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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 17.04.2001
Aktenzeichen: 12 U 236/00
Rechtsgebiete: BGB, VOB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 648a
BGB § 631
BGB § 632
BGB § 640
BGB § 641 Abs. 1
BGB § 643 Satz 1
BGB § 648 a Abs. 1
BGB § 648 a Abs. 5
BGB § 648 a Abs. 2
BGB § 320 Abs. 1
BGB § 648a Abs. 5 Satz 1
BGB § 648a Abs. 1 Satz 1
BGB § 648 a Abs. 3 Satz 1
BGB § 648 a Abs. 3 Satz 2
VOB § 16 Nr. 3 Abs. 1
ZPO § 711
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Der Werkunternehmer kann Sicherheit gem. § 648a BGB auch für bereits ausgeführte Gewerke und auch noch nach Abnahme verlangen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

12 U 236/00 OLG Naumburg

verkündet am: 17. April 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2001 durch den Richter am Oberlandesgericht Trojan, den Richter am Oberlandesgericht Kühlen und den Richter am Amtsgericht Dickel für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Oktober 2000 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer (2. Kammer für Handelssachen) des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.150.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt 1.044.878,70 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Restwerklohn aus einem zwischen den Parteien am 18. Februar 1998 unter Einbeziehung der VOB geschlossenen Bauvertrag über die Sanierung und Modernisierung verschiedener Wohngebäude in S. in Anspruch. Es war eine Pauschale von 525,00 DM pro m² Wohnfläche, insgesamt ein Pauschalpreis in Höhe von 6.555.486,00 DM einschließlich Mehrwertsteuer vereinbart (Bl. 2 ff. d. A., sowie Anlage 2 zum Bauvertrag Bl. 28 Bd. I d. A.). Die Vergütung sollte nach "häuserblockweiser" Fertigstellung und Abnahmen der Arbeiten erfolgen (Anlage 4 zum Bauvertrag, Bl. 22 Bd. I d. A.).

Nachdem die Klägerin von November 1998 bis April 1999 mehrere Wohngebäude saniert hatte, wurden diese durch den von der Beklagten als Baubetreuer eingesetzten Architekten B. - teilweise in Begleitung des Geschäftsführers der Beklagten - abgenommen. Dabei festgestellte Mängel wurden in den Abnahmeprotokollen festgehalten (Bl. 24 ff. Bd. I d. A.). Unter Berücksichtigung einer Mehrwertsteuererhöhung hat die Klägerin eine Gesamtforderung in Höhe von 6.580.976,20 DM abgerechnet und nach Abzug geleisteter Zahlungen der Beklagten und eines weiteren Abzuges eine Restforderung in Höhe von 1.124.878,76 DM errechnet. Diesen Saldo hatte die Beklagte - unter dem Vorbehalt der vollständigen und mangelfreien Ausführung der Leistungen - anerkannt. Mit Schreiben vom 19. Januar 2000 zeigte die Klägerin bei der Beklagten die Fertigstellung der Restleistungen sowie die Abarbeitung der Mängel an und forderte diese zur Schlussabnahme am 02. Februar 2000 auf. Der vorgeschlagene Termin wurde durch den Geschäftsführer der Beklagten telefonisch und schriftlich bestätigt, der an diesem Tag jedoch nicht erschien. Die Abnahme der Restleistungen und Mangelbeseitigungsarbeiten erfolgte durch den von der Beklagten als Baubetreuer eingesetzten Architekten B. , der ausdrücklich angab, hierzu von dem Geschäftsführer der Beklagten bevollmächtigt worden zu sein. Über den Inhalt der Abnahme wurde ein schriftliches Protokoll gefertigt (Bl.102 ff. Bd. II d. A.). Nachdem die Beklagte trotz Mahnungen keine Zahlungen leistete, hat die Klägerin zunächst einen Restwerklohn in Höhe von 1.044,878,70 DM eingeklagt und sodann in einem außergerichtlichen Schreiben vom 01. September 2000 von der Beklagten unter Androhung der Leistungsverweigerung gemäß § 648 a BGB bis zum 11. September 2000 die bereits mit Schreiben vom 05. Juli 1999 geforderte Sicherheit verlangt. Die Beklagte wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin mit Ablauf der Frist hinsichtlich der behaupteten weiteren Mängel von ihrem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen werde. Eine Sicherheit für den ausstehenden Restwerklohn wurde von der Beklagten nicht gestellt.

