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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 12.02.2004
Aktenzeichen: 11 Wx 16/03
Rechtsgebiete: InsO, BGB, GBO


Vorschriften:

InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2
InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2
InsO § 24 Abs. 1
InsO § 81 Abs. 1 Satz 1
BGB § 891 Abs. 1
BGB § 929 Satz 1
BGB § 1117 Abs. 2
BGB § 1154
BGB § 1192 Abs. 1
GBO § 29 Abs. 1
GBO § 78 Satz 1
GBO § 80 Abs. 1
1. Ergibt sich die Gläubigerstellung des Grundschuldbriefbesitzers aus einer zusammenhängenden, auf den eingetragenen Gläubiger zurückgehenden Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen, so hat ihn das Grundbuchamt so zu behandeln, als würde er bereits als Grundpfandrechtsgläubiger aus dem Grundbuch hervorgehen. Bei Zweifeln an der Rechtsinhaberschaft eines Zedenten, ist deshalb auch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs in Betracht zu ziehen.

2. Die Eintragung des Zessionars im Wege der Grundbuchberichtigung darf unter diesen Umständen nur abgelehnt werden, wenn der Erwerber nach Überzeugung des Grundbuchamtes um das beim Veräußerer fehlende Recht wusste, der gutgläubige Erwerb also widerlegt ist.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 Wx 16/03 OLG Naumburg

In der Grundbuchsache

betreffend die in Abteilung III des Grundbuchs von W. Blatt 1003 unter lfd.-Nr. 1 u. 2 eingetragenen Grundschulden

wegen Grundbuchberichtigung nach Abtretung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am

12. Februar 2004

unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie der Richterin am Oberlandesgericht Joost

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 7. April 2003, Geschäftszeichen: 7 T 36/03, abgeändert:

Der Beschluss des Amtsgerichts Köthen - Grundbuchamt - vom 29. April 2002, Geschäftszeichen: WG-1003-5, wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Eintragungsantrag des Antragstellers an das Grundbuchamt des Amtsgerichts Köthen zurückverwiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 51.129,19 €.

Gründe:

I.

Der Antragsteller, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, hat sich am 1. August 2001 unter Vorlage mehrerer, auf die vom Beteiligten zu 1. repräsentierte Gemeinschuldnerin zurückgehender, notariell beglaubigter Abtretungserklärungen sowie der Grundschuldbriefe an das Grundbuchamt gewandt und seine Eintragung als Gläubiger der seit dem 5. Dezember 2000 in Abt. III lfd.-Nr.: 1 und 2. des Grundbuchs vermerkten Grundschulden über 60.000 DM und 40.000 DM beantragt. Die Grundschuldbriefe sind erst am 18. Januar 2001 gefertigt worden. Bereits am 1. November 2000 hat das Amtsgericht Charlottenburg im Insolvenzverfahren über das Vermögen der eingetragenen Gläubigerin Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Danach waren Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam. Das Grundbuchamt hat den Antragsteller mit Verfügung vom 22. Februar 2002 darauf hingewiesen, dass die Gemeinschuldnerin die Grundpfandrechte nicht habe wirksam abtreten können, weil die Verfügungsbefugnis auch noch zum Zeitpunkt der Briefübergabe bestehen müsse, was hier angesichts des Herstellungszeitpunkts der Briefe auszuschließen sei. Der Antragsteller habe daher von der Zweitzedentin, bei der es sich um die Beteiligte zu 2. handelt, nichts erworben.

Durch Beschluss vom 29. April 2002 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag aus den Gründen der Verfügung vom Februar 2002 zurückgewiesen. Am 12. Juni 2002 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gläubigerin im Grundbuch vermerkt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes blieb erfolglos. Das Landgericht Dessau hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 7. April 2003 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit der am 29. Dezember 2003 beim Oberlandesgericht eingegangenen weiteren Beschwerde.

II.

Die nach §§ 78 Satz 1, 80 Abs. 1 GBO zulässige weitere Beschwerde ist begründet und führt zur Zurückverweisung an das Grundbuchamt. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung, woraufhin dem Beteiligten zu 1. rechtliches Gehör gewährt und Weiteres festgestellt werden muss.

