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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 16.07.2001
Aktenzeichen: 14 WF 28/01
Rechtsgebiete: UVG, ZPO, BGB, UnterhVG, GKG


Vorschriften:

UVG § 7
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 455
ZPO § 727
ZPO §§ 567 ff.
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 4
BGB § 1601
BGB § 1605 Abs. 2
BGB § 1605 Abs. 1
UnterhVG § 1 Abs. 1 Nr. 1
GKG § 49 Satz 1
GKG § 11 Abs. 1
Hat der Leistungsträger nach § 7 UVG einen Unterhaltstitel als Zessionar erwirkt, so kommt nach altersbedingtem Wegfall der Unterhaltsleistung eine Titelumschreibung auf das Kind nicht in Betracht.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 28/01 OLG Naumburg 5 F 711/00 AG Wittenberg

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Landgericht Materlik am

16. Juli 2001

beschlossen:

Tenor:

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wittenberg vom 16. Januar 2001, Az.: 5 F 711/00, wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die am 16.10.1988 geborene Antragstellerin ist das eheliche Kind der Antragsgegnerin. Die Ehe der Eltern der Antragstellerin wurde durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wittenberg vom 06.06.2000, Az.: 5 F 433/99, geschieden. Die elterliche Sorge für die Antragstellerin üben beide Elternteile gemeinsam aus, wobei sich die Antragstellerin in der Obhut des Kindesvaters befindet.

Bis zum 15.10.2000 bezog die Antragstellerin vom Land Sachsen-Anhalt Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

Infolgedessen beantragte das Land Sachsen-Anhalt am 30.06.2000 - im eigenen Namen - (Bl. 15 der Beiakte) im Verfahren zur Geschäftsnummer 4 FH 18/00 beim Amtsgericht Wittenberg, den von der Antragsgegnerin an das Land zu zahlenden Unterhalt im vereinfachten Verfahren nach den jeweiligen Altersstufen der Regelbetrag-Verordnung, beginnend ab dem 15.07.1999 mit 100 % der Regelbeträge abzüglich 125,00 DM anteiliger kindbezogener Leistungen bzw. ab dem 01.01.2000 abzüglich 135,00 DM anteiliger kindbezogener Leistungen, festzusetzen.

Dementsprechend wurde durch Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Wittenberg vom 4.09.2000 (Bl. 18 der Beiakte) der von der Antragsgegnerin an das Land Sachsen-Anhalt für die Antragstellerin ab dem 15.07.1999 zu zahlende Unterhalt festgesetzt.

Mit ihrer am 01.11.2000 eingereichten, bislang nicht zugestellten Klage, für welche die Antragstellerin Prozesskostenhilfe begehrt, beabsichtigt sie, im Wege der Stufenklage zu beantragen,

die Antragsgegnerin zu verurteilen, an sie, zu Händen ihres gesetzlichen Vertreters,

1. eine vollständige Auskunft über die in den zurückliegenden 12 Monaten, nämlich in der Zeit von September 1999 bis September 2000 erzielten Einkünfte aus abhängiger Tätigkeit, durch Vorlage der 12 monatlichen Gehaltsbescheinigungen, einschließlich der halbjährlichen Provisionszahlungen durch Vorlage der Provisionszahlungsbelege, zu erteilen,

2. ab dem 01.10.2000 einen auf der Grundlage der erteilten Auskunft noch zu beziffernden monatlichen Unterhaltsbetrag an die Antragstellerin zu Händen ihres gesetzlichen Vertreters zu zahlen, und zwar monatlich im Voraus bis jeweils zum 3. Werktag eines jeden Monats.

