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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 02.02.2006
Aktenzeichen: 2 U 92/05
Rechtsgebiete: BörsG


Vorschriften:

BörsG § 52 Abs. 2
Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gegen eine Bank wegen Fehlens einer anleger- und objektgerechten Beratung eines Kunden im Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung eines Grundstückserwerbs, bei der der Kredit aus den Erträgen eines Wertpapierdepots getilgt werden soll.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 92/05 OLG Naumburg

verkündet am: 02. Februar 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel sowie die Richter am Oberlandesgericht Dr. Strietzel und Dr. Otparlik auf die mündliche Verhandlung vom 25.01.2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 29.07.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer des Beklagen übersteigt 20.000 Euro.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Baufinanzierungsdarlehens und auf Ausgleich eines Kontokorrentkontos i.H.v. insgesamt 245.520,69 Euro in Anspruch; der Beklagte macht im Wege der Aufrechnung bzw. Widerklage Schadensersatzansprüche i.H.v. insgesamt 393.105,85 Euro geltend.

Der Beklagte verfügte im März 2000 über ein Vermögen von etwa ...............DM und beabsichtigte, für 450.000 DM ein Grundstück zu erwerben, für das er zusätzliche Sanierungskosten i.H.v. 200.000 DM veranschlagte. Er entschloss sich dazu, das Grundstück nicht aus seinem Vermögen zu bezahlen, sondern nahm insoweit bei der Klägerin einen Kredit über 500.000 DM auf. Sein Vermögen investierte er größtenteils in ein bei der Klägerin eröffnetes Wertpapierdepot, welches er an diese zur Sicherung des Kredits i.H.v. 400.000 DM verpfändete. Im Zuge der Depoteröffnung unterzeichnete der Beklagte am 13.10.1999 ein Formular über ein "strukturiertes Beratungsgespräch", in dem er auf Grund der darin aufgenommenen Angaben in die höchste Kenntnisstufe F eingeordnet wurde und in dem die risikoreichste Anlagestrategie "chancenorientiert" angekreuzt ist (Anlage K 1). Ferner unterzeichnete er "wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" (Anlagen K 12 und 13). Der Beklagte erwartete, durch die Investition seines Vermögens in das Wertpapierdepot nicht nur die Grundstücksfinanzierungskosten aus den Depoterlösen begleichen, sondern darüber hinaus sein Anlagevermögen über einen Zeitraum von 10 Jahren verdoppeln zu können. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht; vielmehr sank das Depot in der Folgezeit auf zuletzt 68.179,21 Euro, welches die Klägerin - nach Kündigung des Kreditengagements durch Schreiben vom 12.11.2002 - in dieser Höhe unter Verrechnung auf ihre Kreditforderungen verwertete. Nach den von der Bank im Prozess vorgelegten Kontoaufstellungen (Anlagen K 10 und K 11) beläuft sich die noch offene Rückzahlungsforderung aus dem Baudarlehen auf 181.913,42 EUR und der Anspruch auf Ausgleich eines zur Abwicklung genutzten Kontokorrentkontos auf weitere 63.607,27 EUR.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Koppelung der Kreditaufnahme mit der Einrichtung und Verpfändung eines Wertpapierdepots sei die Idee des Beklagten gewesen. Der Beklagte habe das Depot selbst verwaltet und der Klägerin nach jeweiliger Beratung entsprechende konkrete Anlageweisungen erteilt. Selbst bei Annahme einer Vermögensverwaltung wäre jedoch kein Erfolg geschuldet, sondern lediglich die vom Beklagten vorgegebene Richtlinie zu befolgen gewesen, was auch geschehen sei. Im Übrigen habe der Beklagte in großem Umfang Geld vom Depot abgezogen, sodass der durch Kursänderungen bedingte Wertverlust lediglich ca. 80.000 Euro betrage und sich damit noch unter dem Wertverlust des Dax im betreffenden Zeitraum bewege.

