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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 22.12.1999
Aktenzeichen: 2 U (Hs) 46/98
Rechtsgebiete: StGB, BGB, GmbHG, AktG, ZPO


Vorschriften:

StGB § 266
StGB § 266 Abs. 1
StGB § 266 Abs. 1 Alt. 2
BGB § 826
BGB § 823
BGB § 615
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 816 Abs. 2
BGB § 832 Abs. 2
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
GmbHG § 30
GmbHG § 64 Abs. 1
GmbHG § 29 Abs. 3
AktG § 243 Abs. 1
ZPO § 711
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
1. Als juristische Person ist eine GmbH selbst Träger von Rechten und Pflichten. Auch Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung ihrer Gesellschafter oder Geschäftsführer stehen nur ihr zu, sei es wegen Verletzung des Eigentums (§ 823 Abs. 1 BGB), sei es wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) oder wegen Vermögensschädigung durch Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 BGB).

2. Es ist nicht möglich, in diesen Fällen auch einen eigenen Anspruch des einzelnen Gesellschafters deshalb anzuerkennen, weil durch die unerlaubte Handlung mittelbar auch sein Auseinandersetzungsanspruch nach Auflösung der Gesellschaft verkürzt worden ist.

3. In einem solchen Fall hängt die Klagebefugnis des indirekt geschädigten Mitgesellschafters davon ab, ob die Voraussetzungen der "actio pro socio" vorliegen.

4. In jedem Fall aber könnte der Kläger nur Leistung an die Gesellschaft, nicht aber Zahlung an sich selbst verlangen.

5. Diese Grundsätze gelten auch nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der geschädigten GmbH und auch noch nach deren Liquidation und Löschung.

6. Wurde ein Mitgesellschafter einer GmbH zu Unrecht aus der Gesellschaft ausgeschlossen und zu späteren Gesellschafterversammlungen nicht mehr eingeladen, so sind die ohne ihn gefassten Beschlüsse nicht ohne weiteres nichtig, sondern nur im Wege der Anfechtung zu beseitigen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U (Hs) 46/98 OLG Naumburg

verkündet am: 22.12.1999

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 1999 durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel als Vorsitzenden sowie die Richterin am Landgericht Rosenbach und den Richter am Amtsgericht Grimm für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 01.07.1998 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Magdeburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 24.000,00 DM abzuwenden, wenn die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Der Kläger darf die Sicherheit auch durch unwiderrufliche, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Inland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Bank oder öffentlichen Sparkasse leisten.

Die Beschwer des Klägers übersteigt 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt als ehemaliger Gesellschafter einer nach eingestelltem Gesamtvollstreckungsverfahren gelöschten GmbH von den Erben seiner im Laufe des Rechtsstreits verstorbenen Mitgesellschafterin und dem ehemaligen Geschäftsführer der Gesellschaft Schadensersatz, weil er meint, diese hätten den Niedergang der GmbH schuldhaft herbeigeführt.

Am 06.09.1991 gründete der Kläger, der in Braunschweig eine Stahlhärterei und einen Stahlhandel betreibt, zusammen mit der ursprünglichen Beklagten zu 1), Frau Dipl.-Ing. A. S. , die Firma S. GmbH in M. (im folgenden kurz: S. ). Beide waren mit einer Stammeinlage von jeweils 25.000,00 DM an der Gesellschaft beteiligt. Gegenstand des Unternehmens, das am 22.05.1992 in das Handelsregister eingetragen wurde, war das Härten und Verhütten von Großteilen aus Stahl und ähnlichen Erzeugnissen, das Flamm- und Induktionshärten sowie das Anarbeiten dieser Erzeugnisse. § 14 Abs. 1 der Satzung der GmbH verbot es den Gesellschaftern, während ihrer Zugehörigkeit zur Gesellschaft ohne schriftliche Einwilligung unmittelbar oder mittelbar auf diesen Gebieten tätig zu werden. Eine Ausnahme galt für den Klägers im Bereich der Vakuumhärterei.

Zum Geschäftsführer der S. wurde neben dem Kläger auch der Beklagte zu 2) bestellt, der diese Funktion bis zum 03.07.1995 ausübte. Er ist der Ehemann der ursprünglichen Beklagten zu 1). Im Jahre 1993 kam es zwischen dem Kläger und den Eheleuten S. zu Unstimmigkeiten. Nachdem der Kläger von ihnen wegen angeblicher vertragswidriger Entnahmen, wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot und wegen seiner Weigerung, bei der Anmeldung von Frau S. als weitere Geschäftsführerin mitzuwirken, abgemahnt worden war, fand am 23.04.1993 eine Gesellschafterversammlung statt, bei der u.a. sein Ausschluß aus der Gesellschaft wegen schwerer Verstöße gegen die Gesellschafterpflichten auf der Tagesordnung stand. Anschließend fanden Verhandlungen zwischen den Parteien statt, die wechselseitige Angebote über den Erwerb des Geschäftsanteils des jeweils anderen Mitgesellschafters zum Gegenstand hatten. Als es nicht zu einer Einigung kam, hielten die Beteiligten am 17.08.1993 erneut eine Gesellschafterversammlung ab, auf der mit der Stimme des Geschäftsanteils von Frau S. die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung widerrufen wurde. Am 17.09.1993 beschloß Frau S. gegen die Stimme des Klägers die fristlose Kündigung seines Angestelltenverhältnisses sowie die Einziehung und Übertragung seines Geschäftsanteils auf ihre Person. Am 04.10.1993 wurde die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer in das Handelsregister eingetragen. Im September 1993 erhielt der Kläger noch einen Teil des vereinbarten Geschäftsführergehaltes, danach stellte die GmbH die Zahlungen ein. In den Jahren 1993 und 1994 hat die S. Gewinne von 66.666,67 DM bzw. 60.000,00 DM allein an die Gesellschafterin S. ausgeschüttet, die damit Kreditschulden der Gesellschaft getilgt hat.

