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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 28.10.2004
Aktenzeichen: 2 U 32/04
Rechtsgebiete: BGB, AGBG


Vorschriften:

BGB § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Fall
BGB § 818 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 765
BGB § 766
BGB § 767
BGB § 610
BGB § 273
BGB § 320
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 284
BGB § 285
BGB § 362 Abs. 1
BGB § 814
BGB § 362
BGB § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 767 Abs. 1
BGB § 367 Abs. 1
BGB § 815
BGB § 188 Abs. 1
BGB § 812 ff.
BGB § 818 Abs. 4
BGB § 819 Abs. 1
BGB § 288
AGBG § 5
1. Richtlinien einer Bürgschaftsbank, die die nachträgliche Übernahme von Ausfallbürgschaften für Kredite, die von einem Kreditinstitut bereits vor der Beantragung einer Ausfallbürgschaft "gewährt" worden sind, ausschließen, sind im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck so auszulegen, dass die Bürgschaftsbank eine Ausfallbürgschaft in solchen Fällen nicht gewährt, in denen das Kreditinstitut über die Bewilligung des Kredits bereits vor Beantragung der Ausfallbürgschaft verbindlich entschieden hat und das entsprechende Kreditrisiko übernommen hat.

2. Das Kreditinstitut verletzt gegenüber der Bürgschaftsbank eine vorvertragliche Verpflichtung, wenn es entgegen den Richtlinien der Bürgschaftsbank einen Antrag auf eine Ausfallbürgschaft befürwortet und an die Bürgschaftsbank weiterleitet, obwohl es den abzusichernden Hausbankkredit bereits gewährt hat, und wenn es die Bürgschaftsbank auf den der Bürgschaftsübernahme entgegenstehenden Umstand nicht ausdrücklich hinweist. Die Bürgschaftsbank ist, wenn sie aufgrund der Pflichtverletzung des Kreditinstituts die Ausfallbürgschaft übernommen hat, aufgrund eines Schadensersatzanspruchs aus culpa in contrahendo so zu stellen, als hätte sie die Bürgschaftserklärung nie abgegeben.

3. Zahlt die Bürgschaftsbank an das Kreditinstitut auf eine Ausfallbürgschaft in der Weise unter Vorbehalt, dass das Kreditinstitut bei einem späteren Rückforderungsrechtsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen soll, hat die Zahlung keine Erfüllungswirkung; aufgrund des Fortbestehens der Ansprüche des Kreditinstituts gegen den Kreditnehmer fallen fortlaufend Verzugszinsen an, die in dem durch die Ausfallbürgschaft festgelegten Umfang Gegenstand der Bürgschaftsschuld sind.

4. Andererseits hat die Bürgschaftsbank, wenn sie an das Kreditinstitut unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Rückforderbarkeit auf eine Ausfallbürgschaft eine Abschlagszahlung geleistet hat, für den Zeitraum, in dem der geleistete Betrag dem Kreditinstitut zur Verfügung gestanden hat, gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 2, 2. Fall, 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Erstattung der Zinserträge in Höhe des für Tagesgelder im europäischen Interbankenverkehr maßgebenden Geldmarktzinssatzes (hier: EONIA), wenn der mit der Abschlagszahlung auch verfolgte Zweck, nämlich die Verringerung der Hauptschuld und die Vermeidung des weiteren Anfalls von Verzugszinsen auf die Hauptschuld, nicht erreicht worden ist.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 32/04 OLG Naumburg

verkündet am: 28. Oktober 2004

In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Strietzel und die Richterin am Landgericht Göbel auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.01.2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Magdeburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 18.063,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden zu 6 % der Beklagten und zu 94 % der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Beschwer der Klägerin und der Beklagten übersteigt jeweils 20.000 EUR.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Ausfallbürgschaft in Anspruch.

Die G. GmbH , Sch. , beabsichtigte eine größere Investition. Zur Finanzierung des Vorhabens wandte sie sich, nachdem diesbezügliche Verhandlungen mit der Raiffeisenbank A. erfolglos geblieben waren, an die Klägerin. Daraufhin fasste diese am 01.09.1993 einen Kreditbeschluss, demzufolge sie der G. GmbH einen Hausbankkredit über 570.000,00 DM bewilligte. Am 21.09.1993 schlossen die Klägerin und die G. GmbH den entsprechenden Kreditvertrag (KT 1 Anlage K 13) schriftlich ab.

Außerdem gewährte die Klägerin der G. GmbH einen Kredit zur Ablösung eines für den Erwerb einer Immobilie bestimmten Darlehens der Volks- und Raiffeisenbank O. eG über 250.000,00 DM.

Insgesamt war die Finanzierung eines Gesamtbetrages von 1.690.000,00 DM vorgesehen. Außer den genannten Hausbankdarlehen sollten der G. GmbH ein ERP-Darlehen der Deutschen Ausgleichsbank in Höhe von 820.000,00 DM und ein von der Klägerin auszureichender Kontokorrentkredit in Höhe von 300.000,00 DM gewährt werden.

Am 01.10. sowie 14.10.1993 zahlte die Klägerin 165.600,00 DM und weitere 162.288,00 DM an die G. GmbH aus.

Am 04.11.1993 beantragte die G. GmbH die Übernahme einer Ausfallbürgschaft. Die Klägerin leitete den Antrag mit Schreiben vom 04.11.1993 an die Beklagte weiter.

Die zur Sicherung der Darlehen vorgesehenen Grundschulden über insgesamt 1.690.000,00 DM waren noch nicht im Grundbuch eingetragen. Deshalb fasste der Kreditausschuss der Klägerin am 16.11.1993 den Beschluss, einer Vorfinanzierung in Höhe von insgesamt 1.390.000,00 DM, zuzustimmen (Anlage K 7).

Für den Kredit über 250.000,00 DM und für den Kredit über 570.000,00 DM übernahm die Beklagte am 10.02.1994 jeweils eine Ausfallbürgschaft in Höhe von 80 % bis zu einem Höchstbetrag von 200.000,00 DM (KT 2 Anlage K 2) bzw. 456.000,00 DM (Anlage K 1).

Bestandteil der Bürgschaftsverträge waren die Richtlinien für die Übernahme von Ausfallbürgschaften. Unter Ziffer I. 2. heißt es:

"Für Kredite von Kreditinstituten .... , die bereits vor der Beantragung einer Ausfallbürgschaft ... gewährt worden sind, werden nachträglich keine Ausfallbürgschaften übernommen. Dasselbe gilt für Kredite zur Ablösung solcher Kredite, es sei denn, dass mit den zu verbürgenden Krediten Vorhaben betriebsgerecht finanziert werden sollen, deren erster Bilanzausweis nicht länger als 3 Jahre zurück liegt."

Unter Ziffer IV.19 ist geregelt:

"Die sonstigen Kreditbedingungen dürfen nach Übernahme der Ausfallbürgschaft nur mit Einwilligung der Bürgschaftsbank zu deren Ungunsten geändert werden. Ausgenommen von der Pflicht, die Einwilligung der Bürgschaftsbank einzuholen, sind Stundungen von Zins- und Tilgungsraten bis zu drei Monaten."

Unter Ziffer VI.41 heißt es:

"Die Bürgschaftsbank wird aus ihrer Bürgschaftsverpflichtung frei, wenn die Hausbank die bankübliche Sorgfalt bei der Einräumung, Überwachung oder Verwaltung des Kredites und der Sicherheiten nicht beachtet hat oder den in diesen Richtlinien festgelegten Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist und dadurch ein Ausfall bei der Abwicklung verursacht wird. ..."

