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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 28.05.2002
Aktenzeichen: 11 Wx 20/01
Rechtsgebiete: FGG, GBV, GBO, BGB, KostO


Vorschriften:

FGG § 13 a
GBV § 38
GBO § 53
GBO § 78 Satz 1
GBO § 79 Abs. 1
GBO § 80 Abs. 1
BGB § 873 Abs. 1
KostO § 30 Abs. 2 Satz 1
KostO § 161
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 131 Abs. 1 Satz 2
Für die Eintragung eines Amtswiderspruches ist kein Raum, wenn wegen der Tätigkeit des Grundbuchamtes keine Regressansprüche drohen, weil sich an die geschaffene Grundbuchlage ein gutgläubiger Erwerb nicht anschließen kann. Dies ist insbesondere bei einer sog. Doppelbuchung der Fall.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 Wx 20/01 OLG Naumburg

In der Grundbuchsache

betreffend die im Grundbuch des Amtsgerichts B. von N. Blatt 1482 eingetragenen Grundstücke Flur 5 Flurstück 39 (vormals 724) und Flur 7 Flurstück 50

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 28. Mai 2002 unter Mitwirkung der Richterinnen am Oberlandesgericht Goerke-Berzau und Joost sowie des Richters am Oberlandesgericht Krause

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 11.10.2001, Geschäftszeichen: 7 T 424/01, abgeändert:

Auf die Beschwerde der Beteiligten 1. wird das Grundbuchamt angewiesen, den am 28.02.2000 in Abt. II lfd. Nr. 2 des Grundbuchs von N. Blatt 1482 eingetragenen Amtswiderspruch zu löschen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Der Wert der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I. Im Grundbuch von N. Blatt 1482 sind die Grundstücke Flur 5 Flurstück 39 (vormals Flurstück 724) und Flur 7 Flurstück 50 verzeichnet. Bei beiden Grundstücken handelt es sich um ehemalige Liegenschaften aus der Bodenreform. Als Eigentümerin der zunächst im Grundbuch von N. Bd. 36 Bl. 253 geführten Grundstücke war die Neubäuerin F. L. geb. J. , jetzt verh. E. , bei der es sich um die Mutter der Beteiligten handelt, aufgrund von Ersuchen des Landrates B. vom 12.04.1946 und 20.07.1948 eingetragen. F. E. ist am 09.02.1993 verstorben und wurde von der Beteiligten zu 1. und ihrem Bruder H. E. beerbt. Am 12.08.1998 kam es zur Eintragung der Beteiligten zu 1. als alleinige Eigentümerin der Grundstücke aufgrund eines Erbauseinandersetzungsvertrages vom 03.06.1997.

Nachdem bekannt wurde, dass die Grundstücke Flur 5 Flurstück 724 und Flur 7 Flurstück 50 auch im Grundbuch von N. Blatt 409 und zwar als Eigentum des Volkes, Rechtsträger LPG "M. " , eingetragen sind, hat das Grundbuchamt in Abt. II unter lfd. Nr. 2 des Grundbuchs von N. Blatt 1482 einen Amtswiderspruch zugunsten des Eigentums des Volkes gegen die verlautbarte Eigentümerstellung der Beteiligten zu 1. eingetragen und die Beseitigung der Doppelbuchung in Aussicht gestellt.

Gegen die Eintragung des Widerspruchs hat sich die Beteiligte zu 1. mit der Beschwerde gewandt, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat. Das Landgericht Dessau hat das Rechtsmittel durch Beschluss vom 11.10.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.

II. Die nach §§ 78 Satz 1, 79 Abs. 1, 80 Abs. 1 GBO zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt, die Eintragung der Beteiligten zu 1. beruhe auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften, da bei Eigentumsübergang das alte Grundbuch nicht geschlossen worden sei. Dies habe zu einer Unrichtigkeit des Grundbuchs geführt. Der Eigentumsübergang i.S.v. § 873 Abs. 1 BGB sei mit den Eintragungen im neuen Grundbuchblatt 409 vollzogen gewesen, demgegenüber habe das alte Grundbuchblatt immer noch die Erblasserin als Eigentümerin ausgewiesen. Im übrigen reichten Zweifel an den verlautbarten Eigentumsverhältnissen aus, um von Amts wegen einen Widerspruch einzutragen.

2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat nicht stand.

Der weiteren Beschwerde ist zuzugeben, dass die Ausführungen des Landgerichts zu § 873 Abs. 1 BGB nicht weiter helfen, weil sich die Eigentumsübertragung an Bodenreformgrundstücken außerhalb des Grundbuchs vollzog, womit der Grundbucheintragung lediglich deklaratorische Bedeutung zukam. Im Ergebnis kommt es auf die Frage der möglicherweise mit dem Eigentumsübertragung einher gegangenen Unrichtigkeit des Grundbuchs (derzeit) jedoch nicht an. Das Grundbuchamt hätte den Amtswiderspruch nicht eintragen dürfen.

Der Amtswiderspruch nach § 53 GBO dient dem Zweck, Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt auszuschließen. Derartige Ansprüche sind überhaupt nur denkbar, wenn sich an die rechtswidrig vollzogene Eintragung auch die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs anschließt (OLG Hamm NJW-RR 1993, 1295, 1297; Demharter, GBO, 23. Aufl., § 53 Rdn. 19 m.w.N.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdn. 393; Meikel/Streck, Grundbuchrecht, 7. Aufl., § 53 GBO Rdn. 43). Fehlt es hieran, ist für die Eintragung eines Amtswiderspruchs kein Raum, weil keine Regressansprüche drohen (BGHZ 25, 16, 22; BayObLG Rpfleger 1987, 450; Demharter, § 53 Rdn. 8; Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, Grundbuchrecht, 5. Aufl., § 53 GBO Rdn. 12; Schöner/Stöber, Rdn. 404). Nach ganz herrschender Meinung kann insbesondere dann nicht gutgläubig erworben werden, wenn auf mehreren Grundbuchblättern verschiedene Eigentümer desselben Grundstücks bzw. derselben Grundstücke eingetragen sind (sog. Doppelbuchung). Der gutgläubiger Erwerber kann sich in diesem Fall nicht auf den Inhalt des Grundbuchs berufen, weil sich die widersprechenden Eintragungen gegenseitig aufheben (Demharter, § 3 Rdn. 25; Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 892 Rdn. 11; BGB-RGRK/Augustin, 12. Aufl., § 892 Rdn. 67; Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb., § 892 Rdn. 25 m.w.N.; Wacke, in: MünchKomm.-BGB, 3. Aufl. § 892 Rdn. 27). Erst mit Beseitigung der Doppelbuchung nach § 38 GBV kommt dem Amtswiderspruch deshalb Bedeutung zu.

III. Gerichtskosten fallen nach § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO nicht an. Für eine Auslagenentscheidung nach § 13a FGG sieht der Senat keinen Anlass.

Der Beschwerdewert folgt aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 Satz 1, 161 KostO.

Ende der Entscheidung

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