Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 2 U 158/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 831
1. Zur Erfüllung des Haftungstatbestandes des § 831 BGB ist erforderlich, dass ein Verrichtungsgehilfe in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung gehandelt hat. "In Ausführung" ist eine Verrichtung erfolgt, wenn ein Handeln innerhalb des übernommenen Pflichtenkreises vorliegt, das heißt, dass ein Sachzusammenhang mit der Aufgabe besteht, die dem Gehilfen zugewiesen ist (Anschluss an BGH, Urteil vom 13. Juli 1977 - VIII ZR 243/75, WM 1977, 1169, 1171).

2. Für die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Gehilfe eine vertragliche Pflicht des Geschäftsherrn erfüllt hat. Hat er als Helfer eines Dritten, aber im Rahmen seiner ihm vom Geschäftsherrn übertragenen Aufgaben, einen Kran bedient und hierbei ein absolutes Rechtsgut des Dritten verletzt, so haftet der Geschäftsherr dem Dritten aus Delikt auf Schadensersatz.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 158/07 (Hs) OLG Naumburg

Verkündet am: 19.Juni 2008

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, den Richter am Oberlandesgericht Rüge und den Richter am Oberlandesgericht Wulfmeyer auf die mündliche Verhandlung vom 07. Mai 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.10.2007 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Magdeburg teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.312,98 EUR nebst 4 % Zinsen vom 29.05. bis 09.11.2006 und Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2006 sowie weitere 643,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2007 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Auf der Grundlage einer zwischen den Parteien im Februar 2005 getroffenen Vereinbarung überließ die Klägerin der Beklagten eine in ihrem Eigentum stehende hydraulisch gesteuerte 4-Walzen-Biegemaschine zur unentgeltlichen Nutzung. Ein Termin für die Rückgabe der Maschine wurde nicht vereinbart. Als die Klägerin die Maschine für einen ihrer Kunden benötigte, begab sich der Mitarbeiter der Klägerin W. J. am 29.05.2006 mit einem Lkw und in Begleitung des Fahrers D. S. zu dem Außenstandort der Beklagten in B. . Bei dem Versuch, die in der dortigen Werkstatt befindliche Maschine mittels eines Hallenportalkrans auf den Lkw zu verladen, stürzte diese aus ca. 1,20 m Höhe auf den Betonfußboden und wurde im Bereich des Maschinenrahmens sowie der hydraulischen und elektrischen Ausrüstung beschädigt.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin wegen der Beschädigung der Maschine auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) E. Jb. (Bl. 7 - 29 d.A.) Schadensersatz in Höhe von 39.369,00 EUR (Wiederbeschaffungswert von 40.215,00 EUR abzüglich Restwert von 846,00 EUR) sowie Gutachterkosten in Höhe von 1.158,98 EUR und vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.286,20 EUR geltend. Sie hat vorgetragen, Ursache für die Beschädigung der Maschine sei allein die Bedienung des Krans durch den Mitarbeiter der Beklagten K. L. gewesen, der die Verladung ausdrücklich selbst habe durchführen wollen und von W. J. hierbei lediglich unterstützt worden sei. Mit K. L. sei zwar für die Abholung der Maschine - insofern unstreitig - kein bestimmter Tag vereinbart worden, jedoch sei dieser der Klägerin vom Geschäftsführer der Beklagten als Ansprechpartner für die Mitarbeiter der Klägerin benannt worden. Gerade weil die Beklagte über hinreichende Erfahrungen in der Verladung großer Maschinen verfüge, hätten die Mitarbeiter der Beklagten die Verladung vornehmen sollen. Ferner sei die Maschine eine Einzelanfertigung, die aufgrund der eingetretenen Schäden nicht mehr zu reparieren sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 40.527,98 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.05.2006 sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.286,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, allein die von dem leitenden Mitarbeiter W. J. eigenverantwortlich fehlerhaft gewählte Anschlagtechnologie sei für das Herabstürzen der Maschine ursächlich geworden. K. L. und der weitere Mitarbeiter der Beklagten R. Sch. hätten den W. J. darauf hingewiesen, dass sie keine Kenntnisse über die anzuwendende Anschlagtechnologie hätten. K. L. habe die Bedienung des Krans lediglich auf Anweisung des W. J. und zu einem Zeitpunkt übernommen, als die Maschine bereits mit dem Kran angehoben gewesen sei. Für die Maschine bestehe ein Gebrauchtmarkt, so dass die Klägerin allenfalls den Zeitwert der Maschine in Höhe von 19.000,00 EUR beanspruchen könne.

