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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 24.10.2000
Aktenzeichen: 11 U 71/00
Rechtsgebiete: ZGB/DDR


Vorschriften:

ZGB/DDR §§ 312 ff.
Leitsatz:

Ein Nutzungsvertrag i. S. v. §§ 312 ff. ZGB/DDR kann wegen bestimmungswidriger Nutzung außerordentlich gekündigt werden, wenn das überlassene Grundstück als Hauptwohnsitz genutzt wird.

OLG Naumburg, Urt vom 24.10.2000, 11 U 71/00; vorgehend LG Halle, Urt vom 16.03.2000, 4 O 356/98


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 71/00 OLG Naumburg 4 O 356/98 LG Halle

verkündet am: 24.10.2000

gez. Marquardt, JOS'in als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Berufungsrechtsstreit

...

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2000 durch die Richterin am Oberlandesgericht Lohmann und die Richter am Oberlandesgericht Krause und Dr. Grubert

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 16. März 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle (4 O 356/98) abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, das von ihnen genutzte Teilstück des Grundstücks in G. , B. Nr. 20, Flur 14, Flurstück 19/3, belegen in der Gemarkung K. , eingetragen im Grundbuch von K. , Blatt 199, mit einer Größe von ca. 1.780 m², angrenzend im Osten an das Grundstück 147/19, im Süden an das Grundstück 150/19, von den Beklagten eingezäunt mit einem Zaun, gemäß Anlage K 5 rot gekennzeichnet, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Die Kläger tragen die durch die Anrufung des Amtsgerichts Naumburg entstandenen Mehrkosten zu je 1/3. Im Übrigen werden die Kosten des ersten Rechtszuges wie folgt verteilt: Von den Gerichtskosten tragen der Kläger zu 1. 2/25, die Klägerinnen zu 2. und zu 3. jeweils 1/5 und die Beklagten je 13/50. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1. werden den Beklagten je 5/13 auferlegt. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 1. 3/13 und die Klägerinnen zu 2. und zu 3. je 1/5. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Kosten der Berufung werden Beklagten je zur Hälfte auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM nicht.

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks B. Nr. 20, Flur 14, Flurstück 19/3, der Gemarkung K. , eingetragen im Grundbuch von K. Blatt 199. Das Grundstück stand während des Bestehens der DDR unter staatlicher Verwaltung. Verwalter war der Rat der Gemeinde K. . Am 15.01.1975 stimmte der Rat dem Bau eines Bungalows durch die Beklagten auf einer Teilfläche des Grundstücks zu (Bd. I Bl. 13 d. A.). Die Bauarbeiten begannen kurz danach und wurden Anfang der 80'er Jahre abgeschlossen (Bd. Bl. 60 d. A.). Am 03.03.1981 kam es zum Abschluss eines Bodennutzungsvertrages zwischen dem Rat der Gemeinde K. und den Beklagten (Bd. I Bl. 12 d. A. bzw. Bd. I Bl. 66 d. A.). Den Beklagten wurden 963 m² Gartenland und darüber hinaus eine Bungalowfläche überlassen, deren Größe zwischen den Parteien im Streit steht, die aber maximal 400 m² betrug (Bd. I Bl. 57 d. A.).

Am 18.10.1991 (Bd. I Bl. 21 d. A.) gab der Rat der Gemeinde die Verwaltung des Grundstücks auf und übergab die Liegenschaft an den Kläger zu 1. (im Folgenden: Kläger). Sämtliche Grundstücksnutzer - auch die Beklagten - wurden hierüber von der Gemeinde in Kenntnis gesetzt. Der Kläger selbst wandte sich mit Schreiben vom 21.09.1992 an die Beklagten.

Am 8.02.1993 beantragten die Beklagten eine Genehmigung für den "Um- und Ausbau unsereres Bungalows zur Schaffung von Wohnraum" (Bd. I Bl. 17 ff. d. A.). Dieser Antrag wurde nicht bearbeitet. Mittlerweile haben die Beklagten ihren Hauptwohnsitz auf das Grundstück des Klägers verlegt, ihre alte Wohnung aufgegeben und eine Grundstücksfläche von 1.780 m² eingezäunt, wovon auch Keller und Wirtschaftsräume betroffen sind (Skizze Bd. I Bl. 15 d. A.).

