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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 26.10.2004
Aktenzeichen: 11 U 40/04
Rechtsgebiete: FlErwV, StGB, ZPO, BGB, AusglLeistG, AGBG, VwVfG


Vorschriften:

FlErwV § 2 Abs. 2
FlErwV § 7
FlErwV § 12 Abs. 1 Bst. a)
FlErwV § 12 Abs. 1 Bst. dd)
FlErwV § 12 Abs. 1 Bst. c)
FlErwV § 12 Abs. 10
StGB § 263
StGB § 264
ZPO § 513 Abs. 1 Alt. 1
BGB § 139
BGB § 242
BGB § 295
BGB § 346 Satz 1 a.F.
BGB § 348
BGB § 349
BGB §§ 812 ff.
BGB § 823 Abs. 2 Satz 1
AusglLeistG § 3 Abs. 1
AusglLeistG § 3 Abs. 2
AusglLeistG § 3 Abs. 4
AusglLeistG § 3 Abs. 7
AusglLeistG § 3 Abs. 8
AusglLeistG § 3 Abs. 10
AusglLeistG § 3 Abs. 2 Satz 3
AusglLeistG § 3 Abs. 2 Satz 1
AusglLeistG § 3 Abs. 3 Satz 1
AusglLeistG § 3 Abs. 5
AGBG § 9
VwVfG § 40
VwVfG § 48
VwVfG § 49
Auch der Verkauf an einen auf besatzungshoheitlicher Grundlage enteigneten Alteigentümer nach dem Flächenerwerbsprogramm des AusglLeistG darf von der Ortsansässigkeit des Berechtigten abhängig gemacht werden.

Behält der Erwerber entgegen der übernommenen Verpflichtung seinen bisherigen Wohnsitz in den alten Bundesländern bei, meldet seinen Hauptwohnsitz aber am Ort der Betriebsstätte an und erweckt hierdurch bereits vor Vertragsabschluss beim Veräußerer den Eindruck, schon ortsansässig geworden zu sein, kann der Getäuschte sowohl wegen des nicht begründeten Lebensmittelpunktes am Ort der Betriebsstätte als auch aufgrund falscher tatsächlicher Angaben vom vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrecht Gebrauch machen und die Rückgabe der landwirtschaftlichen Flächen verlangen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 40/04 OLG Naumburg

verkündet am: 26. Okt. 2004

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Abwicklung eines Grundstückskaufs aufgrund vertraglichen Rücktrittsrechts,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 5. Oktober 2004 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause und des Richters am Amtsgericht Schleupner für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 16. März 2004 - 10 O 1737/03 (325) - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 630.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 600.000 €.

Die Streitwertentscheidung des Landgerichts vom 16. März 2004 wird abgeändert und der Streitwert für die erste Instanz auf 600.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Wegen der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf die angefochtene Entscheidung verwiesen.

Dem Beklagten bzw. seinen Rechtsvorgängern sind land- und forstwirtschaftliche Vermögenswerte durch Enteignung auf besatzungshoheitlicher Grundlage im Zuge der Bodenreform entzogen worden. Er wohnte bzw. wohnt möglicherweise immer noch mit seiner Ehefrau in W. . Bis September 2003 war er in St. als Geschäftsführer tätig <Bd. I Bl. 3, 5, 83f., 125, 126 d.A.>. Am 29. Juli 1994 schlossen die Parteien einen Pachtvertrag über 270 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Bereits in diesem Vertrag verpflichtete sich der Beklagte, bis zum 31. Mai 1996 seinen Wohnsitz in die Nähe der Betriebsstätte zu verlegen, ortsansässig zu werden <Bd. I Bl. 3, 82 d.A.>. Der Beklagte meldete am 20. Juni 1996 seinen Hauptwohnsitz um und ließ seine Anschrift im Personalausweis ändern. Laut Meldebescheinigung und Personalausweiseintragung wohnte der Beklagte seither in D. , E. 48 <Bd. I Bl. 83 d.A.; Anlage K 2 Bd. I Bl. 11 d.A.; Anlage K 3 Bd. I Bl. 12 d.A.>. Die Meldebescheinigung übersandte der Beklagte unter Hinweis auf § 5 (Ortsansässigkeit) am 21. Juni 1996 an die Klägerin <Anlage K 15 Bd. I Bl. 121 d.A.>.

Der Beklagte konnte als Berechtigter nach dem Flächenerwerbsprogramm des Gesetzes über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können vom 27. September 1994 (Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG) begünstigt, also deutlich unter dem Verkehrswert Grundstücke erwerben <Bd. I Bl. 3, 82 d.A.>. Hiervon machte der Beklagte Gebrauch und stellte am 10. April 1997 einen dahingehenden Antrag, dem die in der Checkliste A <Anlage K 1 Bd. I Bl. 10 d.A.> wiedergegebenen Anlagen beigefügt waren <Bd. I Bl. 3 d.A.>. Unter anderem reichte der Beklagte eine Kopie der Meldebestätigung vom 20. Juni 1996 <Anlage K 2 Bd. I Bl. 11 d.A.> und seines Personalausweises <Anlage K 3 Bd. I Bl. 12 d.A.> ein. Gleichzeitig gab der Beklagte folgende Verpflichtungserklärung vom 2. März 1997 ab:

"...Hiermit erkläre ich, der Unterzeichnende, dass ich gemäß § 2 Abs. 2 FlErwV meinen Hauptwohnsitz (Betriebssitz) vor Abschluß des Kaufvertrages, jedoch spätestens bis zum 30.9.1998 in die Nähe der Betriebsstätte verlegen und dort auf die Dauer von 20 Jahren beibehalten werde. Mir ist bekannt, dass der begünstigte Flächenerwerb rückabgewickelt werden kann, wenn ich den Wohnsitz (Betriebssitz) innerhalb von 20 Jahren nach Abschluß des Kaufvertrages außerhalb der Nähe der Betriebsstätte verlege..." <Anlage K 4 Bd. I Bl. 13 d.A.>.

