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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 25.07.2005
Aktenzeichen: 12 W 76/05
Rechtsgebiete: ZSEG, ZPO, GKG


Vorschriften:

ZSEG § 3
ZSEG § 3 Abs. 2 S. 1
ZSEG § 3 Abs. 2 S. 2
ZSEG § 3 Abs. 3
ZSEG § 3 Abs. 3 lit. a
ZSEG § 3 Abs. 3 lit. b
ZSEG § 7
ZSEG § 7 Abs. 1
ZSEG § 7 Abs. 2
ZSEG § 16 Abs. 2 S. 1
ZSEG § 16 Abs. 2 S. 2
ZPO § 407a Abs. 3 S. 2
GKG § 49
1. Eine besondere Entschädigung i. S. d. § 7 ZSEG (jetzt § 13 JVEG) setzt voraus, dass ein aussreichender Vorschluss gezahlt ist.

2. Nach Beendigung des Rechtsstreits ist die Anforderung eines weiteren Vorschusses gegenüber einer hierzu nicht bereiten Partei nicht durchsetzbar.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

12 W 76/05 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 25. Juli 2005 durch den Richter am Landgericht Nolte als Einzelrichter

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Halle - 1. Kammer für Handelssachen - vom 19. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 4.766,90 EUR.

Gründe:

Die Beschwerde ist gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 u. 2 ZSEG statthaft, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

I. Der Beschwerdeführer wendet sich mit der Beschwerde gegen die Festsetzung seiner Vergütung für die Tätigkeit als Sachverständiger im vorliegenden Rechtsstreit durch Beschluss der 11. Zivilkammer - 1.Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Halle vom 19. Juni 2005. Er hat für seine Tätigkeit als Sachverständiger zur Erstellung des Gutachtens mit Rechnung vom 14. November 2003 eine Vergütung in einer Gesamthöhe von 13.176,44 EUR geltend gemacht und dabei einen Stundensatz von 78 EUR (52 EUR zzgl. 50 %) zugrunde gelegt, zugleich aber ausgeführt, dass er einen Stundensatz von 100 EUR für angemessen halte, dem aber die Parteien auch auf seine Anfrage hin nicht zugestimmt hatten. Der Beschwerdeführer hatte das Gericht zuvor nicht auf die Überschreitung des angeforderten Vorschusses von zunächst 3.500 EUR aufmerksam gemacht. Durch weitere Rechnung vom 25. März 2004 hat er für seine Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung eine weitere Entschädigung in Höhe von 849,54 EUR gefordert. Auf beide Rechnungen sind nur Teilbeträge ausgezahlt. Insgesamt haben die Parteien Vorschüsse für die im vorliegenden Rechtsstreit einzuholenden Gutachten in Höhe von 11.248,90 EUR eingezahlt, hiervon einen Teilbetrag in Höhe von 4.579,04 EUR auf Vorschussanforderungen für das Gutachten des Beteiligten.

Das Landgerichts Halle hat die Zustimmung der Beklagten zu dem vom Beschwerdeführer für seine Tätigkeit beantragten Stundensatz von 100 EUR durch Beschluss vom 26. Juni 2004 auf 100 EUR ersetzt. Die hiergegen erhobene Beschwerde der Landeskasse hat der Senat durch Beschluss vom 13. April 2005 als unzulässig verworfen.

Das Landgericht hat die Parteien und den Beschwerdeführer sodann durch Verfügung vom 25. April 2005 in Vorbereitung der Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen darauf aufmerksam gemacht, dass die eingezahlten Vorschüsse nicht ausreichen werden, um eine Entschädigung des Beschwerdeführers auf der Basis eines Stundensatzes von 100 EUR vorzunehmen. Es hat die Klägerin um Stellungnahme gebeten, ob diese trotz rechtskräftigen Abschlusses des Rechtsstreits zur Leistung eines weiteren Vorschusses bereit sei und ob sie, falls der Beschwerdeführer rechtzeitig auf die zu erwartenden hohen Kosten hingewiesen hätte, daraufhin einen höheren Vorschuss einzuzahlen bereit gewesen wäre. Es hat weiter den Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass möglicherweise eine Festsetzung seiner Vergütung nach § 3 Abs. 3 ZSEG erfolgen würde und seine bisherigen Darlegungen zur Erhöhung des Stundensatzes nicht ausreichend seien. Die Klägerin hat dahin Stellung genommen, dass sie nunmehr nicht zur Leistung eines weiteren Vorschusses bereit sei, aber dies während des Rechtsstreits gewesen wäre. Der Beschwerdeführer hat ausgeführt, dass zwar keine Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Lehre notwendig gewesen sei, aber gleichwohl schwierige und umfangreiche Fragen zu beantworten gewesen seien, was in ähnlicher Weise zu berücksichtigen sei. Angesichts der Anzahl der benötigten Stunden könne ihm der bei einem Stundensatz von 50 EUR entstehende Erwerbsausfall nicht zugemutet werden.