Zur Begründung ihres Auskunftsbegehrens hat die Antragstellerin ausgeführt, sie habe erfahren, dass die Antragsgegnerin zwischenzeitlich einer Vollzeittätigkeit nachgehe und daher über ein wesentlich höheres Einkommen als bisher verfüge, sodass sie, obwohl die 2-Jahresfrist des § 1605 Abs. 2 BGB noch nicht verstrichen sei, zur Auskunft verpflichtet sei. Einer außergerichtlichen Aufforderung vom 25.09.2000 auf Zahlung von Kindesunterhalt und Erteilung von Auskunft (Bl. 5/6 d.A.) sei die Antragsgegnerin - unstreitig - nicht nachgekommen.

Die Antragsgegnerin ist dem Prozesskostenhilfebegehren entgegengetreten mit dem Hinweis darauf, dass sie bereits - unstreitig - am 22.09.1999 Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse für den Zeitraum von August 1998 bis Juli 1999 durch Übergabe diverser Belege erteilt habe. Im Übrigen hätten sich ihre Einkommensverhältnisse seit der letzten Auskunftserteilung nicht verändert, denn bereits zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung sei sie vollzeitbeschäftigt gewesen.

Mit Beschluss vom 16.01.2001 (Bl. 13 d.A.) hat das Amtsgericht Wittenberg der Antragstellerin die beantragte Prozesskostenhilfe versagt mit der Begründung, die beabsichtige Klage sei im Hinblick auf § 1605 Abs. 2 BGB bereits unschlüssig. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass es bereits einen Unterhaltstitel gebe, dessen Umschreibung auf die Antragstellerin zulässig sei. Schließlich sei eine über 135 % des Regelbetrages liegende Verpflichtung der Antragsgegnerin nicht hinreichend begründet.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie weist darauf hin, dass die Antragsgegnerin bis zu ihrem Auszug aus der vormaligen ehelichen Wohnung im Juni 1999 bei einem monatlichen Bruttolohn von 2.200,00 DM teilzeitbeschäftigt gewesen sei. Nach ihrem Auszug habe die Antragsgegnerin aber dem Kindesvater gegenüber mehrfach geäußert, dass sie nunmehr einer Vollzeitbeschäftigung nachgehe. In Anbetracht dessen sei aber davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin über ein wesentlich höheres monatliches Nettoeinkommen als von bisher 2.200,00 DM brutto zuzüglich Provisionszahlungen verfüge.

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß den §§ 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wittenberg vom 16.01.2001 hat in der Sache keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin anhängig gemachte Stufenklage bietet schon mangels Schlüssigkeit des in der ersten Stufe geltend gemachten Auskunftsantrages - der Zahlungsantrag ist ausdrücklich abhängig gemacht von dem Ergebnis der Auskunft - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

Die Antragstellerin hat gegenüber der Antragsgegnerin, ihrer gemäß § 1601 BGB zum Unterhalt verpflichteten Mutter, gemäß § 1605 Abs. 1 BGB keinen Anspruch auf Auskunft über deren Einkünfte und Vermögen. Denn nach § 1605 Abs. 2 BGB kann vor Ablauf von zwei Jahren seit der letzten Auskunftserteilung eine erneute Auskunft nur dann verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte und weiteres Vermögen erworben hat. Daran fehlt es im vorliegenden Fall, auch wenn insoweit anerkanntermaßen (beispielhaft: Köhler, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 8, 3. Aufl. 1992, § 1605 Rdnr. 14) keine strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung zu stellen sind.

Die Antragsgegnerin hat unstreitig bereits am 22. September 1999 Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse für den Zeitraum von August 1998 bis Juli 1999 erteilt. Die Antragstellerin hat entgegen der diesbezüglichen Anforderung des § 1605 Abs. 2 BGB für ein Auskunftverlangen vor Ablauf der zweijährigen Sperrfrist nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin innerhalb dieser ab Auskunfterteilung laufenden Frist wesentlich höhere Einkünfte bezogen hat

Zwar hat die Antragstellerin unter Vorlage eine eidesstattlichen Versicherung ihres Vaters vorgetragen, dass ihre Mutter, die Antragsgegnerin, bis zum Juli 1999, dem Zeitpunkt ihres Auszuges aus der gemeinsamen elterlichen Wohnung, lediglich mit einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von 2.200,00 DM teilzeitbeschäftigt gewesen sei, jedoch nach ihrem Auszug mehrfach bestätigt habe, dass sie nunmehr einer Vollzeitbeschäftigung nachgehe.

