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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 10.02.2004
Aktenzeichen: 11 U 78/03
Rechtsgebiete: EGBGB, AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

EGBGB § 5 Satz 1
AGBG § 1 Abs. 1
AGBG § 1 Abs. 2
AGBG § 9
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 275 Abs. 1 a.F.
BGB § 313 Satz 2 a.F.
BGB § 323 Abs. 3 a.F.
BGB § 339 Satz 1
BGB § 340
BGB § 340 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 513 Abs. 1 Alt. 1
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
ZPO § 533
ZPO § 546
Ist in einem investiven Vertrag zur Absicherung der vom Käufer übernommenen Investitionszusage eine Vertragsstrafe vereinbart, die dann verwirkt ist, wenn die Investitionsverpflichtung nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erfüllt wird, so kann der Verkäufer hieraus keine Rechte herleiten, wenn die Investitionspflicht erst nach Ablauf der Frist entsteht, fällig wird oder in zumutbarer Weise getätigt werden kann. Die Vertragsstrafe entfällt ersatzlos; unberührt bleibt der Anspruch auf Erfüllung.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 78/03 OLG Naumburg

verkündet am: 10. Februar 2004

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Kaufpreiserhöhung aufgrund Investitionspflichtverletzung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2004 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie der Richterin am Oberlandesgericht Joost für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 04. Juli 2003 - 2 O 715/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 25.000 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 859.571,84 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Wegen der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf die angefochtene Entscheidung des Landgerichts verwiesen.

Das Hafengrundstück war von einem Restitutionsantrag der W. AG betroffen. Im November 1991 beschränkte die Berechtigte ihr Begehren allerdings auf Entschädigungsansprüche, was im Grundstückskaufvertrag der Parteien, auf den inhaltlich Bezug genommen wird <Anl. K 1>, seinen Niederschlag fand (§§ 1 Abs. 2, 13 Abs. 1 - 3). Nach ihrer Rücktrittserklärung vom 14. Mai 1993 <Anl. B 41> ersuchte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 04. August 1993 um Auskunft über die getätigten Investitionen <Anl. B 2>. Einen dahingehenden weiteren Nachweis verlangte sie mit Schreiben vom 10. August 1994 und kündigte in diesem Zusammenhang den Besuch eines von ihr beauftragten Wirtschaftsprüfers an. Auch an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt versäumte es die Klägerin nicht, auf ihre, den Grundstückskauf betreffenden Wirksamkeitsbedenken hinzuweisen <Anl. B 8>. Die Treuhandanstalt wandte sich im November 1994 ihrerseits an die Klägerin und brachte zum Ausdruck, dass der Beklagte seine Investitionsverpflichtung sogar übererfüllt habe <Anl. B 14>.

Der Beklagte übertrug die von ihm gehaltenen Geschäftsanteile der E. GmbH (im folgenden E. ) am 30. September 1995 an die O. GmbH.