Die Klägerin hat sich darauf berufen, dass an den Fassaden der Gebäude nur noch geringe optische Mängel vorhanden seien, die nach dem Inhalt eines von ihr eingeholten Privatgutachtens nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand beseitigt werden könnten. Insoweit räume sie der Beklagten aber einen Minderungsanspruch in Höhe von 80.000,00 DM ein. Wegen weiterer - im Einzelnen benannter - Mängel (Bl. 113 Bd. I d. A.) seien lediglich Aufwendungen in Höhe von 1.100,00 DM erforderlich. Insoweit berufe sie sich auf ein Zurück- behaltungsrecht, da die Beklagte ihre gesetzliche Verpflichtung auf Beibringung einer Sicherheit nach § 648 a BGB nicht erfüllt habe. Soweit diese weitere Mängel behauptet und sich hierzu auf ein Privatgutachten berufen habe, bestreite sie, dass die dort angegebenen Mängel in dem behaupteten Umfang vorliegen würden. Auf eine verwirkte Vertragsstrafe könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie sich einen solchen Anspruch bei Abnahme der Leistungen nicht vorbehalten habe. Im Hinblick auf ihr zugetragene wirtschaftliche Probleme bei der Beklagten verlange sie vor Ausführung weiterer Mängelbeseitigungsarbeiten eine Sicherheit nach § 648 a BGB. Diese habe die Beklagte jedoch trotz mehrfacher Aufforderung nicht gestellt, so dass es ihr nunmehr verwehrt sei, sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen der behaupteten weiteren Mängel zu berufen. Infolge der Nichtleistung der Sicherheit stehe ihr - der Klägerin - ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der verlangten Mängelbeseitigung zu. Zumindest könne sich die Beklagte auf Grund ihres eigenen Verzuges nicht mehr darauf berufen, dass Mängel an den ausgeführten Leistungen vorhanden seien, da sie weder verpflichtet noch in der Lage sei, ohne ausreichende Sicherheit weitere Arbeiten an dem Bauvorhaben auszuführen. Deren Verhalten sei wie ein Verzug mit der Annahme von Mängelbeseitigungen zu werten, so dass der Restwerklohn, den sie nunmehr auf 848.213,85 DM berechne, fällig sei. Im Übrigen stehe ihr ein weiterer Werklohn in Höhe von 196.664,58 DM entsprechend der vertraglichen Vereinbarung Zug um Zug gegen Übergabe einer entsprechenden Gewährleistungsbürgschaft zu.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 848.213,85 DM nebst 8,5 % Zinsen hieraus seit dem 18. Juni 1999 an die Klägerin zu zahlen, sowie die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, einen Betrag in Höhe von 196.664,58 DM Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, dass die Klägerin ihre Leistung noch nicht fertiggestellt habe und deshalb ein Restvergütungsanspruch nicht fällig sei. Darüber hinaus seien die ausgeführten Leistungen auch mangelbehaftet. Für deren Beseitigung sei ein Kostenaufwand in Höhe von 349.508,00 DM bzw. 1.262.144,00 DM erforderlich, wie sich aus zwei von ihr eingeholten Privatgutachten ergebe. Sie berufe sich daher auf ein Zurückbehaltungsrecht. Entgegen der Ansicht der Klägerin die Beseitigung der Mängel am Putz nicht unverhältnismäßig sei. Darüber hinaus habe sie die Arbeiten der Klägerin auch nicht wirksam abgenommen. Der Architekt B. sei hierzu nicht bevollmächtigt gewesen. Ferner stehe ihr ein Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 80.400,00 DM zu, mit dem sie die Aufrechnung erkläre. Schließlich könne sie auf Grund der vertraglichen Vereinbarung 3 % der Auftragssumme als Sicherheit einbehalten.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung restlichen Werklohns in der ausgeurteilten Höhe zustehe. Die Beklagte habe Restwerklohnforderungen der Klägerin rechnerisch mit einem Betrag in Höhe von 1.224.878,67 DM anerkannt. Unter Berücksichtigung der von der Klägerin zugestandenen Abzüge errechne sich die zugesprochene Forderung. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass 20 % der vereinbarten Gesamtvergütung noch nicht fällig wären, da die Klägerin die Leistungen noch nicht "völlig fertiggestellt" habe. Entgegen ihrer Ansicht habe eine Abnahme der ausgeführten Leistungen am 29. April 1999 stattgefunden. Der Architekt B. habe dabei zumindest mit Duldungsvollmacht für die Beklagte gehandelt. Auch der zur Aufrechnung gestellte Vertragsstrafenanspruch sei nicht begründet, da sich die Beklagte diese Forderung bei Abnahme der Leistungen nicht vorbehalten habe. Es könne auch dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Gewerke der Klägerin mangelbehaftet seien, denn der Beklagten stehe insoweit kein Zurückbehaltungsrecht zu. Die Klägerin sei berechtigt, weitere Leistungen an dem Bauvorhaben - auch hinsichtlich der Beseitigung von Mängeln - zu verweigern, weil die Beklagte der Aufforderung zur Sicherheitsleistung nach § 648 a BGB nicht nachgekommen sei bzw. diese endgültig abgelehnt habe. Daraus ergebe sich ein Leistungsverweigerungsrecht der Klägerin, da sich die Beklagte in Annahmeverzug befinde. Durch die Nichtleistung der wirksam verlangten Sicherheit unter Ankündigung des Leistungsverweigerungsrechts habe die Beklagte selbst die Bewirkung der Vorleistung verhindert. Die Klägerin verlange nichts anderes, als den bereits verdienten Werklohn, denn sie habe ohne Sicherheitsleistung vorgeleistet und damit das Risiko der Insolvenz der Beklagten bereits geraume Zeit getragen. Da diese sich geweigert habe, dem berechtigten Sicherheitsinteresse der Klägerin nachzukommen, könne es dieser nicht zugemutet werden, ohne vorherige Absicherung des bereits verdienten Werklohns nunmehr Mängelbeseitigungsmaßnahmen aufzunehmen, zumal die dafür aufzuwendenden Kosten aus Sicht der Beklagten sogar die restliche Werklohnvergütung überschreiten würden. Dieses Sicherheitsbedürfnis habe nicht mit der Abnahme geendet.