Das von den Beklagten zu zahlende Nutzungsentgelt von 68,15 DM im Jahr ging in den folgenden Jahren nie pünktlich ein und wurde vom Kläger angemahnt (Bd. II Bl. 17 d. A.; Einzelheiten Bd. II Bl. 51 ff. d. A.).

Der Kläger forderte die Beklagten mit Schreiben vom 15.08.1997 u.a. auf, Bautätigkeiten zu unterlassen und errichtete Zäune zu beseitigen (Bd. I Bl. 23 d. A.). Entsprechende anwaltliche Aufforderungen erfolgten am 30.10.1997 (Bd. I Bl. 25 f. d. A.) und am 10.11.1997 (Bd. I Bl. 27 f. d. A.). Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 17.11.1997 kündigte der Kläger den Nutzungsvertrag mit den Beklagten (Bd. I Bl. 29 ff. d. A.). Diese Kündigung wurde am 08.01.1998 wiederholt (Bd. I Bl. 32 ff. d. A.). Der Aufforderung zur Räumung kamen die Beklagten nicht nach.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bei dem Bungalow handele es sich um einen "Schwarz-bau". Dazu hat er behauptet, die Beklagten hätten den Bungalow entgegen den Vorschriften der DDR zu groß gebaut. Es fehle an einer Abnahme durch die Baubehörde. Im Laufe der Jahre 1992 bis 1997 sei der Bungalow durch Anbauten permanent ohne Genehmigung erweitert worden. Jetzt betrage die Bungalowfläche ca. 70 m². Daneben seien ein Swimmingpool, ein massives Dach, eine Terrasse, ein Vordach und eine Sickergrube errichtet worden. Die Beklagten hätten im Februar 1997 widerrechtlich eine Fläche von 1.780 m² eingezäunt, die teilweise nicht Gegenstand des Nutzungsvertrages aus dem Jahre 1981 sei. Seither könne er, der Kläger, die im 19. Jahrhundert errichteten und zu einem auf dem Grundstück stehenden Wohnhaus gehörenden Wirtschafts- und Kellerräume nicht mehr nutzen. Im Übrigen verstoße, so hat der Kläger gemeint, die Nutzungsänderung des Grundstücks durch die Beklagten, die es nunmehr ganzjährig zum Wohnen verwendeten, gegen den Bodennutzungsvertrag.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Kündigungsrecht folge insbesondere aus der unberechtigten Inanspruchnahme der nicht überlassenen Grundstücksteile, daraus, dass die Beklagten das Wochenendgrundstück nunmehr als Hauptwohnsitz und ihren Lebensmittelpunkt eingerichtet hätten, daraus, dass die Beklagten das Wochenendhaus von vornherein zu groß gebaut und in der Folgezeit ständig erweitert hätten sowie aus weiteren groben Pflichtverletzungen der Beklagten. Beispielsweise sei es am 13.06.1998 gegen 22.00 Uhr zu verbalen Attacken des Beklagten gegen den Kläger und seine Familie gekommen (Bd. I Bl. 81 d. A.; in erster Instanz unstreitig). Der Beklagte zu 1. habe u.a. geäußert:

"Hier stinkt es - dieses dreckige Zigeunerpack; Judenmörder; die DVU wird schon dafür sorgen, dass diese Schweine wieder rausgeschmissen werden; dieses Schwein B. bringe ich um".

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, das von ihnen genutzte Teilstück des Grundstückes in G. , B. Nr. 20, Flur 14, Flurstück 19/3, belegen in der Gemarkung G. , eingetragen im Grundbuch von K. , Blatt 199, mit einer Größe von ca. 1.780 m², angrenzend im Osten an das Grundstück 147/19, im Süden an das Grundstück 150/19, von den Beklagten eingezäunt mit einem Zaun gemäß Anlage K 5 in der Klageschrift rot gekennzeichnet, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