1.) Die eingetragene Gläubigerin hatte sich die Grundschulden noch als Eigentümerin der belasteten Grundstücke bestellt (§ 1196 Abs. 1 u. 2 BGB). Auch als Briefrecht entstehen Eigentümergrundschulden bereits mit der Eintragung. Die Übertragung der Grundpfandrechte erfolgt nach §§ 1154, 1192 Abs. 1 BGB, setzt also, wie bei einer Fremdgrundschuld, die Aushändigung des Briefes voraus (§§ 1117, 1192 Abs. 1 BGB). Findet ein Eigentumswechsel am Grundstück statt, entsteht eine Fremdgrundschuld in der Hand des bisherigen Eigentümers (Erman/Wenzel, BGB, 10. Aufl., § 1196 Rdn. 8).

Der Antragsteller leitet seine Rechtsinhaberschaft aus Abtretungen der eingetragenen Gläubigerin an die Beteiligte zu 2. und von dort an ihn her. Soll die Übertragung einer Briefgrundschuld in das Grundbuch eingetragen werden, so genügt es, wenn an Stelle der Eintragungsbewilligung die Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers vorgelegt wird (§§ 26 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 GBO). Auf die Voreintragung des Betroffenen kann verzichtet werden, wenn der Rechtserwerb durch eine zusammenhängende, auf den eingetragenen Gläubiger zurückgehende Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen nachgewiesen und der Brief vorgelegt ist (§§ 39 Abs. 2, 42 Satz 1, 41 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 Satz 1 GBO i.V.m. §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 Satz 1, 1155, 1117 Abs. 3 BGB; vgl. zur Notwendigkeit der Briefvorlage BayObLG, Beschluss vom 12. März 1987, 2 Z 25/87 = Rpfleger 1987, 363). Dennoch hat das Grundbuchamt nach dem Legalitätsprinzip ihm bekannt gewordene Verfügungsbeschränkungen zu beachten, wenn durch die Vornahme der Eintragung des vermeintlichen Erwerbers der Inhalt des Grundbuchs unrichtig werden würde, weil tatsächlich kein Rechtsübergang stattgefunden hat (BayObLG, Beschluss vom 9. April 1954, 2 Z 1/1954 = BayObLGZ 1954, 97, 98f.; Beschluss vom 24. März 1994, 2Z BR 20/94 = BayObLGZ 1994, 66, 72f.; KG, Beschluss vom 8. August 1972, 1 W 1270/71 = DNotZ 1973, 301, 305; OLG Hamburg, Beschluss vom 17. November 1998, 2 Wx 71-80/96 = FGPrax 1999, 6, 7; Demharter, GBO, 13. Aufl., § 19 Rdn. 59ff., § 22 Rdn. 52, § 13 Rdn. 12, § 41 Rdn. 10; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdn. 160).

a) Das Landgericht ist davon ausgegangen, die Beteiligte zu 2. sei aufgrund der Abtretung durch die eingetragene Gläubigerin nicht Inhaberin der Grundschulden geworden. Die Abtretung der Grundschulden habe erst nach der Herstellung der Grundschuldbriefe, also nach dem 18. Januar 2001, Wirksamkeit erlangen können. Zu diesem Zeitpunkt sei die eingetragene Gläubigerin nicht mehr uneingeschränkt verfügungsbefugt gewesen, da das Insolvenzgericht Maßnahmen nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO angeordnet hatte.

b) Dies trifft zu.

aa) Die Briefgrundschuld wird durch schriftliche Abtretungserklärung und Übergabe des Grundschuldbriefes übertragen (§§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB; BGH, Urteil vom 24. September 1991, XI ZR 240/90 = Rpfleger 1992, 99; Urteil vom 8. Dezember 1992, XI ZR 44/92 = WM 1993, 285f.). Erst die Übergabe des Briefes führt zum Rechtsübergang (§§ 1117 Abs. 1 Satz 1, 1154 Abs. 1 Satz 1, 1192 Abs. 1 BGB). Wurde der Brief erst am 18. Januar 2001 hergestellt, war die eingetragene Gläubigerin nicht in der Lage, die Übergabe i.S.v. § 929 Satz 1 BGB vor diesem Zeitpunkt zu vollziehen. Auch ein Herausgabeanspruch konnte nicht abgetreten werden (vgl. §§ 931, 1117 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil dies die Existenz des Briefes voraus setzt (BayObLG, Beschluss vom 12. März 1987, 2 Z 25/87 = Rpfleger 1987, 363, 364).

bb) Die Beteiligte zu 2. wäre nur dann imstande gewesen, die Grundschulden vor der Brieferteilung von der Gläubigerin zu erwerben, wenn eine Aushändigungsabrede nach § 1117 Abs. 2 BGB vorläge. Die Aushändigungsvereinbarung ersetzt die körperliche Übergabe des Briefs und führt dazu, dass der neue Gläubiger die Grundschuld bereits im Zeitpunkt der Einigung über den Rechtübergang aufgrund der schriftlichen Abtretungserklärung erwirbt. Dies kann bereits vor der Ausfertigung des Briefes sein, sofern die Briefbildung überhaupt rechtlich möglich ist und die Herstellungsvoraussetzungen vorliegen (BayObLG a.a.O.; Erman/Wenzel, § 1117 Rdn. 5; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 1117 Rdn. 3). Das Landgericht hat eine solche Aushändigungsvereinbarung nicht festgestellt. Feststellungslücken zeigt die weitere Beschwerde nicht auf. Hierauf hindeutende Rechtsfehler vermag der Senat nicht auszumachen.