Die vom Beklagten am 16. April 1997 unterzeichnete Checkliste A schließt folgendermaßen:

"Mir ist bekannt, dass ...

2. ich bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben in diesem Antrag und seinen Anlagen wegen Betrugs oder Subventionsbetrugs gemäß §§ 263 und 264 Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe bestraft werden kann..." <Anlage K 1 Bd. I Bl. 10 d.A.>.

Durch Bescheid vom 6. Oktober 1997 stellte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen dem Grunde nach die Anspruchsberechtigung des Beklagten nach dem AusglLeistG fest <Anlage B 21 Bd. I Bl. 147-154 d.A.>.

Die Verkaufsverhandlungen mit dem Beklagten führte auf Klägerseite die Zeugin Dr. J. . Am 16. März 1998 fand im Hause der Klägerin ein persönliches Gespräch zwischen dem Beklagten und der Zeugin statt <Anlage K 13 Bd. I Bl. 118/119 d.A.; Anlage K 14 Bd. I Bl. 120 d.A.>.

Nachdem dem Beklagten am 3. Dezember 1998 ein Entwurf übersandt worden war <Bd. I Bl. 4 d.A.; Anlage K 5 Bd. I Bl. 14 d.A.>, schlossen die Parteien am 23. Dezember 1998 vor dem Notar T. aus M. zur UR-Nr. 1925/98 einen Grundstückskaufvertrag mit einem Preis von 434.589 DM <Bd. I Bl. 4 d.A.; Anlage K 6 Bd. I Bl. 15-42 d.A.>. Zur Sicherung der Zweckbindung des subventionierten Verkaufs behielt sich die Klägerin in § 10 des Vertrages ein wie folgt ausgestaltetes Rücktrittsrecht vor:

"1. Der Abschluß dieses Vertrages erfolgt in der Annahme, daß der Käuferin für den Kaufgegenstand ein Erwerbsanspruch nach den Bestimmungen des Ausgleichsleistungsgesetzes zusteht und sie den Kaufgegenstand für die Zeit des Bestehens des Veräußerungsverbots (...) nach Maßgabe des als Anlage 2 dieser Niederschrift in Kurzfassung beigefügten aktualisierten Betriebskonzeptes zum Zwecke der Fortführung des bereits eingerichteten Marktfruchtbetriebes bewirtschaftet und hierzu ihren bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb aufrechterhalten wird.

2. Die Verkäuferin ist daher berechtigt, von diesem Vertrage zurückzutreten, wenn innerhalb des in Abs. 1 genannten Zeitraumes

...

c) die Käuferin ihren Hauptwohnsitz nicht in der Nähe der Betriebsstätte beibehält

oder

d) wenn feststeht, dass die von der Käuferin für den Abschluß dieses Vertrages gegenüber der Verkäuferin erbrachten Nachweise und Angaben falsch waren ...

5. Übt die Verkäuferin das ihr nach Abs. 2 vorbehaltene Rücktrittsrecht aus, sind die Parteien zur Rückgewähr der jeweils empfangenen Leistungen nach Maßgabe der Bestimmungen des § 12 Abs. 10 FlErwV verpflichtet...".

In der ausdrücklich hervorgehobenen Anlage 2, die der Beklagte unterzeichnet hat, ist angegeben, dass der Betrieb für den Beklagten einen Nebenerwerb darstellt und sich der Beklagte in D. eine Wohnung mietete.

Der Verkehrswert der Grundstücke lag bei ca. 600.000 € <Bd. I Bl. 9, 114 d.A.>.

Nachdem am 8. November 2001 vom Einwohnermeldeamt eine Meldebestätigung ausgestellt wurde, die dem Beklagten nur noch eine Nebenwohnung in D. und die Hauptwohnung in W. bescheinigte <Bd. I Bl. 6, 85 d.A.>, erschien der Beklagte am 28. Dezember 2001 in der Meldestelle und erreichte mit Blick auf die Eintragung im Personalausweis eine Meldebescheinigung mit dem ursprünglichen Inhalt <Bd. I Bl. 6; Anlage B 4 Bd. I Bl. 95 d.A.; vgl. auch Anlage B 5 Bd. I Bl. 96 d.A.>. Die Ehefrau des Beklagten meldete ihren Hauptwohnsitz im April 2002 in D. an <Bd. I Bl. 6 d.A.>. Seit dem Vertragsabschluss wurde die Korrespondenz zwischen den Parteien weitestgehend über D. abgewickelt, obwohl sich der Beklagte zumeist in W. aufhielt <Bd. I Bl. 117, 159 d.A.>.

Am 1. Juli 2003 stellte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen fest, dass dem Beklagten eine Entschädigung nach dem AusglLeistG zusteht, er mithin Anspruch auf begünstigten Flächenerwerb hat <Bd. I Bl. 90 d.A.>.