Der Beklagte hat vorgetragen, die Voraussetzungen zur Kündigung des Kredites hätten nicht vorgelegen. Er sei von der Klägerin zur Aufnahme des Kredites und Einrichtung des Wertpapierdepots überredet worden. Er sei in Börsengeschäften weitgehend unerfahren und an einer konservativ-wachstumsorientierten Anlagestrategie interessiert gewesen. Die Klägerin habe ihn nicht auf Risiken hingewiesen, sondern ihm 10 % Anlagegewinne garantiert. Lediglich im Vertrauen hierauf habe er das von der Klägerin bewusst unzutreffend ausgefüllte Formular über das strukturierte Beratungsgespräch unterzeichnet. Die Klägerin habe das Depot eigenständig verwaltet, wobei ihr Anlagefehler unterlaufen seien. Selbst nachdem der Depotwert unter den Sicherungswert von 400.000 DM gefallen sei und der Beklagte mehrfach Bedenken geäußert habe, habe die Klägerin weiterspekuliert und das Depot schließlich zur Unzeit, d.h. im Zeitpunkt des historischen Tiefpunkts auf dem Aktienmarkt, verwertet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klageforderung sei durch die Anlagen K 10 und K 11 der Höhe nach hinreichend dargelegt. Gegenansprüche des Beklagten wegen Beratungsverschuldens bestünden nicht, da die Klägerin ihrer Verpflichtung zur anlegergerechten Beratung nachgekommen sei, zumal der Beklagte das Formular über das strukturierte Beratungsgespräch sowie die Belehrung über die Risiken von Börsentermingeschäften unterzeichnet habe. Eine Garantiezusage der Klägerin über eine Rendite i.H.v. mindestens 10 % habe der Beklagte nicht beweisen können. Die eingetretenen Verluste seien letztlich auf höhere Gewalt, insbesondere die Ereignisse des 11.09.2001 zurückzuführen. Im Übrigen habe der Beklagte seine Gegenforderung der Höhe nach nicht nachvollziehbar dargelegt.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, das Landgericht habe sich nicht mit der Wirksamkeit der Kreditkündigung auseinandergesetzt; auch die Höhe der Klageforderung erschließe sich nach wie vor "nicht ohne weiteres". Bei der vorliegenden Konstellation bestünden dieselben Gefahren wie bei einer fremdfinanzierten Aktienspekulation, sodass die Klägerin die hierfür von der Rechtsprechung entwickelten besonderen Beratungspflichten getroffen hätten.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 29.07.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle

1. die Klage abzuweisen;

2. die Klägerin auf die Widerklage hin zu verurteilen, an den Beklagten 120.286,03 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 06.10.2004 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung, wobei sie ergänzend zu ihrem erstinstanzliches Vorbringen vorträgt, infolge fehlender Vermögensverwaltung habe ihr keine Pflicht zu Warnung vor Kurseinbrüchen oblegen; im Übrigen beruhe die gesamte Schadensberechnung des Beklagten auf der unzutreffenden Prämisse, dass jeder Wertverlust auf ein pflichtwidriges Verhalten der Klägerin zurückzuführen sei.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend. Ergänzend ist lediglich auf Folgendes hinzuweisen.

1. Das Landgericht hat die Klageforderung zu Recht zuerkannt.

a) Die Kündigungen waren wirksam. Gem. § 19 (3) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, welche ergänzend neben den speziellen Bedingungen für die Baufinanzierung galten, ist die Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung oder einzelner Geschäftsbeziehungen zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, welcher der Bank, auch unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kunden, deren Fortsetzung unzumutbar werden lässt. Dabei sind lediglich als Beispiele ("insbesondere") u.a. die Verschlechterung der Vermögenslage bei dadurch eintretender Gefährdung der Erfüllung der gegenüber der Bank bestehenden Verbindlichkeiten sowie die Verletzung der Verpflichtung zur Stellung von weiteren Sicherheiten genannt. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Beklagte zur Stellung weiterer Sicherheiten für das Baudarlehenskonto Nr. ................. aufgefordert worden ist bzw. inwieweit jedenfalls sein zweitinstanzlicher Vortrag dahin zu verstehen ist, dass es lediglich an einer schriftlichen Aufforderung gefehlt habe. Jedenfalls stellt bereits die erhebliche Überziehung des Kontokorrentkontos Nr. ................. einen ausreichenden Kündigungsgrund dar. Dass die Klägerin insoweit den Ausgleich des Debets auf dem Kontokorrentkonto durch Veräußerungserlöse aus dem Depot per Lastschrift eingestellt hat, ist unerheblich, weil der Beklagte jedenfalls danach auf mehrere Mahnungen hin die Möglichkeit hatte, die Überziehung von sich aus auszugleichen. Auch die spätere Verwertung des Wertpapierdepots sowie zweier Sparkonten ließ den Kündigungsgrund nicht mehr rückwirkend entfallen. Im Übrigen kann der Grund für eine fristlose Kündigung auch nachgeschoben werden, er muss - wie im vorliegenden Fall - im Zeitpunkt des Kündungsausspruchs lediglich bereits objektiv vorgelegen haben (s. Grüneberg in Palandt, BGB, 65. Aufl., § 314 Rdn. 10).

b) Die Höhe der Klageforderung ergibt sich aus den Anlagen K 10 und K 11. Insoweit erhebt der Beklagte auch keine ernsthaften Einwendungen mehr, sondern lässt nur noch vortragen, die Höhe ergebe sich (aus der Klageschrift) nicht "ohne weiteres".

