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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 15.08.2001
Aktenzeichen: 2 Ww 18/01
Rechtsgebiete: RSG, GrdstVG, LwVG


Vorschriften:

RSG § 4
RSG § 10 Satz 1
GrdstVG § 2
GrdstVG § 12
GrdstVG § 6 Abs. 2
GrdstVG § 6 Abs. 1
GrdstVG § 3 Abs. 2 Satz 2
GrdstVG § 6 Abs. 1 Satz 1
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrdstVG § 2 Abs. 1 Satz 3
LwVG § 42 Abs. 2
LwVG § 45
1. Grundsätzlich gilt nach § 3 Abs. 2 Satz 2 GrdstVG der Notar, der den Vertrag beurkundet hat, auch als ermächtigt, die Genehmigung zu beantragen, mit der Folge, dass dann auch die Zustellung des Bescheides an den Notar als Bevollmächtigten erfolgen kann.

2. Beschränken die Parteien eines Grundstückskaufvertrages aber die Zustellungsvollmacht des beurkundenden Notars auf die Empfangnahme eines stattgebenden Bescheides, ist ein versagender Bescheid den Vertragsparteien persönlich zuzustellen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

2 Ww 18/01 OLG Naumburg

In der Landwirtschaftssache

wegen Erteilung einer Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz

hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Handke und den Richter am Amtsgericht Grimm sowie die Landwirte Broszeit und Busche als ehrenamtliche Richter nach mündlicher Verhandlung am 15. August 2001 beschlossen:

Tenor:

Unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - K. vom 19.04.2001 wird festgestellt, dass der Bescheid des Landkreises vom 22.08.2000, Az.: 53/00.1382, unwirksam ist.

Die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung des vor dem Notar M. in Stendal am 29. Mai 2000 zur Urkundenrolle Nr. 1195/2000 geschlossenen Grundstückskaufvertrages gilt seit dem 10. September 2000 als erteilt.

Gerichtskosten werden für beide Rechtszüge nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 2) ist Eigentümerin der im Grundbuch von K. eingetragenen Grundstücke Flurstück 44/1 der Flur 6 und Flurstück 153/1 der Flur 5. Das erst genannte Flurstück besteht zu 3,697 ha aus Ackerland, zu 1,410 ha aus Grünland und zu 0,100 ha aus einer Wasserfläche. Vor dem Notar M. in St. schlossen die Beteiligten zu 1) und 2) am 29.05.2000 zur Urkundenrolle Nr. 1195/2000 einen Grundstückskaufvertrag, in dem die Beteiligte zu 2) die genannten Grundstücke zum Gesamtpreis von 33.000,00 DM an den Beteiligten zu 1) verkaufte und die Auflassung an ihn bewilligte.

Dem Beteiligten zu 1) gehören bereits etwa 40 ha Acker- und Grünland. Zusammen mit seinem Bruder ist er Miteigentümer weiterer 160 ha Acker und Wiesen. Sämtliche Acker- und Grünflächen sind derzeit noch verpachtet. Die befristeten Pachtverträge enden in den Jahren 2003, 2006 und 2008. Außerdem ist der Beteiligte zu 1) Miteigentümer von etwa 500 ha Forstfläche, wovon er 100 ha in eine Forstbetriebsgemeinschaft eingebracht hat und den Rest durch einen Lohnunternehmer bewirtschaften lässt.

Die Parteien des Kaufvertrages haben mit Schreiben des Notars vom 06.06.2000, beim Landkreis St. eingegangen am 09.06.2000, die Genehmigung des vorgenannten Kaufvertrages gemäß § 2 GrdstVG beantragt. Durch Zwischenbescheid vom 21.06.2000, der den Vertragsparteien und dem Notar noch im Juni 2000 übersandt worden ist, teilte die Genehmigungsbehörde mit, dass über den Antrag nicht innerhalb der Monatsfrist des § 6 Abs. 1 Satz 1 GrdstVG entschieden werden könne, da entsprechend § 12 GrdstVG Erklärungen des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung über die Ausübung eines Vorkaufsrechtes nach dem Reichssiedlungsgesetz (RSG) einzuholen seien, sodass sich die Frist für den Eintritt der Genehmigungsfiktion auf drei Monate verlängere.