Das Hausbankdarlehen über 570.000,00 DM wurde der Kreditnehmerin am 03.08.1994 zur Verfügung gestellt, das Darlehen über 250.000,00 DM bereits zuvor am 20.07.1994. Das Darlehen über 250.000,00 DM ist zumindest in Höhe von 22.360,57 DM getilgt. Außerdem wurden Sicherheitenerlöse in Höhe von 6.700,22 DM erzielt, die auf die Hauptforderung anzurechnen sind.

Aufgrund der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der G. GmbH kündigte die Klägerin die Geschäftsverbindung zur G. GmbH mit Schreiben vom 06.05.1998 fristlos. Die Klägerin erstellte am 19.01.1999 ihre Ausfallberechnung betreffend die beiden Ausfallbürgschaften (Anlage K 15). Sie machte gegenüber der Beklagten 416.472,73 DM bzw. 190.117,13 DM geltend.

Mit Schreiben vom 09.12.1999 teilte die Beklagte der Klägerin den von ihr ermittelten Ausfallbetrag in Höhe von 754.999,06 DM mit. In dem Schreiben (Anlage K 20) heißt es weiter:

"Wir überweisen Ihnen unseren verbürgten Anteil in Höhe von DM 603.999,25 als Vorbehaltszahlung. Bitte beachten Sie, dass die Zahlung auf den Kapitalausfall zu verrechnen ist.

Die Zahlung steht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung der Ausfallabrechnung durch die P. , die diese Prüfung zur Feststellung der Endgültigkeit im Auftrag unserer Rückbürgen, des Ministeriums der Finanzen, durchführen wird.

Den Betrag dürfen Sie bitte nur annehmen, wenn Sie sich zugleich verpflichten, diesen auf erste Anforderung ganz oder teilweise - gegebenenfalls unter Aufrechterhaltung Ihrer Ansprüche - zurückzuzahlen.

Bitte bestätigen Sie unsere Abwicklungsbedingungen durch Gegenzeichnung des beiliegenden Duplikates."

Das Duplikat wurde von der Klägerin unterzeichnet und an die Beklagte zurückgesandt.

Die Beklagte überwies entsprechend ihrem Schreiben vom 09.12.1999 am 21.12.1999 an die Klägerin insgesamt 603.999,25 DM.

Mit Schreiben vom 27.02.2002 (Anlage K 12) machte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 13.03.2002 eine Rückforderung auf erstes Anfordern in Höhe von 244.268,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.03.2003 geltend. Nicht zurückgefordert wurde eine Abschlagszahlung in Höhe von 126.252,55 DM, die die Beklagte der Bürgschaft über 200.000,00 DM zuordnete. Den mit Schreiben vom 27.02.2002 erhobenen Anspruch machte die Beklagte gerichtlich geltend. Mit Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 18.02.2003 - Az. 31 O 370/02 (148) - wurde die Klägerin in vollem Umfang zur Zahlung verurteilt.

Die Klägerin leistete unter dem 24.03.2003 den ausgeurteilten Betrag in Höhe von 244.268,01 DM sowie Zinsen in Höhe von 18.540,62 EUR für den Zeitraum vom 14.03.2002 bis zum 24.03.2003. Die Zahlung erfolgte unter Aufrechterhaltung der Ansprüche der Klägerin aus den streitgegenständlichen Bürgschaften und unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte sei aufgrund der Ausfallbürgschaften zur Zahlung verpflichtet. Bei dem Beschluss der Gremien der Sparkasse vom 01.09.1993 über die Gewährung des Hausbankdarlehens über 570.000 DM habe es sich lediglich um einen internen Vorgang gehandelt. Etwaige Verstöße gegen die Richtlinien der Beklagten beträfen nicht die Wirksamkeit der Bürgschaft. Ein Fall der nachträglichen Verbürgung liege nicht vor. Denn das Darlehen sei erst mit der Auszahlung gewährt worden. Insoweit hat die Klägerin behauptet, bis zum 09.11.1993, dem Zeitpunkt des Eingangs des Bürgschaftsantrags bei der Beklagten, seien lediglich 327.888,00 DM zu Lasten der Vorfinanzierung ausgezahlt worden. Lediglich das Kontokorrentgirokonto sei zuvor in Anspruch genommen worden, nicht hingegen das ERP-Darlehen und nicht das Hausbankdarlehen über 570.000,00 DM.

Hilfsweise hat sich die Klägerin insofern auf den Gesichtspunkt der Verwirkung berufen. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe am 27.04.1995 Kenntnis vom Abschluss des verbürgten Darlehensvertrags gehabt. Von allen maßgeblichen Umständen habe sie zur Zeit der Vorbehaltszahlung bereits gewusst.

Im Hinblick auf die Bürgschaft über 200.000,00 DM betrage die Verpflichtung der Beklagten 37.706,47 EUR. Die Anspruchshöhe sei im Einzelnen wie folgt zu berechnen:

 Betrag in DM
KT2 (Kredit über 250.000 DM)250.000
Ordentliche Tilgung -22.360,57
Zinsen auf den der G. GmbH gewährten Kredit für den Zeitraum vom 01.04.1998 bis zum 05.05.1998 (Vertragszins) und vom 06.05.1998 bis zum 27.02.2002 (Verzugszins gemäß Ziffer I. 4 der Richtlinien)54.263,71
Sicherheitenerlöse-6.700,22
Zwischensumme275.202,92

80 % hiervon, 220.162,34 DM, überstiegen den verbürgten Betrag. Es verbleibe folgende Restforderung:

 Verbürgter Betrag200.000
Mit Schreiben vom 27.02.2002 nicht zurückgeforderter Betrag-126.252,55
Gesamtforderung in DM73.747,45

Aus der Bürgschaft über 456.000 DM (KT 1) schulde die Beklagte 225.128,76 EUR. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Berechnung in der Klageschrift, Bd. I Bl. 20 ff., Bezug genommen. Außerdem bestehe ein Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum vom 14.03.2002 bis zum 24.03.2003 aufgrund des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 18.02.2003 in Höhe von 18.540,62 EUR gezahlten Zinsen. Insgesamt betrage die Forderung der Klägerin 281.375,85 EUR.

Die Klageschrift ist der Beklagten am 25.06.2003 zugestellt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 281.375,85 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 262.835,23 seit 28.02.2002 sowie aus 18.540,62 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, die Bürgschaft für das Hausbankdarlehen über 570.000,00 DM sei nicht wirksam. Denn die Klägerin habe den wesentlichen Teil der Gesamtfinanzierung in Höhe von 900.000,00 DM bereits vor dem Bürgschaftsantrag bereit gestellt. Von der Vorfinanzierung habe sie - die Beklagte - keine Kenntnis gehabt. Die Beklagte hat behauptet, zwei Fahrzeuge im Gesamtwert von 230.000,00 DM seien nicht über die verbürgten Kredite finanziert worden, sondern bereits vorher vorhanden gewesen. Für den Hausbankkredit in Höhe von 250.000,00 DM mache die Klägerin einen höheren Ausfall geltend, als ihr zukomme. Die Beklagte hat außerdem gemeint, Teil der Vertragsgestaltung und -abwicklung zwischen den Parteien sei, dass sie Zinsforderungen der Klägerin gegen deren Endkunden im Rahmen der Bürgschaftsverpflichtung mit bezahlt habe, auf der anderen Seite aber auch die von ihr zurückgeforderten Beträge durch die Klägerin verzinst worden seien. Insoweit hat die Beklagte behauptet, dass in 15 Fällen entsprechend verfahren worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage mit dem am 27.01.2004 verkündeten Urteil stattgegeben; es ist der Rechtsauffassung der Klägerin gefolgt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Urteil vom 27.01.2004 (Bd. I Bl. 98 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere rügt sie, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, sie - die Beklagte - habe sich wirksam für den Hausbank-Kredit über 570.000,00 DM verbürgt, und dass die erste Instanz zu Unrecht davon abgesehen habe, zu Lasten der Klägerin den Vorteil zu berücksichtigen, den diese aus der Vorbehaltszahlung der Beklagten gezogen habe. Außerdem trägt die Beklagte vor, der Kreditsaldo für beide Kredite sei gemäß Ziffer 19 der Bürgschaftsrichtlinien um 7.950,55 DM bzw. 5.651,25 DM herabzusetzen, weil die Klägerin ohne Zustimmung der Beklagten Tilgungsaussetzungen mit Laufzeitverlängerung bewilligt habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 27.01.2004 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Die Verfahrensakte des Landgerichts Magdeburg - Az. 31 O 370/02 - hat vorgelegen und ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

B.