Mit am 16.10.2007 verkündeten Urteil hat das Landgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Wegen der Gründe wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen (Bl. 95 - 98 d.A.).

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Beide Parteien wiederholen im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

das am 16.10.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 40.527,98 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.05.2006 sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.286,20 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat entsprechend dem Beweisbeschluss vom 03.04.2008 (Bl. 158 f. d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W. J. , D. S. , K. L. und R. Sch. . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.05.2008 (Bl. 178 ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch nur zum Teil Erfolg.

1. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch i. S. d. § 280 Abs. 1 BGB ist allerdings bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht gegeben. Weder die Voraussetzungen des § 31 BGB noch diejenigen des § 278 BGB sind erfüllt.

a) Selbst wenn der klägerische Sachvortrag als wahr unterstellt würde, wonach der Mitarbeiter der Beklagten, K. L. , die Verladung ausdrücklich selbst hat durchführen wollen und von W. J. hierbei lediglich unterstützt worden ist, bestünde ein vertraglicher Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht, weil L. nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten gehandelt hat. Erfüllungsgehilfe ist, wer mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer Schuldnerverbindlichkeit für diesen tätig wird (vgl. Grundmann in MünchKomm, BGB, 5. Aufl., § 278, Rn. 20). Die Rückgabepflicht bei der Leihe (§ 601 Abs. 1 BGB) stellt grundsätzlich eine Bringschuld dar (vgl. Kollhosser in MünchKomm, BGB, 4. Aufl., § 604, Rn. 6). Vorliegend haben sich die Parteien nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin jedoch auf eine Holschuld geeinigt. Holschulden verpflichten den Schuldner lediglich zur Bereitstellung des Leistungsgegenstandes und zur Bereitschaft zur Entäußerung an einem Ort, an dem sich der Gläubiger annahmebereit einfinden muss (vgl. Krüger in MünchKomm, BGB, 5. Aufl., § 269, Rn. 5). Die Beklagte bzw. K. L. waren daher nicht verpflichtet, die Maschine aufzuladen oder der Klägerin hierbei zu helfen. Werden Angestellte des Schuldners aber auf Veranlassung des Gläubigers oder aus freien Stücken für Letzteren tätig, sind sie keine Erfüllungsgehilfen des Ersteren (vgl. Grundmann in MünchKomm, BGB, a. a. O., Rn. 42 mit Fn. 182).

b) Soweit die Klägerin in erster Instanz behauptet hat, dass K. L. der Klägerin vom Geschäftsführer der Beklagten als Ansprechpartner für die Mitarbeiter der Klägerin benannt worden sei, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Zutreffend hat das Landgericht insoweit ausgeführt (LGU 7), dass dieser Vortrag nicht die Behauptung enthält, dass K. L. bei der Abwicklung des Vertrags und insbesondere bei der Verladung der Maschine tätig werden sollte. Soweit die Klägerin nunmehr erstmals im Berufungsverfahren behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten J. E. habe um den 20.05.2006 herum gegenüber dem Geschäftsführer der Klägerin erklärt, dieser solle sich wegen der Abholung der Maschine an K. L. wenden, der die Beladung des Lkw vornehmen werde, ist sie mit diesem Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, aus welchem Grunde die Klägerin nicht in der Lage war, diese Tatsachenbehauptung bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorzutragen. Dieses Vorbringen stellt auch nicht lediglich eine Vertiefung einer bereits erstinstanzlich vorgetragenen Behauptung dar, da die Behauptung der vereinbarten Vornahme der Verladung der Maschine durch K. L. im Vergleich zu dessen bloßer Ansprecheigenschaft einen eigenständigen und qualitativ anderen Inhalt hat.

2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte jedoch gemäß §§ 823 Abs. 1, 831 BGB ein deliktischer Schadensersatzanspruch auf Ersatz des Zeitwertes der beschädigten Biegemaschine (19.000, - EUR), abzüglich des Schrottwertes der zerstörten Maschine (846, - EUR), sowie der Kosten des Sachverständigengutachtens (1.158,98 EUR) zu.

a) Grundsätzlich stehen deliktische Ansprüche selbstständig neben vertraglichen Ansprüchen. Erfüllt ein Vorgang sowohl den Tatbestand des Vertragsrechts als auch den des Deliktsrechts, so haftet der Schädiger regelmäßig sowohl aus Vertrag als auch aus unerlaubter Handlung (BGH, Urteil vom 17.03.1987, Az. VI ZR 282/85, NJW 1987, 2008 ff.).

b) Nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme hat der Zeuge L. die Walzenbiegemaschine beim Aufladen auf den Lkw beschädigt, das Eigentum der Klägerin an der Anlage damit widerrechtlich verletzt und den Tatbestand einer unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB objektiv verwirklicht. Das gilt unabhängig davon, welcher der - in Teilen unterschiedlichen - Zeugenaussagen man letztlich folgt.

aa) Nach der Aussage des Zeugen J. hat L. mit dem von ihm gesteuerten Kran die Biegemaschine etwa 10 cm vom Betonfußboden hochgehoben, ist zunächst eine Strecke gefahren und hat dann gedreht. Anschließend habe L. die Maschine bis in Verladehöhe angehoben. Bis zu diesem Zeitpunkt habe es keine Probleme gegeben. Als L. daraufhin den Kran wieder auf Vorwärtsfahrt geschaltet habe, sei der Kran so schnell nach vorne gefahren, dass man habe annehmen müssen, er - L. - habe den zweiten Gang eingelegt. Kurz danach habe L. den Kran abgebremst, was dazu geführt habe, dass die Traverse in Schwingungen geraten sei. Dieser Vorgang des Anfahrens und Abbremsens habe sich schätzungsweise noch zwei- bis dreimal wiederholt. Die Schwingungen der Traverse hätten immer mehr zugenommen, die Maschine habe daraufhin auf der Ladefläche des Lkw aufgeschlagen. Soweit er - der Zeuge J. - sich heute noch entsinnen könne, seien die Schekel an den Seiten der Maschine abgestreift worden; die in Schwingung befindliche Maschine habe schräg auf die Seite der Ladefläche aufgeschlagen und sei anschließend auf den Betonfußboden hinuntergerutscht. In beinahe gleicher Weise hat auch der Zeuge S. , der Lkw-Fahrer, den Unfallhergang geschildert.

bb) Auch der Zeuge L. hat bei seiner Vernehmung bekundet, dass er die Biegemaschine mit dem Kran zunächst an den Lkw heran gefahren und dann weiter hochgehoben habe. Nachdem die Maschine hochgehoben gewesen sei, habe er auf der Fernbedienung wieder auf Vorwärtsfahrt in Richtung des Lkw getippt. Infolge der Vorwärtsfahrt habe die Biegemaschine zu pendeln begonnen. Er - L. - habe daraufhin sofort den Knopf für die Vorwärtsfahrt losgelassen, so dass der Kran gestoppt habe. Das Pendeln der Maschine habe dazu geführt, dass sie an der hinteren Ladekante des Lkw angestoßen sei, was wiederum ihr Herabstürzen bewirkt habe.

cc) Nach beiden Darstellungen ist, auch wenn sich die Schilderungen der Zeugen hinsichtlich der Einzelheiten unterscheiden, das Herabstürzen der Biegemaschine auf ein pflichtwidriges und deshalb widerrechtliches Handeln des Zeugen L. zurückzuführen.

Legt man die Aussagen der Zeugen J. und S. zugrunde, so hat L. den Kran mehrfach kurz hintereinander angefahren und wieder abgebremst, so dass die Traverse in immer stärkere Schwingungen geraten ist. Diesem Aufschaukeln, das letztlich zwangsläufig zum Verlust des Transportgutes führen musste, hätte der Kranführer aber auf jeden Fall entgegenwirken müssen. So hätte es nahegelegen, die Traverse und damit die an ihr hängende Biegemaschine zunächst wieder zur Ruhe kommen zu lassen, bevor die Fahrt fortgesetzt wurde. Ob L. darüber hinaus versehentlich im zweiten Gang angefahren ist, wie der Zeuge J. vermutet hat, kann dahinstehen. Das (einmalige) Anfahren als solches wäre, wie die vorangegangenen Zwischenhalte zeigten, ohne Schwierigkeiten möglich gewesen.

Aus den Bekundungen des Zeugen L. ergibt sich dagegen zwar kein mehrfaches Anfahren und Abbremsen beim Aufladen der Maschine auf den Lkw. Doch soll die Biegemaschine, als sie angehoben worden war, infolge des erneuten Anfahrens ins Pendeln geraten und dann an die hintere Ladekante angestoßen sein. Auch hierin läge ein sorgfaltswidriges Vorgehen des Kranführers L. . Denn nach seinen eigenen, ohne weiteres nachvollziehbaren Angaben gerät jedes Gewicht beim Anfahren des Krans zunächst einmal in ein Pendeln. Diese unvermeidlichen Pendelbewegungen hätten bei der Fahrt unmittelbar vor bzw. über der Ladefläche des Lkw in Rechnung gestellt und für eine ausreichende Bewegungsfreiheit um die Maschine herum gesorgt werden müssen. Dann wäre ein Anstoß an der Ladekante ebenfalls unterblieben.

dd) Die Beweisaufnahme hat schließlich keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass das Herabstürzen der Maschine auch durch andere Umstände hervorgerufen worden sein könnte und der Schaden daher auch ohne die fehlerhafte Steuerung des Krans eingetreten wäre (vgl. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB).