Im Ergebnis kommt es auf eine Aushändigungsabrede auch nicht entscheidend an. Die Grundschulden konnten sowieso frühestens mit ihrer Entstehung, also der Grundbucheintragung vom 5. Dezember 2000 (§ 873 Abs. 1, 1115, 1192 Abs. 1 BGB; OLG Celle, Beschluss vom 8. Mai 1989, 4 W 101/89 = Rpfleger 1989, 499), übergehen.

cc) Wird der Rechtsübergang nach §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB erst mit der Briefübergabe bewirkt, muss zu diesem Zeitpunkt die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis des Zedenten fortbestehen (BGH, Urteil vom 30. Mai 1958, V ZR 295/56 = BGHZ 27, 360, 366; BayObLG, Beschluss vom 6. Mai 1999, 2Z BR 21/99 = BayObLGZ 1999, 104, 109; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. Juli 1968, 14 W 56/68 = Rpfleger 1968, 355; Schöner/ Stöber, Rdn. 2380). Bedurfte es noch der Eintragung des Grundpfandrechts im Grundbuch, war auch in diesem Moment die Verfügungsbefugnis der Erstzedentin erforderlich (BGH, Urteil vom 30. Mai 1958, V ZR 295/56 = BGHZ 27, 360, 367). Die eingetragene Gläubigerin ist aber seit dem 1. November 2000 in ihrer Verfügungsbefugnis beschränkt, weil das Insolvenzgericht zur Sicherung des Schuldnervermögens u.a. die Wirksamkeit von Verfügungen von der Zustimmung des vorläufigen Verwalters abhängig machte (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO). Dies führt zur Unwirksamkeit der Abtretung durch die eingetragene Gläubigerin.

Durch den Zustimmungsvorbehalt geht dem Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht, wie im Falle des allgemeinen Verfügungsverbots (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 InsO), vollständig verloren. Hieraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass das Fehlen der Zustimmung die Wirksamkeit einer Verfügung unberührt lässt (so Hess, InsO, § 21 Rdn. 34). Für das allgemeine Verfügungsverbot wird aus der Verweisung in § 24 Abs. 1 InsO auf § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO der Schluss gezogen, dass es sich um ein absolutes Veräußerungsverbot handelt, das die Unwirksamkeit der Verfügung des Schuldners nach sich zieht (Hess, § 21 Rdn. 25; Mönning, in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand: Juli 2003, § 21 Rdn. 50; Smid, InsO, § 21 Rdn. 137; FK-InsO/Schmerbach, 3. Aufl., § 21 Rdn. 28). § 24 Abs. 1 InsO beschränkt sich nicht auf das allgemeine Verfügungsverbot, sondern betrifft den Verstoß gegen § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO in Gänze, also auch die Verfügung ohne Zustimmung des vorläufigen Verwalters i.S.v. § 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Deshalb ist auch in diesem Fall von einem absoluten Verfügungsverbot mit Unwirksamkeitsfolge auszugehen (so auch FK-InsO/Schmerbach, § 21 Rdn. 29). Die Beteiligte zu 2. hat aufgrund des Fehlens dieser Zustimmung die Grundschulden nicht erwerben können.

dd) Dies schließt den gutgläubigen Erwerb der Grundpfandrechte nicht aus (§§ 24 Abs. 1, 81 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 892 Abs. 1, 1155 Satz 1, 1192 Abs. 1 BGB). Aus den vorgelegten Urkunden wird allerdings ersichtlich, dass auf Seiten der Gläubigerin und der Beteiligten zu 2. jeweils Herr Werner Schulte als Prokurist handelte. Diesem wird der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 1. November 2000 bekannt gewesen sein, was einen gutgläubigen Erwerb ausschließt (§ 892 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Kenntnis ihres Prokuristen zerstört den guten Glauben der Erstzessionarin (49 Abs. 1 HGB i.V.m. § 166 Abs. 1 BGB). Im Ergebnis zieht der Antragsteller dies nicht in Zweifel, da er ausschließlich auf eigene Unkenntnis von der Verfügungsbeschränkung abstellt.

ee) Ein Fall des § 878 BGB liegt nicht vor, da die Abtretung der Gläubigerin weder in der zur Bindung führenden Form des § 873 Abs. 2 BGB abgegeben noch zur Eintragung beim Grundbuchamt beantragt war.