2. Der Beklagte hat keine aufrechenbaren bzw. im Rahmen der Widerklage zuerkennbaren Gegenforderungen aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen oder positiver Vertragsverletzung.

a) Dies ist unabhängig davon, ob vorliegend eine Anlageberatung oder eine Vermögensverwaltung vorgelegen hat. Die zwischen den Parteien umstrittene Abgrenzung zwischen bloßer Anlageberatung und "grauer" Vermögensverwaltung, welche sich grundsätzlich danach richtet, ob die Bank vom Kunden Einzelweisungen erhält oder eigenständige Anlageentscheidungen trifft, kann im Einzelfall schwierig sein (vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. II. § 111, Rn. 13; Schwintowski/Schäfer, Bankrecht, 2. Aufl., § 19, Rn. 31). Zudem kann ein Anlageberatungsvertrag dadurch, dass der Kunde den Berater in der Folgezeit fortgesetzt eigenständige Anlageentscheidungen treffen lässt, stillschweigend in einen Vermögensverwaltungsvertrag umgewandelt werden (vgl. OLG Karlsruhe, WM 1996, 805, 808). Letztlich muss die Abgrenzung zwischen Anlageberatung und Vermögensverwaltung hier aber nicht getroffen werden, weil sie hinsichtlich der Informations- und Beratungspflichten keine Rolle spielt (vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., 10.21) und - was lediglich bei einer Vermögensverwaltung von Bedeutung wäre - weder die Anlagerichtlinien verletzt worden sind noch eine Benachrichtigung bei erheblichen Vermögensverlusten unterblieben ist bzw. Auswirkungen hatte. Im Einzelnen gilt Folgendes.

b) Die Klägerin haftet nicht aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen wegen eines Informations- und Beratungsverschuldens.

aa) Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind entscheidend einerseits der Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das vom Kunden vorgegebene Anlageziel zu berücksichtigen ist ("anlegergerechte" Beratung), und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts, und die speziellen Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenheiten des Anlageobjekts ergeben ("objektgerechte" Beratung). Über diese Umstände hat die Bank richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten, soweit diese für das konkrete Anlagegeschäft von Bedeutung sind (vgl. BGHZ 123, 126, 128 f; BGH, WM 2000, 1441, 1442; OLG Düsseldorf, OLGR 1997, 159 f).

bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Beklagte "anlegergerecht" beraten worden. Der Beklagte betreibt nicht nur ein Kfz-Sachverständigenbüro, sondern darüber hinaus - wie dem Senat bekannt ist - zwischenzeitlich auch die W. in N. , d.h. er verfügt über erhebliche wirtschaftliche Kenntnisse. Außerdem besaß er bereits vor Vertragsschluss ein Wertpapierdepot, sodass er mit Funktionsweise und Risiken von Wertpapieranlagen im Grundsatz vertraut war (vgl. OLG Frankfurt, WM 1996, 665, 667). Ausweislich des vom Beklagten unterzeichneten Formulars über das strukturierte Beratungsgespräch verfügte er über die höchste Kenntnisstufe betreffend Produktrisikokategorien, hatte ein jährliches Nettoeinkommen von ............. DM und verfolgte eine "chancenorientierte" Anlagestrategie. Seine Behauptung, das Formular über das strukturierte Beratungsgespräch sei bewusst unzutreffend ausgefüllt worden, konnte der Beklagte nicht beweisen; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen auf Seite 12 f des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

cc) Die Beratung erfolgte auch "objektgerecht":

(1) Die Beweiswürdigung des Landgerichts, wonach dem Beklagten 10 % Rendite nicht garantiert worden sind, ist nicht zu beanstanden. Fest steht demgegenüber, dass dem Beklagten Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren (vgl. Anlage K 1, Punkt E.) sowie die Belehrung nach § 52 Abs. 2 BörsG über die mit Börsentermingeschäften verbundenen Risiken (Anlagen K 12, K 13) ausgehändigt worden sind (vgl. hierzu BGH, WM 1994, 834, 835; Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. III, § 110, Rn. 14). Ferner wurde der Beklagte bereits standardisiert ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei einer "chancenorientierten" Anlagestrategie jederzeit hohe Wertverluste möglich sind (Anlage K 1).

(2) Eine besondere Aufklärungspflicht ergab sich für die Klägerin auch nicht aus der Vergleichbarkeit der Interessenlage zu einer Aktienspekulation auf Kredit.

