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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 03.08.2006
Aktenzeichen: 14 WF 112/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 4
ZPO § 321 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 321 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 321 a Abs. 2
ZPO § 321 a Abs. 5
Die Anhörungsrüge der Zivilprozessordnung findet auch auf das Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe Anwendung.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 112/06 OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Materlik als Einzelrichter am

03. August 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Anhörungsrüge der Antragstellerin wird der Beschluss des Einzelrichters des 14. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. Juni 2006, Az.:14 WF 112/06, aufgehoben, der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Dessau vom 20. April 2006, Az.: 3 F 131/06 S, auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin teilweise abgeändert und der letzteren für den ersten Rechtszug im Verfahren 3 F 131/06 (S) ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin D. F. aus D. zu ihrer Vertretung bewilligt.

2. Die Entscheidungen über die Anhörungsrüge und die (fortgesetzte) sofortige Beschwerde ergehen gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß § 321 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO statthafte und zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 321 a Abs. 2 ZPO eingelegte Anhörungsrüge der Antragstellerin hat gemäß § 321 a Abs. 5 ZPO Erfolg, sodass der hiermit von ihr angefochtene Senatsbeschluss vom 29. Juni 2006 (Bl. 30/31 PKH-Beiheft), auf Grund dessen ihre sofortige Beschwerde gegen den ihr lediglich gegen eine monatliche Ratenzahlungsverpflichtung von 50,00 Euro für das von ihr beantragte Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss des Amtsgerichts Dessau vom 20.04.2006 (Bl. 18 PKH-Beiheft) zurückgewiesen worden ist, aufzuheben und auf die fortzusetzende sofortige Beschwerde hin ratenfreie Prozesskostenhilfe zu gewähren war.

Die Antragstellerin rügt zu Recht, dass der mit der sofortigen Beschwerde angefochtene amtsgerichtliche Beschluss, soweit er ihren Antrag auf ratenfreie Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen hat und eine Ratenzahlungsanordnung in Höhe von monatlich 50,00 Euro beginnend ab dem 15.05.2006 getroffen hat, keine Begründung enthält.

Überdies ist nicht nachvollziehbar, wie sich die Ratenhöhe von monatlich 50,00 Euro ermittelt, sieht doch § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO (nach dem nicht einmal vom Amtsgericht konkret bezifferten, wohl aber angenommenen einzusetzenden Einkommen) völlig andere Ratenhöhen, nämlich stufenweise 15,--, 30,--, 45,--, 60,-- Euro u.s.w., vor.

Unbeschadet dessen lassen nunmehr auch die mit der Anhörungsrüge der Antragstellerin neu vorgebrachten Tatsachen den Schluss zu, dass für die Antragstellerin sowohl eine Beleihung ihrer Lebensversicherung als auch eine Herabsetzung ihrer monatlichen Zahlungsverpflichtung auf die Lebensversicherung, ihrer einzigen Altersversorgung, zwecks Finanzierung der anfallenden Prozesskosten unzumutbar erscheinen. Dies gilt zum einen weil die Höhe der monatlichen Beiträge zur privaten Lebensversicherung von gerade einmal 247,92 Euro im Verhältnis zu ihrem Nettoeinkommen in Höhe von 1.171,70 Euro (rund 21 % des Gesamtnettoeinkommens) noch als angemessen anzusehen ist. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass seit dem 01. Juli 2006 der Antragstellerin als erwerbstätiger Partei gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit der Bekanntmachung zu § 115 ZPO ein monatlicher Freibetrag in Höhe von 173,00 Euro zusteht (Erwerbstätigenpauschale), und dass darüber hinaus ein weiterer Grundfreibetrag für sie als Partei in Höhe von 380,00 Euro von ihrem Einkommen in Abzug zu bringen ist.

Demzufolge verbleibt aber auf Seiten der Antragstellerin, nach Abzug weiterer Verbindlichkeiten (Krankenversicherungsbeitrag, Miete, Pkw-Kreditrate) kein einzusetzendes Einkommen im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO, sodass mangels Ratenzahlungspflicht auf die Prozesskosten auf ihre Anhörungsrüge hin der zunächst ihre Beschwerde zurückweisende Senatsbeschluss aufzuheben und auf ihre nunmehr erfolgreiche Beschwerde der eine Ratenzahlungsanordnung enthaltende amtsgerichtliche Beschluss zur Prozesskostenhilfe teilweise abzuändern und ratenfreie Prozesskostenhilfe für die erste Instanz zu bewilligen war.

II.

Die Entscheidungen hinsichtlich der Gerichtskosten der erfolgreichen Anhörungsrüge und der fortgesetzten sofortigen Beschwerde folgen aus den laufenden Nummern 1700 und 1811 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des erfolgreichen Beschwerdeverfahrens wegen versagter Prozesskostenhilfe, hinsichtlich des Anhörungsrügeverfahrens fallen solche Kosten nach § 19 Abs. 1 Nr. 5 RVG nicht an, findet, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO erhellt, generell nicht statt.

Ende der Entscheidung

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