Mit ihrer Berufung wiederholt die Beklagte im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Auffassung, dass der Klägerin kein Leistungsverweigerungsrecht zustehe, da diese substantiiert dargelegte Mängel bestritten und auch mit Schriftsatz vom 19. September 2000 noch behauptet habe, dass ihre Leistungen mangelfrei seien. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin Mängelbeseitigungsarbeiten aufnehmen würde, sobald die geforderte Sicherheit gestellt worden sei. Diese verhalte sich vertragsuntreu, da eine Sicherheit nach § 648 a BGB nur verlangt werden dürfe, wenn sicher sei, dass die - dann abgesicherte - Leistung auch erbracht und nicht aus anderen Gründen verweigert würde, die im Zeitpunkt der Abforderung der Sicherheitsleistung bereits bekannt seien. Ein Unternehmer, der - zumindest indirekt - bereits angekündigt habe, dass er Gewährleistungsarbeiten nicht ausführen wolle, verhalte sich vertragsuntreu und könne deshalb weder eine Sicherheit nach § 648 a BGB verlangen, noch so gestellt werden, als stünde ihm ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung ebenfalls im Wesentlichen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Ergänzend führt sie aus, dass sie sich zu keinem Zeitpunkt geweigert habe, an den von ihr ausgeführten Leistungen Mängel zu beseitigen. Die Beklagte verschweige bewusst, dass sie sich gegenüber Mängelbeseitigungsverlangen nur insoweit ablehnend verhalten habe, als die Beklagte willkürlich vorhandene Mängel aufgebläht und sich geweigert habe, Sicherheit für die Erlangung des Restwerklohns zu erbringen, obwohl sie - die Klägerin - bereits mit erheblichen Beträgen in Vorleistung getreten sei. Das Vorhandensein von Mängeln sei zwischen den Parteien nie streitig gewesen, sondern lediglich deren Umfang. Dementsprechend sei erstinstanzlich auch zunächst ein Vergleich mit dem Inhalt einer Schiedsgutachterabrede getroffen worden, in der die von der Beklagten behaupteten Mängel geprüft und im Falle der Berechtigung sodann beseitigt werden sollten. Diesen Vergleich habe die Beklagte ohne Begründung widerrufen. Das Sicherheitsverlangen habe sich darüber hinaus ausschließlich an der noch offenen Werklohnforderung orientiert, deren Verlust nunmehr drohe. Gerade im Hinblick auf die von der Beklagten behaupteten hohen Mängelbeseitigungskosten bestehe ihrerseits ein besonderes Sicherungsverlangen, da sie sonst weiter in Vorlage treten würde ohne die Gewissheit, dass nach Ausführung dieser Leistungen der dann verdiente Werklohn auch bezahlt würde.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte gemäß §§ 631, 632, 640, 641 Abs. 1 BGB i. V. m. § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB ein Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn in der vom Landgericht ausgeurteilten Höhe zu.