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß §§ 765, 766, 767 BGB aus der Bürgschaftserklärung vom 10.02.1994 über 456.000,00 DM.

1. Der Bürgschaftsvertrag vom 10.02.1994 ist allerdings, unabhängig von der rechtlichen Einordnung der von der Beklagten erhobenen Einwendungen mit Bezug auf die "Richtlinien für die Übernahme von Ausfallbürgschaften", als solcher wirksam. Die Schriftform gemäß § 766 BGB ist eingehalten, da die Bürgschaftserklärung seitens der Beklagten unterzeichnet worden ist. Die Bürgschaftserklärung der Beklagten ist von der Klägerin auch zumindest durch konkludentes Verhalten angenommen worden. Sie ist als solche eindeutig und steht insbesondere nicht unter der Bedingung, dass die "Richtlinien über die Übernahme von Ausfallbürgschaften" eingehalten sind. Die Richtlinien sind zwar Vertragsbestandteil; Anhaltspunkte dafür, dass insbesondere die Einhaltung der unter "Allgemeines" und "Zweckbestimmungsausnahmen" getroffenen Regelungen unmittelbar für die Wirksamkeit des Vertrages von Bedeutung sein sollte, sind aber nicht erkennbar.

2. Die Beklagte ist nicht gemäß Ziffer VI.41 der Richtlinien aus ihrer Bürgschaftsverpflichtung frei geworden. Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin die bankübliche Sorgfalt bei der Einräumung des Kredits nicht beachtet hat oder den in den Richtlinien festgelegten Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, ist die Beklagte jedenfalls deshalb nicht aus ihrer Bürgschaftsverpflichtung frei geworden, weil nicht dargetan ist, dass durch die Nichteinhaltung der Richtlinien seitens der Klägerin der Ausfall bei der Abwicklung verursacht worden ist. Dass aber allein durch die - jedenfalls nach Ansicht der Beklagten vor Stellung des Bürgschaftsantrags erfolgte - Gewährung des Darlehens der Ausfall bei der Beklagten, also gemäß Ziffer VI. 39 insbesondere die Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers und das Ausbleiben wesentlicher Eingänge aus der Verwertung der Sicherheiten, verursacht worden sein soll, ist nicht vorgetragen und auch nicht naheliegend. Die Richtlinie Ziffer VI.41 gibt keinen Anlass, die Darlegungs- und Beweislast für die Kausalität des Verstoßes für den Ausfall umzukehren und der Klägerin aufzuerlegen.

3. Die Beklagte ist aber aufgrund eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) so zu stellen, als hätte sie die Bürgschaftserklärung nie abgegeben. Die Klägerin hat eine vorvertragliche Verpflichtung dadurch verletzt, dass sie den Antrag auf die Ausfallbürgschaft befürwortet und weitergeleitet hat, obwohl sie entgegen den Richtlinien den Hausbankkredit bereits gewährt hatte; zumindest hätte die Klägerin die Beklagte auf den der Bürgschaftsübernahme entgegenstehenden Umstand ausdrücklich hinweisen müssen.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Klägerin bereits vor dem 09.11.1993 der G. GmbH den Hausbankkredit über 570.000,00 DM im Sinne von Ziffer I.2 der Richtlinien gewährt.

aa) Das "Gewähren" eines Kredites lässt dem Wortlaut der Richtlinie nach offen, ob damit bereits die Bewilligung oder aber erst die Auszahlung des Darlehensbetrages gemeint ist. Der Sinn und Zweck von Ziffer I Nr. 2, wonach bereits gewährte Darlehen von der Bürgschaftsabsicherung ausgenommen werden, liegt jedoch darin, dass gerade solche Kredit-risiken abgedeckt werden sollen, die ein ausschließlich privatwirtschaftlich orientierter Sicherungsgeber nicht übernehmen würde. Die Beklagte verfolgt, wie insbesondere in der Präambel der Richtlinien deutlich wird, nicht das Ziel, Kredite, die ohnehin von Kreditinstituten bereitgestellt wurden, gegenüber diesen Kreditinstituten nachträglich zu sichern, sondern es ging und geht ihr vielmehr darum, Unternehmer zu unterstützen, die mangels ausreichender Sicherheiten ansonsten einen benötigten Kredit nicht bekommen hätten. Dass in der Richtlinie auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt wird und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Bewilligung der Ausfallbürgschaft durch die Beklagte, gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung des Regelungszwecks; der in der Richtlinie gewählte Stichtag ist eher damit zu erklären, dass die Rechtsposition des jeweiligen Antragstellers nicht von der Dauer der Entscheidungsabläufe der Beklagten abhängig sein soll, die außerhalb des Einflussbereichs des Antragstellers liegen.

bb) Vor diesem Hintergrund kam die Übernahme einer Ausfallbürgschaft durch die Beklagte von vornherein in den Fällen nicht in Betracht, in denen ein Kreditinstitut unmissverständlich zu erkennen gegeben hatte, den beantragten Kredit auch unabhängig von der Einschaltung der Bürgschaftsbank zu gewähren und das entsprechende Kreditrisiko tragen zu wollen. Ausdruck der Bereitschaft zur privatwirtschaftlichen Tragung des Kreditrisikos ist es insbesondere, wenn das Kreditinstitut einen - unbedingten und daher in jedem Fall verbindlichen - Darlehensvertrag mit dem Kreditsuchenden bereits vor Einreichung des Bürgschaftsantrages bei der Beklagten abschließt oder wenn es sich in sonstiger Weise schon vor Stellung des Antrages auf die beantragte Kreditgewährung festlegt. Dem kann aber nicht Rechnung getragen werden, wenn bei der Auslegung des Begriffs "Gewähren" auf Umstände abgestellt wird, die außerhalb des Einflussbereichs des Kreditinstituts liegen und wenn so die Beklagte, wenn sie mit einem Bürgschaftsantrag konfrontiert wird, praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt wird.

cc) "Gewähren" eines Kredits ist, soweit ersichtlich, kein gefestigter Rechtsbegriff im rechtstechnischen Sinne, mit dem schon vom Wortlaut her unmissverständlich eine bestimmte Bedeutung in dem von der Klägerin vertretenen Sinne verbunden wäre. Insbesondere rechtfertigen auch die von der Klägerin angeführten Zitate aus dem Bankrechtshandbuch von Bunte/ Lwowski/Schimansky, Bd. II, § 76 Rn. 1, 3, 6 und 52 nicht den Schluss, dass unter "Gewährung" stets und notwendig die Auszahlung des Darlehens zu verstehen sein müsste; die Zitate beziehen sich nicht auf den hier in Frage stehenden Sachverhalt. Im allgemeinen Sprachgebrauch kann "Gewähren", etwa gleichbedeutend mit "Bewilligen", unter Umständen auch nur die Entscheidung über eine Vergünstigung darstellen, meint also nicht notwendig auch die faktische Durchführung dieser Vergünstigung. Dem Sinn und Zweck der Richtlinien entspricht es aber, dass im vorliegenden Fall maßgeblich auf die verbindliche Entscheidung über den Kredit abgestellt wird und nicht entscheidend auf die Realisierung der Gutschrift.

dd) Ziffer I.2 der Richtlinien ist nicht unklar im Sinne von § 5 AGBG, da sie bei objektiver Auslegung nicht mehrdeutig ist.

