Umbaus und der Modernisierung eines Gebäudes sowieso eine intensive Bauaufsicht erforderlich sein (BGH NJW 2000, 2500, 1501), so werden von der Klägerin nicht nur Mängel am Dach geltend gemacht. Zumindest insoweit hat es das Landgericht an der notwendigen Differenzierung fehlen lassen. Der mit dem Beweisbeschluss eingeschlagene Weg hätte deshalb unter diesem Aspekt nicht verlassen werden dürfen. Es erscheint dem Senat auch nicht immer möglich zu sein, den Schluss von der objektiven Verletzung der Überwachungspflicht als Ursache auf den Bauwerksmangel als Folge i.S. eines typischen Geschehensablaufs zu ziehen (so wohl OLG München NJW-RR 1988, 336, 338).

c) Der bauüberwachende Architekt muss sich allerdings auch davon überzeugen, dass das ausführende Unternehmen überhaupt zuverlässig und in der Lage ist, die beauftragten Arbeiten ordnungsgemäß auszuführen (BGH WM 1971, 680, 681; OLG Düsseldorf, 5 U 89/92, vom 11.11.1993 - zitiert in juris). Die Beklagten tragen in beiden Instanzen vor, die H. GmbH habe sich bereits bei der Ausführung der Arbeiten in einer wirtschaftlichen Krise befunden. Mit der Berufung ist sogar dargelegt, die Arbeitnehmer seien nicht mehr ordnungsgemäß bezahlt worden. In solchen Situationen liegt es nahe, dass am Bau gepfuscht wird, weil sich die Geschäftsleitung und die Arbeitnehmer nicht mehr ganz ihrer Aufgabe bei der Sanierung des Gebäudes, sondern mehr ihren finanziellen Problemen widmen. Hinzu kommen regelmäßig Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung. Dem muss der Architekt Rechnung tragen und seine Kontrollen so ausdehnen, dass er das von Insolvenz bedrohte Unternehmen bei jedem Arbeitsschritt im Auge behält. Vor diesem Hintergrund dürften die von der Klägerin vorgebrachten Beanstandungen insgesamt auf mangelhafte Bauüberwachung zurückzuführen sein.

d) Damit erweist sich auch das Argument der Beklagten, die Klägerin hätte von der H. GmbH sowieso keine Nachbesserung erfahren, als nicht erheblich. Die Beklagten hätte schon bei der Bauausführung eingreifen und auf ordnungsgemäße Arbeit dringen, notfalls den Auftrag entziehen müssen. Bei später erkannten Mängeln mussten Zurückbehaltungsrechte ausgeübt und auf Nachbesserung ggf. im Wege der Ersatzvornahme hingearbeitet werden. Dies ist offensichtlich nicht geschehen. Da derartiges zu den Vertragspflichten der Beklagten gehörte, bleibt es bei dem Schadensersatzanspruch der Klägerin.

4. Verfahrensfehlerhaft kommt das Landgericht allerdings zu dem Ergebnis, die von der Klägerin vorgetragenen Mängel seien vorhanden, weil sie von den Beklagten nicht substantiiert bestritten worden seien.

a) Die Beklagten durften die Mängel einfach bestreiten (BGH NJW 1995, 3311, 3312; NJW-RR 1999, 1152; NJW 1999, 579, 580). Dies gilt selbst dann, wenn man i.d.R. eine Gegendarstellung verlangt, weil nicht ersichtlich ist, woher die Beklagten die Mängel kennen sollen (Peters, in: MünchKomm.-ZPO, 2. Aufl., § 138 Rdn. 19). Es gab also auch nichts, was die Beklagten hierzu hätten auf den Hinweis des Landgerichts vortragen können. Verkennt das Gericht die Anforderungen an die Darlegungslast, stellt sich dies als Verfahrensfehler dar (Zöller/Greger, § 138 Rdn. 8c).

b) Hierauf beruht das Urteil des Landgerichts. Ohne die Feststellung der Mängel kann über den Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht entschieden werden. Dies rechtfertigt die Aufhebung und Zurückverweisung nach §§ 539, 540 ZPO a.F., weil die Kammer nunmehr die von der Klägerin bereits in erster Instanz benannten Zeugen hören und ggf. einen Sachverständigen hinzuziehen muss, was vom Umfang her dem erstinstanzlichen Gericht zu übertragen ist, damit es, wie gesetzlich vorausgesetzt, die tatsächlichen Grundlagen für die Sachentscheidung schafft.