Die Klägerin hat vorgetragen, Erwerbsvoraussetzung sei die Ortsansässigkeit des Beklagten gewesen <Bd. I Bl. 3 d.A.>. Diese läge nicht vor, sodass sie, die Klägerin, zum vertraglich vorgesehenen Rücktritt berechtigt sei <Bd. I Bl. 4, 8, 111/112 d.A.>. Der Hauptwohnsitz sei der Lebensmittelpunkt. Den habe der Beklagte in W. . Auf die formelle Meldung beim Einwohnermeldeamt komme es nicht an <Bd. I Bl. 5 d.A.>. Mit dieser habe der Beklagte nur versucht, den Eindruck zu erwecken, seinen Lebensmittelpunkt bereits an den Ort der Betriebsstätte verlegt zu haben <Bd. I Bl. 3 d.A.>. Offensichtlich sei der Beklagte davon ausgegangen, dass die Meldebescheinigung nicht überprüft werde. Hier spreche alles für Vorsatz des Beklagten <Bd. I Bl. 113 d.A.>. Die Klägerin habe jedenfalls den Angaben des Beklagten Glauben geschenkt <Bd. I Bl. 117 d.A.>, die sich auch anlässlich einer Kontrolle bestätigt hätten <Anlage K 17 Bd. I Bl. 123 d.A.>.

Der Beklagte hat behauptet, er habe bereits am 18. Januar 1996 mit der Gemeindeverwaltung einen Mietvertrag über Räume im ehemaligen Herrenhaus geschlossen <Bd. I Bl. 82 d.A.; Anlage B 1 Bd. I Bl. 92/93; Anlage B 9 Bd. I Bl. 132-134 d.A.>. Die Wohnung habe der Beklagte im Mai/Juni 1996 bezogen <Bd. I Bl. 83, 125 d.A.; Anlage B 2 Bd. I Bl. 130 d.A.>. Die Meldebestätigung vom 8. November 2001 sei daher falsch gewesen <Bd. I Bl. 85 d.A.>. Der Klägerin sei das Vorgehen des Beklagten im Übrigen bekannt. In mehreren Gesprächen, zuletzt am 16. März 1998, habe der Beklagte ihr gegenüber seine berufliche und private Situation, insbesondere seine Arbeit in Baden-Württemberg und sein Vorhaben, 2003 in den vorgezogenen Ruhestand zu treten, dargelegt <Bd. I Bl. 84, 88, 126, 110, 116, 159 d.A.>. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass sich der Beklagte überwiegend in W. aufhalten werde. So habe sie diverse Schreiben an die dortige Adresse gesandt <Anlage B 11-15 Bd. I Bl. 137-141 d.A.> und den Beklagten in seinem Büro angerufen <Bd. I Bl. 126 d.A.>. Außerdem habe die Klägerin den Verkauf nicht an die Ortsansässigkeit knüpfen dürfen <Bd. I Bl. 86 d.A.>.

Keinesfalls habe der Beklagte den Eindruck erwecken wollen, seinen Lebensmittelpunkt nach D. verlegt zu haben <Bd. I Bl. 84 d.A.>. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass auch die Ehefrau nach D. habe ziehen sollen. Seine Hauptwohnsitzverlegung durch Anmeldung seines Erstwohnsitzes in D. habe er für ausreichend erachtet <Bd. I Bl. 85, 88, 125 d.A.>. Dass unter Hauptwohnsitz der Lebensmittelpunkt zu verstehen sei, habe der Beklagte nicht gewusst. Hätte die Klägerin die Notwendigkeit der Verlegung des Lebensmittelpunktes deutlich gemacht, wäre der Beklagte dieser Forderung nachgekommen <Bd. I Bl. 127 d.A.>.

Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben am 30. September 2003 halte sich der Beklagte mit seiner Ehefrau ganz überwiegend in D. auf <Bd. I Bl. 83/84, 125 d.A.>. Mittlerweile seien diverse Kontakte geknüpft und Aktivitäten entfaltet <Bd. I Bl. 83, 125 d.A.>.

Die Klägerin dürfe nach Treu und Glauben nicht vom Vertrag zurücktreten, da sie das Erfordernis der Ortsansässigkeit zuvor höchst großzügig gehandhabt habe. Außerdem habe der Beklagte nach dem Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen zumindest Anspruch auf den Erwerb von 300.000 Ertragsmaßzahlen <Bd. I Bl. 90, 128 d.A.>.

Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 10. Februar 2004 <Bd. I Bl. 204-209 d.A.> stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.

Der Beklagte habe sich nicht wirksam zur Hauptwohnsitzverlegung verpflichtet. Eine vertragliche Bindung bestehe nicht, weil diese durch die FlErwV überlagert werde und hiervon nicht abgewichen werden dürfe. Die Alteigentümer seien nicht dem Erfordernis der Ortsansässigkeit unterworfen, sodass auch die FlErwV nichts Gegenteiliges und den Beklagten Knebelndes vorsehen könne.

Der Beklagte habe die vertraglich vorgesehenen Voraussetzungen eingehalten. Seine Verpflichtungserklärung stelle auf den Betriebssitz ab. Dort werde nicht von Hauptwohnsitz oder Lebensmittelpunkt gesprochen. Seinen Betriebssitz habe der Beklagte gemeinsam mit dem GbR-Partner bereits seit Beginn des Pachtverhältnisses in D. gehabt. Wenn die Klägerin den Beklagten zu mehr habe verpflichten wollen, dann müsse sie dies deutlich zum Ausdruck bringen. In diesem Sinne sei der Beklagte zumindest schuldlos davon ausgegangen, es genügten der Betriebssitz und die ideelle Wohngemeinschaft mit dem anderen Gesellschafter der GbR.