Allein dieser weder faktisch zureichend substantiierte noch prozessual hinlänglich glaubhaft gemachte Vortrag reicht nicht aus, um, wie für eine Glaubhaftmachung geboten, wenigstens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen zu können, dass sich die Einkommensverhältnisse der Kindesmutter seit Erteilung der letzten Auskunft wesentlich verändert hätten. Bereits der Umfang der angeblichen Teilzeitbeschäftigung, der sich auch nicht - ebenso wenig wie das Vorliegen einer Teilzeitbeschäftigung überhaupt - aus der vorgelegten Verdienstabrechnung für Juli 1999 (Bl. 23 d.A.) ableiten lässt, bleibt nach dem Vortrag der Antragstellerin wie auch nach der eidesstattlichen Versicherung ihres Vaters vollends im Dunkeln. Auch die Höhe des aus der Verdienstabrechnung ersichtlichen Entgelts von 2.200,-- DM brutto lässt insbesondere keinerlei Rückschlüsse auf das Ausmaß der seinerzeit von der Antragsgegnerin ausgeübten Tätigkeit zu.

Schließlich reicht generell allein die eidesstattliche Versicherung des analog § 455 ZPO gleichsam als Partei für die prozessunfähige Klägerin fungierenden gesetzlichen Vertreters nicht aus, um eine hinreichende Glaubhaftmachung im Sinne des § 1605 Abs. 2 BGB prozessual annehmen zu können. Die darüber hinaus als Beweis angebotene Auskunft des Arbeitgebers der Antragsgegnerin (Bl. 3 d.A.) läuft in Anbetracht der grundsätzlich ungeklärten Frage, ob sich die Einkommensverhältnisse der Antragsgegnerin seit Erteilung der Auskunft im September 1999 überhaupt, geschweige denn wesentlich geändert haben, auf einen nachgerade klassischen Fall des unzulässigen Ausforschungsbeweises hinaus.

Auch soweit die Antragstellerin für den noch unbezifferten Leistungsantrag der zweiten Stufe ihrer Klage Prozesskostenhilfe begehrt, konnte ihr diese infolge der unmissverständlich formulierten Abhängigkeit des Zahlungsantrages von dem - nicht schlüssig begründeten - Auskunftsantrag nicht bewilligt werden.

Im Übrigen sei vorsorglich darauf hingewiesen, dass entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts eine Umschreibung des vom Land Sachsen-Anhalt im eigenen Namen erwirkten Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vom 04.09.2000 gemäß § 727 ZPO auf die Antragstellerin nicht in Betracht kommt.

Zwar ist in diesem Titel der von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu zahlende Unterhalt festgesetzt worden, indes fehlt es bereits an einer Rechtsnachfolge der Antragstellerin im Verhältnis zum Forderungsgläubiger laut Unterhaltsfestsetzungsbeschluss, dem Land Sachsen-Anhalt, das vielmehr selbst gerade kraft Gesetzes gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Unterhaltsvorschussgesetz (UnterhVG) als Zessionar, d. h. als Rechtsnachfolger der Antragstellerin als Unterhaltsgläubigerin, den Titel erwirkt hat. Mit dem altersbedingten Wegfall der Unterhaltsleistungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UnterhVG endete die Legalzession gemäß jener Vorschrift, fand und findet aber kein Rechtsübergang auf das unterhaltsberechtigte Kind statt.

III.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO bzw. § 49 Satz 1 GKG in Verb. mit Nr. 1952 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG.

Außergerichtliche Kosten werden, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO erhellt, im Beschwerdeverfahren wegen nicht bewilligter Prozesskostenhilfe generell nicht erstattet.



Ende der Entscheidung

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