2. die Beklagten zu verurteilen, die von ihnen auf dem zu 1. näher bezeichneten Teilstück errichteten Baulichkeiten, das heißt den ebenerdig errichteten, zum Teil gemauerten Bungalow von ca. 7 m Breite und 10 m Länge sowie den weiterhin auf dem Grundstück errichteten Swimmingpool, Durchmesser ca. 8 m, abzubrechen und zu entfernen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, nach Abschluss des Bodennutzungsvertrages seien sie durch ein Ratsmitglied in das Grundstück eingewiesen worden. Mehr als das, was ihnen gezeigt worden sei, hätten sie nicht in Anspruch genommen. Auch sei vertraglich eine Fläche von 1.363 m² vereinbart worden, da die Bungalowfläche nicht 40 m² sondern 400 m² betragen habe. Seit Abschluss des Nutzungsvertrages habe sich der Nutzungsumfang nicht geändert. Die Einzäunung habe man deshalb erst jetzt angebracht, weil zuvor hierzu kein Anlass bestanden habe. Das Wohnhaus auf dem Grundstück des Klägers sei bis dahin von Verwandten der Beklagten bewohnt worden. Die Baulichkeit sei in der heutigen Form bereits vor dem Beitritt errichtet gewesen. Allein das Vordach habe man später gebaut. Letztlich sei, so haben die Beklagten gemeint, das Recht des Klägers zur Kündigung verwirkt. Ihnen stehe selbst im Falle der Wirksamkeit der Kündigung ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Zunächst hatten neben dem Kläger auch die Klägerinnen vor dem Amtsgericht Naumburg Klage erhoben. Nach Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Halle haben sie ihre Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 13.10.1998 zurückgenommen (Bd. I Bl. 99 f. d. A.).

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 16.03.2000 (Bd. I Bl. 183 ff. d. A.) abgewiesen. In Auseinandersetzung mit den vom Kläger aufgezeigten Kündigungsgründen hat die Kammer ausgeführt, dass das Nutzungsrechtsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet worden sei. Die Kündigung sei unwirksam, weil eine erhebliche Verletzung der Rechte des Klägers nicht vorliege bzw. das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nicht durch Vertragsverletzungen der Beklagten zerstört sei. Ein etwa bestehendes Kündigungsrecht sei außerdem verwirkt.

Gegen diese, seinem Bevollmächtigten am 30.03.2000 zugestellte Entscheidung, wendet sich der Kläger mit der am 26.04.2000 beim Oberlandesgericht eingegangenen und nach einer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 09.06.2000 begründeten Berufung. Er hält die von ihm ausgesprochenen Kündigungen weiterhin für wirksam. Dazu behauptet er, die Beklagten hätten den Bungalow einschließlich des Vordachs auf 85 m² erweitert. Sie nutzten eine ihnen nicht zustehende Fläche von insgesamt 1.780 m² unter Verstoß gegen den Nutzungsvertrag aus dem Jahre 1981 zum Wohnen (letzteres unstreitig), zahlten das Nutzungsentgelt nicht pünktlich, hätten den Mietern des Klägers die unterirdischen Wirtschafts- und Kellerräume entzogen und hätten den Kläger sowie seine Familie beschimpft und bedroht. Die vertragswidrige Nutzung der Mehrfläche habe der Kläger erst 1997 festgestellt, nachdem die Beklagten den Zaun gesetzt hätten; davon, dass die Beklagten auf dem Grundstück wohnten, habe er ebenfalls nicht vor 1997 erfahren (insoweit unstreitig).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Halle vom 16.03.2000, Geschäftszeichen: 4 O 356/98, die Beklagten zu verurteilen,

das von ihnen genutzte Teilstück des Grundstücks in G. , B. Nr. 20, Flur 14, Flurstück 19/3, belegen in der Gemarkung K. , eingetragen im Grundbuch von K. , Blatt 199, mit einer Größe von ca. 1.780 m², angrenzend im Osten an das Grundstück 147/19, im Süden an das Grundstück 150/19, von den Beklagten eingezäunt mit einem Zaun, gemäß Anlage K 5 der Klageschrift rot gekennzeichnet, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