Auf jeden Fall handele die Klägerin rechtsmissbräuchlich und verkenne das ihr eingeräumte Ermessen. Bei ausreichenden Kontrollen hätte die Klägerin festzustellen vermocht, dass der Beklagte seinen Wohnsitz rechtzeitig verlegt habe. Es sei nicht der Beklagte gewesen, der falsche Angaben gemacht habe. Vielmehr sei von Seiten der Klägerin der Eindruck vermittelt worden, die erbrachten Nachweise reichten aus. Die Aussage der Zeugin Dr. J. habe angesichts dessen kritischer hinterfragt werden müssen. Augenscheinlich habe die Zeugin an einen Hauptwohnsitz im Sinne des Lebensmittelpunktes gedacht und der Beklagte nach Maßgabe der Verpflichtungserklärung den Betriebssitz gemeint, womit ein Dissens vorliege.

Dem Beklagten habe nach alledem mit einer Nachfrist nochmals Gelegenheit gegeben werden müssen, seinen Lebensmittelpunkt nach D. zu verlegen. Schon gar nicht sei der Vertrag rückabzuwickeln, nachdem der Beklagte in den Vorruhestand getreten sei und sich seine Familie auf eine Perspektive in D. eingerichtet habe. Die Klägerin verfolge jetzt nur eine andere Geschäftspolitik, was nicht zu Lasten des Beklagten gehen dürfe.

Wenn überhaupt, komme angesichts des vom Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen festgestellten Erwerbsanspruches des Beklagten nur ein Teilrücktritt in Betracht.

Der Beklagte beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf keiner Rechtsverletzung i.S.v. § 513 Abs. 1 Alt. 1 ZPO, ohne dass konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen bzw. zulässige neue Tatsachen zu einer abweichenden Entscheidung Anlass geben (§§ 513 Abs. 1 Alt. 2, 529 Abs. 1 ZPO).

(1.) Der Einzelrichter hat ausgeführt, die Klägerin könne die Rückabwicklung des Grundstückskaufs betreiben, weil sie wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei. Das Rücktrittsrecht folge aus § 10 des Vertrages der Parteien. Der Beklagte habe seinen Hauptwohnsitz zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht in die Nähe der erworbenen Flächen verlegt. Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass der Beklagte nicht hauptsächlich in D. lebe. Eine lediglich formale Behandlung des Ortsansässigkeitskriteriums durch die Klägerin, wie sie der Beklagte für sich in Anspruch nehme, habe sich im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Klägerin habe dem Beklagten den Begriff der Ortsansässigkeit auch nicht noch einmal ausdrücklich verdeutlichen müssen. Es sei der Beklagte, der die dahingehende Pflicht übernommen habe. Ihm obliege es deshalb, sich bei Unklarheiten zu erkundigen.

Der vergünstigte Flächenerwerb habe von der Ortsansässigkeit abhängig gemacht werden dürfen. Diese Voraussetzung sei sachlich gerechtfertigt. Der Beklagte sei hierdurch keiner unzumutbaren Einschränkung seiner Freizügigkeit ausgesetzt worden. Es habe ihm frei gestanden, die Flächen bedingungslos zum Verkehrswert zu erwerben.

Der Rücktritt sei nicht ausgeschlossen. Die positive Kenntnis der Klägerin von der Unrichtigkeit der Meldebescheinigung des Beklagten könne nicht festgestellt werden. Von einer Geringfügigkeit der Pflichtverletzung und damit von einer unangemessenen Reaktion der Klägerin könne keine Rede sein.

Dies hält rechtlicher Nachprüfung durch den Senat uneingeschränkt stand.

(2.) Auf den Vertrag der Parteien bzw. seine Rückabwicklung sind das BGB und das AGBG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Danach betreibt die Klägerin zu Recht die Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts. Der Rücktritt vom 10. Januar 2003 <Anlage K 8 Bd. I Bl. 45/46 d.A.> ist unter mehreren Gesichtspunkten wirksam und führt zur Rückübertragungspflicht des Beklagten (§ 10 Abs. 2 Bst. c) u. d), Abs. 5 Satz 1 des Grundstückskaufvertrages vom 23. Dezember 1998 i.V.m. §§ 346 Satz 1 a.F.; 348, 349 BGB bzw. c.i.c. sowie § 12 Abs. 1 Bst.a) dd) u. c), Abs. 10 FlErwV; ggf. § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. §§ 263 Abs. 1, 264 Abs. 1 Nr. 1 u. 3 StGB). Dagegen sprechende Gesichtspunkte vermag die Berufung nicht mit Erheblichkeit aufzuzeigen.

(a) § 10 Abs. 2 Bst. c) des Grundstückskaufvertrages sieht den Rücktritt der Klägerin für den Fall vor, dass der Beklagte seinen Hauptwohnsitz nicht in der Nähe der Betriebsstätte beibehält. Dieser Rücktrittsgrund korrespondiert mit § 12 Abs. 1 Bst. a) dd) FlErwV, um die Zweckbindung des subventionierten Flächenerwerbs sicherzustellen. Führt bereits die Aufgabe des Hauptwohnsitzes zum vertraglichen Rücktrittsrecht, gilt dies erst Recht dann, wenn zu keinem Zeitpunkt die Hauptwohnung in der Nähe der Betriebsstätte genommen wurde. Gerade diesen Fall hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Der Beklagte hat zugestanden, bis September 2003 seinen Lebensmittelpunkt nicht in D. gehabt zu haben <Bd. I Bl. 83/84, 125 d.A.>.

