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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 15.05.2001
Aktenzeichen: 14 WF 58/01
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 203 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 4
ZPO § 329 Abs. 2
ZPO § 613
ZPO §§ 567 ff.
ZPO § 3
ZPO § 97 Abs. 1
GKG § 14 Abs. 1
GKG § 12 Abs. 1 S. 1
Die öffentliche Zustellung gemäß § 203 Abs. 1 ZPO setzt voraus, das überhaupt eine Zustellung eines Schriftstückes im eigentlichen Sinne erforderlich ist. Zuzustellen sind gerichtliche Entscheidungen, zu denen auch Beschlüsse gehören, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der befristeten Erinnerung nach § 577 Abs. 4 ZPO unterliegen. Im Übrigen sind gem. § 329 Abs. 2 ZPO nicht verkündete Beschlüsse des Gerichtes den Parteien lediglich formlos mitzuteilen, es sei denn, die Entscheidung enthält eine Terminsbestimmung oder sie setzt eine Frist in Lauf.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 58/01 OLG Naumburg F 242/96 AG Dessau

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Hahn als Vorsitzende, den Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und den Richter am Landgericht Materlik am

15. Mai 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Dessau vom 02.03.2001, Az.: F 242/96, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 800,00 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 1996, eingegangen beim Amtsgericht -Familiengericht- Dessau am 29. Juli 1996, hat die Antragstellerin die Scheidung vom Antragsgegner nebst Antrag auf Versorgungsausgleich eingereicht.

Mit Beschluss vom 10. August 2000 (Bl. 40 d. A.) hat das Amtsgericht angeordnet, den Antragsgegner im Wege der Rechtshilfe durch das Amtsgericht seines Wohnsitzes gemäß § 613 ZPO und zum Versorgungsausgleich anzuhören.

Eine formlose Mitteilung des Beschlusses an den Antragsgegner war nicht möglich (Bl. 44 d. A.). Eine vom Amtsgericht eingeholte Einwohnermeldeamtsanfrage beim Einwohnermeldeamt der Stadt A. blieb erfolglos (Bl. 46 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 02. Februar 2001 hat die Antragstellerin die öffentliche Zustellung des Beschlusses vom 10. August 2000 beim Amtsgericht beantragt unter Hinweise darauf, dass verschiedene Einwohnermeldeamtsanfragen, eine Postanfrage, eine Anfrage bei zwei früheren Geschäftspartnern des Antragsgegners sowie seiner in O. wohnenden Schwester ohne Erfolg bezüglich des Aufenthaltsortes und Wohnortes des Antragstellers geblieben waren (Bl. 48 ff. d. A.).

In der Folgezeit reichte die Antragstellerin weitere eidesstattliche Versicherungen von Bekannten des Antragsgegners sowie ihrer eigenen Mutter ein, die ebenfalls allesamt keine Angaben zum Aufenthaltsort des Antragsgegners machen konnten (BL. 75/76, 80/81, 82/83 d. A.).

Auch eine mit Datum vom 07. März 2001 eingeholte erweiterte Melderegisterauskunft der Stadt D. brachte keinen Aufschluss über den Aufenthaltsort des Antragstellers (Bl. 85/86 d. A.).

Mit Beschluss vom 02. März 2001 (Bl. 77 d. A.) hat das Amtsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung der öffentlichen Zustellung zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Beschluss vom 02. März 2001 (Bl. 77 d. A.) verwiesen.

Hiergegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die öffentliche Zustellung des Beschlusses vom 10. August 2000 zu bewilligen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Antrag auf Bewilligung der öffentlichen Zustellung sei zu Unrecht zurückgewiesen worden. So sei der Antrag hinreichend bestimmt bezogen auf die Zustellung des Beschlusses vom 10. August 2000. Darüber hinaus sei der Aufenthalt des Antragsgegners auch allgemein unbekannt. So habe die Antragstellerin ausreichende Ermittlungen angestellt, weitere Ermittlungen seien ihr nicht zumutbar, da sie, neben den in Betracht kommenden öffentlichen Stellen, sämtliche ihr bekannten Freunde, Bekannte und Verwandte des Antragsgegners um Mitteilung des Aufenthaltes erfolglos ersucht habe.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 94 d.A.) und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 567 ff. ZPO zulässig, in der Sache selbst hat sie jedoch keinen Erfolg.