Das Landgericht hat in dem angegriffenen Beschluss vom 19. Juni 2005 die Vergütung des Beschwerdeführers ohne Abzug bereits geleisteter Zahlungen auf 9.259,08 EUR festgesetzt und dabei gegenüber der beantragten Entschädigung Abzüge für die Berechnung der Fotokopiekosten vorgenommen, die mit der Beschwerde nicht angegriffen werden. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss Bezug genommen. Darüber hinaus hat das Landgericht bei der Berechnung der Entschädigung des Sachverständigen nach § 3 Abs. 2 S. 1 ZSEG hinsichtlich beider Entschädigungsrechnungen einen Stundensatz von 52 EUR zugrunde gelegt. Es hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes um 50 % nach § 3 Abs. 3 ZSEG habe der Beteiligte nicht geltend gemacht; eine Entschädigung auf der Grundlage des Stundensatzes von 100 EUR könne nicht erfolgen, weil der eingezahlte Vorschuss hierzu nicht ausreiche und nach Verfahrensabschluss im übrigen eine Vorschussnachforderung aus Rechtsgründen nicht möglich sei. Allenfalls seien freiwillige Nachzahlungen zu berücksichtigen, zu denen die Klägerin aber nicht bereit sei. Eine Kürzung nach § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO sei nicht vorzunehmen, da die Klägerin erklärt habe, sie wäre bei rechtzeitiger Mitteilung zu einer weiteren Vorschusszahlung bereit gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berechnung wird auf den angegriffenen Beschluss vom 19. Juni 2005 Bezug genommen.

Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vom 30. Juni 2005. Er macht geltend, die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes um 50 % nach § 3 Abs. 3 ZSEG ergäben sich daraus, dass ihm ein Verdienstausfall von 50 EUR (pro Stunde) nicht zugemutet werden könne. Er macht weiter geltend, es sei für das Gericht evident gewesen, dass der angeforderte Vorschuss für ein solches Gutachten nicht ausreichen würde. Für das Gericht sei auch ersichtlich gewesen, dass er Regelungen nicht kenne und nicht kennen müsse, welche die Festsetzung und Auszahlung einer angemessenen Vergütung von der Höhe des eingeforderten Vorschusses abhängig machten, und dass er selbst von einem höheren Stundensatz ausgegangen sei.

Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 07. Juli 2005 nicht abgeholfen. Wegen der Begründung wird auf den Nichtabhilfebeschluss Bezug genommen.

II. Die Beschwerde hat aus den zutreffenden Gründen des Nichtabhilfebeschlusses des Landgerichts vom 07. Juli 2005 keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat in dem angegriffenen Beschluss vom 19. Juni 2005 zutreffend der Festsetzung der Vergütung des Beschwerdeführers nicht den Stundensatz von 100 EUR zugrunde gelegt, für welchen es im Beschluss vom 26. August 2004 die fehlende Zustimmung der Beklagten nach § 7 Abs. 2 ZSEG ersetzt hatte. Weitere Voraussetzung für die Gewährung einer Vergütung nach § 7 ZSEG in dieser Höhe wäre neben der Zustimmung der Parteien gewesen, dass die Landeskasse insoweit gedeckt gewesen wäre (OLG München, MDR 1984, 670, Hartmann, Kostengesetze, Rn. 15 zu § 7 ZSEG), was angesichts der Divergenz zwischen eingezahlten Vorschüssen und bereits den noch auf einem Stundensatz von 78 EUR basierenden Rechnungen des Beschwerdeführers nicht der Fall ist. Soweit Hartmann, a.a.O., Rn. 16 dann im weiteren meint, dass der Sachverständige bei ungenügender Deckung gleichwohl einen entsprechenden Anspruch gegen die Landeskasse habe, folgt der Senat dem nicht. Der dortige Verweis auf eine "vertragliche" Regelung der Parteien verfängt nicht, denn das Gesetz begrenzt in § 7 Abs. 1 ZSEG insoweit die Dispositionsmöglichkeit der Parteien durch die Zustimmung zu einem erhöhten Stundensatz zulasten der Landeskasse dadurch, dass es die Wirksamkeit einer solchen Zustimmung zu einer erhöhten Vergütung von der Deckung der Landeskasse abhängig macht. Auch das dortige weitere Argument, der Sach-verständige genieße in einem solchen Fall Vertrauensschutz, greift angesichts des klaren Gesetzeswortlautes nicht durch. Ein Vertrauen dahin, dass trotz fehlender Deckung die vereinbarte (oder hier durch Ersetzung der Zustimmung erreichte) Vergütung gezahlt werden würde, kann es danach nicht geben.