(aa) Nach dem Grundstückskaufvertrag der Parteien hatte der Beklagte seinen Hauptwohnsitz in die Nähe der Betriebsstätte zu verlegen. Hierzu war der Beklagte bereits aus dem vorangegangenen Pachtverhältnis heraus verpflichtet. Die mit dem Kaufantrag abgegebene Verpflichtungserklärung vom 2. März 1997 machte dies ohne weiteres nochmals ausdrücklich deutlich. Hierauf nimmt das vertragliche Rücktrittsrecht Bezug, womit sich nicht die von der Berufung aufgeworfene Frage stellt, ob die Hauptwohnsitzverpflichtung wirksam vereinbart worden sei (§ 313 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. §§ 133, 157 BGB). Selbst als nicht beurkundete Erklärung des Beklagten käme dem Versprechen nach Auflassung und Eintragung bindende Wirkung zu (§ 313 Satz 2 BGB a.F.).

Entgegen der Darstellung der Berufung verhält sich die Verpflichtungserklärung <Anlage K 4 Bd. I Bl. 13 d.A.> ausdrücklich zum Hauptwohnsitz. Von "Betriebssitz" ist nur in einem Klammerzusatz die Rede. Die Argumentation des Beklagten im Berufungsrechtszug, es sei immer nur um den Betriebssitz gegangen, den er natürlich in D. unterhalte, verkehrt so einen offensichtlichen Zusatz zur gewollten Hauptaussage der Verpflichtungserklärung. Dies verstößt nicht nur gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze, sondern auch gegen Denkgesetze. Einem Klammerzusatz kommt bestenfalls erläuternde Funktion zu. Eine Erläuterung des Hauptwohnsitzes war hier mit dem Begriff "Betriebssitz" aber nicht einmal beabsichtigt. Es wird lediglich klargestellt, dass sowohl der Hauptwohnsitz als auch der Betriebssitz in die Nähe der Betriebsstätte zu verlegen waren, da es durchaus, wie beim Beklagten, Fälle geben kann, wo Wohn- und Betriebssitz auseinander fallen. Augenscheinlich hat der Beklagte die Forderung der Klägerin und des Vertrages auch richtig in diesem Sinne verstanden. Ansonsten hätte er sich kaum eine Wohnung genommen (hierzu unten) und seinen Hauptwohnsitz umgemeldet. Der Betriebssitz wird nicht durch Meldebescheinigungen des Einwohnermeldeamtes verlautbart. Es ging dem Beklagten also stets um die Wohnsitzverlegung. Jede andere Behauptung ist unglaubhaft.

(bb) Der Beklagte hat die Flächen nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 AusglLeistG vergünstigt gekauft. Einzelheiten der Erwerbsmöglichkeit regelt die FlErwV (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AusglLeistG). Nach § 1 Abs. 3 der Verordnung ist der Hauptwohnsitz der Lebensmittelpunkt des Berechtigten, bei Verheirateten der Lebensmittelpunkt der Familie. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist dies nichts Neues, sondern bringt nur das zum Ausdruck, was gemeinhin unter dem Hauptwohnsitz verstanden wird (vgl. EuG, Urteil vom 28. September 1999, T-29/98 - zitiert in juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Oktober 1998, 1 S 2348/97 = DVBl 1999, 335-337; Erman/H.P. Westermann, BGB, 11. Aufl., § 7 Rdn. 9; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 7 Rdn. 13). Seinen dauerhaften Aufenthaltsort bzw. Lebensmittelpunkt hatte der Beklagte vor dem 30. September 2003 zu keinem Zeitpunkt in D. <Bd. I Bl. 125, 83/84 d.A.>. Dabei ist es selbstverständlich, dass bei nicht getrennt lebenden Ehegatten der Lebensmittelpunkt nur dort sein kann, wo sich der andere Ehegatte dauernd aufhält, noch dazu wenn, wie hier, dort auch die Kinder ansässig sind. Es fehlte daher zum Zeitpunkt des Rücktritts objektiv am Hauptwohnsitz in Betriebsstättennähe. Was danach geschah, hat auf die Wirksamkeit des Rücktritts keinen Einfluss.

Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang pauschal hervorzuheben sucht, der Beklagte sei seiner Pflicht nachgekommen, vermag der Senat nicht zu erkennen, auf welche Tatsachen sich diese Behauptung zu stützen sucht. Entweder der Beklagte ging davon aus, der Betriebssitz und die ideelle Wohngemeinschaft mit dem GbR-Partner genügten und mehr habe man ihm nicht abzuverlangen, oder er ist tatsächlich mit seiner gesamten Familie nach D. gezogen und hat von dort aus nur noch seine Arbeitsstelle aufgesucht. Beides gemeinsam ist als Rechtsverteidigung widersprüchlich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte Letzteres behaupten will und von seinem erstinstanzlichen Sachvortrag, bis 30. September 2003 seinen Lebensmittelpunkt nicht in D. gehabt zu haben, abrückt. Die Behauptung des Beklagten, vertragstreu gewesen zu sein, entbehrt daher nach dem Inhalt der getroffenen Abreden jeder Grundlage.

(cc) Ein Verschulden des Beklagten setzt der Rücktritt nicht voraus. Entschuldigende Umstände können allenfalls im Rahmen von § 242 BGB von Bedeutung sein und die Klägerin hindern, von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen. Derartige Einschränkungen liegen hier, was noch zu zeigen sein wird, allerdings nicht vor.