Die Stadt C. versagte mit Schreiben vom 23. Januar 1996 im Baugenehmigungsverfahren ihr Einvernehmen, weil es wegen des Verkehrsaufkommens zu Störungen der Anwohner komme, sodass sich das geplante Vorhaben nicht einfüge <Anl. B 66>. Nachdem der Landkreis ihrem Bauantrag nur befristet stattgegeben hatte <Bd. I Bl. 498 d.A.>, kündigte die E. gegenüber dem Beklagten den Mietvertrag am 19. November 1998 <Anl. B 24>. Der Klägerin übergab sie eine Investitionsaufstellung für die Zeit zwischen dem Grundstückskauf und dem 31. Dezember 1993, die mit einem Betrag von 318.823,59 DM endet <Anl. B 16>.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei während der Vertragsverhandlungen daran interessiert gewesen, dass der Hafen saniert und die zum Betrieb des Schrottplatzes erforderlichen Baumaßnahmen durchgeführt werden, weil sich nur so langfristig sichere Arbeitsplätze am Standort schaffen ließen <Bd. II Bl. 99 d.A.>. Geschäftsgrundlage sei die Durchführung des Investitionsplanes dennoch nicht gewesen. Der Klägerin sei es allein auf die Investitionssumme angekommen <Bd. I Bl. 503/504 d.A.>. Das Grundstückseigentum habe der Beklagte zur Realisierung des Investitionsvorhabens nicht benötigt, weil ohnehin nicht er selbst, sondern die E. habe investieren sollen. Unter Berücksichtigung dessen sei der Investitionszeitraum ausreichend bemessen. Dass die Klägerin zwischenzeitlich unrichtige Rechtsstandpunkte vertreten habe, sei ohne jede Relevanz. Es sei der Beklagte gewesen, der die Baumaßnahmen durch zögerliches Einholen der Baugenehmigung verschleppt habe. Die Klägerin habe die Grundbucheintragung zudem nicht behindert.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten durch die auch vor Vertragsabschluss liegenden Investitionen nicht baulicher Art sei die Verpflichtung aus dem Grundstückskaufvertrag erfüllt. Angesichts ihres eigenen Vorgehens gegen den Vertrag und seine Umsetzung handele die Klägerin, die nicht einmal aktivlegitimiert sei, rechtsmissbräuchlich, wenn sie vom Beklagten eine Vertragsstrafe fordere. Dadurch, dass der Betrieb der Recyclinganlage, wie sich jetzt herausgestellt habe, langfristig nicht möglich sei, werde der Investitionsverpflichtung die Grundlage entzogen. Mit dem Kaufpreis von 215.000 DM habe der Beklagte den Verkehrswert des Grundstücks bezahlt.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 04. Juli 2003 <Bd. II Bl. 222 - 234 d.A.> abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Nachdem der damalige Bevollmächtigte des Beklagten im Juli 1993 darauf hingewiesen habe, dass sich die Klägerin nicht auf ein Rücktrittsrecht stützen könne, sei die Klägerin zu keinem Zeitpunkt auf den Rücktritt zurückgekommen. Auch die unrichtige Ansicht des Geschäftsführers der Klägerin, der Grundstückskauf bedürfe der Genehmigung durch den bzw. die Gesellschafter der Klägerin, sei für den Beklagten kein Grund gewesen, die Investitionen zu unterlassen. Schließlich habe die Klägerin in der Folgezeit durchaus zum Ausdruck gebracht, den Vertrag nicht mehr in Frage zu stellen. So sei der Beklagte sogar gerichtlich auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen worden. Die Belastung des Grundstücks mit einer Eigentümergrundschuld sei eine völlig legitime Ausübung von Eigentümerbefugnissen der Klägerin gewesen. Der Beklagte habe bestenfalls eine Verlängerung der Investitionsfrist beanspruchen können.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an die Klägerin 859.571,84 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 04. November 2000 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt unter weitgehender Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige, insbesondere i.S.v. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO noch ausreichend begründete Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Urteil des Landgerichts geht auf keine Verletzung des Rechts nach §§ 513 Abs. 1 Alt. 1; 546 ZPO zurück. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Vertragsstrafenanspruch aus § 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundstückskaufvertrages vom 11. Februar 1992 i.V.m. §§ 339 Satz 1, 340 Abs. 1 Satz 1 BGB.

1.) Die Aktivlegitimation der Klägerin hat das Landgericht zu Recht bejaht. Dies steht in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Senats vom 24. April 2001 (11 U 125/00), an der festzuhalten ist.

2.) Das Landgericht hat den Grundstückskaufvertrag vom 11. Februar 1992 als wirksam behandelt, insbesondere dessen Formnichtigkeit nach §§ 313 Satz 1 a.F., 125 Satz 1 BGB verneint (vgl. zum Übergangsrecht Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Die entgegenstehende Ansicht des Beklagten trifft nicht zu. Der Grundstückskaufvertrag musste nur dann die Investitionsverpflichtung im Einzelnen wiedergeben, wenn die Parteien bestimmte, zu tätigende Investitionen vor Augen hatten, die der Beklagte zu erfüllen hatte. Dies war aber gerade nicht der Fall. Es blieb dem Beklagten überlassen, wie er den Investitionsplan umsetzte. Was in diesem Sinne als vertragsgerechte Investition zu gelten hat, folgt aus der Auslegung des Vertrages (§§ 133, 157 BGB), der inhaltlich dem entspricht, was die Parteien vereinbaren wollten.