(a) Zwar bestand die Gefahr, den Kredit aus anderen Mitteln zurückzahlen zu müssen, wenn das Wertpapierdepot, aus dessen Erträgen dies eigentlich geschehen sollte, erheblich im Wert sank, sodass die Sach- und Interessenlage mit derjenigen bei einem fremdfinanzierten Wertpapierkauf vergleichbar ist. In einem solchen Fall muss die Bank den Kunden über die Risiken der Verwendung des Kredits aufklären, wenn der Darlehensnehmer besonders aufklärungs- oder schutzbedürftig oder ein Hinweis der Bank nach Treu und Glauben geboten ist, weil sie z.B. selbst einen zusätzlichen Gefährdungstatbestand gesetzt hat oder über einen relevanten Wissensvorsprung verfügt. Dies hat der Bundesgerichtshof angenommen in einem Fall, in dem die Initiative zum fremdfinanzierten Spekulationsgeschäft überwiegend von der Bank ausging und die Spekulation von vornherein nur bei steigenden Kursen und stabilen oder fallenden Kreditzinsen erfolgreich sein konnte, wobei die Bank die Risiken bei anderem Verlauf als nur theoretisch heruntergespielt hatte (vgl. BGH, WM 1997, 662 f). In einem weiteren Urteil hat der Bundesgerichtshof eine Lebensversicherungsgesellschaft für den Schaden haften lassen, der dem Interessenten einer fremdfinanzierten Lebensversicherung entstanden war, weil er nicht darüber aufgeklärt wurde, dass das Geschäft auf der Grundlage des bestehenden Zinsniveaus für ihn von vornherein wirtschaftlich sinnlos war (vgl. BGH, ZIP 1998, 1389 f).

(b) Mit diesen Fällen ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Zum einen ergibt sich aus der Aussage der Zeugin K. im Landgerichtstermin vom 18.04.2005 nicht, dass die Idee, den Grundstückserwerb fremdzufinanzieren und die Kosten aus den Erträgen des Wertpapierdepots zu begleichen, überwiegend von der Klägerin ausging; vielmehr deutet alles darauf hin, dass diese Idee bereits vorher von einer Freundin der Zeugin (Frau des Beklagten) an letztere und von dieser an den Beklagten herangetragen worden ist. Ferner war der Beklagte weder besonders aufklärungs- noch schutzbedürftig, denn er ist geschäftserfahren (siehe oben). Dass das vorliegende Konzept von vornherein etwa nicht funktionieren konnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Unterstellt man den Vortrag des Beklagten als richtig, wonach die Gesamtvertragssumme aus dem Kredit 1.075.867,54 DM betrug (Seite 6 der Berufungsbegründung), folgt daraus bei einer Laufzeit von 29,5 Jahren eine monatliche Kreditrate von 3.039 DM. Der monatliche Ertrag eines (Anlage-)Vermögens von 640.000 DM lag bei einer 10 %igen Verzinsung bei 5.333 DM und nach Abzug von 30 % Kapitalertragssteuer bei 3.733 DM netto. Dies bedeutet, dass das Geschäft funktionieren konnte; es war allerdings riskant, weil es davon abhing, ob über lange Zeit 10 % Anlagegewinne erwirtschaftet werden konnten. Hierauf wurde der Beklagte jedoch hingewiesen, denn der Zeuge H. hat ausgesagt, dass er dem Beklagten erläutert habe, dass eine Rendite von 10 % mit (sicheren) festverzinslichen Wertpapieren nicht möglich sei, mit Aktien über einen (beliebigen) Zeitraum von 10 Jahren allerdings schon, wobei das Geschäft jedoch einen spekulativen Charakter habe.

(3) Besondere Aufklärungspflichten der Klägerin ergeben sich auch nicht daraus, dass das Wertpapierdepot i.H.v. 400.000 DM verpfändet worden ist, und der Beklagte bei einem Absinken des Depots unter die Sicherungsgrenze nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zur Stellung weiterer Sicherheiten verpflichtet war. Zum einen hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung WM 1997, 662, welcher ein Fall fremdfinanzierter Aktienspekulation zu Grunde lag, in dem ebenfalls die Wertpapiere verpfändet worden waren, eine diesbezügliche Aufklärungspflicht selbst nicht erwogen. Zum anderen hat der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag 595.734,87 DM in das Depot eingezahlt (vgl. S. 9 des Schriftsatzes vom 30.01.2006). Dass das Depot bei dieser Sachlage unter den Sicherungswert von 400.000 DM absinken würde, war bei Geschäftsabschluss realistischerweise nicht vorhersehbar.