5. Abschließend weist der Senat auf folgendes hin:

a) Das Vorbringen der Klägerin zu den einzelnen Mängeln überschneidet sich. Einiges wird doppelt dargelegt, was wohl darauf beruht, dass die Klägerin die Schäden mehrfach durch unterschiedliche Personen feststellen ließ. Dies lässt an der Richtigkeit ihrer Schadensberechnung zweifeln, wobei derzeit sowieso nicht ersichtlich ist, welche Kosten für die Beseitigung welchen Mangels verlangt werden. Augenscheinlich hat die Klägerin nachbessern lassen. Insoweit müsste es ihr leicht fallen, unter Vorlage der Rechnungen den ihr entstandenen Schaden darzustellen.

b) Soweit die Beklagten bestreiten, dass die Mängel zu den auszuführenden Arbeiten gehörten (so wird man ihr Vorbringen Bd. I Bl. 117 d.A. im Zweifel verstehen müssen), trifft sie die sekundäre Darlegungslast, der sie nicht gerecht werden. Wenn es, was ggf. in der Beweisaufnahme geklärt werden kann, um neue Bauteile geht, spricht zudem der erste Anschein für die Klägerin. Letztlich dürfte das Bestreiten schon deshalb unbeachtlich sein, weil es ersichtlich gegen die prozessuale Wahrheitspflicht verstößt. Das Dach wurde umfassend saniert, dazu gehörte z.B. die Aufdachrinne, da sie neu verlegt wurde usw. Die Beklagten müssen sich fragen lassen, wieso sie z.B. den Fallrohranschluss mit Schreiben vom 22.04.1997 als mangelhaft rügten (Bd. I Bl. 121 d.A.), wenn dies nicht zum Auftragsumfang der Fa. H. GmbH gehörte.

c) Richtig ist, dass die Klägerin keinen Schaden erlitten hat, wenn sie die Nachbesserungsarbeiten aus zurück- oder einbehaltenem Werklohn bezahlen kann (BGH NJW 1996, 2370, 2371). Es ist jedoch unstreitig, dass die Beklagten die gesamte Abrechnung durchgeführt haben und die Klägerin hierüber keine näheren Kenntnisse besitzt, weil ihr die Beklagten bisher weder Bauablauf noch Abrechnung dargelegt haben. Demnach ist es an den Beklagten, konkret darzulegen, dass und wieviel Geld aus dem an die H. GmbH erteilten Auftrag zur Verfügung steht, um die Mängel zu beseitigen.

d) Auf die Frage, inwieweit die Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Einheits-Architektenvertrag (vgl. Ziff. 11. des Vertrages der Parteien) wirksam vereinbart sind, kommt es nicht an. Ein Ausschluss der gesamtschuldnerischen Haftung des Architekten neben dem Bauunternehmer (vgl. Palandt/Sprau, vor § 633 Rdn. 11) wäre unwirksam (OLG München NJW-RR 1988, 336, 338). Genauso wenig könnten sich die Beklagten auf eine Subsidiaritätsklausel berufen (Palandt/Sprau, vor § 633 Rdn. 13).

II.

Eine Kostenentscheidung enthält die aufhebende und zurückverweisende Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Dagegen sind derartige Urteile für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Nichterhebung von Gerichtskosten beruht auf § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung verlangen nach einer Entscheidung des Revisionsgerichts (§§ 542 Abs. 1, 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO).

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug folgt aus §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1, 22 GKG, 3, 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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