Im Berufungsrechtszug wird die Schlussabnahme der Werkleistungen am 02. Februar 2000 inhaltlich nicht mehr bestritten. Die Ausführungen hierzu in der angefochtenen Entscheidung sind auch nicht zu beanstanden. Ergänzend ist lediglich noch auszuführen, dass der von der Beklagten eingesetzte Baubetreuer - der Architekt B. - bei allen Abnahmen zugegen und auch sämtliche Abnahmeprotokolle unterschrieben hat. Dieses gilt auch für die Leistungen der Klägerin, die in Anwesenheit des Geschäftsführers der Beklagten abgenommen worden sind (Bl. 24 ff. Bd. I d. A.). So hat der Architekt B. am 07. und 28. April 1999 einzelne Gebäude ausdrücklich "in Vertretung" für den nicht anwesenden Bauherrn (die Beklagte) abgenommen, worauf diese auch Zahlungen geleistet hat, ohne die Vertretungsmacht des von ihr eingesetzten Architekten in Abrede zu stellen (Bl. 35 ff. Bd. I d. A.). Der Schlussabnahmetermin vom 02. Februar 2000 war ausdrücklich in Absprache mit dem Geschäftsführer der Beklagten vereinbart und ist von diesen sowohl mündlich als auch schriftlich bestätigt worden (Bl. 53 Bd. I d. A.). Das Abnahmeprotokoll enthält zudem den ausdrücklichen Zusatz, dass der Architekt B. von dem Geschäftsführer K. der Beklagten mit der Durchführung Abnahme "beauftragt" worden ist (Bl. 102 ff Bd. II d. A.). Schon nach dem Inhalt dieser Urkunde reicht der pauschale Vortrag der Beklagten zur fehlenden Bevollmächtigung des von ihr eingesetzten Architekten nicht aus. Im Ergebnis kann dieses jedoch dahingestellt bleiben, da sich die Beklagte Erklärungen des Architekten B. zumindest nach Rechtsscheinsgrundsätzen zurechnen lassen muss. Eine hier anzunehmende Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsherr dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH MDR 1990, 534). Der Vertretene kann sich auf den Mangel der Vertretungsmacht seines Vertreters nicht berufen, wenn er schuldhaft den Schein einer Vollmacht veranlasst hat, so dass der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte von einer Bevollmächtigung ausgehen durfte und von ihr ausgegangen ist. Das ist dann der Fall, wenn er nach Lage der Dinge ohne Fahrlässigkeit annehmen darf, der Vertretene kenne und dulde das Verhalten des für ihn auftretenden Vertreters (BGHZ 5, 111, 116; WM 1977, 1169; NJW 1982, 1513; BGHR, BGB § 167 Anscheinsvollmacht 2). So verhält sich der Fall hier. Die Parteien hatten unter Ziffer 7. des Bauvertrages vom 18. Februar 1998 (Bl. 9 ff. Bd. I d. A.) ausdrücklich vereinbart, dass die Beklagte als Auftragnehmerin eine Person zu benennen hatte, die zur Abnahme bevollmächtigt ist. In der Folgezeit ist regelmäßig bei den Abnahmen der von ihr beauftragte Baubetreuer - der Architekt B. - für sie aufgetreten und hat sämtliche Abnahmeprotokolle unterzeichnet. Dieses gilt auch für die Protokolle, die eine Abnahme von Leistungen der Klägerin in Abwesenheit des Geschäftsführers der Beklagten beurkunden. Gleichwohl hat sie auch darauf Abschlagszahlungen geleistet. Sie muss sich daher den von ihr selbst und von dem Architekt B. gesetzten Rechtsschein zurechnen lassen (BGH NJW-RR 1997, 1276).

Das Landgericht geht darüber hinaus zu Recht davon aus, dass sich die Beklagte durch ihre Weigerung für die noch zu erbringenden Mängelbeseitigungsarbeiten in Höhe der ausstehenden Restlohnforderung nach § 648 a BGB eine Sicherheit zu stellen, vertrags- und treuwidrig verhalten hat. Der Klägerin steht hinsichtlich des von der Beklagten behaupteten Mängelbeseitigungsverlangens ein Zurückbehaltungsrecht nach § 648 a Abs. 5 BGB zu.

Grundsätzlich ist der Unternehmer verpflichtet, das Werk mangelfrei herzustellen. Solange er in der Lage und bereit ist, die behaupteten Mängel zu beseitigen, hat er grundsätzlich ein schützenswertes Interesse an der Absicherung seines nach Mängelbeseitigung in voller Höhe durchsetzbaren Vergütungsanspruchs. Das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers betrifft lediglich den Zahlungsanspruch, nicht aber die Sicherstellung. Nur wenn der Besteller zu Recht wegen der Mängel gemindert oder die Aufrechnung mit Gegenansprüchen erklärt hat, reduziert sich der Vergütungsanspruch in Höhe der Minderung oder aufrechenbaren Gegenforderung. Minderungsansprüche hat die Beklagte nicht geltend gemacht und die zur Aufrechnung gestellte Vertragsstrafe ist - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht verwirkt, da sich die Beklagte solche Ansprüche bei der Schlussabnahme am 02. Februar 2000 nicht vorbehalten hat (§ 11 Nr. 5 VOB/B).

Es ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Behauptung der Beklagten, dass die Klägerin nicht mehr bereit wäre, den Vertrag zu erfüllen. Aus dem Umstand, dass deren Leistung im Zeitpunkt des Sicherungsverlangens nicht mangelfrei war, lässt sich nicht herleiten, dass sie nicht bereit wäre, den Vertrag nach Sicherheitsleistung ordnungsgemäß zu erfüllen. Sie hat vielmehr mehrfach und ausdrücklich erklärt, dass sie ihr zuzurechnende Mängelbeseitigungsarbeiten aufnehmen werde, sobald die Beklagte wegen des ausstehenden Werklohns die geforderte Sicherheit stellt. Auch aus dem Inhalt des zwischen den Parteien vor dem Landgericht geschlossenen Vergleich, den die Beklagte widerrufen hatte, ergibt sich, dass die Klägerin bereit war, die behaupteten Mängel überprüfen zu lassen und - soweit sie ihr zuzurechnen waren - zu beseitigen. Die theoretische Möglichkeit, dass ein Unternehmer nach Sicherheitsleistung die Mängelbeseitigung verweigert, eine ihm geleistete Sicherheit nicht zurückgibt und damit die Beauftragung eines Drittunternehmens erschweren könnte, führt entgegen der Annahme der Beklagten grundsätzlich nicht zu einer Beschränkung der Sicherungsmöglichkeit aus § 648 a BGB (BGH ZIP 2001, 110 ff.).