Außerdem ergibt sich die Unbeachtlichkeit eines etwaigen Formmangels aus § 313 Satz 2 BGB a.F., nachdem der Beklagte als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen ist.

3.) Der Hinweis des Beklagten auf das AGBG (zum Übergangsrecht vgl. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) ist ebenso verfehlt. Es kann offen bleiben, ob es sich bei § 14 Abs. 3 Satz 1 des Grundstückskaufvertrages um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.v. § 1 Abs. 1 AGBG handelt, wobei dies bei investiven Verträgen mit der Treuhandanstalt und ihren Unternehmen zu vermuten und hier nicht mit Blick auf § 1 Abs. 2 AGBG widerlegt ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2002, V ZR 405/00 = NJW 2002, 2102 - 2103). Die Unwirksamkeit der im Vertrag festgehaltenen, kaufpreiserhöhenden Wirkung nicht getätigter Investitionen käme nur unter den Voraussetzungen des § 9 AGBG in Betracht, die nicht vorliegen.

Die Kaufpreiserhöhung für den Fall der Verletzung der Investitionspflicht ist nichts anderes als ein Vertragsstrafenversprechen (BGH, Urteil vom 26. Mai 1999, VIII ZR 102/98 = BGHZ 141, 391 - 399; Urteil vom 29. September 1999, VIII ZR 256/98 = VIZ 1999, 746 - 747). Der Beklagte soll dadurch, dass er eine, über den Kaufpreis hinausgehende Leistung verspricht, dazu angehalten werden, seiner Investitionsverpflichtung aus § 14 Abs. 1 u. 2 des Vertrages nachzukommen. Dem steht die Ausgestaltung als Heraufsetzung des Kaufpreises nicht entgegen. Zwar hat die Investitionsverpflichtung als Hauptleistungspflicht im weiteren Sinne kaufpreisersetzende Funktion (BGH, Urteil vom 06. Dezember 2002, V ZR 184/02 = MDR 2003, 320 - 322 m.w.N.), sodass der Beklagte auf den ersten Blick mit der Zahlung des erhöhten Kaufpreises nur das verspricht, was er sowieso zu erbringen gehabt hätte. Tatsächlich sind die Investitionen von 2 Mio. DM nicht mit einem, um den gleichen Betrag erhöhten Kaufpreis identisch. Der Kaufpreis geht in der Belastung des Käufers über die Investitionspflicht hinaus. Als Kaufpreisteil kommen die 2 Mio. DM in vollem Umfang dem Verkäufer zugute, während die Investition auf dem erworbenen Grundstück erfolgt und damit wirtschaftlich im Vermögen des Käufers verbleibt, ohne den Verkäufer unmittelbar zu tangieren. Dies legt die Annahme einer Vertragsstrafe nahe.

