Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 06.02.2002
Aktenzeichen: 11 W 123/01
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 765
ZPO § 765 Nr. 1
ZPO § 765 Nr. 1 HS 1
ZPO § 887
ZPO § 887 Abs. 1
ZPO § 887 Abs. 2
GKG § 1
GKG § 11 Abs. 1
1. Die Ermächtigung des Gläubigers zur (Ersatz-) Vornahme einer vertretbaren Handlung und die Verurteilung des Schuldners zur Vorauszahlung nach § 887 Abs. 1 und 2 ZPO setzen, wenn der zu vollstreckende Titel den Schuldner nur Zug um Zug gegen Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet sieht, den Nachweis des Annahmeverzuges durch zugestellte Urkunden gemäß § 765 Nr. 1 HS 1 ZPO nicht voraus, wenn sich der Verzug des Schuldners mit der Annahme für das zuständige Prozessgericht ohne weiteres aus dem Akteninhalt ergibt.

2. Der Schuldner kann im Ermächtigungsverfahren nicht mit der vom Gläubiger zu erbringenden Leistung gegen die Kosten der Ersatzvornahme aufrechnen, so dass die Vorauszahlung ohne Rücksicht auf die Gegenleistung zu bemessen ist.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 W 123/01 OLG Naumburg

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren

wegen Ermächtigung zur Ersatzvornahme und Vorschußzahlung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 06. Februar 2002 unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie der Richter am Oberlandesgericht Baumgarten und Krause

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluß der 14. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 12.11.2001 - 14 O 445/97 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die sofortige Beschwerde beträgt 47.109,50 DM.

Gründe:

Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem mit der Vollstreckungsklausel versehenen Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 16.05.2000, wonach (Ziff. 3.) die Schuldnerin u.a. Zug um Zug gegen Zahlung von 21.579,00 DM eine Ringdrainage auf dem Grundstück der Gläubigerin einzubauen hat. Mit ihrem Antrag begehrt die Gläubigerin die Ermächtigung zur Ersatzvornahme sowie die Verurteilung der Schuldnerin zur Zahlung eines Vorschusses von 58.084,13 DM.

Aufgrund des Streits der Parteien über die Höhe der Kosten für die vorzunehmende Handlung hat das Landgericht durch Einholen eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben und schließlich die begehrte Ermächtigung unter Vorschußleistungspflicht der Schuldnerin i.H.v. 47.109,50 DM ausgesprochen.

Gegen diese, ihrem Bevollmächtigten am 23.11.2001 zugestellte Entscheidung wendet sich die am 05.12.2001 beim Landgericht eingegangene sofortige Beschwerde der Schuldnerin.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Gläubigerin sei nach § 887 Abs. 1 ZPO zur Ersatzvornahme zu ermächtigen, da die Schuldnerin die Nachbesserung trotz Aufforderung hierzu nicht durchgeführt habe. Darüber hinaus sei die Schuldnerin verpflichtet, die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten nach § 887 Abs. 2 ZPO vorzuschießen. Wegen der Höhe der Kosten folge die Kammer nach freiem Ermessen den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. St. . Danach sei der Vorschuß auf 47.109,50 DM zu schätzen. Auf ein weiteres Gutachten komme es nicht an, da eine ausreichende Schätzgrundlage vorhanden sei. Das Risiko von Mehr- oder Minderkosten verteile sich gleichmäßig auf die Parteien. Soweit die Schuldnerin möglicherweise einen Rückzahlungsprozeß führen müsse, sei dies die hinzunehmende Konsequenz aus der Nichtbeachtung des im Urteil enthaltenen Leistungsbefehls. Die von der Schuldnerin zu beanspruchende Gegenleistung von 21.579,00 DM sei von den Ersatzvornahmekosten nicht abzusetzen. Die Zwangsvollstreckung werde durch den Annahmeverzug der Schuldnerin eröffnet. Es bedürfe nunmehr keines Angebots der Gegenleistung mehr. Dem zuwider liefe die Berücksichtigung der Gegenforderung bei der Bemessung des zu verlangenden Vorschusses.

Danach hat die zulässige sofortige Beschwerde in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat sowohl die Voraussetzungen für die Ersatzvornahme als auch die Vorschußzahlungspflicht der Schuldnerin im Umfang von 47.109,50 DM zutreffend bejaht (§ 887 Abs. 1, 2 ZPO). Der Senat schließt sich den im wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung an.

Die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, insbesondere ist § 765 ZPO Genüge getan. Allerdings hat das Landgericht nicht weiter problematisiert, daß dem Antrag der Gläubigerin Nachweise der Erfüllung bzw. des Annahmeverzugs nicht beigefügt sind (vgl. hierzu Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 887 Rdn. 5). Der von der Kammer bejahte Annahmeverzug muß sich grundsätzlich aus zugestellten Urkunden ergeben (§ 765 Nr. 1 HS 1 ZPO). Daß solche Urkunden hier überhaupt existieren, ist nicht ersichtlich. Dennoch kann die Gläubigerin gegen die Schuldnerin vollstrecken. Eines Beweises nach § 765 Nr. 1 ZPO bedarf der Annahmeverzug dann nicht, wenn er sich für das nach § 887 ZPO zuständige Prozeßgericht ohne weiteres aus dem Akteninhalt ergibt (so auch Heßler, in: MünchKomm.-ZPO, 2. Aufl., § 756 Rdn. 52; Zöller/Stöber, § 756 Rdn. 9). Die Schuldnerin hat bereits mit ihrer Erwiderung auf den Antrag der Gläubigerin zum Ausdruck gebracht, die geschuldeten Nachbesserungsarbeiten nicht erbringen zu wollen, indem sie ihre Gewährleistungspflicht abstritt und versuchte, ihre Gegenforderung durch Aufrechnung gegen den Vorschußanspruch zu realisieren. War die Schuldnerin danach zwar bereit, die Leistung der Gläubigerin anzunehmen, bot sie aber nicht gleichzeitig die Nachbesserung an, geriet sie in Annahmeverzug (§ 298 BGB), was umso mehr gilt, als die Schuldnerin als Werkunternehmer vorzuleisten hat (BGHZ 90, 354 <359 f.>; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 298 Rdn. 1).

Gerade dieser Umstand läßt auch die Auffassung des Landgerichts richtig erscheinen, wonach die zutreffend ermittelten voraussichtlichen Ersatzvornahmekosten nicht um die von der Schuldnerin begehrte Gegenleistung zu kürzen sind. Die Schuldnerin würde ansonsten wegen ihrer Gegenleistung bereits zu einem Zeitpunkt Befriedigung erfahren, zu dem sie bei gehöriger Erfüllung noch keinen Anspruch auf die Zahlung der Gläubigerin hätte (OLG Hamm OLGZ 1984, 254 <255 f.>; Schilken, in: MünchKomm.-ZPO, 2. Aufl., § 887 Rdn. 17; Stein-Jonas/Brehm, ZPO, 21. Aufl., § 887 Rdn. 46; a.A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 887 Rdn. 18; Zöller/Stöber, § 887 Rdn. 10; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 887 Rdn. 9).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO, 1, 11 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1953 KV.

Die Rechtsbeschwerde läßt der Senat nicht zu, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 1, 3 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 10 EGZPO.

Der Beschwerdewert entspricht dem Wert der vorzunehmenden Handlung, hier also den Nachbesserungskosten.

Ende der Entscheidung

Zurück