Auszuschließen ist zunächst die Ursächlichkeit einer falschen Anschlagtechnologie, wie sie von der Beklagten zu ihrer Entlastung angeführt worden ist. Der Zeuge L. hat bei seiner Vernehmung ausdrücklich bestätigt, dass er den Kran - um ihn näher an den Lkw zu bringen - bereits ein- oder zweimal angefahren hatte und die Biegemaschine dabei kurzzeitig ins Schwingen geraten war, ohne dass jedoch etwas passiert ist. Im Übrigen hätte der Zeuge spätestens zu dem Zeitpunkt, als er die Maschine hinter dem Lkw hochhob, die Anschlagsart erkennen und seine Steuerung des Kranes hierauf einrichten können. Aus diesem Grund kommt es nicht darauf an, ob die Befestigung der Seile bzw. Ketten der Traverse an der Biegemaschine von den Zeugen J. und L. gemeinsam vorgenommen worden ist - so die Aussagen der Zeugen J. und S. - oder aber ob der Zeuge L. , seinen Angaben entsprechend, erst hinzugekommen ist, als die Maschine bereits angeschlagen war.

Für die Beurteilung der Schadensersatzhaftung ohne Bedeutung ist auch die - von den Zeugen unterschiedlich beantwortete - Frage, welcher der Anwesenden den Vorschlag, den Lkw unter die Biegemaschine zu fahren, abgelehnt hat. Denn weder wird behauptet, dass die Verladung der Biegemaschine nur auf diese Weise sicher habe bewerkstelligt werden können, noch hat der Zeuge L. zum damaligen Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass die Fahrt des Kranes über den Lkw für ihn möglicherweise mit Schwierigkeiten oder Risiken verbunden sei.

c) Um den Haftungstatbestand des § 831 BGB zu erfüllen, ist es ferner erforderlich, dass ein Verrichtungsgehilfe in Ausführung der ihm übertragenen Verrichtung gehandelt hat. Als Angestellter der Beklagten war der Zeuge L. Verrichtungsgehilfe dieses Unternehmens (vgl. OLG München, Urteil vom 12.04.2001, Az. 8 U 6333/99, VersR 2003, 216 ff.). Er hat die Beschädigung der Biegemaschine auch "in Ausführung" des Anstellungsverhältnisses und nicht lediglich "bei Gelegenheit" herbeigeführt.

aa) "In Ausführung" ist eine Verrichtung dann erfolgt, wenn ein Handeln innerhalb des übernommenen Pflichtenkreises vorliegt, d. h. dass ein Sachzusammenhang mit der Aufgabe besteht, die dem Gehilfen zugewiesen ist (BGH, Urteil vom 13.07.1977, Az. VIII ZR 243/75, WM 1977, 1169, 1171). Auch eine Überschreitung des Pflichtenkreises und sogar eine vorsätzliche unerlaubte Handlung kann noch in einem objektiven Zusammenhang mit den zugewiesenen Verrichtungen stehen (BGH, Urteil vom 30.10.1967, Az. VII ZR 82/65, NJW 1968, 391). Die Einstandspflicht des Geschäftsherrn für eigenmächtiges Verhalten seines Gehilfen ist aber dann zu verneinen, wenn dessen Verfehlung sich von dem ihm übertragenen Aufgabenbereich so weit entfernt, dass aus der Sicht eines Außenstehenden ein innerer Zusammenhang zwischen dem Handeln der Hilfsperson und dem allgemeinen Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben nicht mehr zu erkennen ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Gehilfe rein zufällig mit den Rechtsgütern des Geschädigten in einer Weise in Berührung gekommen ist, die ihm lediglich die Gelegenheit bot, wie ein deliktisch handelnder Dritter eine von den ihm übertragenen Aufgaben völlig losgelöste unerlaubte Handlung zu begehen (BGH, Urteil vom 14.02.1989, Az. VI ZR 121/88, NJW-RR 1989, 723 f.).