Die Bewertung einer Klausel als unwirksam ist erst subsidiär möglich (Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Auflage, § 5 Rn. 28). Das Eingreifen der Unklarheitenregel setzt zunächst voraus, dass bei der Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen Zweifel bestehen. Die vorrangige objektive Auslegung der Klausel muss zu dem Ergebnis geführt haben, dass die Klausel nach ihrem Wortlaut und dessen Verständnis durch die typischer Weise beteiligten Verkehrskreise mehrdeutig ist, ohne dass sich die Mehrdeutigkeit im Rahmen einer objektiven Auslegung beseitigen lässt (Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Auflage, § 5 Rn. 25). Die Auslegung hat sich zu richten nach dem typischen Verständnis redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der an Geschäften dieser Art normalerweise beteiligten Kreise (Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Auflage, § 5 Rn. 14). Zu berücksichtigen ist hier, dass die Klägerin als Kreditinstitut demselben Verkehrskreis angehört wie die Beklagte. Wer verkehrskreisgenuine Geschäfte tätigt, muss sich am jeweiligen Standard messen lassen (Wolf/Horn/ Lindacher a. a. O., § 5 Rn. 12).

Der Zweck der Richtlinie, der Beklagten nicht die Verbürgung für Kredite aufzuerlegen, über deren Bewilligung bereits verbindlich entschieden worden ist, war für die Klägerin, die ebenfalls ein Kreditinstitut ist, erkennbar. Die Auslegung ergibt, dass "Gewähren" als verbindliche Entscheidung über die Bewilligung des jeweiligen Kredits auszulegen ist, nicht im Sinne der faktischen Auszahlung.

ee) Die Klägerin hat sich ihrer Möglichkeit, kraft autonomer Willensentschließung über die Auszahlung der Darlehenssumme zu entscheiden, bereits durch den Abschluss des Darlehensvertrags mit der G. GmbH vom 21.09.1993 entäußert; nur Umstände außerhalb ihres Einflussbereichs konnten die Klägerin noch zur Verweigerung der Auszahlung berechtigen. Das mit dem Kredit verbundene Risiko hatte sie damit bereits übernommen, und zwar unabhängig von der etwaigen Stellung eines Bürgschaftsantrages bei der Beklagten. Der Kreditvertrag enthält insbesondere auch keine Bedingung, dass der Kredit von der Bürgschaft der Beklagten abhängig sei. Bei dieser Einigung, die auch von Vertretern der G. GmbH unterschrieben ist, handelte es sich nicht um ein bloßes Internum, sondern um einen im Verhältnis zu der G. GmbH rechtlich bindenden Vertrag. Nach der vom Landgericht wiedergegebenen sog. Konsensualtheorie ist durch die korrespondierenden Willenserklärungen der G. GmbH und der Klägerin ein Darlehensvertrag zustande gekommen, der die Klägerin zur Auszahlung der Darlehensvaluta verpflichtete, nach der Realvertragstheorie immerhin ein Vorvertrag, der ebenfalls einen Auszahlungsanspruch begründete. Von dieser Verpflichtung konnte sich die Klägerin nicht mehr aufgrund einer eigenen autonomen Entscheidung lösen, sondern allenfalls noch aufgrund von Umständen, die außerhalb ihres Einflussbereichs lagen.

Der Bindungswirkung des Darlehensvertrags steht auch nicht § 610 BGB entgegen. Der Darlehensgeber kann sich nach dieser Vorschrift nicht etwa nach Belieben vom Vertrag lösen, sondern nur unter engen, nach Vertragsschluss eintretenden Voraussetzungen, die einen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage darstellen (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 61. Auflage, Einf v. 610 Rn. 1, 2). § 610 BGB lässt daher umgekehrt erkennen, dass im Normalfall, in dem sich die Geschäftsgrundlage nicht ändert, der Darlehensgeber an sein Darlehensversprechen gebunden ist.

ff) Die Argumentation des Landgerichts, den Abschluss des Darlehensvertrags deswegen nicht als "Gewährung" des Darlehens im Sinne der Bürgschaftsrichtlinien anzusehen, weil im vorliegenden Fall die vereinbarte Sicherheit, eine Grundschuld, noch nicht bestellt war und die Klägerin deshalb die Leistung gemäß § 273 oder § 320 BGB zurückhalten konnte, überzeugt nicht. Ob ihr ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, unterliegt nicht dem Einfluss der Klägerin; wenn die Kreditnehmerin ihr noch am Tag der Unterzeichnung des Darlehensvertrags die Sicherheit eingeräumt hätte, hätte die Klägerin dies nicht ablehnen und auch die Auszahlung des Darlehens nicht verweigern können. Dass auf der anderen Seite der Umstand, dass die vereinbarte Sicherheit nicht gestellt wurde, die Beklagte zwingen soll, sich an der Bürgschaft für ein nicht gesichertes Darlehen festhalten zu lassen, erscheint nicht plausibel angesichts dessen, dass sich die Klägerin bereits verbindlich zur Zahlung verpflichtet hatte und keinen Einfluss mehr darauf nehmen konnte, ob Umstände eintraten, die ihr ein Abrücken von der Zahlungsverpflichtung ermöglichten oder sie zumindest zum Zurückhalten der Zahlung bis zur Einräumung der Sicherheit berechtigten. Darauf, ob und inwieweit das Hausbankdarlehen nach Beantragung der Ausfallbürgschaft ausgezahlt worden ist, kommt es deshalb nicht entscheidend an.

gg) Ebensowenig maßgeblich für die Frage eines Verstoßes gegen Ziffer I.2 der Richtlinien ist die Vorfinanzierung, die von der Klägerin beschlossen worden ist, gerade weil mangels Einräumung der vereinbarten Sicherheit der Hausbankkredit noch nicht ausgezahlt werden konnte. Bei der Vorfinanzierung handelt es sich um einen anderen Vertrag als den durch die Ausfallbürgschaft gesicherten; der Hausbankkredit über 570.000,00 DM ist auch nicht "zur Ablösung" des Vorfinanzierungskredits gewährt worden und verstößt nicht schon deshalb gegen die Richtlinien, auch wenn rein tatsächlich die Gutschrift aufgrund des Hausbankkredits auf dem Vorfinanzierungskonto gebucht worden ist. Denn zuerst ist der Hausbankkreditvertrag abgeschlossen worden; da sich dann herausgestellt hat, dass der Kredit noch nicht valutiert werden konnte, hat die Klägerin ihrer Kreditnehmerin eine Vorfinanzierung bewilligt.

hh) Im Ergebnis hat sich die Klägerin also ihrer Möglichkeit, kraft autonomer Willensentschließung über die Auszahlung der Darlehenssumme zu entscheiden, bereits durch den Abschluss des Darlehensvertrags vom 21.09.1993 entäußert; nur Umstände außerhalb ihres Einflussbereichs konnten die Klägerin noch zur Verweigerung der Auszahlung berechtigen. Damit hatte sie bereits das mit dem Kredit verbundene Risiko übernommen, und zwar unabhängig von der Stellung eines Bürgschaftsantrages bei der Beklagten. Der Kreditvertrag enthält auch keine Bedingung, dass der Kredit von der Übernahme der Bürgschaft durch die Beklagte abhängig sein sollte.