(dd) Entgegen der Auffassung des Beklagten durfte die Klägerin den begünstigen Flächenerwerb von seiner Ortsansässigkeit abhängig machen und ihren Rücktritt auf das Nichtvorliegen dieses Erfordernisses stützen. Das Flächenerwerbsprogramm des AusglLeistG ist nicht nur eine Wiedergutmachung für nicht rückgängig zu machende Enteignungen, sondern auch ein Förderprogramm zur Entwicklung der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern, wodurch die Eigentumsbildung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe erleichtert werden soll (BVerfG, Urteil vom 22. November 2000, 1BvR 2307/94 u.a. = BVerfGE 102, 254-346). Der Gesetzgeber hat hier einen besonders weiten Regelungs- und Gestaltungsspielraum. Die begünstigten Alteigentümer haben keinen Anspruch darauf, dass ihnen Wiedergutmachung in der Form des subventionierten Rückerwerbs land- und forstwirtschaftlicher Flächen unter Ausschluss anderer oder in Form der Rückgabe der enteigneten Vermögenswerte in Natur gewährt wird (BVerfG a.a.O.; Beschluss vom 21. Mai 1996, 1 BvR 1408/95 = BVerfGE 94, 334-351). Deshalb gilt für sie als Wiedereinrichter i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG das Erfordernis der Ortsansässigkeit in gleichem Maße, wie für Wiedereinrichter nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG. Dies wird durch die Anlage 1 zu § 7 FlErwV bestätigt, wonach für natürliche Personen als Wiedereinrichter ausnahmslos die Meldebescheinigung verlangt wird (Nr. 4). Die Wertung des Gesetzgebers ist klar. Nur durch ortsansässige Wiedereinrichter kann das Ziel des fördernden Flächenerwerbsprogramms i.S.v. § 3 Abs. 1 bis 4, 7, 8, 10 AusglLeistG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Mai 1996, 1 BvR 1408/95 = BVerfGE 94, 334-351), für den Bereich der ostdeutschen Land- und Forstwirtschaft neue Eigentumsstrukturen und damit funktionsfähige Grundlagen für Erhalt und Fortentwicklung dieser Erwerbszweige in den neuen Ländern zu schaffen, realisiert werden. Dies ist nachvollziehbar und vernünftig und gilt gleichermaßen für Wiedereinrichter nach § 3 Abs. 2 Satz 1 und § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG. Nur im Rahmen des Wiedergutmachungsprogramms des § 3 Abs. 5 AusglLeistG, der der preisgünstigen Wiederbeschaffung von Eigentum durch die früheren Eigentümer ermöglichen will (BVerfG a.a.O.; Urteil vom 22. November 2000, 1 BvR 2307/94 u.a. = BVerfGE 102, 254-346), bedarf es der Ortsansässigkeit nicht. Das war hier aber nicht der Grund des Erwerbs des Beklagten. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin das Erfordernis der Ortsansässigkeit entsprechend den gesetzlichen Vorgaben im Grundstückskaufvertrag verankert hat.

(ee) Der Vertrag der Parteien ist darüber hinaus rein privatrechtlicher Natur (KG, Urteil vom 31. Mai 2002, 25 U 20/02 = KGR 2003, 217-222). Die Vergabeentscheidung und die Ausübung des Rücktritts orientieren sich demnach allein an den Regeln des Zivilrechts (BVerwG, Beschluss vom 15. November 2000, 3 B 10/00 - zitiert in juris). Der Grundstückskaufvertrag vom 23. Dezember 1998 stellt sich angesichts des der Klägerin übertragenen Privatisierungsauftrags so unabhängig von Bst. (dd) als wirksame Grundlage für die vom Beklagten übernommene Residenzpflicht dar, die angesichts des verfolgten Ziels und des Umfangs des gewährten Vorteils letztlich auch nicht nach § 9 AGBG als unangemessen in Frage zu stellen ist. Mit der übernommenen Verpflichtung hat der Beklagte erst die Voraussetzungen für den Erwerb geschaffen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2002, V ZR 105/02 = BGHZ 153, 93-107). Es ist ihm deshalb nicht zu gestatten, diese Verpflichtung nach vollzogenem Erwerb anzuzweifeln, um so in den Genuss eines Vorteils zu kommen, der ihm nicht einschränkungslos gewährt werden sollte.

(ff) Zum gleichen Ergebnis gelangt man bei unterstellter Nichtigkeitsfolge. Konnte die Klägerin den Beklagten nicht örtlich binden und ist die dahingehende Bestimmung nichtig bzw. unwirksam, käme § 139 BGB Bedeutung zu. Im Zweifel wäre der gesamte Vertrag nichtig und über §§ 812 ff. BGB abzuwickeln. Nichts anderes folgt aus der Erhaltungs- und Ersetzungsklausel in § 21 des Kaufvertrages oder einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die Klägerin wollte nach dem Inhalt des Vertrages und den in seinem Vorfeld abgegebenen Erklärungen die Ortsansässigkeit unbedingt zur Erwerbsvoraussetzung machen und so den Verkaufszweck sichern. Sie kann deshalb nicht am Vertrag festgehalten werden, wenn sich dieses Ziel rechtlich nicht erreichen lässt.

(gg) Eine zu Neuverhandlungen Anlass gebende Änderung des AusglLeistG (vgl. § 21 Abs. 3 des Vertrages) ist nicht ersichtlich.

(b) Ob der Beklagte die Verpflichtung wirksam übernommen hat, ist nicht einmal von entscheidender Bedeutung. Die vom Beklagten gemachten Angaben und vorgelegten Nachweise waren falsch und dazu geeignet, die Klägerin zum subventionierten Verkauf zu veranlassen, auf den der Beklagte keinen Anspruch hatte, weil es in seiner Person objektiv an den Förderprogrammvoraussetzungen fehlte (Rücktrittsgrund nach § 10 Abs. 2 Bst. d) des Vertrages), was der Beklagte bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt zumindest hätte wissen müssen (Anspruch auf Rückgängigmachung aus c.i.c.).