In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob das Sicherheitsverlangen nach § 648 a BGB nur Werklohnansprüche für noch zu erbringende Leistungen betreffen soll oder auch für bereits ausgeführte Gewerke gilt (vergl. z. B. OLG Dresden BauR 1999, 1314 m.w.N.).

Es ist nach Auffassung des Senats nicht sachgerecht - worauf die Beklagte sinngemäß ebenfalls abstellt - das Sicherheitsverlangen nach § 648 a BGB auf den Zeitpunkt vor Abnahme der Werkleistung zu beschränken. Denn diese Regelung bezweckt, dass das Vorfinanzierungsrisiko des Bauunternehmers abgemildert werden soll. Danach muss die Pflicht zur Sicherheitsleistung auch dann fortbestehen, wenn sie vor der Abnahme nicht gefordert wurde. Eine gegenteilige Auslegung würde dazu führen, dass die Realisierung von Werklohnforderungen nach der Abnahme - dem Zweck des § 648 a BGB zuwiderlaufend - stärker gefährdet wäre als zuvor. Denn während dann bis zur Abnahme die gesamte Werklohnforderung, einschließlich nicht erbrachter Leistungsteile zu sichern wäre, bliebe sie nach Abnahme in Höhe des durch Zurückbehaltungsrechte einredebehafteten Teils ohne jeden Schutz. Es wäre auch inkonsequent, wenn vor Abnahme Sicherheit für die gesamte Werklohnforderung, also auch für noch nicht erbrachten Gewerke verlangt werden könnte, nach Abnahme aber eine - als modifizierte Erfüllungshandlung zu verstehende - Nachbesserung ohne Sicherung des Vergütungsanspruchs ausgeführt werden müsste.

Auch aus der in § 648 a Abs. 1 BGB geregelten Rechtsfolge kann nicht darauf geschlossen werden, dass die Pflicht zur Sicherheitsleistung mit der Abnahme endet. Zwar läuft die dort vorgesehene Vertragsaufhebung nach Abnahme ins Leere, dieses ändert aber nichts daran, dass die andere gesetzliche Rechtsfolge - die Arbeitseinstellung bzw. die Leistungsverweigerung - auch nach der Abnahme noch sachgerecht ist. Denn unmittelbar aus dem Wortlaut des § 648 a Abs. 1 S. 1 BGB folgt die Berechtigung, bis zur Abnahme die Ausführung der Werkleistung zu verweigern, sie korrespondiert also mit der Befugnis, die auf die Herstellung eines vertragsgerechten Werkes gerichtete Nachbesserung zurückzuhalten, bis die begehrte Sicherheit gestellt ist (vgl. auch Schulze-Hagen, BauR 1999, 210 ff.; OLG Dresden a. a. O, jeweils m. w. N.). Das durch § 648 a BGB geschützte Risiko der Vorleistungspflicht ist von der Abnahme unabhängig. Es besteht vielmehr so lange, bis der Werkunternehmer bezahlt worden ist.

Im übrigen liegen die formalen Voraussetzungen des Sicherheitsverlangens gem. §§ 648a Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, 643 Satz 1 BGB vor. Die Klägerin hat die Beklagte bereits mit Anwaltsschreiben vom 05. Juli 1999 unter Fristsetzung aufgefordert, ihr wegen der Restlohnforderung über 1,2 Millionen DM Sicherung durch Stellung einer Bankbürgschaft oder einer anderen in § 648 a BGB genannten Sicherheit gegen Übernahme der Kosten bis zu einem Höchstsatz von 2 % p. a. zu stellen. Es wurde ferner angekündigt, dass nach fruchtlosem Fristablauf die Arbeiten eingestellt würden (Bl. 41 ff. Bd I d. A.). Nachdem die Beklagte es mit Schreiben vom 2. September 1999 abgelehnt hatte, die verlangte Sicherheit zu leisten, liefe es auf eine Förmelei hinaus, unter den gegebenen Umständen eine Nachfristsetzung gem. § 643 Satz 1 BGB zu verlangen, zumal die Klägerin ihr Sicherheitsverlangen noch mit Schreiben vom 01. September 2000 wiederholt hat (Bl. 178 ff. Bd. I d. A.), was von der Beklagten - sinngemäß -, wegen der nach ihrer Auffassung in Abzug zu bringenden Mangelbeseitigungskosten, erneut abgelehnt wurde (Bl. 184 Bd. I d. A.).