c) Die Klägerin haftet auch nicht aus positiver Vertragsverletzung eines (möglicherweise bestehenden) Vermögensverwaltungsvertrages.

aa) Auch der Vermögensverwalter schuldet nicht die Herbeiführung eines finanziellen Erfolges; d.h. er haftet für eingetretene Kursverluste oder unterbliebene Gewinnerwartungen nur dann, wenn er den Vermögensverwaltungsvertrag schuldhaft verletzt hat (vgl. Schimansky/ Bunte/Lwowski, a.a.O., § 111, Rn. 22). Eine Verletzung der sich aus der Anlage K 1 ergebenden Anlagerichtlinien ist weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. BGH, WM 1998, 21, 22; OLG Karlsruhe, WM 2001, 805, 808 f). Konkrete Anlagefehler können der Klägerin ebenfalls nicht vorgeworfen werden. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen, da Verlustrisiken auf der einen Seite durch Gewinne auf der anderen Seite ausgeglichen werden, sodass eine Einzelanlage nur dann beanstandet werden kann, wenn sie völlig sachfremd getätigt worden ist (vgl. LG Stuttgart, WM 1997, 163 f). Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten auf Seite 13 des Schriftsatzes vom 17.09.2004 sowie auf Seite 3 ff des Schriftsatzes vom 27.12.2004 rechtfertigen die Annahme konkreter Anlagefehler nicht, sondern beschränken sich im Wesentlichen auf die substanzlose Behauptung, die negative Wertentwicklung verschiedener Papiere sei vorhersehbar gewesen.

bb) Die Klägerin haftet dem Beklagten auch nicht deshalb auf Schadensersatz, weil sie ihn nicht gesondert darüber benachrichtigt hat, dass das Depot unter den vereinbarten Sicherungswert abgesunken war. Anders als bei einer bloßen Anlageberatung (vgl. dazu BGH, ZIP 1994, 1256, 1257) trifft die Bank bei einer Vermögensverwaltung eine Pflicht zur Benachrichtigung über eingetretene Wertverluste (vgl. BGH, WM 1994, 834, 835 f; OLG Hamm, WM 1996, 669, 670 f). Vorliegend ist jedoch auch unter Zugrundelegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht ersichtlich, dass ein vernünftiger Anleger nach Unterrichtung über das Absinken des Depots unter die Sicherungsgrenze das Depot aufgelöst hätte (vgl. OLG Hamm, a.a.O., S. 671). Abgesehen davon, dass der Beklagte über die Wertentwicklung durch die ihm übersandten Depotauszüge Bescheid wusste, lässt er selbst vortragen, die Klägerin habe das Depot zur Unzeit, d.h. im Zeitpunkt des historischen Tiefststandes auf dem Aktienmarkt verwertet. Daraus folgt, dass auch der Beklagte, wie jeder andere vernünftige Anleger - im Ergebnis zu Recht - mittel- und langfristig auf eine Erholung der Kurse spekuliert hat.

d) Schließlich gereicht es der Klägerin auch nicht zum Vorwurf, dass sie das ihr verpfändete Wertpapierdepot am 28.02.2003 und damit zu einem Zeitpunkt verwertet hat, als sich die Aktienmärkte in einer sehr ungünstigen Verfassung befanden. Der Sicherungsnehmer, der die Verwertung des Sicherungsguts betreibt, hat zwar die berechtigten Belange des Sicherungsgebers in angemessener und zumutbarer Weise zu berücksichtigen. Er muss deshalb bestrebt sein, das bestmögliche Verwertungsergebnis zu erzielen. Verletzt er diese Pflicht schuldhaft, so ist dem Sicherungsgeber der aus der Vertragsverletzung entstandene Schaden zu ersetzen (vgl. BGH NJW 2000, 352, 353 m. w. N.). Doch gilt das nur insoweit, als nicht eigene schutzwürdige Interessen des Sicherungsnehmers entgegenstehen (BGH a. a. O.). Im vorliegenden Fall bestand zwar die Hoffnung, dass sich die Aktienmärkte längerfristig wieder erholen würden, es war aber zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar, wann die Erholung eintreten würde. Auch der Beklagte behauptet nicht, dass es im Februar 2003 konkrete objektive Anhaltspunkte für eine kurzfristige erhebliche Steigerung der Wertpapierkurse gegeben hätte. Unter diesen Umständen brauchte die Klägerin mit der Verwertung aber nicht bis zu einer zeitlich völlig ungewissen Besserung der Lage auf den Aktienmärkten zuzuwarten, sondern durfte ihrem Interesse an einer möglichst baldigen Befriedigung der fälligen Darlehensforderungen Vorrang einräumen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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