Dem Beklagten war bekannt, dass die Klägerin den vergünstigten Flächenerwerb von der Ortsansässigkeit, also dem Hauptwohnsitz des Beklagten in D. abhängig machte, zumindest hätte ihm das bekannt sein müssen. Der dahingehende Wille der Klägerin erschließt sich ohne jeden Zweifel aus der Verpflichtungserklärung vom 2. März 1997 und der Checkliste A vom 16. April 1997. Sogar § 10 Abs. 2 Bst. c) des Kaufvertrages stellt nochmals ausdrücklich auf den Hauptwohnsitz ab. Schließlich war die Wohnsitzverlegung zum Ortsansässigwerden bereits bei der Begründung des vorausgegangenen Pachtverhältnisses zur Voraussetzung erhoben. Dass sich der Hauptwohnsitz bzw. der Wohnsitz eines Ortsansässigen dort befindet, wo dieser sich hauptsächlich aufhält und lebt, sich also sein Lebensmittelpunkt befindet (vgl. oben a) bb)), muss i.d.R. niemandem erläutert werden. Dies ist allgemein bekannt. Sollte der Beklagte dennoch im Unklaren gewesen sein, hätte er fragen müssen.

Durch Vorlage der Meldebescheinigung und des Personalausweises erweckte der Beklagte bei der Klägerin den Eindruck, er lebe in D. . Dabei musste dem Beklagten zumindest klar sein, dass dies nicht der Fall und seine Angaben bei der Meldebehörde falsch waren, er also die Ausstellung falscher Bescheinigungen veranlasst hatte. Es ist nicht nachvollziehbar, wenn der Beklagte behauptet, ihm sei nicht klar gewesen, dass auch seine Familie habe nach D. ziehen müssen. Wo sonst, wenn nicht bei seiner Familie, hat man gewöhnlich seinen Hauptwohnsitz? Hierauf kommt es aber nicht einmal an, denn selbst der Beklagte hat sich zu keinem Zeitpunkt überwiegend bzw. dauerhaft in D. aufgehalten. Sogar seine Angabe in der dem Vertrag beigefügten Kurzdarstellung des Landwirtschaftsbetriebes, wonach er eine Wohnung gemietet habe, war falsch. "Mieterin" war nicht der Beklagte, sondern die GbR K. und G. . Allein dies spricht entschieden gegen einen Hauptwohnsitz des Beklagten, wobei die Wohnung nach den vorgelegten Bildern ebenfalls nicht den Eindruck eines Hauptwohnsitzes erweckt.

Die Vorlage der Meldebescheinigung führt - entgegen der möglicherweise anderen Auffassung der Berufung - zu keiner Hauptwohnsitzverlegung. Die Bescheinigung war und ist nur Mittel der Glaubhaftmachung. Auch dies musste dem Beklagten klar sein, denn die Meldebehörde legt nur das zugrunde, was ihr der Beklagte zu den tatsächlichen Verhältnissen angibt. Seine objektiv unrichtigen Angaben hielt der Beklagte aber selbst dann noch aufrecht, als die Meldebehörde 2001 von sich aus eine inhaltlich richtige Bescheinigung ausstellte. Dass sich die Klägerin zunächst mit dem Nachweis des Hauptwohnsitzes durch die Meldebescheinigung zufrieden gab, änderte nichts an der Pflicht des Beklagten, seinen Aufenthalt auch tatsächlich dauerhaft nach D. zu verlegen.

Über die Folgen falscher Angaben und der Vorlage falscher Bescheinigungen ist der Beklagte in der Checkliste A aufgeklärt worden. Schon vor diesem Hintergrund hatte er seine tatsächlichen Lebensumstände offen zu legen. Stattdessen hat der Beklagte mit den anders lautenden Eintragungen und der Wohnung alles unternommen, um einen Hauptwohnsitz vorzuspiegeln und die Klägerin im Unklaren zu lassen. Dass die Klägerin Kenntnis vom Nichtvorliegen der Fördervoraussetzungen hatte, ist vor diesem Hintergrund nahezu ausgeschlossen und hat sich in der Beweisaufnahme erster Instanz, wie vom Landgericht zutreffend hervorgehoben, nicht bestätigt. Allein der Umstand, dass der Beklagte noch auswärts arbeitete, vermittelte der Klägerin keinesfalls die fehlende Ortsansässigkeit, die der Beklagte gerade durch die vorgelegten "Nachweise" belegt hatte und unter Hinweis auf seine Wohnung auch anlässlich einer Kontrolle durch die Klägerin (zumindest fahrlässig) vortäuschte bzw. vortäuschen ließ. Das Verhalten der Klägerin erlaubte dem Beklagten so lediglich den Schluss, die Klägerin vertraue auf die Richtigkeit der Meldebescheinigung bzw. seiner Angaben.

Selbst wenn der Beklagte, wie er vor dem Landgericht erklärte, die Voraussetzungen für die Förderung nicht vollständig durchschaute, nahm er aufgrund seiner ihm bekannten, dann gerade nicht eindeutig förderwürdigen Lebensumstände möglicherweise sogar billigend in Kauf, dass die Klägerin auf den subventionierten Flächenerwerb nur aufgrund eines Irrtums einging und dem Beklagten einen ihm nicht zustehenden Vorteil einräumte. Doch selbst im Falle einfacher Fahrlässigkeit liegt ein Verschulden bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) vor, das ebenfalls einen Rückabwicklungsanspruch begründet.