Wird eine solche Strafe in einem investiven Vertrag der Treuhandanstalt oder ihrer Unternehmen versprochen, dann verstößt sie selbst bei verschuldensunabhängiger Ausgestaltung nicht gegen § 9 AGBG, wenn ihre Höhe an den Umfang der geschuldeten Leistung, deren Erfüllung sie sichern soll, anknüpft und durch ihn nach oben begrenzt wird, weil dies durch gewichtige Gründe gerechtfertigt ist (BGH, Urteil vom 26. Mai 1999, VIII ZR 102/98 = BGHZ 141, 391 - 399; Urteil vom 29. September 1999, VIII ZR 256/98 = VIZ 1999, 746 - 747; Urteil vom 06. Dezember 2002, V ZR 184/02 = VIZ 2003, 307 - 309; vgl. auch Urteil vom 09. Februar 2000, VIII ZR 55/99 = VIZ 2000, 377 - 380; Urteil vom 03. April 1998, V ZR 6/97 = NJW 1998, 2600 - 2602; so auch Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 307 Rdn. 152; § 309 Rdn. 39, § 339 Rdn. 3 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind, entgegen der Auffassung des Beklagten, auch dann noch gewahrt, wenn die nicht getätigten Investitionen der Höhe nach vollständig in der Vertragsstrafe aufgehen. Der Beklagte schuldet insoweit nicht mehr, als er bei vertragsgerechter Erfüllung seiner Investitionsverpflichtung hätte aufwenden müssen. Gerade durch eine solche Ausgestaltung der Vertragsstrafe wird ihrem Zweck, zur Investition anzuhalten, in besonderem Maße Rechnung getragen. Bei investiven Verträgen über Treuhandvermögen kommt es ganz besonders auf die Sicherstellung der Investitionen an, um leistungs- und konkurrenzfähige Wirtschaftsstandorte und damit im Ergebnis sichere Arbeitsplätze zu schaffen. Dieses Anliegen rechtfertigt es, dem Erwerber durch die investitionsadäquate Höhe der Vertragsstrafe jeden Anreiz zu nehmen, von seinem, der Veräußerung zugrunde liegenden Vorhaben abzugehen.

4.) Die Klägerin kann dennoch aus dem Strafversprechen des Beklagten keine Zahlung verlangen. Hierfür sind mehrere Gesichtspunkte ausschlaggebend:

4.1.) Das Landgericht hat den Vertragsstrafenanspruch im Wesentlichen durch § 242 BGB ausgeschlossen gesehen, weil sich die Klägerin ihrerseits nicht vertragstreu verhalten habe. Dies ist nicht zu beanstanden.

Die Verwirkung der Vertragsstrafe ist ganz besonders unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu beurteilen (Erman/H.P. Westermann, BGB, 10. Aufl., § 339 Rdn. 5). Wer als Schuldner seine Pflichten verletzt hat und gleichwohl Rechte geltend macht, die von den Pflichtverletzungen berührt werden, muss sich Unzulässigkeit entgegen halten lassen (Erman/Werner, § 242 Rdn. 69). Dies gilt ebenso, wenn man sich widersprüchlich verhält (Erman/Werner, § 242 Rdn. 79). Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Verhalten der Klägerin insgesamt auf fehlenden Vertragsdurchführungswillen schließen ließ. Die hiergegen von der Berufung vorgebrachten Einwände verfangen nicht.

Die Klägerin hat selbst noch im August 1994 darauf hingewiesen, dass sie den Grundstückskauf für unwirksam halte. Nichts anderes bringt man zum Ausdruck, wenn man die Wirksamkeit als strittig bezeichnet. Dem voraus gingen die verschiedensten Manöver der Klägerin, um den Vertrag zu torpedieren. Der Rücktritt wurde erklärt. Die Genehmigung des Handelns ihres Geschäftsführers durch die Gesellschafterin vorausgesetzt und als nicht erteilt beanstandet. Schon frühzeitig wurden Investitionsnachweise verlangt, obwohl hierzu noch kein Anlass bestand. Der mit der Durchführung beauftragte Notar und das Grundbuchamt wurden involviert. Die Klägerin belastete das Grundstück unmotiviert mit einer Eigentümergrundschuld in Millionenhöhe, obwohl sie zur lastenfreien Eigentumsverschaffung verpflichtet war. All dies vermittelte dem Käufer den Eindruck, dass seine Position und damit eine potentielle Investition unsicher waren. Unter diesen Bedingungen konnte die Klägerin dem Beklagten schlechterdings nicht ansinnen, seine versprochenen Investitionen zu tätigen. Tut sie das dennoch, setzt sie sich einem unlösbaren Selbstwiderspruch aus, der ihre auf Erfüllung dringende Haltung treuwidrig und damit als unzulässig erscheinen lässt. Dies gilt insbesondere für die Durchsetzung einer mit Fristen verbundenen Vertragsstrafe (vgl. Palandt/Heinrichs, § 339 Rdn. 3 m.w.N.; § 343 Rdn. 5), die ersatzlos entfällt bzw. nicht durchgesetzt werden kann.

Soweit die Klägerin ihr Vertragsstrafenbegehren hilfsweise darauf stützt, dass allein eine Verlängerung der Investitionsverpflichtung in Betracht komme, unterscheidet sie nicht ausreichend zwischen der Hauptpflicht und der Verwirkung der auf Durchsetzung dieser Hauptpflicht gerichteten Vertragsstrafe. Das Landgericht hat § 14 Abs. 3 Satz 1 des Vertrages als Strafversprechen für den Fall der Nichterfüllung i.S.v. § 340 BGB angesehen, ohne dass die Parteien dies in Zweifel ziehen. Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern. Gemäß § 340 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Gläubiger unter diesen Umständen die verwirkte Strafe statt Erfüllung verlangen. Bis zum berechtigten Vertragsstrafenverlangen besteht der, sich hier aus § 14 Abs. 1 u. 2 des Vertrages ergebende Erfüllungsanspruch aber weiterhin fort (Erman/H.P. Westermann, § 340 Rdn. 1). Der Verlängerung einer sog. Investitionsfrist bedarf es nicht; sie ist im Vertrag nicht enthalten. Allein § 14 Abs. 3 Satz 1 des Vertrages bestimmt eine Frist, nämlich für das Verwirken der Vertragsstrafe. War aber innerhalb dieser Frist die Vertragsstrafe nicht zu verwirken, weil beispielsweise § 242 BGB entgegensteht, hat sich die Vertragsstrafe mit dem Fristablauf erledigt. Sie kann nicht mehr entstehen und entfällt ersatzlos. Unberührt bleibt die Hauptleistungspflicht. Sie ist nur nicht mehr durch ein Vertragsstrafenversprechen gesichert. Diese Sicherung z.B. in ergänzender Vertragsauslegung auf einen weitergehenden oder neuen Zeitraum zu erstrecken, scheidet aus. Für die im Vertrag nieder gelegte Frist können die verschiedensten Erwägungen und Bedingungen maßgebend gewesen sein, wie sie mit der Zeit in der Regel grundlegenden Veränderungen unterworfen sind. Es lässt sich daher nicht ausmachen, dass im Falle des fruchtlosen Ablaufs der vereinbarten Frist, ohne dass die Vertragsstrafe verwirkt werden konnte, eine verlängerte oder neue Frist und damit die Vertragsstrafe billigerweise erneut in Kraft zu setzen wäre. Für den Fall des Ausschlusses der Vertragsstrafe aufgrund § 242 BGB versteht sich dies von selbst, weil eine solche Ergänzung ebenfalls wiederum nur unter Berücksichtigung von Treu und Glauben geschehen kann. Hat die Klägerin durch eigenes Verhalten die Investitionen behindert und damit bewirkt, dass die Vertragsstrafe nicht zu zahlen ist, bleibt es dabei.

4.2.) Nach dem Vorbringen der Parteien wären auch die vor Vertragsabschluss veranlassten Maßnahmen als Erfüllung der Investitionsverpflichtung anzusehen.

Die Parteien und die Treuhandanstalt gehen offenbar davon aus, dass der Beklagte bzw. die E. die Investitionsverpflichtung auch durch Anschaffung beweglicher Wirtschaftsgüter erfüllen konnte. Dies scheint sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck der Investitionsverpflichtung zu widersprechen. Schließlich war in den Vertragsverhandlungen von einer Reparatur der Kaimauer, einer Lagerplatzbefestigung, der Kanalisierung, dem Hafenausbau und dem Bau von Büro- und Sozialräumen die Rede (Ordner der Klageerwiderung Bl. 14, 16, 63, 107, 122 - 124; Bd. II Bl. 89/99, 102, 114/115 d.A.). Nichts anderes führt zur Errichtung eines Umschlag- und Recyclingzentrums auf dem Grundstück unter Sanierung des Hafens und bedarf der an verschiedenen Stellen erwähnten Baugenehmigung (vgl. Anlage 4 zum Grundstückskaufvertrag i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages sowie § 14 Abs. 2). Legt man allerdings die Auffassung der Parteien zugrunde, spricht nichts dagegen, auch die Aufwendungen, die die E. vor Vertragsabschluss veranlasst hatte, als Investitionen im Sinne der getroffenen Vereinbarungen zu behandeln.