Die öffentliche Zustellung gemäß § 203 Abs. 1 ZPO setzt nämlich zunächst voraus, dass überhaupt eine Zustellung eines Schriftstückes im eigentlichen Sinne erforderlich ist (vgl. Münchener Kommentar- Wenzel, ZPO, 2. Aufl., § 203 Rdnr. 1).

Vorliegend ist jedoch die förmliche Zustellung des Beschlusses vom 10. August 2000 an den Antragsgegner schon nicht erforderlich.

Denn gemäß § 329 Abs. 3 ZPO sind nur solche gerichtlichen Entscheidungen, zu denen auch Beschlüsse gehören, die einen Vollstreckungstitel bilden oder die der sofortigen Beschwerde oder der befristeten Erinnerung nach § 577 Abs. 4 ZPO unterliegen, zuzustellen.

Im Übrigen sind gemäß § 329 Abs. 2 ZPO nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts den Parteien lediglich formlos mitzuteilen, es sei denn die Entscheidung enthält eine Terminsbestimmung oder sie setzt eine Frist in Lauf, dann ist auch sie ausnahmsweise zuzustellen.

All dies ist jedoch vorliegend bereits nicht der Fall. Damit fehlt es aber schon an einem Erfordernis, welches auch eine Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag auf öffentliche Zustellung gemäß § 203 ZPO bildet.

Im Übrigen ist das Gesuch der Antragstellerin auch deshalb zu Recht vom Amtsgericht zurückgewiesen worden, da weitere Voraussetzung für die öffentliche Zustellung nach § 203 Abs. 1 ZPO ist, dass der Aufenthalt einer Partei unbekannt ist.

"Unbekannt" ist der Aufenthalt, wenn er nicht nur dem Gegner und dem Gericht, sondern allgemein unbekannt ist. Davon kann aber ausweislich des Akteninhaltes nicht ausgegangen werden.

Zwar haben die verschiedenen Einwohnermeldeämter und das Jugendamt der Stadt D. bescheinigt, dass ihnen der Aufenthalt des Antragsgegners nicht bekannt sei. Auch haben Bekannte des Antragsgegners sowie seine Schwester, als auch die Mutter der Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass ihnen der Aufenthalt des Antragsgegners oder dessen Wohnsitz nicht bekannt ist.

Damit steht aber noch nicht fest, dass der Aufenthaltsort des Antragsgegners im Sinne von § 203 Abs. 1 ZPO "allgemein" unbekannt ist.

Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn auch entsprechende Rückfragen bei den ehemaligen Vermietern des Antragsgegners negativ ausgefallen wären. Solche Nachfragen sind aber bislang unterblieben.

Darüber hinaus wäre auch an eine Anfrage an das Straßenverkehrsamt zu denken.

Ferner sind der Antragstellerin Nachfragen bei den Polizeirevieren bzw. Staatsanwaltschaften der letzten Aufenthaltsorte des Antragsgegners zuzumuten, gegebenenfalls auch die Aufgabe einer Vermisstenanzeige.

Nach dem bisherigen Vorbringen der Antragstellerin hat sie weder versucht, den Namen der letzten Vermieter des Antragsgegners in Erfahrung zu bringen noch nachzuforschen, ob bei einer der zuständigen Staatsanwaltschaften oder einem der zuständigen Polizeireviere der Aufenthaltsort des Antragsgegners bekannt ist. Zudem ist nichts über eine erfolglose Anfrage beim Strassenverkehrsamt mitgeteilt worden.

Nach alledem hat die Beschwerde keinen Erfolg.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 14 Abs. 1, 12 Abs. 1 S. 1 GKG in Verb. mit § 3 ZPO.

Dabei hat der Senat ausgehend vom Wert der Hauptsache (Scheidung: 4.000,00 DM, Versorgungsausgleich: 1.000,00 DM) den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren mit einem Bruchteil von 1/5 der Hauptsache bemessen (Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 ZPO, Rdnr. 16, Stichwort "Öffentliche Zustellung"; vgl. Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 11 Aufl., Rdnr.3458).



Ende der Entscheidung

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