hilfsweise, den von ihnen seit 1997 ohne Genehmigung des Klägers eingezäunten Grundstücksteil des unter Ziff. 1 genannten Grundstückes herauszugeben, welcher eine Fläche von 417 m² umfasst und auf der als Anlage BK 3 vorgelegten Liegenschaftskarte mit den Eckpunkten A, B, C und D gekennzeichnet und blau schraffiert ist. Der Eckpunkt A befindet sich unmittelbar am Anbau des Wohnhauses des Klägers (ehemals Flurstück 105/19), Eckpunkt B befindet sich in 30 m östlicher Richtung vom Eckpunkt A und wird vom Flurstück 147/19 begrenzt, der Eckpunkt C befindet sich in Richtung Süd vom Eckpunkt B in einer Entfernung von 13,9 m auf einer Linie des Zaunes entlang des Grundstückes 147/19, der Eckpunkt D befindet sich in Richtung Süd, in einer Entfernung vom Eckpunkt A von 13,9 m. Die Begrenzung zwischen A und D sowie zwischen A und C ist durch den von den Beklagten gesetzten Zaun vorgegeben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bestreiten, den Kläger beleidigt zu haben. Der Bungalow sei während des Bestehens der DDR jedenfalls geduldet worden; er habe außerdem der seinerzeit erteilten Baugenehmigung entsprochen. Das Nutzungsentgelt sei nicht pünktlich gezahlt worden, weil der Kläger eine unrichtige Kontonummer angegeben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen. Die Akten AG Naumburg 3 C 1023/97 und die Grundakten AG Naumburg, Grundbuch von K. Bl. 199 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat Erfolg. Der Kläger hat gemäß §§ 985, 556 BGB Anspruch darauf, dass die Beklagten das im Tenor genauer bezeichnete Grundstück B. 20 in N. , OT G. , räumen, und zwar auch insoweit, als das Grundstück Gegenstand des Nutzungsvertrages vom 3. März 1981 war. Der Nutzungsvertrag ist auch dann, wenn man nur den unstreitigen Sachverhalt sowie das eigene Vorbringen der Beklagten zugrunde legt, durch die vom Kläger erklärten Kündigungen beendet worden.

1) Die Wirksamkeit der vom Kläger erklärten außerordentlichen Kündigungen ist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu beurteilen.

a) Die Beklagten haben im Jahre 1981 einen Vertrag über die Nutzung von Bodenflächen zur Erholung und Freizeitgestaltung im Sinne der §§ 312 ff. ZGB geschlossen. Nach dem Wirksamwerden des Beitritts war auf derartige Verträge zunächst weiterhin das ZGB anzuwenden (Art. 232 § 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB). Abweichende Regelungen blieben einem besonderen Gesetz vorbehalten (Art. 232 § 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB). Bis zum 1. Januar 1995 konnten Verträge nach §§ 312 ff. ZGB nicht ordentlich gekündigt werden (Art. 232 § 4 a Abs. 1 S. 2 EGBGB).

b) Seit dem 1. Januar 1995 gilt das Schuldrechtsanpassungsgesetz vom 21. September 1994, dem auch der Vertrag vom 3. März 1981 unterfällt. Das Wochenendhaus der Beklagten stellt eine Baulichkeit nach §§ 5 Abs. 1 SchuldRAnpG, 296 Abs. 1 ZGB dar. Die Beklagten sind dessen Nutzer (§ 4 SchuldAnpG). Der Nutzungsvertrag ist gemäß § 6 SchuldAnpG in ein Mietverhältnis umgewandelt worden. Damit gelten die mietrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, soweit das Schuldrechtsanpassungsgesetz keine abweichenden Regelungen enthält. Ordentliche Kündigungen sind daher nur in den Grenzen des § 23 SchuldRAnpG möglich. Unbeschränkt zulässig sind demgegenüber außerordentliche Kündigungen etwa nach §§ 553, 554, 554 a, 242 BGB (Erman/Küchenhoff, BGB 10. Aufl., 23 SchuldRAnpG Rn. 4; Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR § 23 SchuldRAnpG Rn. 9 f.; Soergel/Hartmann, BGB 12. Aufl., Anh. Art 232 Rn. 113).

