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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 22.10.2001
Aktenzeichen: 13 W 235/01
Rechtsgebiete: ZPO, GKG, LKrO LSA, RPflG, JKostG LSA, GO LSA


Vorschriften:

ZPO § 575
ZPO § 104
ZPO § 567
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 577 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 2
GKG § 5
GKG § 4 ff
LKrO LSA § 65
RPflG § 11 Abs. 1
JKostG LSA § 7 Abs. 1 Nr. 2
GO LSA § 116
GO LSA § 116 Abs. 3
GO LSA § 116 Abs. 1
GO LSA § 116 Abs. 3 Nr. 2
Zur Gerichtsgebührenbefreiung von in privater Rechtsform geführten kommunaleigenen Unternehmen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

13 W 235/01 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

hier: Kostenfestsetzung

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau als Vorsitzende, den Richter am Oberlandesgericht Baumgarten und die Richterin am Landgericht Lachs

am 22. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Stendal vom 19.4.2001 - 24 O 126/98 - aufgehoben soweit mit diesem auszugleichende Gerichtskosten festgesetzt worden sind und insoweit die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht - Rechtspfleger/ Rechtspflegerin - zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Beschwerdewert: 106,05 DM.

Gründe:

Die Beklagte ist nach ihren Angaben ein in privater Rechtsform geführtes kommunaleigenes Unternehmen - Krankenhaus - des Landkreises H. . Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.4.2001 hat das Landgericht die von der Beklagten an die Klägerin auszugleichenden Gerichtskosten - Gerichtsgebühren, Auslagen und Sachverständigenkosten - auf 106,05 DM festgesetzt. Grundlage dieser Festsetzung ist die Kostengrundentscheidung im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Stendal vom 23.1.2001, wonach die Parteien die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte zu tragen haben. Außergerichtliche Kosten sind den Parteien jeweils in gleicher Höhe entstanden. Mit der Kostenrechnung des Landgerichts vom 7.2.2001 wurden die von der Klägerin zu viel gezahlten Vorschüsse in Höhe eines Teilbetrages von 106,05 DM zugunsten der Beklagten verrechnet, wobei die von der Beklagten zu tragenden Gerichtskosten unter Einbeziehung der Gerichtsgebühren berechnet worden sind. Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die im o.g. Beschluss erfolgte Festsetzung der Gerichtskosten mit der Begründung, sie sei gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA von den Gerichtsgebühren befreit.

Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567, 577 Abs. 1 und 2 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache dahin Erfolg, dass das Verfahren gemäß § 575 ZPO an das Landgericht zwecks weiterer Sachaufklärung zu der Frage, ob der Klägerin tatsächlich für die Beklagte verauslagte Gerichtskosten entstanden sind, zurückzuverweisen ist.

Nach § 91 Abs. 1 ZPO sind nur solche Kosten erstattungsfähig und deshalb in die hier vorzunehmende Kostenausgleichung nach § 104 ZPO einzustellen, die einer Partei tatsächlich entstanden sind. Ob die hier durch das Landgericht zur Ausgleichung gebrachten 106,05 DM Gerichtskosten der Klägerin tatsächlich entstanden sind, kann allerdings derzeit auf Grund der von der Beklagten geltend gemachten Gerichtsgebührenbefreiung noch nicht abschließend festgestellt werden. Sollte die Beklagte entsprechend ihrem Einwand gerichtsgebührenbefreit sein, so hätte dies zur Folge, dass die Verrechnung der von der Klägerin geleisteten Vorschüsse auf eine Gerichtskostenschuld der Beklagten zu Unrecht erfolgt wäre und der Klägerin deshalb, ggf. nach Durchführung eines erfolgreichen Erinnerungsverfahrens nach § 5 GKG gegen den Kostenansatz, in Höhe der verrechneten 106,05 DM ein Rückerstattungsanspruch gegen die Gerichtskasse zustehen würde (vgl. BGH NJW 1984, 870/871), sodass dann der Klägerin diese Kosten auch nicht entstanden und somit nicht zu erstatten wären. Dieser Einwand, dass die verauslagten Gerichtskosten vom erstattungsberechtigten Gegner zu Unrecht an die Gerichtskasse gezahlt worden seien, ist im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich zulässig (OLG Koblenz Rpfleger 1985, 333 und JurBüro 1990, 733; OLG München JurBüro 1979, 122; Zöller/Herget, ZPO, 22. Auflage, §§ 103/104 Rn 21 Stichworte Sachverständigenkosten" und "Gerichtskostenfreiheit"). Über diesen Einwand ist jedoch jedenfalls dann, wenn er nicht offensichtlich unbegründet ist und der Erstattungspflichtige vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses keine Kenntnis von der Gerichtskostenrechnung hatte, nicht im Kostenfestsetzungsverfahren zu entscheiden sondern im Erinnerungsverfahren nach § 5 GKG gegen den Kostenansatz. Denn die Feststellung, ob und in welcher Höhe Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) angefallen und von wem diese unter Einbeziehung von Vorschusszahlungen und Berücksichtigung der Kostengrundentscheidung als Kostenschuldner zu zahlen sind, erfolgt im Kostenansatzverfahren nach § 4 ff GKG und den in diesem Verfahren besonders ausgestalteten Rechtsbehelfen bzw. Rechtsmitteln der Erinnerung und Beschwerde. Die Entscheidungen im Kostenansatzverfahren und damit auch die Kostenrechnungen des Kostenbeamten sind für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend. Eine Korrektur dieser Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren ist unzulässig. Im Hinblick auf einen effektiven Rechtsschutz des Erstattungspflichtigen ist es aber gerechtfertigt, den Erstattungsberechtigten in den Fällen, in denen der Erstattungspflichtige begründete Einwendungen gegen die festgesetzten Gerichtskosten erhebt, die der Sache nach eine Korrektur der Kostenrechnung beinhalten und von ihm vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht geltend gemacht werden konnten, auf die Möglichkeit des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens nach § 5 GKG zu verweisen bzw. dem Erstattungspflichtigen, sofern er erinnerungs- bzw. beschwerdebefugt ist, die Möglichkeit zu geben, ggf. selbst eine Klärung der Frage im Kostenansatzverfahren herbeizuführen. Denn anderenfalls wäre dem Erstattungspflichtigen wegen der Bindungswirkung der Kostenrechnungen jegliche Möglichkeit genommen, sich gegen die Festsetzung der - möglicherweise nicht entstandenen - Gerichtskosten zu wenden.