Es sollten insgesamt 2 Mio. DM fließen und zwar, um der Vertragsstrafe zu entgehen, bis zum Endtermin 31. Dezember 1993. Die E. war demnach nicht gehindert, bereits vorher Investitionen zu veranlassen, die, wenn sie dem vereinbarten Vorhaben dienten, dem Beklagten auch zugute kommen müssen (BGH, Urteil vom 23. Mai 2003, V ZR 393/02 = MDR 2003, 1040).

4.3.) Mangels Fälligkeit konnte der Beklagte, wie sich auch § 339 Satz 1 BGB ergibt, die Vertragsstrafe nicht verwirken.

Die Vertragsstrafe setzt das Bestehen der Hauptverbindlichkeit, hier der Investitionsverpflichtung voraus. Was die Parteien unter Investitionen verstanden wissen wollten, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. Ziff. 2.). Es spricht hierbei viel dafür, die Investitionsverpflichtung zumindest größtenteils als bauliche, sich im Grundstück vergegenständlichende Maßnahme anzusehen (vgl. Ziff. 4.2.). Der Investition hatte die Baugenehmigung vorauszugehen. Im Investitionsplan (Anlage 4 zum Vertrag) ist der Beginn sofort nach Vorliegen der Baugenehmigung vorgesehen. Gemäß § 14 Abs. 2 des Vertrages oblag es dem Beklagten, die notwendigen Genehmigungen zur Durchführung der Investition, also auch und vor allem die Baugenehmigung unverzüglich nach dem Wirksamwerden des Vertrages zu beantragen und unmittelbar nach Erhalt der Genehmigung mit den Investitionsmaßnahmen zu beginnen. Die Investitionspflicht wurde nach alledem erst mit der Baugenehmigung fällig. Die Baugenehmigung wiederum hatte der Beklagte frühestens mit der GVO-Genehmigung einzuholen, da erst zu diesem Zeitpunkt der Grundstückskauf wirksam wurde. Die GVO-Genehmigung wurde erst am 13. Mai 1994 erteilt, also zu einem Zeitpunkt, als der strafbewehrte Investitionszeitraum bereits abgelaufen war.

4.4.) Insbesondere die spät erteilte GVO-Genehmigung steht für sich der Vertragsstrafe entgegen.

a) Der Genehmigung bedurfte auch das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (§§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 1 Bst. a) GVO i.d.F. der Bekanntmachung vom 03. August 1992 (BGBl. I S. 1477). Das bedeutet, dass der Grundstückskaufvertrag bis zum 13. Mai 1994 schwebend unwirksam war, bis dahin also grundsätzlich noch keine Vertragspflichten bestanden. Dies hindert die Parteien freilich nicht, bereits für die Zeit vor der Genehmigung Pflichten zu vereinbaren, wie z.B. eine einstweilige Zahlungspflicht (BGH, Beschluss vom 29. Juli 1999, V ZR 340/98 = NJW 1999, 3040), wenn dadurch die endgültige Pflichterfüllung nicht vorweggenommen wird (BGH, Urteil vom 20. November 1998, V ZR 17/98 - zitiert in Juris). Ob Letzteres hier nicht von vornherein zu bejahen und eine solche Vereinbarung ausgeschlossen wäre, kann offen bleiben. Der Vertrag lässt bereits einen übereinstimmenden Parteiwillen zur Begründung von zeitlich vor der Genehmigung liegenden Investitionspflichten des Beklagten nicht erkennen.