2) Die Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund sind erfüllt.

a) Ein Kündigungsgrund folgt zum einen aus § 553 BGB. Gemäß § 553 BGB kann ein Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn der Mieter ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt. Die Beklagten haben die Mietsache - das Grundstück, soweit es Gegenstand des Nutzungsvertrages vom 3. März 1981 war - vertragswidrig genutzt, indem sie auch Teile des Grundstücks in Anspruch nahmen und einzäunten, auf die sich ihr Nutzungsrecht nicht erstreckte. Dem Vorbringen der Beklagten nach erstreckte sich ihr Nutzungsrecht allenfalls auf einen Grundstücksteil von 1.363 qm. Sie haben - wenn sie mittlerweile auch bestreiten, dass es sich um eine Fläche von 1.780 qm handele - eingeräumt, dass sie eine größere Fläche eingezäunt und für sich in Anspruch genommen haben (GA II 44). Der Kläger hat die Beklagten deshalb abgemahnt (Anwaltsschreiben vom 30. Oktober 1997, GA I 25 f.). Gleichwohl haben die Beklagten die vertragswidrige Nutzung fortgesetzt. Dadurch wurden die Rechte des Klägers als Grundstückseigentümer erheblich beeinträchtigt. Das Kündigungsrecht des Klägers war auch nicht verwirkt. Die Beklagten haben erst 1997 durch Setzen des Zaunes für den Kläger erkennbar deutlich gemacht, dass sie mehr als die ihnen zustehende Fläche unter Ausschluss des Klägers in Anspruch nehmen wollten.

b) Die Kündigung ist unabhängig von der Frage der Größe der "gemieteten" Fläche auch deshalb gemäß § 553 BGB gerechtfertigt, weil die Beklagten das Grundstück nicht nur zu Erholungszwecken, sondern als Hauptwohnsitz nutzen.

(1) Unstreitig nutzen die Beklagten das Grundstück jedenfalls seit der zweiten Hälfte des Jahres 1997 als Hauptwohnsitz (Bd. II Bl. 14, Bd. II Bl. 44 f. d. A.).

(2) Diese Nutzung verstieß gegen den Nutzungsvertrag vom 3. März 1981. Dem Nutzungsvertrag zufolge war das Grundstück den Beklagten "zur Nutzung als Garten" und "als Bungalow" (hiesiger Sprachgebrauch für ein Wochenendhaus) überlassen worden. Der Vertrag bezog sich ausdrücklich auf die §§ 296 und 312 bis 315 des ZGB. Diese Vorschriften betreffen das Eigentum an Wochenendhäusern und anderen Baulichkeiten, die der Erholung, Freizeitgestaltung oder ähnlichen persönlichen Bedürfnissen der Bürger dienen, auf vertraglich genutzten Bodenflächen, sowie den Abschluss von Verträgen über die Nutzung von Bodenflächen zur Erholung. Auch nach dem Recht der DDR war "bestimmungsgemäße Nutzung" eines Wochendgrundstücks die Erholung und Freizeitgestaltung, nicht das Wohnen (Kommentar zum ZGB § 313 Anm. 1). Bei bestimmungswidriger Nutzung wäre auch nach dem Recht der DDR eine Kündigung möglich gewesen (vgl. Kommentar zum ZGB § 314 Anm. 3). Entgegen der im Berufungsverfahren geäußerten Ansicht der Beklagten liegt die aus der Wohnnutzung folgende Beeinträchtigung des Klägers auch nicht in erster Linie in der auf dem Grundstück verbrachten Zeit. Es geht vielmehr darum, dass eine Hauptwohnung insgesamt intensiver, mit höheren Ansprüchen an Raum, Ruhe und Bequemlichkeit und mit weniger Bereitschaft zur Rücksichtnahme auf die Belange anderer Personen - des Vermieters oder etwa Grundstücksnachbarn - als ein Wochenendhaus auf einem Gartengrundstück genutzt wird.