Es verhilft der Beschwerde auch nicht zum Erfolg, dass das Landgericht nicht bereits während der Begutachtung einen höheren Vorschuss eingefordert hatte. Insoweit wird auf die zutreffende Entgegnung des Landgerichts im Nichtabhilfebeschluss vom 07. Juli 2005 verwiesen, dass es dies schon deshalb nicht veranlassen konnte, weil der Sachverständige ihm die Kostenüberschreitung nicht mitgeteilt hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erschließt sich auch nicht, weshalb es für das Landgericht evident gewesen sein sollte, dass der angeforderte Vorschuss nicht ausreichen würde. Wäre das der Fall gewesen, hätte es von vornherein einen höheren Vorschuss angefordert.

Im weiteren kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige nach dem Beschluss des Landgerichts vom 26. August 2004 darauf vertrauen durfte, mit einem Stundensatz von 100 EUR entschädigt zu werden. Das Landgericht hat sich mit dieser Frage in dem Beschluss vom 19. Juni 2005 lediglich unter dem Gesichtspunkt auseinandergesetzt, dass es das Oberlandesgericht München in der dort zitierten Entscheidung (Beschluss v. 23.01.2001, Az. 11 W 3216/00, veröffentlicht in: OLGR München 2001, 108) ausnahmsweise für zulässig gehalten hatte, bei den Parteien doch noch einen erhöhten Vorschuss einzufordern, wenn bei dem Sachverständigen ein Vertrauen begründet worden sei, dass die höhere Vergütung bezahlt werde. Es hat sich der dortigen Rechtsauffassung aber mit der Begründung nicht angeschlossen, dass es für die Anforderung eines weiteren Kostenvorschusses an einer gesetzlichen Regelung fehle. Ob in Konstellationen wie der vorliegenden aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht gleichwohl der Auffassung des OLG München der Vorzug zu geben ist, kann offen bleiben. Wie das Landgericht im weiteren zutreffend ausführt, ist die nachträgliche Vorschussanforderung gegenüber einer Partei, die - wie hier die Klägerin - zur Leistung nicht bereit ist, jedenfalls nicht durchsetzbar, weil die ZPO insoweit nur die mittelbare Sanktion vorsieht, dass bei fehlendem Vorschuss die weitere Beweisaufnahme unterbleibt. Der vom OLG München in der vorzitierten Entscheidung aufgezeigte Weg, den fehlenden Vorschuss vom jeweiligen Antragsschuldner nach § 49 GKG zu fordern, ist praktisch nicht umsetzbar, weil dies voraussetzen würde, dass bereits feststeht, dass es sich bei dem nachgeforderten Betrag um Auslagen des Gerichts handelt. Daran fehlt es jedoch, weil dazu der Entschädigungsbetrag für den Sachverständigen bereits festgesetzt sein müsste.

2. Das Landgericht ist deshalb weiter zutreffend davon ausgegangen, dass eine Entschädigung des Beschwerdeführers für den Zeitaufwand zur Gutachtenerstattung nur nach § 3 ZSEG erfolgen kann.

Dabei liegen die in § 3 Abs. 3 ZSEG genannten Gründe für eine Erhöhung des Stundensatzes nicht vor. Eine Erhöhung nach § 3 Abs. 3 lit. a ZSEG kommt nicht in Betracht, weil der Beschwerdeführer schon in der Stellungnahme auf die gerichtliche Hinweisverfügung vom 25. April 2005 mitgeteilt hatte, dass eine Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Lehre für die Beantwortung der Beweisfragen nicht notwendig gewesen sei. Seinem dortigen Argument, die Fragen seien aber auch im übrigen schwierig und umfangreich gewesen, hat das Landgericht ersichtlich bereits dadurch Rechnung getragen, dass es den Stundensatz innerhalb des in § 3 Abs. 2 S. 1 ZSEG vorgegebenen Rahmens unter Beachtung der Kriterien aus § 3 Abs. 2 S. 2 ZSEG auf den dortigen Höchstbetrag festgesetzt hat.

Eine Erhöhung des Stundensatzes kommt aber auch nicht nach § 3 Abs. 3 lit. b) ZSEG wegen der Dauer der Inanspruchnahme und eines deshalb auftretenden, nicht zumutbaren Erwerbsverlustes in Betracht. Auch insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des den Sachverhalt in jeder Hinsicht erschöpfend würdigenden Nichtabhilfebeschlusses vom 07. Juli 2005 Bezug und macht sich dessen Begründung zu eigen. Es fehlt bereits daran, dass der Beschwerdeführer schon nicht dargetan hat, im konkreten Fall seiner Heranziehung für das hiesige Gutachten überhaupt einen Erwerbsverlust erlitten zu haben. Er beschränkt sich lediglich darauf, aufzuzeigen, dass er bei einer anderen Beschäftigung einen höheren Stundensatz hätte erzielen können.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 16 Abs. 5 ZSEG gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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