Für eine, Leistungspflichten während des Schwebezustandes begründende Abrede soll sprechen, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (BGH, a.a.O.). Dies wäre mit Blick auf § 14 Abs. 3 Satz 1 des Vertrages der Fall, da der Beklagte "seine" Investitionen bis zum 31. Dezember 1993 zu erbringen hatte. Hier genügt die kalendermäßige Bestimmtheit für die Annahme einer Genehmigungsunabhängigkeit der Investitionspflicht allerdings nicht. Nach § 14 Abs. 2 des Grundstückskaufvertrages sollten die für die Durchführung der Investitionen notwendigen Genehmigungen erst nach dem Wirksamwerden des Vertrages eingeholt und nach deren Erhalt mit den Investitionsmaßnahmen begonnen werden. Der Investitionsbeginn war daher unmittelbar an die notwendigen Genehmigungen des Vertrages, also insbesondere diejenige nach der GVO geknüpft. Dies schließt einstweilige Investitionspflichten aus.

Die Vereinbarung von Leistungspflichten für die Dauer des Schwebezustandes ist zudem überhaupt nur dann zulässig, wenn sie nicht Sinn und Zweck der die vorläufige Unwirksamkeit anordnenden Norm zuwider läuft (BGH, Urteil vom 06. Oktober 1978, V ZR 211/77 = NJW 1979, 373; Urteil vom 29. März 1985, V ZR 290/83 = ZIP 1986, 37 - 39). Die GVO-Genehmigung soll verhindern, dass vermögensrechtliche Rückübertragungsansprüche vereitelt oder beeinträchtigt werden. Das Genehmigungsverfahren wird deshalb bis zur Klärung ausgesetzt, ob ein Grundstück von ungeklärten Eigentumsverhältnissen betroffen ist. Gleichzeitig soll der Erwerber vor nutzlosen und im Ergebnis schädlichen Aufwendungen, also den typischen Restitutionsrisiken bewahrt werden (BGH, Urteil vom 04. März 1999, III ZR 29/98 = VIZ 1999, 346 - 350; Urteil vom 10. Mai 2001, III ZR 223/00 = VIZ 2001, 488 - 489). Dabei geht es gerade um solche Investitionen, wie sie hier dem Beklagten abverlangt werden. Diesem Schutz würde sich der Beklagte begeben, müsste er bereits vor der Wirksamkeit des Vertrages investieren.

b) Bestand vor dem 13. Mai 1994 keine Investitionsverpflichtung, konnte der Beklagte die Vertragsstrafe bis dahin nicht verwirken. Ist während dieses Zeitraumes die Frist, in der die Vertragsstrafe überhaupt nur verwirkt werden kann, abgelaufen, entfällt das Strafversprechen ersatzlos (vgl. 4.1.).

Vor der Genehmigung ist der Schuldner zur Leistung nicht verpflichtet (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2000, VIII ZR 326/99 = NJW 2001, 365 - 366 m.w.N.). Daran ändert auch die grundsätzliche Rückwirkung der Genehmigung nichts. Bereits abgelaufene Fristen zur Verwirkung einer Vertragsstrafe können durch die Genehmigung des Vertrages nicht mehr gewahrt werden (Palandt/Heinrichs, § 184 Rdn. 2; Erman/Palm, § 184 Rdn. 8). Insoweit gilt nichts anderes, als es bereits für die Nachfristsetzung ausgesprochen ist (BGH, Urteil vom 29. Mai 1991, VIII ZR 214/00 = BGHZ 114, 360 - 367), weil ansonsten mit der Genehmigung Wirkungen einträten, auf die der Betroffene zum jetzigen Zeitpunkt keinen Einfluss mehr nehmen kann, zuvor aber auch keinen Einfluss nehmen musste, womit er außerstande wäre, ein Verwirken der Vertragsstrafe zu verhindern.

4.5.) Das Landgericht hat letztlich einen Fall der Undurchführbarkeit der Investitionen und damit der Unmöglichkeit angenommen. Auch dies stünde einem Verwirken der Vertragsstrafe entgegen (BGH, Urteil vom 13. März 1953, I ZR 136/52 = LM Nr. 2 zu § 339 BGB; Palandt/Heinrichs, vor § 339 Rdn. 2 m.w.N.; Erman/H.P. Westermann, § 339 Rdn. 3 m.w.N.). Der Beklagte wäre von der Investitionsverpflichtung frei, weil dies einem dauernden Unmöglichwerden gleich käme (§ 275 Abs. 1 BGB a.F.).