2.) Die Bösgläubigkeit der Erstzessionarin schließt einen gutgläubigen Zweiterwerb durch den Antragsteller nicht aus (Erman/Hagen/Lorenz, § 892 Rdn. 42 m.w.N.).

a) Hierzu hat sich das Landgericht mit der Frage auseinander gesetzt, ob das Grundbuchamt, das die Unrichtigkeit des Grundbuchs kennt, dem gutgläubigen Erwerber mit der Eintragung zum Recht verhelfen darf. Im Ergebnis hat die Kammer diese Fragestellung offen gelassen, weil zumindest mit dem jetzt eingetragenen Vermerk über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Verfügungsbeschränkung aus dem Grundbuch hervor gehe. Hiergegen verweist die weitere Beschwerde zu Recht auf § 1155 BGB.

b) Die Auffassung des Landgerichts ließe sich nur vertreten, wenn der Antragsteller die Grundschulden durch die Eintragung ins Grundbuch zu erlangen suchte (vgl. §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 2, 873 Abs. 1 BGB). Das ist aber gerade nicht der Fall. Der Antragsteller will über § 1154 Abs. 1 BGB erworben haben. Dieser Erwerb vollzieht sich, wie bereits dargestellt, außerhalb des Grundbuchs, sodass es sich bei der begehrten Eintragung lediglich um eine Form der Grundbuchberichtigung handelt. Vor diesem Hintergrund kann es auf den jetzigen Vermerk über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der erst am 12. Juni 2002 in das Grundbuch eingetragen wurde, nicht ankommen. Der Antragsteller will zuvor Gläubiger der Grundpfandrechte geworden sein.

Ergibt sich das Gläubigerrecht des Besitzers des Grundschuldbriefes aus einer zusammenhängenden, auf einen eingetragenen Gläubiger zurückführenden Reihe von öffentlich beglaubigten Abtretungserklärungen, so finden die Vorschriften der §§ 891 bis 899 BGB in gleicher Weise Anwendung, wie wenn der Besitzer des Briefes als Gläubiger im Grundbuch eingetragen wäre (§§ 1192 Abs. 1, 1155 Satz 1 BGB; Demharter, § 39 Rdn. 37). Das heißt zunächst, dass sich der Zweitzessionar auf die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB stützen kann. Der Antragsteller ist als Grundpfandrechtsgläubiger anzusehen (BayObLG, Beschluss vom 24. März 1994, 2 Z BR 20/94 = BayObLGZ 1994, 66, 71). Diese Vermutung scheint hier durch die bekannt gewordene Verfügungsbeschränkung der eingetragenen Gläubigerin zum Zeitpunkt der Grundschuldentstehung und Übergabe der Briefe insoweit widerlegt, als die Ersterwerberin und Zweitzedentin nicht als Inhaberin der auf den Antragsteller übertragenen Rechte angesehen werden kann (vgl. oben 1.b)). Das Kammergericht hat jedoch darauf hingewiesen, dass der Zessionar unter den Voraussetzungen des § 1155 Satz 1 BGB insgesamt so zu behandeln ist, als würde er bereits als Gläubiger des Grundpfandrechts aus dem Grundbuch hervorgehen. Deshalb sei bei der Anwendung des § 891 Abs. 1 BGB auch die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs in Betracht zu ziehen. Das Grundbuchamt müsse den Erwerber im Wege der Grundbuchberichtigung trotz Kenntnis von der Nichtberechtigung des Veräußerers eintragen, wenn die Bösgläubigkeit des Erwerbers nicht feststehe (KG, Beschluss vom 8. August 1972, 1 W 1270/71 = DNotZ 1973, 301, 304f.). Im Ergebnis hat das Kammergericht die Richtigkeit seines Schlusses offen gelassen. Nach Auffassung des Senats trifft er uneingeschränkt zu (so auch Palandt/Bassenge, § 891 Rdn. 10; Erman/ Hagen/ Lorenz, § 891 Rdn. 21; Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb. 1996, § 891 Rdm. 50 m.w.N., 54; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 891 Rdn. 19). Das Grundbuchamt durfte den Eintragungsantrag daher nicht, ohne dass es die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs als widerlegt ansah, zurückweisen.