b) Dadurch, dass die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer Ausfallbürgschaft befürwortet und weitergeleitet hat, obwohl sie das zu sichernde Darlehen bereits gewährt hatte, hat sie eine vorvertragliche Pflicht verletzt, zumal der Antrag nicht erkennen ließ, dass der Darlehensvertrag bereits abgeschlossen war. Durch diese Pflichtverletzung ist die Abgabe der Bürgschaftserklärung seitens der Beklagten verursacht worden. Da diese Verursachung zumindest auf Fahrlässigkeit beruhte, ist die Klägerin der Beklagten schadensersatzpflichtig. Die Beklagte ist so zu stellen, als hätte sie die Bürgschaftserklärung nie abgegeben. Sie ist also nicht verpflichtet, auf die Bürgschaft über 460.000,00 DM eine Zahlung zu leisten. c) Die Beklagte hat ihr Recht, sich auf die Nichteinhaltung der Richtlinien zu berufen, auch nicht verwirkt. Ein Vertrauenstatbestand ist nicht geschaffen worden. Denn die Beklagte hat von vornherein ihre Auszahlung mit einem Rückforderungsvorbehalt versehen; später hat sie von der Möglichkeit der Rückforderung auf erstes Anfordern auch Gebrauch gemacht. Für beide Parteien war erkennbar, dass ihre Zahlungsverpflichtungen nicht abschließend geklärt sind. Aufgrund des Verhaltens der Beklagten durfte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen, dass die Bürgschaftsbank auf etwaige Einwendungen hinsichtlich der Wirksamkeit der Bürgschaft oder des Leistungsumfangs verzichten würde. Das gilt selbst dann, wenn der Beklagten bereits zur Zeit der Vorbehaltszahlung bekannt gewesen sein sollte, dass der Darlehensvertrag vor Stellung des Bürgschaftsantrags abgeschlossen worden war.

II.

1. Der Klägerin steht dagegen gegen die Beklagte ein Anspruch gemäß § 765 BGB aufgrund der Bürgschaftserklärung vom 10.02.1994 über 200.000,00 DM (Anlage K 2) zu. Hauptschuld ist der nicht getilgte, der G. GmbH , Sch. gewährte Hausbankkredit über 250.000,00 DM, den die Klägerin zur Ablösung eines von einem anderen Kreditinstitut gewährten Kredits eingeräumt hat. Die Haftung der Beklagten ist insoweit dem Grunde nach unstreitig; die Beklagte macht nicht geltend, dass die Klägerin bei der Bewilligung des Kredits die Bürgschaftsrichtlinien verletzt hätte.

2. Soweit die Beklagte Einwendungen hinsichtlich der Höhe der Forderung erhebt, haben diese teilweise Erfolg. a) Ohne Erfolg bleibt allerdings der in der Berufungsinstanz erstmals geltend gemachte Einwand einer fiktiven Tilgung nach Ziff. 19 der Richtlinien in Höhe von 7.590,55 DM. Die Beklagte meint, die Klägerin habe gegenüber der Kreditnehmerin eine Tilgungsaussetzung vorgenommen, ohne ihre - der Beklagten - Zustimmung einzuholen. Es ist schon zweifelhaft, ob dieses Vorbringen prozessual zu berücksichtigen ist. Eine Zurückweisung des Vorbringens gemäß § 531 Abs. 2 ZPO kommt in Betracht. Jedenfalls aber ist der Einwand unerheblich. Ziff. 19 der Richtlinien lässt einen Schluss auf eine fiktive Tilgung nicht zu; eine Rechtsgrundlage für eine derartige Abrechnung stellt Nr. 19 nicht dar. Die Regelung sieht lediglich vor, dass Kreditbedingungen nur mit Einwilligung der Beklagten zu deren Ungunsten geändert werden dürfen. Erheblich könnte allenfalls sein, wenn durch eine von der Beklagten nicht gebilligte Stundung ein Schaden entstanden wäre, wenn also feststünde, dass bei Unterbleiben der Stundung die Kredittilgungen vertragsgemäß fortgesetzt worden wären. Dann könnte insoweit ein Anspruch der Beklagten aus positiver Vertragsverletzung bestehen. Doch fehlt hier jeglicher Vortrag der Beklagten dazu, dass bei Unterbleiben der Stundungen oder aber bei Einholung ihrer Zustimmung zur Stundung etwa die Tilgungen weitergeführt worden wären. Der Umstand, dass Stundungen vereinbart worden sind, lässt vielmehr da-rauf schließen, dass bei der Kreditnehmerin Zahlungsschwierigkeiten bestanden. Im Übrigen übersteigt der Ausfallbetrag selbst dann den verbürgten Betrag von 200.000,00 DM, wenn die 7.590,55 DM zugunsten der Beklagten abgesetzt würden.

b) Teilweise erfolgreich sind die Einwendungen der Beklagten hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen. Zum Umfang der Bürgschaftsschuld gehören gemäß Ziffer 1.4 der Richt-linien und gemäß §§ 286 Abs. 1, 284, 285 BGB auch 80 % der Zinsen auf den Ausfallbetrag als Schadensersatz in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit zwischen der Kündigung des Kredits und der vorbehaltlosen Erfüllung der Kredithauptschuld bzw. hier bis zum geltend gemachten Zeitpunkt des 27.02.2002, ferner die angefallenen Vertragszinsen für die Zeit vor der Kündigung des Kredits.

aa) Insbesondere steht dem Zinsanspruch nicht die von der Beklagten geleistete Vorbehaltszahlung entgegen. Die Vorbehaltszahlung der Beklagten gemäß ihrer vorläufigen Ausfallberechnung hat nicht die Wirkung einer Erfüllung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB; sie hat, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht zur Tilgung der Hauptverbindlichkeit der G. GmbH und damit auch nicht zur Tilgung der Verbindlichkeit der Beklagten aus der Ausfallbürgschaft geführt. Erfüllung der Kreditschuld der G. GmbH und der Bürgenschuld der Beklagten ist vielmehr erst mit Zugang des endgültigen Abrechnungsschreibens vom 27.02.2002, also am 01.03.2002, eingetreten, und zwar insoweit, als nach dieser Abrechnung der bislang unter Vorbehalt gezahlte Betrag endgültig bei der Klägerin verbleiben sollte. Denn der Abwicklungsvereinbarung vom 09.12.1999 lässt sich entnehmen, dass die unter Vorbehalt der jederzeitigen Rückforderbarkeit auf erstes Anfordern geleistete Abschlagszahlung gerade nicht der endgültigen Tilgung der Bürgschaftsverbindlichkeit dienen sollte.

(1) Leistet ein Schuldner - wie hier die Beklagte - unter einem Vorbehalt, kann einem solchen Vorbehalt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterschiedliche Bedeutung beizumessen sein. Im allgemeinen will der Schuldner zwar lediglich dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis (§ 208 BGB a. F.) entgegen treten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offen halten, das Geleistete gemäß § 812 Abs. 1 BGB zurück zu fordern; ein Vorbehalt dieser Art stellt die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung nicht in Frage. Anders liegt es hingegen, wenn der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt leistet, dass den Leistungsempfänger für einen späteren Rückforderungsrechtsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen soll. Eine Leistung unter einem Vorbehalt dieser Art stellt keine Erfüllung im Sinne des § 362 BGB dar (vgl. BGHZ 86, 267, 269 ff; BGHR BGB § 157 BGB Nr. 15 "Ergänzende Auslegung"; BGH NJW 1984, 2826 f; BGH NJW 1989, 161, 162; BGH NJW 1999, 494, 496; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 362 BGB Rn. 10).

