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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 19.08.2003
Aktenzeichen: 12 W 64/03
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2
Beauftragen zwei Streitgenossen einen Prozessbevollmächtigten mit ihrer Vertretung und wird nur einem Streitgenossen Prozesskostenhilfe bewilligt, dann beschränkt sich die Prozesskostenhilfe auf die Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

12 W 64/03 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

...

wegen Vergütungsfestsetzung gemäß § 128 BRAGO,

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Trojan, den Richter am Oberlandesgericht Kühlen und den Richter am Landgericht Stroot am

19. August 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Halle vom 05. März 2003 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer haben die Beklagten als Prozessbevollmächtigte im Rechtsstreit vertreten. Nur dem Beklagten zu 1. ist Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die den Beschwerdeführern aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf die 3/10-Erhöhungsgebühr des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO zuzüglich Mehrwertsteuer beschränkt. Ihre hiergegen gerichtete Erinnerung hat das Landgericht mit Beschluss vom 14. April 2003 zurückgewiesen. Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, es sei nicht nur die Erhöhungsgebühr gemäß § 6 BRAGO festzusetzen; werde ein Rechtsanwalt von zwei Auftraggebern beauftragt, so hafteten sie ihm gesamtschuldnerisch auf die volle entstandene Prozessgebühr. Im Innenverhältnis habe daher jeder von ihnen die Hälfte der entstandenen Prozessgebühr zu tragen.

II.

Die gemäß §§ 128 Abs. 4, 10 Abs. 3 S. 4 BRAGO i. V. m. §§ 569 Abs. 2, 570 ff. ZPO zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die ihnen zustehenden PKH-Gebühren auf die 3/10-Erhöhungsgebühr des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO beschränkt.

Beauftragen zwei Streitgenossen denselben Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in einem Rechtsstreit, der dieselbe Angelegenheit betrifft, liegen aber nur bei einem von ihnen die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor, dann beschränkt sich die Bewilligung bezüglich der Anwaltsgebühren auf die Erhöhungsbeträge nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO (z. B. BGH NJW 1993, 1750; OLG Koblenz Rechtspfleger 2001, 503; OLG München OLGR 1993, 76; OLG Celle JurBüro 1984, 1248; OLG Frankfurt BB 1974, 1458; Zöller/Philippi, Rdn. 7 zu § 114 ZPO; Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., vor § 114 Rdnr. 8; Wachs: in Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., § 114 Rdnr. 32).

Soweit ein Teil der Rechtsprechung und Literatur (z. B. OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 1493; OLG München NJW-RR 1997, 191; OLG Stuttgart JurBüro 1997, 200; Hartmann, Kostengesetze, Rdn. 65 zu § 122 BRAGO; Kalthoener/Büttner, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rdnr. 48) die Auffassung vertritt, der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwaltes sei nicht auf den Zuschlag nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO beschränkt, sondern umfasse die vollen Gebühren nach der Tabelle zu § 123 BRAGO oder zumindest einen Anteil nach Kopfteilen, folgt der Senat dem nicht. Denn sie führt zu dem Ergebnis, dass sich die Prozesskostenhilfe nicht nur auf den mittellosen, sondern zum Teil auch auf den vermögenden Streitgenossen erstreckt, obwohl in seiner Person die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe nicht erfüllt sind. Es würde aber dem Sinn des Prozesskostenhilferechts widersprechen, wenn die vermögende Partei aus Steuermitteln finanziell dadurch entlastet wird, dass ihr Anwalt zugleich eine bedürftige Partei vertritt. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, die Allgemeinheit mit Kosten zu belasten, die der vermögende Streitgenosse, wenn er den Rechtsstreit allein führen würde, selbst zu tragen hätte (BGH a. a. O.; OLG Koblenz a. a. O.). Der Einwand, dass der bedürftige Streitgenosse von dem Vermögenden gem. § 426 Abs. 1 BGB auf Erstattung der Hälfte der verauslagten Anwaltskosten in Anspruch genommen werden kann, steht der Beschränkung der Anwaltsvergütung auf die Erhöhungsgebühr bei der Vertretung mehrerer Streitgenossen nicht entgegen. Denn die Prozesskostenhilfe schützt den bedürftigen Streitgenossen weder vor einer Inanspruchnahme des obsiegenden Gegners noch dagegen, dass der vermögende Streitgenosse ihn nach § 426 Abs. 1 BGB in Anspruch nimmt (OLG Koblenz a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 5 S. 1 und 2 BRAGO.

Ende der Entscheidung

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