Die Ansicht der Beklagten, dass der Werklohnanspruch nur insoweit als einredefrei behandelt werden könne, als er die Nachbesserungskosten überschreite (so auch OLG Dresden a. a. O.), führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Denn der Besteller wird nicht benachteiligt, wenn er das Vorfinanzierungsrisiko des Unternehmers abmildert, bevor dieser Mängelbeseitigungsarbeiten ausführt. Er hat es vielmehr ohne eigenes Risiko in der Hand, die Nachbesserung zu erzwingen, indem er die verlangte Sicherheit leistet. Jedenfalls ist dem mit § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB verfolgten Schutz des Vergütungsanspruches nicht zu entnehmen, dass der Unternehmer das Insolvenzrisiko des Bestellers tragen soll oder verpflichtet, für die Dauer der Nachbesserung oder Mängelbeseitigung diesem einen zinslosen Kredit einzuräumen. Gerade in den Fällen, in denen die Parteien nicht nur über die Ursachen der Mängel, sondern auch über die Höhe der Kosten streiten, liefe die vom OLG Dresden vorgeschlagene Lösung dem gesetzlich gewollten Schutz des Unternehmers zuwider. Im vorliegenden Fall machen beide Parteien geltend, die Mängel nicht bzw. nicht in dem behaupteten Umfang vertreten zu müssen. Während die Beklagte die Kosten der Mängelbeseitigung mit über 1,5 Millionen DM veranschlagt hat (Bl. 73 ff und 153 ff Bd. I d. A.), hat die Klägerin diese auf 80.000,00 DM (Minderung) bzw. auf lediglich 1.100,00 DM geschätzt. Es müsste nach der vom OLG Dresden vertretenen Ansicht daher zunächst über die Kosten der Mängelbeseitigung Beweis erhoben werden, bevor weiter darüber entschieden werden könnte, in welcher Höhe dann eine Werklohnforderung einredefrei besteht. Eine solche Vorgehensweise ist jedoch nach Auffassung des Senats mit dem Sicherungszweck des § 648 a BGB nicht zu vereinbaren. Denn kommt der Besteller dem Sicherheitsverlangen des Werkunternehmers nach, geht er kein Risiko ein. Dieser erhält kein Bargeld, sondern eine Sicherheit gem. § 648 a Abs. 2 BGB. Die Kosten hierfür hat der Werkunternehmer dem Besteller gem. § 648 a Abs. 3 Satz 1 BGB zu erstatten, sofern nicht die Voraussetzungen des § 648 a Abs. 3 Satz 2 BGB erfüllt sind. Es ist daher kein Grund ersichtlich, warum die Höhe des zu sichernden Anspruchs um die Kosten der behaupteten bzw. dem Umfang nach noch zu klärenden Mängelbeseitigung zu verringern ist.

Bei einer Verletzung der Sicherungspflicht nach § 648 a BGB durch den Auftraggeber ist der Werkunternehmer berechtigt, eine Nachbesserung zu verweigern. In diesem Fall steht dem Auftragnehmer kein Zurückbehaltungsrecht aus § 320 Abs. 1 BGB zu, so dass der fällige Werklohn zu zahlen ist.

Soweit das Landgericht über den unbedingten Zahlungsanspruch hinaus weiteren Werklohn in Höhe von 196.664,58 DM Zug um Zug gegen Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft zugesprochen hat, entspricht dieses der vertraglichen Vereinbarung der Parteien und wird von der Beklagten inhaltlich auch nicht in Abrede gestellt.

Hinsichtlich der zugesprochenen Zinsen wird auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 543 Abs. 1 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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