(2) Die Abschlagszahlung der Beklagten im vorliegenden Fall war nicht dazu bestimmt, eine Erfüllungswirkung herbeizuführen.

Die Klägerin konnte mit Blick auf die Abwicklungsvereinbarung vom 09.12.1999 nicht darauf vertrauen, die Zahlung in voller Höhe behalten zu dürfen. Indem die Beklagte mit ihrer unter Vorbehalt erbrachten Leistung die jederzeitige Rückforderbarkeit auf erstes Anfordern verknüpft hat, hat sie sämtliche Einwendungen der Klägerin gegen die materielle Berechtigung der Rückforderung von vorneherein ausgeschlossen und in einen etwaigen von der Klägerin anzustrengenden Bürgschaftsprozess verwiesen, in dem sodann die Klägerin als Gläubigerin die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der Hauptforderung tragen würde. Sinn der Abwicklungsregelung, insbesondere der Rückforderbarkeit auf erstes Anfordern, war es nämlich, dass - soweit die Prüfung eine angebliche Überzahlung ergeben sollte - die Beklagte die Voraussetzungen eines Rückforderungsanspruchs im Verhältnis zu der Klägerin, nicht nachweisen musste; das betrifft insbesondere auch das Fehlen eines Rechtsgrundes für die bereits an die Klägerin geleisteten Zahlungen. Vielmehr sollte die Klägerin - ungeachtet der Berechtigung des Rückforderungsanspruchs und ohne Prüfung der gesicherten Hauptschuld - zunächst zur unverzüglichen Rückerstattung des ermittelten Überzahlungsbetrages verpflichtet sein. Die Rechtsposition der Beklagten wurde infolgedessen durch die vorläufige Zahlung nicht nachteilig verändert; die Beklagte wollte durch die Zahlung lediglich bewirken, dass nicht fortlaufend weitere Verzugszinsen auf die Hauptschuld anfielen. Ausweislich der in dem Schreiben vom 09.12.1999 getroffenen Tilgungsbestimmung der Beklagten ist der überwiesene Geldbetrag danach aber gerade nicht endgültig dem Vermögen der Klägerin zuzuordnen, vielmehr verblieb nach der Vereinbarung der Parteien die Beweislast für das Bestehen der Bürgschaftsforderung und damit für das Behaltendürfen des bereits gezahlten Abschlags letztlich bei der klagenden Sparkasse.

(3) Da durch die Vorbehaltszahlung der Beklagten bis zur endgültigen Abrechnung des Bürgschaftsfalles eine Tilgung der Hauptschuld nicht eintreten konnte, sind entgegen der Vorstellung der Beklagten auf die Kreditforderung der Klägerin gegen die G. GmbH fortlaufend weitere Verzugszinsen nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 284, 285 BGB angefallen und in der gemäß Ziffer 4) der Bürgschaftsrichtlinien genannten Höhe von der Bürgenhaftung umfasst.

bb) Andererseits bestehen entgegen der Auffassung der Klägerin auch Zinsansprüche der Beklagten, die als Verrechnungsposten bei der Ermittlung der Forderung zu berücksichtigen sind.

(1) Der von der Beklagten behauptete Umstand, dass die Parteien in 15 Fällen im Wege der "wechselseitigen Verzinsung" in der Weise verfahren sein sollen, dass die Beklagte Zinsforderungen der Klägerin gegen die Kreditnehmer in Höhe von 3 % über dem jeweiligen Basiszinssatz befriedigt habe, auf der anderen Seite aber auch Rückforderungen der Beklagten gegen die Klägerin entsprechend verzinst worden seien, ist allerdings nicht erheblich. Ein Handelsbrauch oder eine auch für das vorliegende Vertragsverhältnis verbindliche vertragliche Übung lässt sich aus diesem Sachvortrag nicht herleiten. Mangels erkennbaren Erklärungsbewusstseins zumindest der Klägerin scheidet ein Rahmenvertrag über die wechselseitige Verzinsung der gegenseitigen Forderungen zu einem Zinssatz von 3 % über dem jeweiligen Basiszinssatz neben den schriftlichen Vertragsbedingungen aus.

(2) Der Beklagten steht aber ein Anspruch auf Erstattung der Zinserträge, die die Klägerin aus dem unter Vorbehalt gezahlten Geldbetrag erzielt hat, gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 2 2. Fall, 818 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB (condictio ob rem) in Höhe des für Tagesgelder im europäischen Interbankenverkehr maßgebenden Geldmarktzinssatzes zu.

(a) Der Senat ist nicht durch das rechtskräftige Urteil des Landgerichts Magdeburg im Vorprozess zum Az. 31 O 370/02 an die dort getroffenen Feststellungen zur Höhe der für die Nutzung des Vorbehaltsbetrages zu entrichtenden Zinsen gebunden. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil im Vorprozess nicht ausdrücklich und gesondert über diese Zinsen entschieden worden ist, sondern die Zinsen waren, soweit sie im Vorprozess überhaupt in Ansatz gebracht worden sind, lediglich ein Berechnungsposten bei der Ermittlung des auf erstes Anfordern einheitlich geltend gemachten und im Vorprozess zuerkannten Betrags.

(b) Die Klägerin hat mit der Zuwendung der unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Rückforderbarkeit stehenden Zahlung "etwas" im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erlangt. Bereits die Erlangung einer vorteilhaften tatsächlichen Rechtsstellung und eine rein faktische Nutzungsmöglichkeit kann einen kondizierbaren Vermögenswert begründen (vgl. Palandt/ Thomas, BGB, 63. Aufl., § 812 BGB Rn. 18; Lieb in Münchener Kommentar, BGB, 3. Aufl., § 812 Rn. 301). Mit der Überweisung hat die Klägerin eine entsprechende Kontogutschrift erhalten und damit zugleich die jederzeitige tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf den überwiesenen Geldbetrag.

Die Klägerin hat über den ihr zugeflossenen Geldbetrag zumindest kurzfristige, unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Rückforderbarkeit der Zahlung stehende Dispositionen treffen können. Insbesondere ist es ihr unbenommen geblieben, den Geldbetrag auf dem Kapitalmarkt - bis zur endgültigen Abrechnung durch die Beklagte - anzulegen und insoweit aus den ihr zugeflossenen Mitteln einen Zinsvorteil zu ziehen.

Dieser Vermögensvorteil hat unabhängig davon bestanden, dass die Verbindlichkeit der Beklagten aus der Ausfallbürgschaft durch die Vorbehaltszahlung nicht getilgt worden ist.

Ebenso ist für die Bejahung eines Vermögensvorteils unerheblich, wie die Beklagte die Vorbehaltszahlung bilanzrechtlich verbucht hat. Die Klägerin mag zwar nach bilanzrechtlichen Grundsätzen gehalten gewesen sein, dem Zahlungseingang, den sie zunächst auf der Aktivseite als sonstigen Vermögensgegenstand verbucht hat, auf der Passivseite der Bankbilanz eine entsprechende Verbindlichkeit gegenüber der Bürgschaftsbank entgegen zu setzen. Bilanztechnisch hat sich die Zahlung danach wegen des Vorbehalts jederzeitiger Rückforderbarkeit für die Beklagte möglicherweise nicht als ein Vermögenszuwachs dargestellt. Das vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass der Sparkasse mit dem Empfang des Geldbetrages in tatsächlicher Hinsicht ein Vermögenswert zugefallen ist, auch wenn dieser noch nicht endgültig dem Vermögen der Klägerin zugeordnet war.

