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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 25.02.2002
Aktenzeichen: 12 W 17/02
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 575 a.F.
ZPO § 78 Abs. 3
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 411 Abs. 3
ZPO § 486 Abs. 4
EGZPO § 26 Nr. 10
GKG § 14 Abs. 1
GKG § 12 Abs. 1 S. 1
GKG § 25 Abs. 2 S. 1
Die Antragstellung und die Ergänzung des Antrages unterliegt im selbstständigen Beweisverfahren nicht dem Anwaltszwang.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

12 W 17/02 OLG Naumburg

In dem selbstständigen Beweisverfahren

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Trojan, den Richter am Oberlandesgericht Kühlen und den Richter am Amtsgericht Dickel am

25. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 13. November 2001 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 125.000,00 € festgesetzt.

I.

Das Landgericht hat auf Antrag der Antragsteller im selbstständigen Beweisverfahren die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über bauliche Mängel der Wohnanlage B. Straße 74 in M. angeordnet. Nach Eingang des schriftlichen Gutachtens gab das Landgericht den Parteien Gelegenheit, etwaige Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen binnen 3 Wochen schriftsätzlich mitzuteilen. Weiterhin wies es die Parteien darauf hin, dass schriftliche Einwendungen nur durch einen am Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt erfolgen dürfen. Mit einem fristgerecht beim Landgericht eingegangenen Schreiben beantragte die Antragsgegnerin, dem Sachverständigen mehrere Fragen zur ergänzenden Stellungnahme vorzulegen. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landgericht die Einwendungen der Antragsgegnerin mit der Begründung zurück, Ergänzungsfragen hätten nur durch einen am Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt gestellt werden dürfen, was jedoch nicht innerhalb der gesetzten Frist erfolgt sei. Hiergegen richtet sich die von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin eingelegte Beschwerde.

II.

Die gemäß § 567 Abs. 1 ZPO statthafte und formgerecht (§ 569 ZPO) eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Der Antrag, dem Sachverständigen Fragen zur ergänzenden Stellungnahme vorzulegen, kann nicht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung abgelehnt werden.

Das selbstständige Beweisverfahren unterliegt nicht dem Anwaltszwang, soweit es die Antragstellung und Ergänzung des Beweisantrages betrifft. Diese Anträge können gem. §§ 486 Abs. 4, 78 Abs. 3 ZPO unter Befreiung vom Anwaltszwang auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden (OLG Naumburg OLGR 1997, 356; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 486 Rdnr. 3; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., vor § 485 Rdnr. 4; Schreiber in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 487 Rdnr. 1). Anwaltszwang besteht erst bei einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, wenn es etwa Zeugen vernimmt oder einen Termin zur Erörterung des Gutachtens bestimmt (OLG Naumburg a.a.O.). Sind aber der einleitende Verfahrensantrag sowie seine Ergänzung oder Berichtigung außerhalb der mündlichen Verhandlung vom Anwaltszwang befreit, so muss dies auch für ergänzende Anträge des Antragsgegners im selbstständigen Beweisverfahren gelten. Somit durfte die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall den Antrag, dem Sachverständigen ergänzende Fragen zur Stellungnahme vorzulegen, ohne ihre Verfahrensbevollmächtigten stellen. Das selbständige Beweisverfahren war auch noch nicht beendet, da der Antrag innerhalb der vom Landgericht gesetzten Frist zur Stellungnahme eingegangen ist.

Das Landgericht hat sich mit der Frage, ob das eingeholte Gutachten im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin gestellten Fragen der Ergänzung oder mündlichen Erläuterung durch den Sachverständigen bedarf, in der Sache noch nicht befasst, da es den Antrag aus formellen Gründen zurückgewiesen hat. Der Senat hat daher von der Möglichkeit des § 575 ZPO a.F. i. V. m. § 26 Nr. 10 EGZPO Gebrauch gemacht und dem Landgericht die weitere Entscheidung über den Antrag übertragen. Er weist für die weitere Behandlung vorsorglich darauf hin, dass einem auf konkrete Fragen und Zweifelspunkte gestützten Antrag gemäß § 411 Abs. 3 ZPO regelmäßig zu entsprechen sein wird, wenn verbliebene Zweifel und Unklarheiten beseitigt werden können (BGH NJW 1992, 1459; OLG Köln NJW-RR 1997, 1221). In dem vorliegenden Fall umfangreich festgestellter Mängel und zahlreicher Einwendungen bietet es sich zudem an, eine ergänzende schriftliche Stellungnahme des Sachverständigen einzuholen.

Die Kostenentscheidung war dem Landgericht vorzubehalten. Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren hat der Senat in Höhe der vom Sachverständigen ermittelten Sanierungskosten festgesetzt, §§ 12 Abs. 1 S. 1, 14 Abs. 1, 25 Abs. 2 S. 1 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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