3.) Dies führt zur Abänderung der Entscheidung des Landgerichts und Zurückverweisung an das Grundbuchamt (Demharter, § 80 Rdn. 21).

a) Zunächst war der Verwalter der eingetragenen Gläubigerin im bisherigen Berichtigungsverfahren nicht ausdrücklich beteiligt worden bzw. hat von Stellungnahmen abgesehen, weil ihm die Sicht des Amts- und Landgerichts günstig war. Angesichts des erst jetzt thematisierten gutgläubigen Erwerbs durch den Antragsteller muss ihm rechtliches Gehör gewährt (vgl. Demharter, § 1 Rdn. 49) und so Gelegenheit gegeben werden, die Unkenntnis des Antragstellers in der notwendigen Form des § 29 Abs. 1 GBO (vgl. BayObLG, Beschluss vom 17. Mai 1984, 2 Z 31/84 = Rpfleger 1984, 463; Beschluss vom 12. August 1991, 2 Z 93/91 = RPfleger 1992, 19, 20) zu widerlegen, also nachzuweisen, dass dem Antragsteller die fehlende Rechtsinhaberschaft der Zedentin positiv bekannt war (BayObLG, Beschluss vom 5. Dezember 1985, 2 Z 115/85 = BayObLGZ 1985, 401, 402f.). Erforderlich ist die volle Überzeugung des Grundbuchamtes vom Nichtbestehen der Gläubigerstellung des Antragstellers (KG, Beschluss vom 8. August 1972, 1 W 1270/71 = DNotZ 1973, 301, 303).

b) Der Antragsteller leitet seine Rechtsinhaberschaft aus mehreren Abtretungserklärungen her. Ein gutgläubiger Erwerb ist nur dann möglich, wenn die Zedentin zum Zeitpunkt der maßgeblichen Abtretungserklärung unmittelbare oder mittelbare Eigenbesitzerin des jeweiligen Grundschuldbriefes war. Allein die Möglichkeit, dem Antragsteller die Briefe zu verschaffen, genügt nicht (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1992, XI ZR 44/92 = WM 1993, 285, 286). Damit scheidet ein gutgläubiger Erwerb vor dem 18. Januar 2001 von vornherein aus. Ob dies auch für spätere Erklärungen der Zweitzedentin anzunehmen sein könnte, ist aus Sicht des Senats nicht zu beurteilen, weil keine Feststellungen getroffen und nach Aktenlage nicht zu treffen sind, wann und an wen die Grundschuldbriefe herausgegeben wurden und ggf. wie der Antragsteller zum Zeitpunkt der Abtretungsbestätigung vom 10. Dezember 2001 in den Besitz der Grundschuldbriefe gelangte. Sollte der Antragsteller die Grundschuldbriefe vor der Abtretung von einem Dritten erhalten haben (lediglich angewiesener Notar - vgl. Palandt/Bassenge, § 1154 Rdn. 7 - oder Unbefugter - Palandt/Bassenge, § 1117 Rdn. 2), ist die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB auch im Hinblick auf den gutgläubigen Erwerb als widerlegt anzusehen. Die Anwendung des § 1155 BGB setzt voraus, dass von einem Rechtserwerb gemäß §§ 1192 Abs. 1, 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgegangen werden kann. Das heißt, es muss feststehen, dass außer der Abtretungserklärung in schriftlicher Form die Übergabe des Grundschuldbriefs oder ein Übergabeersatz vom Abtretenden mit dessen Willen stattgefunden hat. Soweit eine Vermutung eingreift, möglicherweise über §§ 1117 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 1192 Abs. 1, 929 Satz 2 BGB nach vorausgegangenem mittelbaren Besitz der Zedentin, kann hiervon ausgegangen werden; wenn nicht, muss dies in Form des § 29 Abs. 1 GBO nachgewiesen werden (BayObLG, Beschluss vom 12. März 1987,2 Z 25/87 = RPfleger 1987, 363f.). Die Zeit der Übergabe ist keiner Vermutung zugänglich, sodass sie, wenn es darauf ankommt, immer nachzuweisen ist (Demharter, § 39 Rdn. 28; Palandt/ Bassenge, § 1117 Rdn. 4).

III.

Für eine Auslagenentscheidung nach § 13a Abs. 1 FGG sieht der Senat aus den bereits vom Landgericht erwogenen Gründen keinen Raum.

Der Gegenstandswert bestimmt sich nach §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 23 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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