Das zeitlich nicht begrenzte Betreiben eines Umschlag- und Recyclingzentrums wurde bauordnungsrechtlich nicht genehmigt. Gerade der dauernde Betrieb dürfte aber dem Vertrag der Parteien zugrunde gelegen haben, wie die Klägerin selbst durch Hinweis auf das Ziel langfristiger Sicherung von Arbeitsplätzen und der hierzu notwendigen Baumaßnahmen vorträgt <Bd. II 98/99> und sich im Übrigen aus der Investitionssumme erschließt. Die lediglich befristete Baugenehmigung war daher geeignet, den Vertragszweck zu vereiteln.

5.) Wie bereits unter Ziff. 4.1. erörtert, lässt die Vertragsstrafe den gesicherten Investitionsanspruch unberührt. Inwieweit die Klägerin zurzeit noch Erfüllung verlangen kann, muss der Senat über Ziff. 4.5. hinausgehend nicht abschließend klären. Welche weitergehenden Sekundäransprüche auf Zahlung, insbesondere über § 323 Abs. 3 BGB a.F. in Betracht kämen, ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. Hier geht es um den prozessualen Anspruch auf Vertragsstrafe. Der Erfüllungsanspruch bzw. hieraus abgeleitete Sekundäransprüche sind nicht geltend gemacht. Allein der Umstand, dass der Erfüllungsanspruch im Falle eines berechtigten Strafverlangens über § 340 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen ist, führt zu keiner Anspruchsidentität.

5.) Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 26. Januar 2004 stellt die Abweisung der Klage nicht in Frage. Der Senat hat zu keinem Zeitpunkt die Auffassung vertreten, es sei auf die Grundsätze über das Fehlen, die Änderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage abzustellen. Völlig neu und deshalb im Berufungsrechtszug, schon gar nicht nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen ist das Vorbringen der Klägerin, es habe sich bei dem Grundstücksgeschäft um eine Subvention und dem gemäß bei der Investition um eine reine Obliegenheit des Beklagten gehandelt (§§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Satz 1, 525 Satz 1, 296a Satz 1 ZPO). Ob dies überhaupt mit dem Text der Urkunde in Übereinstimmung zu bringen ist, mag deshalb an dieser Stelle offen bleiben. Auf die darüber hinaus von der Klägerin vertretenen Rechtsansichten kommt es nicht entscheidungserheblich an. Soweit jetzt der Streitgegenstand dadurch modifiziert werden soll, dass hilfsweise Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt wird, ist auch dies nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr möglich. Bisher war, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Vertragsstrafe geltend gemacht, mit der ein möglicher Nichterfüllungsschaden nicht von vornherein identisch scheint. Daher lägen auch die Voraussetzungen des § 533 ZPO, insbesondere der Nr. 2 nicht vor. Die Unmöglichkeit der Investition ist für die Entscheidung kein tragender Gesichtspunkt, sodass es auf das neue, möglicherweise zulässige aber trotzdem nicht mehr berücksichtigungsfähige Vorbringen zum Grundstücksverkauf durch den Beklagten ebenso wenig ankommt. Nach alledem hat der Senat keinen Anlass die ordnungsgemäß geschlossene mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§§ 525 Satz 1, 296a Satz 2, 156 ZPO). Zur Klageänderung muss der Klägerin keine Gelegenheit gegeben werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision lässt der Senat nicht zu, da die Sache keine entscheidungserheblichen Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Der Senat vermag nicht auszumachen, dass er in entscheidungserheblichen Fragen vom Bundesgerichtshof oder anderen Oberlandesgerichten abweicht. Die im nicht nachgelassenen Schriftsatz angesprochenen Entscheidungen zeigen derartiges jedenfalls nicht auf.

Der Streitwert bestimmt sich nach §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1, 22 GKG, 3, 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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