(3) Wegen dieses Verhaltens hat der Kläger die Beklagten zwar nicht abgemahnt. Eine Abmahnung ist jedoch entbehrlich, wenn eine Beseitigung der Vertragswidrigkeit des Verhaltens des Mieters, wie sich aus dessen Verhalten ergibt, unter keinen Umständen zu erwarten ist (RGRK/Gelhaar, BGB 12. Aufl., § 553 Rn. 10; vgl. auch BGH LM, § 553 Nr. 14 = MDR 1975, 572). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Der Kläger hatte bereits mit Anwaltschreiben vom 8. Januar 1998 (GA I 32 f.) der "ständigen Nutzung des Grundstücks Ihrerseits zu Wohnzwecken" widersprochen. Dieses Schreiben hat die Beklagten jedoch nicht davon abgehalten, das Wochenendgrundstück weiterhin als Hauptwohnsitz zu nutzen. Seit dem 28. Februar 2000 haben sie ihre bis dahin noch vorhandene Wohnung in N. , A. straße 17, aufgegeben. Sie werden in der Einwohnermeldestelle der Stadt N. nur noch unter der Anschrift B. 20 geführt (Kopien der Meldebescheinigungen GA II 23 ff.).

(4) In den Kündigungsschreiben vom 17. November 1997 (Bd. I Bl. 29 ff. d. A.) und vom 8. Januar 1998 (Bd. I Bl. 32 ff. d. A.) ist die Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken nicht ausdrücklich als Kündigungsgrund erwähnt worden, wenn der Kläger auch mit Schreiben vom 8. Januar 1998 "der ständigen Nutzung des Grundstückes zu Wohnzwecken" widersprochen hat. Im Ergebnis kommt es darauf jedoch auch nicht an. Kündigungsgründe, die im Zeitpunkt der Kündigung bereits vorgelegen haben, können "nachgeschoben" werden. Die ständige Nutzung zu Wohnzwecken erfolgt - wie die Beklagten nicht bestritten haben - jedenfalls seit der 2. Hälfte des Jahres 1997.

c) Ein Kündigungsrecht folgt schließlich auch aus § 242 BGB. Dauerschuldverhältnisse können gemäß § 242 BGB gekündigt werden, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Vermieter und Mieter endgültig zerstört ist und der kündigenden Partei bei Würdigung aller Umstände die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden kann (Ermann/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 554 a Rn. 11; Palandt/Putzo, BGB, 59. Aufl., § 554 a Rn. 6; RGRK/Gelhaar, BGB, 12. Aufl., § 553 Rn. 2 ff. m. w. Nachw.). Die Beklagten haben über Jahre hinweg zum Ausdruck gebracht, dass sie die Eigentümerposition des Klägers in keiner Weise respektieren. Sie haben unberechtigt Flächen in Anspruch genommen und für sich eingezäunt, die ihnen nicht zustehen. Sie haben diese unberechtigte Nutzung trotz einer Abmahnung des Klägers fortgesetzt. Sie haben außerdem ihren Hauptwohnsitz und ihren Lebensmittelpunkt auf das Wochenendgrundstück verlegt und daran trotz des Widerspruchs des Klägers festgehalten. Schließlich haben es die Beklagten nicht einmal für nötig befunden, den äußerst geringen Mietzins pünktlich und ohne Mahnungen zu bezahlen. Ihr pauschlaes Vorbringen, sie hätten die richtige Bankverbindung nicht gewusst, hält der Senat schon für sich genommen, aber auch angesichts des detaillierten Vorbringens des Klägers in seinem nachgelassenen Schriftsatz für eine reine Schutzbehauptung. Auf die behaupteteten und unter Beweis gestellten Beschimpfungen kommt es angesichts dessen nicht einmal mehr an.

4) Auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Verwendungen auf das Grundstück können sich die Beklagten gegenüber dem vertraglichen Herausgabeanspruch nicht berufen (§ 556 Abs. 2 BGB). Gegenüber dem Anspruch aus § 985 BGB hinsichtlich der ohne vertragliche Grundlage in Anspruch genommenen Flächen scheidet ein Zurückbehaltungsrecht deshalb aus, weil die behaupteten Verwendungen diese Zusatzflächen nicht betreffen. Der Bungalow - hinsichtlich dessen die Beklagten im Übrigen nur insoweit eine Entschädigung verlangen können, als der Verkehrswert des Grundstücks durch ihn im Zeitpunkt der Rückgabe erhöht ist - befindet sich auf dem Teil des Grundstücks, der Gegenstand des Nutzungsvertrages aus dem Jahre 1981 war.

5) Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen nach §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1, 269 Abs. 3, 281 Abs. 3 S. 2, 708 Ziff. 10, 546 Abs. 2 ZPO.



Ende der Entscheidung

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