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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 28.03.2002
Aktenzeichen: 14 WF 62/02
Rechtsgebiete: EGZPO, RPflG, ZPO


Vorschriften:

EGZPO § 26 Nr. 10
RPflG § 11 Abs. 1
RPflG § 3 Nr. 3 lit. a
RPflG § 20 Nr. 4 lit. c
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 124 Nr. 2 2. Alt.
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 1
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 a. F.
1. Im Rahmen der Überprüfung nach § 120 Abs. 4 ZPO besteht keine Verpflichtung, einen Vordruck (§ 117 Abs. 2 ZPO) auszufüllen (im Anschluss an OLG Naumburg in FamRZ 2000, 761 und 1224).

2. Werden Erklärungen zur aktuellen Einkommens- und Vermögenssituation verspätet abgegeben, hierfür jedoch eine ausreichende Entschuldigung vorgetragen, fehlen die Grundlagen, um eine grobe oder absichtliche Nachlässigkeit im Sinne von § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO anzunehmen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 62/02 OLG Naumburg

In der Beschwerdesache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Landgericht Lentner am

28. März 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Dessau vom 20. Juni 2001, Az.: F 249/97 aufgehoben.

Gründe:

I.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO a. F. in Verb. mit § 26 Nr. 10 EGZPO und den §§ 11 Abs. 1, 3 Nr. 3 lit. a, 20 Nr. 4 lit. c RPflG statthafte und auch sonst zulässige einfache Beschwerde der Antragstellerin - als welche deren Eingabe vom 25. Juni 2001 (Bl. 32 PKH-Beiheft) anzusehen ist - gegen den die ihr im Jahre 1997 bewilligte Prozesskostenhilfe (Bl. 18, 21 PKH-Beiheft) aufhebenden Beschluss des Amtsgerichts Dessau vom 20. Juni 2001 (Bl. 32 PKH-Beiheft) hat in der Sache mangels Vorliegens der dafür notwendigen Voraussetzungen des § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO Erfolg.

Gemäß jener Vorschrift kann das Gericht die Prozesskostenhilfe nur aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat.

Bereits das Amtsgericht geht in seinem Nichtabhilfe-Beschluss vom 13. März 2002 (Bl. 37 Rs. PKH-Beiheft) davon aus - und von dieser Beurteilung abzuweichen sieht der Senat keine Veranlassung - , dass die Antragstellerin mit ihrem Schreiben vom 25. Juni 2001 ausreichende Entschuldigungsgründe für die verspätete Abgabe der Erklärung über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse vorgetragen hat. Von einer wenigstens grob schuldhaften Nichtabgabe der Erklärung gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO kann infolgedessen keine Rede mehr sein. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO sind folgerichtig nicht erfüllt.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts hat sich die Antragstellerin mit ihrem Schreiben vom 25. Juni 2001 auch vollständig, und zwar im Sinne des § 120 Abs. 4 Satz 1 und 2 ZPO eindeutig negativ darüber erklärt, ob eine Änderung der Verhältnisse, d. h. eine zur nachträglichen Korrektur der Prozesskostenhilfe-Entscheidung zu ihren Ungunsten berechtigende wesentliche Verbesserung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zwischenzeitlich seit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe im Jahre 1997 eingetreten ist. Den jenem Schreiben beigefügten Bewilligungsbescheiden der Bundesanstalt für Arbeit vom 11. Juni 2001 (Bl. 33 PKH-Beiheft) über ein in der Zeit von Mai bis Juli 2001 gezahltes ESF-Unterhaltsgeld und vom 15. Juni 2001 (Bl. 34 PKH-Beiheft) über ein ab August 2001 bis voraussichtlich Ende Juli 2002 anfallendes Unterhaltsgeld, letzteres über wöchentlich rund 300,-- DM, lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass sich die Einkünfte der Antragstellerin, die bei der ursprünglichen Antragstellung im Juli 1997 über regelmäßige Einnahmen in Höhe von rund 1.828,-- DM - ohne Kindergeld - verfügte (Bl. 1 PKH-Beiheft), nicht nur nicht verbessert, geschweige denn wesentlich verbessert, sondern sogar verschlechtert haben.

Zu einer weitergehenden Erklärung war die Antragstellerin unbeschadet der gegenteiligen Aufforderungen des Amtsgerichts in der Folgezeit nicht verpflichtet, da die nachträgliche Erklärungspflicht der Prozesskostenhilfe beziehenden Partei gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO sich nicht, wie das Amtsgericht zu meinen scheint (Bl. 27, 30, 35 PKH-Beiheft), auf die neuerliche Ausfüllung eines Vordrucks über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO erstreckt (ebenso: OLG Naumburgž FamRZ 2000, 761 und 1224; gleicher Ansicht unisono: Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., 1994, Bd. 2, § 120 Rdnr. 34; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., 2001, § 120 Rdnr. 9; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., 2002, § 120 Rdnr. 29; Wax, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., 2000, § 120 Rdnr. 19; Philippi, in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., 2002, § 124 Rdnr. 10 a m. w. N.).

Die bereits in sich widersprüchliche und nicht recht nachvollziehbare Argumentation des Amtsgerichts in dem Nichtabhilfe-Beschluss, die Voraussetzungen für eine Aufhebung der PKH-Bewilligung seien wegen der nachträglich entschuldigten Nichtabgabe einer fristgerechten Erklärung zwar an sich entfallen, aber aufgrund der mehrfach in der Folgezeit vergeblich angemahnten Abgabe einer vollständigen Erklärung gleichwohl wiederum als erfüllt anzusehen, entbehrt mithin allemal einer tragfähigen Grundlage.

II.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Gerichtsgebühren fallen bei einer erfolgreichen Beschwerde im Prozesskostenhilfe-Verfahren nicht an (§§ 73 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 GKG in Verb. mit Nr. 1952 KV a. F. der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG).

Außergerichtliche Kosten sind, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO folgt, im Beschwerdeverfahren wegen nicht bewilligter Prozesskostenhilfe generell nicht erstattungsfähig.

Ende der Entscheidung

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