Die ihn benachteiligenden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung hat der Kläger gerichtlich angefochten. In dem Verfahren 32 O 299/93 hat das Landgericht Magdeburg seine gegen die GmbH gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Senat die Entscheidung der Kammer durch Urteil vom 30.12.1994 (2 U 159/94) abgeändert und die Beschlüsse über seine Abberufung als Geschäftsführer und die Einziehung seines Geschäftsanteils für nichtig erklärt. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof nicht angenommen. Ferner hat der Kläger in zwei weiteren Verfahren Anträge auf Erlaß einstweiliger Verfügungen gestellt, mit denen er zum einen die Eintragung seiner Abberufung verhindern und zum anderen erreichen wollte, daß er seine Geschäftsführertätigkeit einstweilen weiterführen und die Geschäftsräume betreten konnte. Dem letztgenannten Begehren wurde in zweiter Instanz durch Urteil des Senates vom 09.11.1995 (2 U 62/95) stattgegeben.

Ein wesentlicher Auftraggeber der S. war die K. GmbH, mit der ein Rahmenvertrag abgeschlossen worden war. Die Aufträge der K. GmbH stellten bis zu 60 % des Jahresumsatzes der S. dar, im Jahre 1994 noch 40 %. Nach der Privatisierung der K. GmbH kündigte sie die auslaufenden Verträge mit der S. zum Ende des Jahres 1994. Die Aufträge erhielt fortan die Firma H. GmbH & Co. KG. Der Kläger war damals für die Dauer von etwa vier Monaten an diesem Unternehmen beteiligt und ab 23.12.1994 als Geschäftsführer tätig. Im Umfang des entfallenen Auftrages kam es in der Folgezeit zu Umsatzrückgängen bei der S. .

Im Jahre 1994 gründeten der Beklagte zu 2) und ein Mitgesellschafter die Firma W. M. GmbH (im folgenden kurz: W. ), zu deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) am 08.05.1995 bestellt wurde. Ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 08.06.1994 war Unternehmensgegenstand der W. zunächst die Wärmebehandlung von Teilen oder ähnlichen Erzeugnissen aus Stahl oder anderen Werkstoffen sowie deren Flammen- und Induktionshärten und das Anarbeiten dieser Erzeugnisse. Am 04.04.1995 änderten die Gesellschafter das Tätigkeitsfeld und bestimmten, daß fortan die Herstellung, Anarbeitung, strukturelle Veränderung oder Veredelung von Einzelteilen oder Baugruppen des metallverarbeitenden Gewerbes, insbesondere des Maschinenbaus, Gegenstand des Unternehmens sei.

Im Jahre 1995 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der S. . Die Gesellschafterin S. begann, die S. zu liquidieren, und verkaufte den überwiegenden Teil der Anlagen an die W. . Auf ihren Antrag vom Oktober 1995 hat das Amtsgericht Magdeburg am 18.12.1995 das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der S. eröffnet (N 749/95) und später mangels Masse eingestellt. Auf die zur Tabelle festgestellten Forderungen der Gläubiger entfiel keine Quote.

Der Kläger hat behauptet, die ursprüngliche Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) hätten versucht, ihn mit unredlichen Mitteln loszuwerden. Die W. sei von ihnen gegründet worden, um planmäßig die Geschäftstätigkeit der S. zu übernehmen. Deshalb hätten sie sich nicht bemüht, für die S. einen neuen Standort zu suchen, als der Mietvertrag über das Betriebsgelände ausgelaufen sei. Vielmehr hätten sie privat ein Grundstück erworben, darauf ein Fabrikgebäude errichtet und an die W. vermietet.

Als ihr bewußt geworden sei, daß sie in den damals betriebenen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Kläger unterliegen würde, habe seine Mitgesellschafterin schließlich zielgerichtet die Liquidation der S. vorbereitet und durchgeführt. Dabei sei das Vermögen der S. geradezu verschleudert worden, weil die Beklagten es zu dem durch Sonderabschreibungen beeinflußten Buchwert verkauft hätten, obgleich der tatsächliche Wert erheblich höher gewesen sei. Bei ordnungsgemäßer Liquidation hätte sich nach seiner Berechnung ein Liquidationsgewinn aus den Anlageverkäufen in Höhe von 352.675,00 DM ergeben.

