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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 04.04.2008
Aktenzeichen: 2 U 13/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 595
BGB § 595 Abs. 1
BGB § 596 Abs. 1
1. Die Rückgabe eines verpachteten landwirtschaftlichen Grundstückes oder Betriebes nach Ende eines Landpachtvertrages geschieht dadurch, dass der Pächter dem Verpächter den unmittelbaren Besitz einräumt und ihm die mit der Bewirtschaftung der Pachtfläche verbundenen Rechte einräumt. Er muss dem Verpächter ferner die Möglichkeit verschaffen, sich vom ordnungsgemäßen Zustand der Pachtsache zu überzeugen.

2. Für die geschuldete Rückgabe der Pachtfläche genügt es deshalb nicht, einfach die Bewirtschaftung einzustellen; vielmehr bedarf es eines aktiven und abschließenden Rückgabeaktes.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 13/08 (Lw) OLG Naumburg

Verkündet am 04.04.2008

In der Landwirtschaftssache

wegen Räumung und Herausgabe landwirtschaftlicher Flächen

hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, die Richter am Oberlandesgericht Rüge und Manshausen sowie die Landwirtin Gühne und den Landwirt Broszeit als ehrenamtliche Richter auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14. Dezember 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Halle-Saalkreis wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil wird zugleich von Amts wegen wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, folgende Grundstücke zu räumen und geräumt an die jeweils genannte Kirchengemeinde herauszugeben:

- die Flurstücke

33/1 der Flur 2 der Gemarkung B. ,

111 der Flur 1 der Gemarkung L. und

55 der Flur 2 der Gemarkung L. an die Klägerin zu 1,

- die Flurstücke

6/1 der Flur 3 der Gemarkung B. ,

358/46 der Flur 4 der Gemarkung B. und

46/6 der Flur 4 der Gemarkung B. an die Klägerin zu 2,

- das Flurstück 96/4 der Flur 13 der Gemarkung S. an die Klägerin zu 3.

Die Beklagte wir ferner verurteilt, das Flurstück 33/5 der Flur 20 der Gemarkung S. an die Klägerin zu 4 herauszugeben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Zwischen den Parteien bestanden über sog. Pfarrland folgende Pachtverhältnisse:

a) hinsichtlich des Flurstücks 96/4 (8,4 ha) der Flur 13 der Gemarkung S. mit der Klägerin zu 3 gemäß Pachtvertrag vom 9. September 1999 (GA 22-27) auf 9 Jahre befristet bis 30. September 2007,

b) hinsichtlich der Flurstücke

- 33/1 (0,3759 ha) der Flur 2 der Gemarkung B. ,

- 111 (1,4 ha) der Flur 1 der Gemarkung L. und

- 55 (9,95 ha) der Flur 2 der Gemarkung L. mit der Klägerin zu 1 gemäß Pachtvertrag vom 27. April 1995 (GA 16-20) auf 12 Jahre befristet bis 30. September 2007

- 111 (0,28 ha Plantage) mit der Antragsgegnerin zu 1 gemäß Pachtvertrag vom 13. März 2001 (GA 24-27) auf 7 Jahre befristet bis zum 30. September 2007

c) hinsichtlich der Flurstücke

- 6/1 (13,4760 ha) der Flur 3 der Gemarkung B. ,

- 358/46 (14,3670 ha) der Flur 4 der Gemarkung B. und

- 46/6 (6,0933 ha) der Flur 4 der Gemarkung B. mit der Klägerin zu 2 gemäß Pachtvertrag vom 27. April 1995 (GA 10-15) auf 12 Jahre befristet bis 30. September 2007 und

d) hinsichtlich des Flurstücks 33/5 (2,3809 ha) der Flur 20 der Gemarkung S. mit der Antragsgegnerin zu 4, befristet bis zum 30. September 2006, durch Gestattung der Weiternutzung verlängert bis 30. September 2007.

In sämtliche Pachtverhältnisse, die ursprünglich mit dem A. e. V. S. (nachfolgend: A. ) geschlossen wurden, ist die Beklagte anstelle der A. eingetreten; die Laufzeit blieb unverändert.

Die Kläger begehren von der Beklagten die Herausgabe der genannten Pachtgrundstücke, nachdem die Laufzeit der jeweils bis zum 30. September 2007 befristeten Pachtverträge verstrichen ist. Die Beklagte hält dem ihr Pachtfortsetzungsverlangen gemäß § 595 Abs. 1 BGB entgegen, worüber sie Anträge auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat. Diese Entscheidung ist Gegenstand des beim Senat anhängig gewesenen Beschwerdeverfahrens 2 Ww 3/08. In diesem Verfahren hat der Senat mit Beschluss vom 3. April 2008 die Beschwerde der Beklagten (dort Antragstellerin) gegen die Abweisung ihres Fortsetzungsantrages zurückgewiesen. Auf die Gründe jener Entscheidung nimmt der Senat Bezug.

Das Amtsgericht hat der Herausgabeklage der Kläger stattgegeben, weil die Beklagte nach Ablauf der Befristung der Pachtverträge kein Recht mehr zum Besitz der Pachtflächen habe.