(c) Die Klägerin durfte daher den Rücktritt erklären. Sie handelte weder ermessensfehlerhaft noch kam es überhaupt auf fehlerfreie Ermessensausübung an. Selbst wenn zwischen den Parteien die Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts anwendbar wären, gehören hierzu das aus Art. 3 GG folgende Willkürverbot, das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Übermaßverbot und das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs, nicht aber die in §§ 40 und 48, 49 VwVfG des Bundes und der Länder enthaltenen Regelungen über die Ausübung von Ermessen und die Rücknahme oder den Widerruf von Verwaltungsakten (BGH, Urteil vom 17. Juni 2003, XI ZR 195/02 = BGHZ 155, 166-177; Urteil vom 13. Juli 2004, XI ZR 12/03 = WM 2004, 1680-1683). Es ist weder willkürlich noch unverhältnismäßig, wenn die Klägerin angesichts der unrichtigen Angaben des Beklagten und der fehlenden Ortsansässigkeit den Rücktritt erklärt hat.

Ob und inwieweit der Beklagte nach dem Rücktritt ortsansässig geworden ist, kann dahinstehen. Dadurch lebt der abzuwickelnde Vertrag nicht wieder auf.

(d) Letztlich steht dem Rücktritt auch § 242 BGB nicht entgegen. Die Klägerin verhält sich nicht treuwidrig, selbst wenn man in diesem Zusammenhang auf die Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts abstellt (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2003, V ZR 314/02 = VIZ 2003, 340-243) oder dem Beklagten erhebliche Nachteile bescheinigt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2003, V ZR 48/03 = VIZ 2004, 77-79).

(aa) Der Beklagte kann sich nicht auf Vertrauen berufen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG).

(bb) Erhebliche Nachteile sind nicht ersichtlich (vgl. auch § 10 Abs. 8 Satz 1 FlErwV), da der Beklagte den gezahlten Kaufpreis zurückerhält. Angesichts der Schwere des Pflichtverstoßes des Beklagten müsste er aber selbst erhebliche Nachteile hinnehmen.

(cc) Es mag sein, dass die Klägerin durchaus Anlass hatte, die Angaben des Beklagten näher zu hinterfragen, weil einige Indizien dafür sprachen, dass der Beklagte nicht in D. lebte. Dies hindert die Klägerin aber nicht am Rücktritt, weil sie normalerweise auf die Richtigkeit der Meldebescheinigung und der Eintragung im Personalausweis vertrauen darf.

Positive Kenntnis der Klägerin hat das Landgericht mit Blick auf die Beweisaufnahme erster Instanz zu Recht verneint. Dabei kommt es nicht einmal so sehr auf die negativ ergiebige Aussage der Zeugin Dr. J. an. Selbst der Beklagte bei seiner Anhörung und seine Ehefrau bei ihrer Zeugenaussage haben nichts bekundet, woraus die Zeugin Dr. J. zwingend hätte entnehmen können, man sei noch nicht nach D. umgezogen und man habe dies vor Ende 2003 auch nicht vor.

(dd) Eine Nachfrist musste die Klägerin vor dem Rücktritt nicht setzen. Sie wurde zumindest fahrlässig getäuscht. Dies konnte auch eine Nachfrist nicht heilen. Treu und Glauben fordern nicht, dem Täuschenden nach Aufdeckung Gelegenheit zu geben, den vorgespiegelten Zustand nachträglich herzustellen. Vielmehr scheint hier der Rücktritt die einzig richtige Konsequenz zu sein.

(ee) Der Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 1. Juli 2003 betrifft den Erwerb nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin die jetzt herausverlangten Grundstücke angesichts dessen sogleich wieder auf den Beklagten übertragen muss. Zunächst würde dies einen entsprechenden Kaufvertrag voraussetzen, der bisher nicht zustande gekommen ist. Darüber hinaus hat der Beklagte keinen Anspruch auf Erwerb bestimmter Flächen (§ 3 Abs. 5 Satz 4 AusglLeistG; BVerfG, Urteil vom 22. November 2000, 1 BvR 2307/94 u.a. = BVerfGE 102, 254-346).

3. Hat der Beklagte nach alledem die Grundstücke auf die Klägerin zurück zu übereignen, bezieht sich diese Pflicht auf lastenfreie Liegenschaften, womit der Beklagte auch die Freistellung vom Grundpfandrecht sicherzustellen hat.

4. Die Feststellung des Annahmeverzuges beruht auf § 295 BGB. Die Klägerin hat im Schreiben vom 3. Juni 2003 die Rückzahlung des Kaufpreises angeboten <Anlage K 10 Bd. I Bl. 66-70 d.A.>.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von der Möglichkeit, die Revision zuzulassen, macht der Senat keinen Gebrauch. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Streitwert richtet sich nach dem GKG in der vor dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz maßgeblichen Fassung (§ 72 Nr. 1 GKG). Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG a.F. i.V.m. §§ 12 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.; 3, 4, 5, 6 Satz 1 ZPO beträgt der Streitwert 600.000 €. Entscheidend ist nicht, wie vom Landgericht angenommen, der Kaufpreis. Dieser entspricht unstreitig nicht dem Verkehrswert der Grundstücke. Der Verkehrswert liegt bei ca. 600.000 € <Bd. I Bl. 9, 114 d.A.>. Auf die Lastenfreistellung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil es um den gleichen Gegenstand, das unbelastete Grundstück, geht (vgl. Zöller/Her-get, ZPO, 24. Aufl., § 3 Rdn. 16 - Stichwort: Auflassung). Der Feststellungsantrag hat aufgrund wirtschaftlicher Identität nach ständiger Rechtsprechung des Senats ebenfalls keine streitwerterhöhende Wirkung (a.A. 13. Zivilsenat, Beschluss vom 27. Oktober 1999, 13 W 45/99 = OLGR 2000, 368). Dem wird die Streitwertentscheidung des Landgerichts gem. § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a.F. angepasst.

Ende der Entscheidung

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