Diese Nutzungsmöglichkeit hat Bestand gehabt bis zum Zugang des endgültigen Abrechnungsschreibens vom 27.02.2002. Soweit nach diesem Schreiben der unter Vorbehalt gezahlte Betrag endgültig bei der Klägerin verbleiben sollte, greift die von der Beklagten getroffene Tilgungsbestimmung ein; der Kredit der G. GmbH und die Bürgenschuld wurden insoweit getilgt. Im Übrigen hat der unter Vorbehalt gezahlte Betrag der Klägerin bis zum 13.03.2002, dem letzten Tag der in dem Abrechnungsschreiben gesetzten Frist zur Rückzahlung weiter zur kurzfristigen Nutzung zur Verfügung gestanden.

(c) Der Geldbetrag ist an die Klägerin auch bewusst und zweckgerichtet im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Fall, BGB geleistet worden.

Mit der auf der Grundlage der Abwicklungsvereinbarung vom 09.12.1999 erfolgten Zahlung bezweckte die Beklagte eine Befreiung von der sich anderenfalls ständig erhöhenden Zinsverbindlichkeit auf die Hauptschuld, auf die sich ihre Bürgenhaftung nach § 767 Abs.1 BGB gleichfalls erstreckte.

Mit der Vorbehaltszahlung und der vereinbarten Verrechnung auf den "Kapitalausfall" sollte eine Verringerung des durch die Bürgschaft der Beklagten gesicherten Ausfallbetrages und damit zugleich eine Verminderung der nach wie vor anfallenden Verzugszinsen erreicht werden. Durch die Abschlagszahlung sollte verhindert werden, dass bis zur endgültigen Ausfallberechnung der Beklagten weitere Verzugszinsen auf die Hauptschuld der Kreditnehmerin anfielen, für die die Beklagte aus der Ausfallbürgschaft gemäß § 767 Abs. 1 BGB in der nach Ziffer 4 der Bürgschaftsrichtlinien vereinbarten Höhe gleichfalls haftete.

Dieser Leistungszweck (Verminderung der Zinslast) ist auch im Rahmen der condictio ob rem nach § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Fall, BGB erheblich, denn er ist zum "Inhalt des Rechtsgeschäfts" der Parteien geworden. Die Parteien haben sich nämlich auf der Grundlage der Abwicklungsvereinbarung vom 09.12.1999 auch darauf verständigt, dass mit der Leistung eines Abschlags bis zur endgültigen Feststellung des Ausfalls und deren Anrechnung auf die Hauptschuld die Bürgenhaftung der Klägerin für die Kreditzinsen verringert wird. Dass dieser Zweck der Abschlagszahlung nicht lediglich ein einseitiges Motiv auf Seiten der Beklagten geblieben ist, sondern auf einer tatsächlichen Willensübereinstimmung beider Parteien beruhte, ist darin zum Ausdruck gekommen, dass die Parteien in den von der Klägerin bestätigten Abwicklungsbedingungen vom 09.12.1999 einvernehmlich - in Abweichung zu der in § 367 Abs. 1 BGB bestimmten gesetzlichen Tilgungsreihenfolge - geregelt haben, dass der Abschlagsbetrag zunächst auf die Hauptschuld, nämlich auf den "Kapitalausfall" angerechnet werden sollte. Mit dieser "Tilgungsbestimmung" verfolgte die Beklagte - für die Klägerin erkennbar - den Zweck, durch eine zumindest vorläufige und unter dem Vorbehalt jederzeitiger Rückforderbarkeit stehende Verminderung der Hauptschuld zugleich einem weiteren Zinsanstieg zu begegnen. Indem die Klägerin die Abwicklungsbedingungen mit ihrer Unterschrift anerkannt hat, hat sie letztlich diese Leistungszweckbestimmung gebilligt.

(d) Die Geldzuwendung der Beklagten ist ohne Rechtsgrund erfolgt. Denn der mit der Vorbehaltszahlung bezweckte Erfolg ist nicht eingetreten, da die Überweisung des Geldbetrages, wie oben ausgeführt, eine Befreiung von der Haftung für die - weiterhin anfallenden - Verzugszinsen nicht hat bewirken können.

(e) Die Beklagte ist schließlich auch nicht nach § 815 BGB gehindert, die von ihr unter dem Vorbehalt jederzeitiger Rückforderbarkeit geleistete Abschlagszahlung zurück zu fordern.

Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Beklagten positiv bekannt war, dass der Eintritt des mit der Vorbehaltszahlung verfolgten Tilgungszweckes von vorneherein unmöglich war. Darüber hinaus bestehen hier auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte habe die Erreichung des Leistungszweckes wider Treu und Glauben verhindert.

(f) Wegen der eingetretenen Zweckverfehlung kann die Beklagte gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 2, 2. Fall, BGB, 818 Abs. 1 BGB von der Klägerin Herausgabe der von der Sparkasse in der Zeit zwischen dem Empfang der Abschlagszahlung und der endgültigen Ausfallabrechnung tatsächlich gezogenen Kapitalnutzungen verlangen.

Gemäß § 818 Abs. 1 BGB ist der Bereicherungsschuldner verpflichtet, die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben. Bildet - wie hier - Geld (Kapital) den Gegenstand der Bereicherung, so beinhaltet der Anspruch die Herausgabe der seit Entstehung des Bereicherungsanspruchs erlangten Kapitalzinsen. Zwar gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, demzufolge derjenige, der ohne Rechtsgrund Geld empfangen hat, dieses auch tatsächlich als Kapital stets gewinnbringend nutzt und diese Nutzungen in Form der üblichen Zinsen herausgeben müsste (vgl. BGHZ 64, 322, 323; BGH WM 1987, 1527; OLG Hamm WM 1988, 1441, 1442; Palandt/Thomas, BGB, 63. Aufl., § 818 Rn. 10). Ist jedoch - wie hier - ein Bankinstitut Empfänger eines Geldbetrages, so darf nach der Lebenserfahrung grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass das Bankinstitut die von ihm - rechtsgrundlos - vereinnahmten Geldbeträge im Rahmen seines Bankbetriebes zinsbringend einsetzt und hieraus einen wirtschaftlichen Vorteil zieht. Denn die Anlage eingehenden Kapitals entspricht dem regelmäßigen Verlauf im Geschäftsbetrieb einer Bank. In der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass eine widerlegliche tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass eine Bank Überzahlungen vereinnahmt und in wirtschaftlich sinnvoller Weise anlegt (vgl. BGHZ 62, 103, 106; BGH WM 1987, 1527 m. w. N.; BGH NJW 1998, 2529, 2530; OLG Hamm WM 1988, 1441, 1442; Palandt/Thomas, BGB, 63. Aufl., § 818 BGB Rn. 10; Gundlach in Schimansky/Bunte/Lwowsky, Bankrechtshandbuch § 82 Rn. 151). Davon ist auch hier auszugehen. Denn die Klägerin hat die für die Beklagte sprechende tatsächliche Vermutung nicht entkräftet.

Den Umfang der Zinsnutzungen schätzt der Senat - da konkrete Feststellungen zu dem aus der Abschlagszahlung von der Klägerin tatsächlich erwirtschafteten Zinserträgen nicht getroffen werden können - entsprechend dem für Tagesgelder im Interbankenverkehr geltenden Geldmarktsatzes (§ 287 Abs. 2 ZPO).