Der Wegfall der K. Aufträge, so hat der Kläger behauptet, habe nicht zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen müssen, weil davon zwar ein erhebliche Teil des Umsatzes, jedoch nur ein geringer Teil des Gewinns betroffen gewesen sei. Denn die S. habe die Erfüllung der Aufträge im wesentlichen Subunternehmern überlassen und nur eine geringe eigene Gewinnspanne erzielt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagten seien ihm aufgrund deliktischen Handelns zum Schadensersatz verpflichtet. Er hat von ihnen die Zahlung seines Geschäftsführergehaltes für die Zeit von September 1993 bis Juli 1995 in Höhe von insgesamt 157.595,13 DM verlangt. Außerdem hat er den Ersatz der Prozeßkosten aus den gegen die S. geführten Verfahren von insgesamt 66.126,72 DM beansprucht und einen hälftigen Anteil an den 1993 und 1994 ausgeschütteten Gewinnen, mithin 63.333,33 DM. Ferner verlangt er Zahlung eines Anteils von 176.337,50 DM an dem von ihm errechneten, fiktiven Liquidationsgewinn, der nach seiner Meinung erzielbar gewesen wäre.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 463.392,68 DM nebst jeweils 4 % Zinsen vom 26.02.1996 bis 09.09.1996 auf 54.703,90 DM, vom 29.12.1995 bis 09.09.1996 auf 5.852,00 DM, vom 10.02.1995 bis 09.09.1996 auf 5.570,00 DM und 8 % Zinsen seit dem 09.09.1996 auf 463.392,68 DM zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Den Vorwurf, die S. planvoll in den Ruin getrieben zu haben, haben die Beklagten zurückgewiesen und betont, daß ihre Existenz damals an den Bestand der S. gebunden gewesen sei, während der Kläger weitere Unternehmen besessen habe. Nicht sie, sondern vielmehr der Kläger sei es gewesen, der gegen die Interessen der Gesellschaft gehandelt und die Gesamtvollstreckung herbeigeführt habe, denn der Verlust der Aufträge der K. GmbH an die Firma H. GmbH & Co. KG, die der Auftraggeberin schlechtere Konditionen geboten habe als die S. , sei auf sein Handeln als Geschäftsführer des Konkurrenzunternehmens zurückzuführen. Die hierdurch verursachten Umsatzeinbußen hätten zu der Illiquidität der S. geführt.

Die Beklagten haben ferner bestritten, mit dem Betrieb der W. zur S. in direkten Wettbewerb getreten zu sein. Vielmehr habe die W. ein anderes Leistungsbild aufgewiesen, mit anderen Anlagen gearbeitet und einen anderen Kundenkreis angesprochen. Daher sei durch die Gründung der W. die Existenz der S. nicht gefährdet worden. Außerdem habe der Beklagte zu 2) diese Gesellschaft erst ins Leben gerufen, nachdem er durch Gesellschafterbeschluß der S. mit der Stimme der ursprünglichen Beklagten zu 1) von jedwedem Wettbewerbsverbot befreit worden sei.

Insgesamt haben die Beklagten die Ansicht vertreten, der Kläger könne sie ohnehin nicht in Anspruch nehmen. Wenn es Ansprüche gegen sie aus ihrer Tätigkeit für die S. gegeben hätte, hätten diese nicht ihm, sondern der Gesellschaft zugestanden und von dem Gesamtvollstreckungsverwalter geltend gemacht werden müssen. Entsprechend könnten solche Forderungen der Gesellschaft, wenn sie denn berechtigt wären, nicht allein dem Kläger unter Ausschluß aller anderen Gläubiger der Gemeinschuldnerin zustehen. Der Verwalter habe aber keine Unregelmäßigkeiten festgestellt. Solche ließen sich auch dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen. Nicht nur zu den behaupteten Pflichtverletzungen, sondern auch hinsichtlich des Schadens und der Kausalität fehle es an substantiiertem Vortrag.

Im Hinblick auf die Gewinnausschüttungen hat die Beklagte zu 1) gemeint, nicht bereichert zu sein. Hilfsweise hat sie die Aufrechnung erklärt mit einer Gegenforderung von 314.000,00 DM. In dieser Höhe hat sie eigene Schadensersatzansprüche gegen den Kläger berechnet, die sie damit begründet hat, daß er den Verlust des K. -Auftrages und damit den Ruin der S. herbeigeführt habe.

Nach Beweiserhebung über die Frage, ob die Hausbank der S. Maßnahmen getroffen hat, die zur Stillegung des Betriebes geführt haben, hat die Kammer die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat Ansprüche des Klägers aus Delikt mit der Begründung abgelehnt, für etwaige Pflichtverletzungen hafteten die Beklagten allenfalls gegenüber der Gesellschaft, nicht jedoch gegenüber dem einzelnen Gesellschafter. Insbesondere die Treuepflichten i.S.d. § 266 Abs. 1 Alt. 2 StGB bestünden nur gegenüber der GmbH, der Gesellschafter sei hingegen nicht in den Schutzbereich des Gesetzes einzubeziehen. Ein vorsätzliches, den Kläger in sittenwidriger Weise schädigendes Handeln vermochte die Kammer nicht zu erkennen, zumal der Kläger nicht substantiiert vorgetragen habe, daß es der S. ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Umsatzeinbußen nach dem Ende der Geschäftsbeziehung zu der K. GmbH auszugleichen. Gegenüber dem Bereicherungsanspruch des Klägers wegen der einseitigen Ausschüttung der Gewinnanteile könne die Beklagte zu 1) sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil sie die Gewinne auch im Interesse des Klägers zur Ablösung von Gesellschaftsschulden verwendet habe, für deren Erfüllung sich beide Parteien verbürgt hätten.

Die ursprüngliche Beklagte zu 1) ist am 29.05.1998 verstorben. Sie ist von ihrer Tochter, Frau U. S. und dem Beklagten zu 2) beerbt worden, die das Verfahren fortführen.

Mit seiner Berufung greift der Kläger das Urteil des Landgerichts in vollem Umfang an. Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und meint, nicht nur die Gesellschaft, sondern auch der geschädigte Gesellschafter selbst könne aus dem Fehlverhalten des Geschäftsführers Schadensersatzansprüche herleiten. Ferner ist er der Ansicht, die Kammer habe die zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit im Rahmen des § 826 BGB wesentlichen Details, insbesondere das Auslaufen des Rahmenvertrages mit der K. -GmbH, falsch gewürdigt. Die S. , so meint der Kläger, habe ohnehin Überlegungen für die Zukunft anstellen müssen, weil auch das Ende des Mietvertrages über das Betriebsgrundstück absehbar gewesen sei. Schließlich äußert der Kläger die Auffassung, hinsichtlich der Gewinnausschüttungen könne sich die Beklagte zu 1) nicht auf den Wegfall der Entreicherung berufen, weil sie durch die Zahlung an die Bank von ihrer persönlichen Bürgenhaftung befreit worden sei.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 463.392,68 DM nebst 4 % Zinsen aus 54.703,90 DM vom 26.02.1996 bis 09.09.1996, auf weitere 5.852,00 DM vom 29.12.1995 bis 09.09.1996, auf weitere 5.570,00 DM vom 10.02.1995 bis 09.09.1996 und 8 % Zinsen seit dem 09.09.1996 auf 463.392,68 DM zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen die Entscheidung des Landgerichts und sind der Ansicht, der Kläger habe bis heute nicht erklärt, wie die Beantragung der Gesamtvollstreckung hätte vermieden werden können. Auch zu den angeblichen Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot habe er nicht substantiiert vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die in diesem Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf den Inhalt der Akten des Verfahrens 32 O 299/93 des Landgerichts Magdeburg Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 20.05.1998 (Bl. 153 bis 162 Bd. I d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche stehen dem Kläger gegen keine der Beklagten zu.

I.

Den Ersatz von Geschäftsführergehalt in Höhe von 157.595,13 DM kann der Kläger von den Beklagten nicht verlangen.

1. Der Kläger hatte zwar einen Vergütungsanspruch gegen die S. gemäß § 611 Abs. 1 BGB. Dieser ist auch durch die unwirksame Kündigung des Anstellungsvertrages vom 24.03.1993 nicht erloschen. Daß der Kläger danach keine Dienste mehr geleistet hat, konnte dem Vergütungsverlangen ebenfalls nicht entgegengesetzt werden, weil sich der Dienstberechtigte aufgrund des erteilten Hausverbotes in Annahmeverzug befand, § 615 BGB. Der vertragliche Anspruch richtete sich jedoch ausschließlich (§ 13 Abs. 2 GmbHG) gegen die - inzwischen gelöschte - GmbH und stellte zuletzt eine im Gesamtvollstreckungsverfahren anzumeldende Forderung dar, mit der der Kläger ausgefallen ist.

2. Eine Haftung der Beklagten für den Verdienstausfall könnte, wie der Kläger zutreffend annimmt, nur in Betracht kommen, wenn ihm ein Schadensersatzanspruch gegen sie zustünde. Das ist jedoch nicht der Fall.

a) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheitert schon daran, daß durch die unterbliebenen Gehaltszahlungen lediglich das Vermögen des Klägers beeinträchtigt wurde, es also an einer Rechtsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB fehlt.

b) Auf § 826 BGB kann der Kläger seinen Anspruch ebenfalls nicht stützen.

aa) Allein die Kündigung und Nichtzahlung des Gehalts stellt kein sittenwidriges Verhalten dar. Die Beklagten hielten die Kündigung für wirksam. In dieser Auffassung wurden sie immerhin durch die in dem Verfahren 32 O 299/93 ergangene Entscheidung des Landgerichts Magdeburg bestärkt. Im Nachhinein mag sich dieses Verhalten daher als rechtswidrig dargestellt haben, den Grad der Sittenwidrigkeit erfüllt es indes nicht. bb) Die Beantragung der Gesamtvollstreckung als solche kann schon deshalb keine unerlaubte Handlung sein, weil die Beklagte hierzu gesetzlich verpflichtet war (§ 64 Abs. 1 GmbHG). Die tatsächliche Überschuldung der S. ist unstreitig. Der Kläger meint nur, hierzu hätte es nicht kommen müssen.

cc) Soweit der Kläger meint, die S. hätte sein Gehalt nachzahlen können, wenn die Beklagten sie nicht vorsätzlich in den Ruin getrieben hätten, teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts, daß sich das tatsächliche Verhalten, insbesondere der Verkauf von Anlagevermögen der S. GmbH und schließlich die Beantragung der Gesamtvollstreckung durch die Beklagte zu 1), nicht als vorsätzliche und planvolle Schädigung des Klägers oder der S. darstellt:

Selbst wenn die Beklagten sich hierdurch eines Verstoßes gegen die Treuepflicht des Gesellschafters bzw. Geschäftsführers schuldig gemacht hätte, wäre mit einer solchen Pflichtverletzung nicht ohne weiteres auch der Tatbestand des § 826 BGB erfüllt. Vielmehr muß ein - zumindest bedingter Schädigungsvorsatz hinzukommen. Die von dem darlegungspflichtigen Kläger vorgebrachten Tatsachen lassen aber nicht zwingend auf einen solchen schließen.

(1) Es erscheint schon zweifelhaft, ob sich aus den vorgetragenen Umständen ergibt, daß die Beklagten den Kläger gezielt mit allen Mitteln loswerden wollten, wie dieser meint. Jedenfalls reicht dies allein nicht aus, um den Schädigungsvorsatz zu bejahen. Denn anders als im Rahmen von § 823 BGB muß sich der Vorsatz bei § 826 BGB auch auf den Schaden selbst erstrecken (BGH, Urt. v. 10.5.1951 - III ZR 102/50, NJW 1951, 596, 597; Urt. v. 5.11.1962 - II ZR 161/61, NJW 1963, 148, 150). Hierzu gehört, daß der Schädiger die Art und Richtung der Schadensfolgen vorausgesehen und gewollt oder jedenfalls billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urt. v. 28.6.1966 - VI ZR 287/64, VersR 1966, 1032, 1034; Urt. v. 20.11.1990 - VI ZR 6/90, NJW 1991, 634, 636).

(2) Das aber kann auch unter Zugrundelegung des Klägervortrages nicht festgestellt werden, weil schon bei objektiver Betrachtung Zweifel daran bestehen, daß das wirtschaftliche Scheitern der S. auf dem Verhalten der Beklagten beruht. Denn unstreitig ist durch den Wegfall des K. - Auftrages ein Umsatzeinbruch von mindestens 40 % eingetreten, der sich auf den Betrieb nicht unerheblich ausgewirkt hat, auch wenn die Gewinneinbußen verhältnismäßig geringer gewesen sind als der Umsatzrückgang. Ob der Kläger selbst diesen Auftragsverlust herbeigeführt hat, wie die Beklagten meinen, kann dabei offen bleiben. Die Beklagten haben ihn jedenfalls nicht zu verantworten.

(3) Auf welcher konkreten wirtschaftlichen Grundlage die S. auch ohne den Auftrag der K. hätte weiterbestehen können, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt, worauf bereits die Beklagten und das Landgericht mehrfach hingewiesen haben. Er hat nicht hinreichend vorgetragen, aus welchen Fakten und Zahlen darauf geschlossen werden müßte, daß seine Vermutung zutreffend sei. Insbesondere hat er nicht erläutert, welche konkreten anderweitigen Umsatzchancen bestanden haben sollen. Da der Untergang der S. deshalb schon objektiv nicht auf das Handeln der Beklagten zurückgeführt werden kann, kann auch nicht festgestellt werden, daß die Beklagten einen solchen Zusammenhang zwischen ihrem Verhalten und dem Schadenseintritt gesehen und in Kauf genommen haben müssen.

dd) Selbst wenn man dennoch annehmen wollte, daß die Beklagten die S. untergehen lassen wollten, so fehlte es dennoch aus entsprechenden Gründen an der Kausalität ihres Handels für den behaupteten Schaden, weil nicht ersichtlich ist, daß die S. auch ohne den Auftrag der K. GmbH hätte weiterbestehen können, so daß der Kläger sein Gehalt hätte einfordern können. Mithin fehlt es jedenfalls schon nach dem Vortrag des Klägers an einer nachvollziehbaren und feststehenden KausalitätK. te.

c) Gleiches gilt, wenn man aus der Gründung eines Konkurrenzunternehmens einen Schadensersatzanspruch wegen Verstosses gegen ein Wettbewerbsverbot herleiten wollte. Auch insoweit fehlt es jedenfalls an der nachvollziehbaren Darlegung des vom Kläger nur unterstellten positiven Geschäftsverlaufs der S. , mithin an den notwendigen Angaben zur Kausalität. Ein Anscheinsbeweis für eine Kontinuität der Geschäftsentwicklung kann aus den vorangegangenen guten Geschäftsjahren nicht hergeleitet werden, weil die Lebenserfahrung in der Regel gerade nicht für eine weitere positive Entwicklung eines Betriebes spricht, wenn der Hauptkunde - mit einem Anteil am Umsatz von mindestens 40 % - wegfällt. Auch der Hinweis auf verhältnismäßig geringere Auswirkungen auf den Gewinn des Unternehmens reicht insoweit nicht aus, den Kläger von seiner Darlegungslast zu entpflichten.

II.

Die Erstattung von Prozeßkosten in Höhe von 66.126,72 DM kann der Kläger ebenfalls nicht verlangen.

Er ist zwar als subsidiärer Kostenschuldner der Gerichtskosten und in Höhe seiner außergerichlichen Kosten belastet, obgleich er in den Gerichtsverfahren gegen die S. obsiegt hat.

Sein prozessualer und materieller Kostenerstattungsanspruch richtet sich jedoch wiederum ausschließlich gegen die Gemeinschuldnerin. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Ersatz seines Vermögensschadens, der auf der Insolvenz der primären Kostenschuldnerin beruht, könnte sich auch insoweit allenfalls aus § 826 BGB ergeben, scheidet jedoch aus den oben dargestellten Gründen aus.

III.

Unbegründet ist auch die Forderung eines Anteils von 176.337,50 DM an dem vom Kläger berechneten, fiktiven Liquidationserlös, der nach seiner Ansicht hätte erzielt werden können.

Ob der Verkauf zum Buchwert unter Berücksichtigung der Abschreibungen erfolgte oder nicht, muß ebensowenig geklärt werden wie die Frage des tatsächlichen Wertes des Gesellschaftsvermögens, den der Kläger auf 615.113,00 DM beziffert hat. Denn die Beklagten haften auch insoweit nicht aus unerlaubter Handlung, insbesondere ist ein Anspruch des Klägers aus § 832 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB zu verneinen:

1. § 266 StGB ist zwar Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH NJW-RR 1995, 1369, 1370). Der Kläger ist jedoch nicht zur Geltendmachung des durch eine etwaige Untreue entstandenen Schadens berechtigt, was auch das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat.

a) Solange die GmbH existierte, war allein sie anspruchsberechtigt.

Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß die behaupteten Untreuehandlungen sich nur gegen die S. GmbH gerichtet hätten. Nur ihr Vermögen zu betreuen waren die Beklagten befugt, nur ihr gegenüber könnte der Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt worden sein. Dementsprechend wäre unmittelbar auch nur das Vermögen der Gesellschaft durch "Verschleudern" von Vermögensgegenständen geschädigt worden.

aa) Als juristische Person ist eine GmbH selbst Träger von Rechten und Pflichten. Auch Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung ihrer Gesellschafter oder Geschäftsführer stünden nur ihr zu, sei es wegen Verletzung des Eigentums (§ 823 Abs. 1 BGB), sei es wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) oder wegen Vermögensschädigung durch Verletzung eines Schutzgesetzes (§ 823 Abs. 2 BGB). Es ist nicht möglich, in diesen Fällen auch einen eigenen Anspruch des einzelnen Gesellschafters deshalb anzuerkennen, weil durch die unerlaubte Handlung mittelbar auch sein Auseinandersetzungsanspruch nach Auflösung der Gesellschaft verkürzt worden ist. Die rechtliche Selbständigkeit des GmbH-Vermögens und die damit verbundene eigene Anspruchsberechtigung der Gesellschaft stehen einer solchen Möglichkeit entgegen (vgl. BGHZ 10, 91, 100 und BGHZ 100, 190, 194, jeweils entschieden für die KG, was im Falle der GmbH wegen § 13 Abs. 1 GmbHG erst recht gilt).

bb) Ist aber durch die vom Kläger behauptete unerlaubte Handlung der Beklagten gegenüber der GmbH zunächst ein Schadensersatzanspruch zugunsten der Gesellschaft und nicht ein Anspruch zugunsten des Klägers entstanden, so hängt seine Klagebefugnis davon ab, ob die Voraussetzungen einer actio pro socio vorliegen. Diese könnten sich im Falle einer Untreue der Beklagten daraus ergeben, daß diese auch eine schwere Verletzung ihrer gegenüber dem Kläger im Gesellschaftsvertrag übernommenen schuldrechtlichen Verpflichtungen darstellen würde. In jedem Fall aber könnte der Kläger nur Leistung an die Gesellschaft, nicht aber Zahlung an sich selbst verlangen. Denn es müßte durch die Leistung des Schadensersatzes der Zustand wiederhergestellt werden, der ohne die schädigende Handlung bestanden hätte. Da der Schaden der Gesellschaft unmittelbar zugefügt worden wäre, müßte auch der Schadensersatz ihr zufließen.

b) Hieran hat sich letztlich auch nach der Liquidation und Löschung der GmbH nichts geändert. Der einzelne Gesellschafter kann nicht aufgrund von etwaigen Ersatzansprüchen der Gesellschaft Zahlung an sich verlangen.

Die Gesellschaft besteht zwar als Rechtssubjekt nicht mehr. Dennoch wäre der deliktische Anspruch, den der Kläger verfolgt, nach wie vor ein solcher der GmbH. Im Gesamtvollstreckungsverfahren hätte ihn allein der Verwalter geltend machen können als eine Forderung der Gemeinschuldnerin. Daß dies nicht geschehen ist, läßt die Schadensersatzforderung nicht automatisch dem Kläger zufallen, denn er ist nicht der einzige Gläubiger der Gemeinschuldnerin gewesen. Er hätte vielmehr den Verwalter zur gerichtlichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs auffordern und gegebenenfalls Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens mit der Begründung einlegen müssen, es bestehe noch ein nicht berücksichtigter Vermögenswert, nämlich der Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten. Dies hat der Kläger nicht getan. Er kann nun nicht nachträglich für sich allein - unter Ausschluß der übrigen Gläubiger - eine Schadensersatzforderung der Gemeinschuldnerin einklagen, die bei ordnungsgemäßer Geltendmachung allein der Mehrung der Masse hätte dienen können und gegebenenfalls im Gesamtvollstreckungsverfahren hätte verteilt werden müssen.

2. Selbst wenn der Kläger entgegen den obigen Ausführungen einen eigenen Schadensersatzanspruch aufgrund einer gegenüber der S. begangenen Untreue haben könnte, müßte er als Geschädigter sowohl den Verstoß gegen das Schutzgesetz als auch den Schaden und die Kausalität darlegen und beweisen (vgl. Johannes Hager in Staudinger, 13. Bearbeitung 1999, § 823 Rdn. G39 m.z.N.). Diesen Anforderungen wird sein Vortrag in keiner Weise gerecht.

a) Schon die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 266 StGB Abs. 1 Alt. 2 StGB sind nicht dargelegt worden. Selbst wenn die Anlagen unter Buchwert verkauft worden wären, erfüllte dies nicht ohne weiteres den Tatbestand der Untreue. Sonst wäre jedes Geschäft unter Verkehrswert strafbar. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um einen Notverkauf handelt, der wegen Liquiditätsschwierigkeiten der GmbH erfolgen muß. Ein strafrechtlich relevantes Verhalten käme allenfalls dann in Betracht, wenn die ursprüngliche Beklagte zu 1) ein konkretes Angebot oder zumindest eine ohne weiteres gegebene Verkaufsgelegenheit zu einem höheren Preis ausgeschlagen hätte, um die Gegenstände an die W. GmbH zu verkaufen. Anhaltspunkte für eine tatsächliche günstigere Verkaufsgelegenheit sind nicht ersichtlich. Soweit sich der Kläger allein auf einen theoretischen Verkehrswert beruft, reicht dies nicht aus.

b) Auch im Hinblick auf die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen ist der Vortrag des Klägers dementsprechend ungeeignet, den Anspruch zu begründen. Er trägt nichts vor, aus dem das Gericht den Schluß ziehen müßte, daß die Beklagte zu 1) von einer anderen, besseren Verkaufsmöglichkeit - oder auch nur von dem höheren Verkehrswert - hätte wissen müssen.

c) Schließlich ist auch der Schaden durch den Kläger nicht schlüssig dargetan worden. Daß die Gesamtvollstreckung bei einem höheren Verkaufserlös hätte vermieden werden können, behauptet der Kläger gerade nicht, vielmehr sei die S. nach seiner Darstellung ohne die Anlagen nicht mehr betriebsfähig gewesen. Er legt nicht eine einzige konkrete Möglichkeit dar, wie das Gesamtvollstreckungsverfahren hätte vermieden werden können. Ein etwaiger Mehrerlös aus dem Anlagenverkauf hätte also nur die Masse erhöht, gegen die mehrere Gläubiger Forderungen haben feststellen lassen, und wäre gegebenenfalls nach einer Quote an die Gläubiger verteilt worden. Einen Liquidationsgewinn der Gesellschafter aber, an dem der Kläger mit 50 % meint teilnehmen zu wollen, hätte es nicht gegeben. Dem Kläger stünde also auch dann kein Liquidationserlös zu, wenn die Anlagen teurer hätten verkauft werden können. Es fehlt mithin am Schaden.

d) Obgleich die Beklagten die mangelnde Substantiierung des klägerischen Vortrages bereits in erster Instanz hervorgehoben und auch das Landgericht hierauf hingewiesen hat, hat der Kläger seinen Tatsachenvortrag in zweiter Instanz nicht konkretisiert. Eines zusätzlichen Hinweises des Senates bedurfte es unter diesen Umständen nicht.

IV.

Auch der geltend gemachte Anspruch auf hälftigen Anteil am ausgeschütteten Gewinn der Jahre 1993 und 1994 in Höhe von insgesamt 63.333,33 DM steht dem Kläger letztlich nicht zu.

1. Deliktische Ansprüche aus § 826 BGB scheiden schon deshalb aus, weil die Gesellschafterin S. sich mit der einseitigen Ausschüttung des Gewinns konsequent an ihre Rechtsansicht hielt, der Ausschluß des Klägers sei wirksam. Daß sie sich insoweit letztlich - ebenso wie das Landgericht - geirrt hat, macht den Ausschluß und die Gewinnausschüttungsbeschlüsse zwar anfechtbar, läßt beides jedoch nicht als schlechthin unvertretbare, verwerfliche und sittenwidrige Ausnutzung ihrer Gesellschafterstellung erscheinen.

2. Auch auf § 816 Abs. 2 BGB kann der Kläger seine Forderung nicht stützen.

Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Klägers ist nicht gegeben, weil er es versäumt hat, auch die Ergebnisverwendungsbeschlüsse anzufechten.

a) 50 % der Gewinnausschüttung hätten nach dem Gesellschaftsvertrag und § 29 Abs. 3 GmbHG dem Kläger zugestanden, die Beklagte hatte hierauf nach Rechtskraft der Entscheidung vom 30.12.1994 keinen materiellrechtlichen Anspruch mehr. Der Gewinnanspruch des Klägers, der erst aufgrund eines Gewinnverteilungsbeschlusses hätte entstehen können (vgl. RGZ 87, 383; 98, 318), wurde ihm zwar zu Unrecht, jedoch wirksam versagt.

b) Die Gewinnausschüttung allein an die Beklagte zu 1) erfolgte aufgrund eines gesetzlich vorgeschriebenen Gesellschafterbeschlusses (§ 29 Abs. 2 GmbHG), den die Gesellschafterin S. nach dem Ausschluß des Klägers allein gefaßt hat. Er hätte zwar mangels Stimmenmehrheit nicht gefaßt werden dürfen. Wie alle Fälle des Stimmrechtsmißbrauchs führte aber auch dieser Mangel nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, nicht zu dessen Nichtigkeit (vgl. Hueck in Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl. 1996, § 29 Rdn. 43).

c) Da die Gewinnausschüttungsbeschlüsse der Jahre 1993 und 1994 von dem Kläger nicht angefochten wurden, sind sie wirksam, die Gesellschafter sind bis heute daran gebunden.

aa) Das Gestaltungsurteil vom 30.12.1994 wirkt zwar zurück (vgl. BGH BB 1993, 1681), der Kläger ist so anzusehen, als ob er nicht ausgeschlossen worden wäre. Das Urteil beseitigt aber keineswegs - quasi automatisch - alle nachfolgenden Beschlüsse, sondern macht diese nur anfechtbar. Dies entspricht dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit, das im GmbH-Recht große Bedeutung hat. Die GmbH ist auch geprägt durch eine Vielzahl von Förmlichkeiten der Gesellschafterentscheidungen, auf die es im konstitutiven Sinne ankommt. Auf die Bestandskraft solcher Beschlüsse, die nicht von vornherein offensichtlich - also für jedermann erkennbar -unwirksam sind, müssen sich die Beteiligten und auch Dritte verlassen können (str., ebenso z.B. Scholz-Schmidt, GmbHG, 8. Aufl. 1992, § 45 Rdn. 175). Die Ausschüttung des Gewinns an die Beklagte bleibt daher von der Rechtskraft der Entscheidung des Senates vom 30.12.1994 unberührt. Auch die GmbH selbst hätte einen Rückforderungsanspruch auf ausgezahlten Gewinn, der nicht auf § 30 GmbHG beruht, nicht geltend machen können, ohne zuvor oder zugleich die Nichtigkeit des Ausschüttungsbeschlusses durch Urteil feststellen zu lassen (vgl. Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 32 Rdn. 1; Hueck a.a.O., Rdn. 77). Nur wenn der Gewinnverteilungsbeschluß erkennbar nichtig ist, besteht das Rückforderungsrecht gegenüber dem bösgläubigen Bezieher unmittelbar (vgl. Rowedder in Fuhrmann pp., GmbHG, 3. Aufl. 1997, § 32 Rdn. 13 m.N.). Wenn aber - wie im vorliegenden Fall - keine Nichtigkeit gegeben ist, sind auch gemäß § 243 Abs. 1 AktG analog anfechtbare Beschlüsse der Gesellschafter solange wirksam, bis das Gegenteil durch Urteil festgestellt wird. Da der Kläger die Ausschüttungsbeschlüsse nicht angefochten hat und eine solche Anfechtung wegen Ablaufs der einmonatigen Anfechtungsfrist, die ab Kenntnis von der Beschlußfassung beginnt, auch nicht mehr möglich ist, sind die Gewinnausschüttungsbeschlüsse bestandskräftig und bilden einen wirksamen Rechtsgrund für die Zahlung an die Beklagte zu 1), die damit nicht als Nichtberechtigte i.S.d. § 816 BGB angesehen werden kann.

bb) Wollte man dieser Ansicht des Senates nicht folgen, und im Falle eines zu Unrecht ausgeschlossener Gesellschafters, der zu späteren Versammlungen nicht mehr eingeladen wurde, die späteren, ohne ihn gefaßten Beschlüsse ohne weiteres als nichtig ansehen (so Hachenburg-Schilling-Zutt, GmbHG, 8. Aufl. 1992, Anh. § 47, Rdn. 178), so müßte ein Anspruch des Klägers aus § 816 Abs. 2 BGB dennoch verneint werden.

Denn ginge man von einer Nichtigkeit des Gewinnausschüttungsbeschlusses aus, entfalte er keinerlei Bindung, wäre also auch nicht gegenüber dem Berechtigten wirksam i.S.d. § 816 Abs. 2 BGB, so daß diese Tatbestandsvoraussetzung des § 816 Abs. 2 BGB nicht erfüllt wäre.

Der dann noch verbleibende Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB wäre ausschließlich eine Forderung der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagte zu 1), die dem Kläger nicht zustünde, sondern allenfalls der Masse. Die Rückzahlung eines aufgrund nichtigen Beschlusses ausgeschütteten Gewinnanteils kann wiederum allein die Gesellschaft verlangen. Eine Zahlung direkt an einen benachteiligten Gesellschafter kommt nur in Betracht gekommen, wenn ein neuer, diesen begünstigender Ausschüttungsbeschluß gefaßt wird. Denn erst aufgrund eines neuen Gewinnverteilungsbeschlusses kann ein Gewinnausschüttungsanspruch des Gesellschafters entstehen (vgl. RGZ a.a.O.).

cc) Die Gewinnausschüttung an die Beklagte stellt sich also entweder nicht als Leistung an einen Nichtberechtigten i.S.d. § 816 Abs. 2 BGB dar, sondern als Zahlung an die aufgrund bestandskräftiger Beschlüsse allein berechtigte Gesellschafterin, oder aber die Leistung wäre gegenüber dem Berechtigten (Kläger) nicht wirksam, so daß der Anwendungsbereich des § 816 Abs. 2 BGB ebenfalls nicht eröffnet wäre. In jedem Fall scheidet ein Anspruch des Klägers aus ungerechtfertigter Bereicherung aus. Bejahte man die Nichtigkeit der Ausschüttungsbeschlüsse, ergäbe sich nur ein Rückzahlungsanspruch zugunsten der Masse.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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