Gegen das ihr am 7. Januar 2008 zugestellte Urteil des Amtsgerichts richtet sich die am 5. Februar 2008 eingegangene und am 4. März 2008 begründete Berufung der Beklagten. Sie verfolgt ihr Begehren nach Klageabweisung weiter und verweist auf ihr Fortsetzungsverlangen gemäß § 595 BGB. Zudem fehle dem Herausgabeverlangen das Rechtsschutzbedürfnis. Die Beklagte habe die Bewirtschaftung der Flächen inzwischen eingestellt; sie seien "zum Teil bereits durch Dritte ... in Besitz genommen worden, die behaupten, mit dem Kirchlichen Verwaltungsamt Pachtverträge geschlossen zu haben". Die Beklagte habe sich - von ihrem Pachtfortsetzungsverlangen abgesehen - nie geweigert, die Flächen herauszugeben. Die Herausgabeanträge seien zudem mangels hinreichender Bezeichnung der Herausgabegläubiger unbegründet.

Die Kläger bitten um Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des festgestellten Sachverhaltes nimmt der Senat auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache erfolglos.

Den Klägerin steht nach Beendigung der Pachtverträge mit der Beklagten nach § 596 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der überlassenen Flächen zu.

1. Die Herausgabegläubiger sind in den Klägerschriftsätzen, wenn man die Anträge und die dazu abgegebene Begründung sowie die eingereichten Pachtverträge verständig und im Zusammenhang liest, hinreichend konkret benannt. Danach wird als Rechtsschutzziel das Herausgabebegehren an die jeweils als Verpächter aufgeführte Kirchengemeinde deutlich.

2. Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass das Recht der Beklagten zum Besitz der im Tenor dieses Urteils genannten Grundstücke mit Ablauf der bis 30. September 2007 befristeten Laufzeit der Pachtverträge entfallen ist. Nach § 596 Abs. 1 BGB ist der Pächter verpflichtet, die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entspricht.

a) Diese Rückgabe geschieht grundsätzlich dadurch, dass dem Verpächter oder seinem Beauftragten der unmittelbare Besitz eingeräumt wird (vgl. Wagner in: Bamberger/Roth, BGB, Beckscher Online-Kommentar, Edition 7, § 596 Rn. 6; Weidenkaff in: Palandt, BGB, 67. Aufl., § 546 Rn. 4 mwN), darüber hinaus auch durch Verschaffung von mit der Bewirtschaftung der Pachtfläche verbundenen Rechten (vgl. Harke in: BGB, Münchener Kommentar, 5. Aufl., § 596 Rn. 3). Zudem muss der Pächter dem Verpächter die Möglichkeit verschaffen, sich vom ordnungsgemäßen Zustand der Pachtfläche zu überzeugen. Deshalb genügt es nicht, einfach die Bewirtschaftung einzustellen, wie es die Beklagte gemacht hat, sondern es bedarf eines aktiven und abschließenden Rückgabeaktes der Beklagten als weichende Pächterin, der noch aussteht. Deshalb kann das Rechtsschutzbedürfnis der Kläger an dem Klagebegehren nicht verneint werden.

b) Hinzu kommt, dass das gerichtlich geltend gemachte Pachtfortsetzungsverlangen der Beklagten der Annahme einer (schlüssig vollzogenen) Herausgabe der Grundstücke an die Verpächter entgegensteht. Dadurch bekräftigt die Beklagte ihren Widerstand gegen die Herausgabe. Deshalb ist die eigenmächtige Inbesitznahme der Flächen durch die neuen Pächter, wie sie an den meisten der herausverlangten Pachtflächen nach dem - neuen und bestrittenen - Tatsachenvortrag der Beklagten im Berufungsverfahren stattgefunden hat, unerheblich.

3. Der Rückgabeanspruch scheitert nicht an dem Pachtfortsetzungsverlangen der Klägerin nach § 595 Abs. 1 BGB. Denn das Verlangen der Beklagten nach gerichtlicher Festlegung des Fortbestandes der umstrittenen Pachtverhältnisse mit den Klägern bis zum 30. September 2010 ist nach dem inzwischen ergangenen Beschluss des Senats in der Beschwerdesache der Parteien 2 Ww 3/08 erfolglos geblieben.

4. Das Amtsgericht hat jedoch übersehen, dass der Rückgabeanspruch jeweils nur derjenigen Klägerin zusteht, die Eigentümerin und Verpächterin des betreffenden Grundstückes ist. Denn jede Klägerin ist als Kirchengemeinde eine juristische Person und als solche eigenständige Trägerin derjenigen Rechte und Pflichte, die ihr als der in den Pachtverträgen eingetragenen Verpächterin zukommen. Der vom Amtsgericht als Kläger bezeichnete evangelische Kirchenkreis E. ist hingegen nur Träger des Kirchlichen Verwaltungsamtes S. , das hinsichtlich der Pachtverhältnisse der Kläger deren Vertretung wahrnimmt.

a) In diesem Sinne ist der Klageantrag auszulegen, dessen Wortfassung die Spezifizierung - wie die Beklagte mit Recht beanstandet - allerdings nicht aufweist (vgl. die obigen Ausführungen des Senats unter Ziffer II. 1).

b) Da der Tenor des angefochtenen Urteils in der am 14. Dezember 2007 verkündeten Fassung nicht hinreichend konkret und vollstreckbar ist, hat ihn der Senat gemäß dem Interesse, das dem Klagebegehren erkennbar zugrunde liegt, in einer Weise neu gefasst, die den jeweiligen Gläubiger des Rückgabeanspruches sicher erkennen lässt.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache wirft als reine Einzelfallentscheidung keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 542 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auf. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlich.

Ende der Entscheidung

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