Bei der Bemessung des herauszugebenden Zinsvorteils ist das übliche Zinsniveau mit seinen Veränderungen auf dem Kapitalmarkt für den Zeitraum, in dem der Betrag zur Anlage zur Verfügung steht, zu berücksichtigen. Nicht maßgeblich ist dabei der gesetzlich festgelegte Verzugszinssatz in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank (§ 247 BGB). Entgegen der Ansicht der Beklagten kann für die Bestimmung des Zinssatzes auch nicht - gewissermaßen vice versa - auf den der Klägerin nach Ziffer 4) der Bürgschaftsrichtlinien zustehenden und auf 3 % über dem Basiszinssatz beschränkten Verzugszinssatz zurückgegriffen werden.

Vielmehr hat der Klägerin die empfangene Abschlagszahlung nur mit den sich aus der Abwicklungsvereinbarung ergebenden Einschränkungen zur Kapitalnutzung zur Verfügung gestanden. Nach der von den Parteien unter dem 09.12.1999 getroffenen Abwicklungsvereinbarung musste die Sparkasse sich aber auf eine unverzügliche, jederzeit realisierbare Rückerstattung des unter Vorbehalt empfangenen Geldbetrages einstellen. In Anbetracht der sofortigen Rückzahlungsverpflichtung auf erstes Anfordern war ihr eine langfristige Anlage oder eine sonstige Nutzung der Geldmittel nicht möglich. Die Beklagte musste vielmehr eine Anlageform wählen, die die jederzeitige Verfügbarkeit der angelegten Werte gewährleistete. Nur in diesem Rahmen ist der Klägerin ein wirtschaftlich nutzbarer Vermögenswert zugeflossen. Den Vorgaben aufgrund der vertraglichen Vereinbarung trägt eine Verzinsung der Vorbehaltszahlung nach dem Geldmarktsatz für Tagesgelder im Interbankenverkehr angemessen Rechnung.

Eine Verzinsung in Höhe des Basiszinssatzes nach § 247 BGB bzw. des in Ziffer 4) der Bürgschaftsrichtlinien maximal verbürgten Verzugszinssatzes würde die Klägerin als Bereicherungsschuldnerin hingegen schlechter stellen, als sie ohne den Erhalt der Abschlagszahlung gestanden hätte. Das ist mit § 818 Abs. 1 BGB, der nur zur Herausgabe tatsächlich gezogener Nutzungen verpflichtet, sowie mit dem Sinn und Zweck der §§ 812 ff BGB, die - von der verschärften Haftung nach §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB abgesehen - nur eine tatsächlich eingetretene Bereicherung ausgleichen wollen, nicht vereinbar.

Der Senat legt der Zinsberechnung daher den durchschnittlichen Zinssatz für Tagesgelder des Europäischen Interbankenverkehrs zugrunde, nämlich den Geldmarktsatz für Tagesgelder "EONIA" (Euro Overnight Index Average) auf der Basis effektiver Umsätze nach der Zinsmethode act/360. Bei dem "EONIA" Geldmarktsatz handelt es sich um den seit dem 04.01.1999 von der Europäischen Zentralbank auf der Basis effektiver Umsätze nach der Zinsmethode act/360 berechneten Durchschnittssatz für Tagesgelder im Interbankenverkehr.

Die Beklagte hat die für die Bemessung der Zinsnutzungen erheblichen Umstände, insbesondere die üblichen Zinserträge der hier in Rede stehenden Tagesgeldgeschäfte im fraglichen Zeitraum und bezogen auf den hier maßgeblichen unter Vorbehalt gezahlten Betrag, dargelegt, so dass dem Senat eine ausreichende Schätzungsgrundlage zur Verfügung steht. Unter Vorbehalt hat die Beklagte an die Klägerin zunächst einen Betrag von 603.999,25 DM gezahlt; dieser Betrag verringerte sich mit Zugang des Abrechnungsschreibens vom 27.02.2002, das der Klägerin 80 % von 220.048,88 DM endgültig zuordnete, auf 427.960,- DM. Die Zinsberechnung der Beklagten ist von der Klägerin auch weder im Hinblick auf den jeweils in Ansatz gebrachten Zinssatz und die Berechnungsmethode angegriffen worden. Der EONIA-Zinssatz beläuft sich für den in Frage stehenden Zeitraum nach den Berechnungen der Beklagten auf insgesamt 38.417,93 DM.

cc) Die mit Schriftsatz der Klägerin vom 06.08.2004 vorgetragenen Bedenken gegen die Berücksichtigung einer Verzinsung der Vorbehaltszahlung vermögen nicht zu überzeugen. Der im Vorprozess zurückgeforderte Betrag umfasste zwar auch Zinsen. Hierbei hat es sich aber um die wegen Nichttilgung des der G. GmbH gewährten Kredits fortlaufenden Kredit- bzw. Verzugszinsen gehandelt. Dass diese Zinsen der hiesigen Klägerin zustehen und im Rückforderungsprozess von der Klägerin auch geltend gemacht werden können, ist oben ausgeführt. Die Frage einer möglichen Entschädigung auf bereicherungsrechtlicher Grundlage für die Möglichkeit der Nutzung des unter Vorbehalt gezahlten Gesamtbetrages ist hiervon unabhängig zu beurteilen. Sie ist aber für den vorliegenden Rechtsstreit erheblich, weil der Anspruch auf Nutzungsentschädigung im Rahmen der - im vorliegenden Vertragsverhältnis der Parteien generell praktizierten - Saldierung gegenseitiger Ansprüche mit den streitgegenständlichen, auf der Ausfallbürgschaft basierenden Ansprüchen der Klägerin zu verrechnen ist.

III.

Ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf Rückzahlung von Verzugszinsen, die die Klägerin aufgrund der Verurteilung im Verfahren vor dem LG Magdeburg zu 31 O 370/02 gezahlt hat, steht der Klägerin nicht zu. Soweit die Klägerin diese Zinsen gezahlt hat, ist die Leistung mit Rechtsgrund erfolgt. Unabhängig davon, inwieweit sich in einem etwaigen Rückforderungsprozess das Bestehen oder Nichtbestehen von Bürgschaftsansprüchen der Klägerin gegen die Beklagte erweisen würde, war jedenfalls die hiesige Klägerin, nachdem sie auf erstes Anfordern zur Zahlung aufgefordert und gemahnt worden war, mit dieser Zahlung in Verzug geraten; denn die Klägerin war jedenfalls zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet. Daran ändert sich durch das Ergebnis des Rückforderungsprozesses nichts. Der Verpflichtung zur Zahlung des Verzugszinses hätte die Klägerin nur dann entgehen können, wenn sie auf erstes Anfordern innerhalb der gesetzten Frist gezahlt hätte.

IV.

Insgesamt ist die Höhe des Anspruchs der Klägerin wie folgt zu berechnen:

 Betrag in DM
KT 1 (Kredit über 570.000,00 DM)0
KT 2 (Kredit über 250.000,00 DM)250.000
Ordentliche Tilgung -22.360,57
Zinsen auf den der G. GmbH gewährten Kredit für den Zeitraum vom 01.04.1998 bis zum 27.02.200254.263,71
Sicherheitenerlöse-6.700,22
 275.202,92

Verbürgt hiervon sind 80 %, mithin 220.162,34 DM, allerdings begrenzt durch den Höchstbetrag 200.000 DM. Hieraus folgt die weitere Berechnung:

 Verbürgter Betrag 200.000
Mit Schreiben vom 27.02.2002 nicht zurückgeforderter Betrag- 126.252,55
Entschädigung für die Nutzung des an die Klägerin unter Vorbehalt gezahlten Betrages- 38.417,93
Summe 35.329,52

Der Forderungsbetrag von 35.329,52 DM entspricht 18.063,70 EUR.

V.

Die Zinsforderung ist gemäß § 288 BGB begründet.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.



Ende der Entscheidung

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