Die Voraussetzungen für eine Verweisung der Klägerin bzw. der Parteien auf die Durchführung des vorrangigen Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens gegen den Kostenansatz liegen hier vor.

Der Einwand der Beklagten ist nicht offensichtlich unbegründet. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA vom 26.8.1993 (GVBL. 449) sind grundsätzlich auch die Landkreise von den Gerichtsgebühren befreit. Insoweit folgt der Senat der grundlegenden Entscheidung des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 1.8.2000 - 1 U 77/99 - (JMBL. LSA Nr. 43/2000 vom 23.10.2000, S. 261 ff), der sich auch der bisher für Kostensachen zuständige 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Aufgabe seiner bisherigen gegenteiligen Auffassung (vgl. Beschluss vom 23.1.2001 - 4 W 5559/00 -) sowie der 7. Zivilsenat (vgl. Beschluss vom 14.6.2001 - 7 U 162/98 -) angeschlossen haben. Sollte es sich bei der Beklagten, wie von dieser geltend gemacht, um ein kommunaleigenes Unternehmen des Landkreises H. handeln, was noch zu klären wäre, so wäre diese unabhängig davon, dass sie privatrechtlich organisiert ist, jedenfalls für das vorliegende Verfahren ebenfalls gerichtsgebührenbefreit. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut von § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG LSA greift die Gebührenfreiheit für Kommunen und Gemeindeverbände nur dann nicht, wenn die Angelegenheit ihre wirtschaftlichen Unternehmungen betrifft, wobei sich die Frage, ob eine wirtschaftliche Unternehmung vorliegt, nach der LKrO LSA und der GO LSA beurteilt. Nach § 65 LKrO LSA in Verbindung mit § 116 Abs. 3 Nr. 2 GO LSA in der für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Fassung vom 5.10.1993 (GVBL. S. 568) gelten jedoch u.a. die Einrichtungen der Gesundheits- , Kranken- und Wohlfahrtpflege, denen die Beklagte hier zuzuordnen wäre, nicht als wirtschaftliche Unternehmungen der Kommunen.

In diesem Zusammenhang weist der Senat allerdings darauf hin, dass durch Artikel 2 des Gesetzes über das kommunale Unternehmensrecht vom 3.4.2001 (GVBL. LSA, S. 136), in Kraft getreten am 10.4.2001, der Abschnitt der GO LSA über Unternehmen und Beteiligungen und insbesondere auch § 116 GO LSA in der o.g. Fassung wesentlich geändert worden sind. Diese Änderung enthält keine der bisherigen o.g. Fassung des § 116 Abs. 3 GO LSA vergleichbare Regelung mehr. Vielmehr ergibt sich aus § 116 Abs. 1 GO LSA in der ab dem 10.4.2001 geänderten Fassung, dass zu den wirtschaftlichen Unternehmen der Kommunen ungeachtet der Rechtsform als Eigenbetrieb, Anstalt des öffentlichen Rechts oder in einer Rechtsform des Privatrechts alle Betätigungen der Kommunen in Angelegenheiten gehören, die diese außerhalb ihrer öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, sodass künftig für Verfahren, die nach der Änderung der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt anhängig geworden sind, generell für wirtschaftliche Betätigungen der Kommunen ungeachtet der Rechtsform und ihres Gegenstandes keine Gebührenfreiheit nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 JKostG besteht.

Die Beklagte hatte auch keine Möglichkeit, vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses gegen die Kostenrechnung des Landgerichts vom 7.2.2001 vorzugehen, da ihr diese vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht zugesandt worden ist, was im Übrigen auch eine Verletzung rechtlichen Gehörs im Kostenfestsetzungsverfahren beinhaltet. Dabei ist die sofortige Beschwerde der Beklagten auch gleichzeitig als Erinnerung gegen den Kostenansatz auszulegen, über die jedoch das Landgericht aus den bereits o.g. Gründen gemäß § 5 GKG in eigener Zuständigkeit zu entscheiden hat und nicht der Senat im Beschwerdeverfahren über die Kostenfestsetzung.

Die Kostenentscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 1 GKG i.V. mit Nr. 1953 Kostenverzeichnis GKG. Im Übrigen ist sie wegen der außergerichtlichen Kosten dem Landgericht vorzubehalten.

Ende der Entscheidung

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