bb) Im vorliegenden Fall lässt sich ein Tätigwerden des Zeugen L. außerhalb der ihm übertragenen Verrichtungen nicht allein damit begründen, dass die Verladung der Biegemaschine - entsprechend den Ausführungen des Senats unter Ziff. 1. - nicht mehr zu den vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten gehörte (so aber OLG Hamburg, Urteil vom 20.07.1973, Az. 8 U 58/73, VersR 1974, 52, 53). Denn die deliktische Haftung wegen Verletzung eines absoluten Rechtsgutes, hier des Eigentums der Klägerin an der Biegemaschine, wird nicht durch den Inhalt einer - unabhängig hiervon begründeten - vertraglichen Vereinbarung bestimmt (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 67. Aufl., § 831 Rdn. 9: OLG Hamburg "bedenklich eng"). Vielmehr kommt es hier entscheidend darauf an, dass es auch ansonsten zu den Aufgaben des Zeugen L. gehörte, den Portalkran in der Halle der Beklagten in B. zu bedienen. Hierfür bedurfte es besonderer Fachkenntnisse, die er - wie er als Zeuge erläutert hat - durch den Erwerb eines Zertifikats für Kräne bis zu 5 t nachgewiesen hat. Aus diesem Grund hätten die Mitarbeiter der Klägerin, selbst wenn sie die Verladung der Biegemaschine grundsätzlich alleine durchgeführt hätten, bei dem erforderlichen Einsatz des Krans im Zweifel dennoch auf den Rat und das Erfahrungswissen des Zeugen zurückgreifen müssen. Insofern stand das Tätigwerden des Zeugen L. zumindest in einem engen Zusammenhang mit seinem Aufgabenbereich bei der Beklagten.

d) Zu ersetzen hat die Beklagte jedoch nur den Zeitwert der beschädigten Biegemaschine, der sich unstreitig auf 19.000, - EUR belief, und nicht etwa die Kosten für die Anschaffung einer neuen, technisch wesentlich höherwertigen Maschine. Die weitergehende Schadensersatzforderung der Klägerin in Höhe des Anschaffungs-Neuwertes in Höhe von 40.215, - EUR ist deshalb unbegründet.

aa) Selbst wenn man zugunsten der Klägerin annähme, dass die beschädigte Biegemaschine in dieser Bauform nicht mehr hergestellt wird und dass - entgegen dem Vortrag der Beklagten - auch keine gleichartige gebrauchte Maschine auf dem Markt erworben werden könnte, ist im vorliegenden Fall dennoch ein sog. Abzug "neu für alt" vorzunehmen. Dieser Abzug soll den Vorteil ausgleichen, der dem Geschädigten daraus erwächst, dass er im Zuge der Schadensbehebung für eine schadhafte alte eine neue Sache erlangt (s. BGH, Urteil vom 06.12.19995, VIII ZR 270/94, NJW 1996, 584, 585). Unter Außerachtlassung der Wertsteigerung, die das Vermögen der Klägerin durch den Erwerb einer der in dem Privatgutachten Dipl.-Ing. Jb. aufgeführten neuen Maschinentypen erfährt bzw. erfahren würde, verbleibt jedoch nur eine unfallbedingte Vermögenseinbuße in Höhe von 19.000, - EUR.

bb) Die vorbeschriebene Vorteilsausgleichung (Abzug "neu für alt") ist der Klägerin als Geschädigter auch zumutbar. Soweit die Klägerin demgegenüber in ihrem Schriftsatz vom 28.08.2007 einwendet, dass nach Ablauf von zehn Jahren - der restlichen "Lebenserwartung" der beschädigten Biegemaschine - möglicherweise veränderte Anforderungen an die zu produzierende Maschine zu stellen seien und die verlängerte "Lebenserwartung" einer Neuanschaffung daher von ihr gar nicht genutzt werden könnte, handelt es sich um Überlegungen im Bereich der bloßen Spekulation, für die die Klägerin jedoch keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt hat. Auch ihr Hinweis, dass die beschädigte Maschine wegen ihres geringen Einsatzes und der regelmäßigen Pflege eine deutlich längere "Lebenserwartung" als die üblicherweise zugrundegelegten 15 Jahre gehabt hätte, entbehrt der nachprüfbaren Tatsachen. Er rechtfertigt deshalb ebenfalls nicht die Annahme eines über den Zeitwert von 19.000, - EUR hinausgehenden Schadens.

3. Daneben hat die Beklagte der Klägerin die vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten anteilig zu ersetzen; bei diesen Anwaltskosten handelt es sich gleichfalls um einen nach § 831 BGB erstattungsfähigen Schaden.

4. Der zuerkannte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 849 sowie §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Eine Verzinsung in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz kann die Klägerin nicht beanspruchen, weil die Geldschuld - anders als es § 288 Abs. 2 BGB voraussetzt - nicht auf einem Rechtsgeschäft beruht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück