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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 09.02.2006
Aktenzeichen: 14 WF 134/05
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 124 Nr. 4
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 172 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 233
ZPO § 233 Abs. 1
ZPO § 234 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 234 Abs. 2
ZPO § 236 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 568 Satz 2
ZPO § 569
ZPO § 572 Abs. 2
RPflG § 11 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 4
Nur in einem anhängigen Verfahren muss die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten erfolgen. Ist das Verfahren hingegen rechtskräftig abgeschlossen und betrifft die Zustellung die im Rahmen der PKH zu zahlenden Raten, erfolgt die Zustellung unmittelbar an die Partei, insbesondere in den Verfahren, in denen es um den Widerruf der bewilligten PKH aufgrund Nichtzahlung der Raten geht.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 134/05 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg, nach Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf das Beschwerdegericht gemäß § 568 Satz 2 ZPO, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und die Richterin am Amtsgericht Engelhard am

9. Februar 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 7. Januar 2005, Az.: 271 F 4231/95, wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sofortigen Beschwerdefrist wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 7. Januar 2005 (Bl. 40 PKH-Beiheft) hat das Amtsgericht Magdeburg nach fünfmaliger Erinnerung die der Antragstellerin bewilligte Prozesskostenhilfe wegen eines Ratenrückstands von mehr als drei Monaten gemäß § 124 Nr. 4 ZPO aufgehoben. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 15. Januar 2005 (Bl. 41 PKH-Beiheft) und ihrem Prozessbevollmächtigten im Hauptsacheverfahren - das am 15. Dezember 1998 durch Urteil rechtskräftig abgeschlossen wurde (Bl. 76 d. A.) - am 4. April 2005 (Bl. 41a PKH-Beiheft) zugestellt.

Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin am 18. April 2005 (Bl. 42/43 PKH-Beiheft) sofortige Beschwerde eingelegt und diese, nach Erhalt des amtsgerichtlichen Nichtabhilfebeschlusses vom 8. Juli 2005 (Bl. 60 PKH-Beiheft), mit Schriftsatz vom 11. August 2005 (Bl. 64 - 66 PKH-Beiheft) vorsorglich wiederholt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen einer etwaigen Versäumung der Beschwerdefrist beantragt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist unzulässig (1) und wäre auch, ihre Zulässigkeit unterstellt, in jedem Fall unbegründet (2).

1. Die nicht fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin war gemäß § 572 Abs. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 233 ZPO nicht in Betracht kommt.

Gegen die auf § 124 Nr. 4 ZPO gestützte Entscheidung der Rechtspflegerin vom 7. Januar letzten Jahres war gemäß § 11 Abs. 1 RPflG in Verb. mit den §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, die fristgerecht binnen eines Monats ab Zustellung des Beschlusses am 15. Januar 2005 an die Antragstellerin persönlich hätte eingelegt werden müssen, jedoch erst, weit nach Ablauf der Frist, am 18. April 2005 eingelegt worden ist. Für den Beginn des Fristablaufs kam es, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, nicht auf die erst am 4. April 2005 erfolgte Zustellung an ihren vormaligen Verfahrensbevollmächtigten im Hauptsacheverfahren an, da gemäß § 172 Abs.1 Satz 1 ZPO nur in einem anhängigen Verfahren die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hat. Nach formell rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens durch das Scheidungsurteil vom 15. Dezember 1998 (Bl. 76 d. A.) war indes kein Verfahren mehr im Sinne jener Vorschrift anhängig (s. dazu BGH, NJW 1995, 1095 m. w. N.). Die Begleichung der Raten im Prozesskostenhilfe-Verfahren war im Übrigen auch einzig Sache der Antragstellerin, der allein auch die diversen Erinnerungen des Amtsgerichts, insgesamt fünf an der Zahl, vor Aufhebung der Prozesskostenhilfe korrektermaßen zugegangen sind.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der in § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO bestimmten Notfrist von einem Monat für die sofortige Beschwerde gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfe scheitert bereits daran, dass die über den Aufhebungsbeschluss seit Mitte Januar 2005 informierte Antragstellerin nicht unverschuldet, wie insoweit gemäß § 233 Abs. 1 ZPO vorausgesetzt, an der Einhaltung der Notfrist gehindert war. Sie konnte und durfte vernünftigerweise bei Wahrung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt nicht darauf vertrauen, dass, wie sie nunmehr vorträgt, der Beschluss erst noch ihrem früheren Anwalt hätte zugestellt werden müssen und dieser dann quasi automatisch nach erfolgter Zustellung ein Rechtsmittel für sie einlegen würde.

Im Übrigen ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch nicht, wie gemäß § 234 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZPO geboten, innerhalb einer zweiwöchigen Frist ab Behebung des Hindernisses, die spätestens mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 4. April 2005 an den Verfahrensbevollmächtigten gegeben war, gestellt worden, sondern erst mit Schriftsatz vom 11. August letzten Jahres (Bl. 64 PKH-Beiheft). Für eine gegebenenfalls von Amts wegen mögliche Wiedereinsetzung nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO besteht ebenso wenig Anlass wie für eine weitere, prinzipiell auch mögliche Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist nach § 233 ZPO.

2. Das Rechtsmittel wäre auch, sofern entgegen den vorstehenden Ausführungen seine Zulässigkeit festgestellt werden könnte, in der Sache unbegründet.

Denn zu Recht hat das Amtsgericht nach fünfmaliger Zahlungsaufforderung und ausdrücklicher Androhung, im Falle der weiteren Nichtzahlung die Prozesskostenhilfe aufzuheben, von der diesbezüglichen Möglichkeit des § 124 Nr. 4 ZPO Gebrauch gemacht, nachdem die Antragstellerin sich mit deutlich mehr als drei Raten im Rückstand befand und auf keine der Aufforderungen reagiert hatte.

Dass die Antragstellerin, was sie zumindest analog § 286 Abs. 4 BGB für eine nachträgliche Korrektur der Aufhebungsentscheidung hätte darlegen und nachweisen müssen, ohne Verschulden an der - zu keinem Zeitpunkt begründeten - Einstellung der Ratenzahlung gehindert gewesen wäre, lässt sich ihrem darauf überhaupt nicht eingehenden Vorbringen nicht entnehmen. Im Gegenteil ergibt sich aus der allein zur Begründung des Rechtsmittels neu vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der im öffentlichen Dienst angestellten Antragstellerin vom 4. Mai 2005 (Bl. 43 - 45 PKH-Beiheft) und insbesondere der Vergütungsmitteilung für April 2005 (Bl. 46 PKH-Beiheft), dass deren Einkommensverhältnisse sich in der Zwischenzeit offenkundig nachhaltig gebessert haben und sie mit einem monatlichen Nettoeinkommen von rund 1.450,-- Euro ohne Weihnachts- und Urlaubsgeld unschwer sogar mehr als die seinerzeit festgelegte Rate von 20,40 Euro bzw. 40,-- DM auf die Prozesskosten zu leisten imstande gewesen wäre.

III.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Außergerichtliche Kosten werden, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO erhellt, im Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe generell nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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