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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: 14 WF 127/04
Rechtsgebiete: KindUG, ZPO, BGB


Vorschriften:

KindUG Art. 5 § 3
ZPO § 323
BGB § 1612 a
Ein auf "Regelunterhalt" lautender Titel war nur nach Maßgabe des Art. 5 § 3 KindUG in einen solchen nach § 1612a BGB umwandelbar. Diese Möglichkeit bestand jedoch nur bis zum 30.6.2003. Aus diesem Grund kann eine Abänderung nur noch nach § 323 ZPO erfolgen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 127/04 OLG Naumburg

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

...

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Oberlandesgericht Materlik am 25. November 2004 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Wittenberg vom 05.05.2004, Az.: 4 F 294/04, abgeändert und dem Antragsteller für die erste Instanz ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Sch. aus J. zu seiner Vertretung bewilligt.

2. Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist nicht entstanden. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verb. mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 569 ZPO in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung auf Abänderung der Urkunde über die Abänderung eines Unterhaltstitels (Regelunterhalt) des Landkreises O. - Jugendamt - vom 11.02.1997, Urkunden-Reg.Nr. 35/1997 - H - (Bl. 4 d. A.), versagenden Beschluss des Amtsgerichts Wittenberg vom 05.05.2004 (Bl. 8 d. A.), bestätigt durch den Nichtabhilfebeschluss vom 04.06.2004 (Bl. 10 d. A.), hat in der Sache Erfolg.

Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß den §§ 114, 115 ZPO sind entgegen der Ansicht des Amtsgerichts erfüllt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (1). Der Antragsteller kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen (2).

1. Zu Unrecht hat das Amtsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen einer Partei gemäß den §§ 114, 115 ZPO Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung des Antragstellers auf Abänderung der Urkunde über die Abänderung des vorbezeichneten Unterhalts-Titels (Regelunterhalt) des Landkreises Ohrekreis vom 11.02.1997 verneint.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts lautet der abzuändernde Unterhaltstitel vom 11.02.1997 nicht auf "105 % des Regelbetrags", sondern nach der streitgegenständlichen Urkunde hat sich der Antragsgegner verpflichtet, für den Antragsteller ab dem 01.01.1997 den Regelunterhalt zuzüglich eines Zuschlages in Höhe von 5 % unter Anrechnung des Kindergeldes "von derzeit monatlich 110,00 DM" zu zahlen. Hierbei handelt es sich um Regelunterhalt nach altem Recht, nämlich gemäß den §§ 1615 f, 1615 g BGB a. F., nicht um Unterhalt als Vomhundertsatz des jeweiligen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung im Sinne des § 1612 a Abs. 1 Satz 1 BGB, in den neuen Bundesländern in Kraft getreten zum 01.07.1998 auf der Grundlage des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder (Kindesunterhaltsgesetz - KindUG vom 06.04.1998, BGBl. I, S. 666). Allein aus diesem Grunde hätte das Amtsgericht dem Antragsteller hierfür mangels Rechtsschutzbedürfnisses die begehrte Prozesskostenhilfe nicht verweigern dürfen, weil der bisherige Titel gerade nicht auf 105 % des Regelbetrages lautet und eben nicht lediglich eine Betragskorrektur erforderlich ist.

Der Antragsteller kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass ein kostengünstiger Rechtsweg offen steht. Denn das in Art 5 § 3 KindUG vorgesehene vereinfachte Abänderungsverfahren für vor dem 01.07.1998 erstellte Unterhaltstitel war nur für eine Übergangszeit bis zum 30.06.2003 möglich, da gemäß Art. 8 Abs. 2 KindUG am 01.07.2003 die Regelung des Art. 5 § 3 KindUG außer Kraft getreten ist. Die Versäumung dieser wenig bekannten Frist nach dem kompliziert und nichts weniger als transparent geregelten Kindesunterhaltsgesetz kann und darf dem unterhaltsberechtigten Antragsteller nicht zum unabänderlichen Nachteil gereichen.

Daher kann der Antragsteller die von ihm begehrte Abänderung, nämlich die Anpassung des Alttitels an die nunmehr geltenden Regelbeträge gemäß § 2 Regelbetrag-VO zu § 1612 a Abs. 1, 4 und 5 BGB unter Berücksichtigung des § 1612 b Abs. 1 und 5 BGB auch noch im Wege der notwendigen Neutitulierung des Unterhalts nach Maßgabe des § 323 ZPO verfolgen.

Nach dem bisherigen Vortrag des Antragstellers ist auch im Übrigen die sachlich erforderliche Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO für die beabsichtigte Abänderungsklage nicht in Zweifel zu ziehen.

2. Die subjektiven wirtschaftlichen Verhältnisse des minderjährigen Antragstellers, der sich noch in der allgemeinen Schulausbildung befindet und weder über eigenes Einkommen noch Vermögen verfügt, rechtfertigt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe jegliche Zahlungsverpflichtung gemäß den §§ 114, 115 ZPO.

II.

Die - rein deklaratorische - Entscheidung zu den Gerichtskosten ergibt sich aus Nr. 1956 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 11 Abs.1 GKG a. F., wonach nur im Falle der Zurückweisung oder Verwerfung einer Beschwerde im Verfahren über die Prozesskostenhilfe eine Gebühr anfällt. Die Weitergeltung der alten Vorschriften im vorliegenden Verfahren folgt aus § 72 Nr. 1 GKG.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet im Beschwerdeverfahren wegen versagter Prozesskostenhilfe gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht statt.



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