Nachdem die Beteiligte zu 3) gegenüber dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung mit Schreiben vom 04.08.2000 erklärt hatte, dass sie das Vorkaufsrecht gemäß § 4 RSG ausübe, hat die Genehmigungsbehörde die Genehmigung des Kaufvertrages vom 29.05.2000 mit Bescheid vom 22.08.2000 verweigert. Der Bescheid wurde dem Beteiligten zu 1) und dem Notar noch im August 2000 übersandt. Eine förmliche Zustellung hat die Genehmigungsbehörde nicht vorgenommen. Auch die Beteiligte zu 2) hat den Bescheid erhalten. Über den Zeitpunkt des Zugangs bei ihr streiten die Beteiligten.

Mit Schreiben vom 28.08.2000, bei der Genehmigungsbehörde eingegangen am 31.08.2000, hat der Beteiligte zu 1) und Antragsteller gegen die Versagung der beantragten Genehmigung Rechtsmittel eingelegt und gerichtliche Entscheidung beantragt.

Die auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG gestützte Versagung der Genehmigung hat der Beteiligte zu 1) mit der Begründung angegriffen, er benötige die gekauften Grundstücke zur Errichtung eines Marktfruchtbetriebes. Der am 27.05.1943 geborene Beteiligte, der aus einem kleinen landwirtschaftlichen Familienbetrieb stammt, jedoch den Beruf eines Tiefbauunternehmers ausübt, hat vorgetragen, er beabsichtige, nach dem Eintritt in den Ruhestand mit den bereits erworbenen und den noch hinzugekauften Flächen einen landwirtschaftlichen Betrieb zu errichten. Hierzu habe er bereits erhebliche Investitionen getätigt, indem er eine Wohnung zur Unterbringung landwirtschaftlicher Arbeiter und eine Scheune als Betriebsgelände erworben habe. Demgegenüber, so hat der Beteiligte zu 1) gemeint, sei die Agrargenossenschaft "E. " e.G. in Sch. , die die Flächen derzeit gepachtet hat, nicht auf den Zuerwerb angewiesen, zumal sie ein Interesse an dem Kauf vor dem Verfahren auch nicht bekundet habe. Außerdem hat er behauptet, dass der ablehnende Bescheid der Beteiligten zu 2) erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist zugegangen sei.

Das Landwirtschaftsgericht hat Beweis erhoben über das Erwerbsinteresse der Agrargenossenschaft "E. " e.G. und über den Zeitpunkt des Zugangs des ablehnenden Bescheids vom 22.08.2000 an die Beteiligte zu 2), durch Vernehmung des Geschäftsführers der Genossenschaft K. und der Beteiligten zu 2). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 24.01.2001 (Bl. 92 bis 94 d.A.) und vom 04.04.2001 (Bl. 132, 133 d.A.) Bezug genommen.

Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag des Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 19.04.2001, verkündet am 25.04.2001, abgelehnt und seine Einwendungen gegen die Ausübung des Vorkaufsrechtes durch die Siedlungsbehörde als unbegründet zurückgewiesen. Die beantragte Genehmigung sei zu versagen, da die Veräußerung der Grundstücke an den Antragsteller eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens zur Folge hätte. Es sei nicht erkennbar, dass er die konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absicht habe, einen leistungsfähigen Nebenerwerbsbetrieb der Landwirtschaft zu errichten, zumal die hierfür benötigten Flächen langfristig verpachtet seien und deshalb für den geplanten Betrieb nicht zur Verfügung stünden. Dagegen sei nach den Darstellungen ihres Geschäftsführers K. die Agrargenossenschaft "E. " e. G. in Sch. dringend auf den Erwerb des Landes angewiesen, um den Eigentumsanteil an den von ihr bewirtschafteten Flächen zu erhöhen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1), der seinen Vortrag zu den bereits getroffenen Vorkehrungen zur Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebes vertieft und im Übrigen darauf verweist, dass es sich bei einem erheblichen Teil der verkauften Grundstücke nicht um landwirtschaftliche Flächen handele. Nach seiner Ansicht sei deshalb ein Vorkaufsrecht nach dem RSG nicht gegeben, sodass die beantragte Genehmigung schon aus diesem Grunde nicht mehr habe versagt werden können. Außerdem bestreitet er erstmals, dass der Beteiligten zu 2) der Zwischenbescheid vom 21.06.2000 zugegangen sei.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts Stendal vom 19.04.2001 den Bescheid des Landkreises St. vom 22.08.2000 aufzuheben und den Grundstückskaufvertrag vom 29.05.2000 grundstücksverkehrsrechtlich zu genehmigen;

hilfsweise,

die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich des Grundstückskaufvertrages vom 29.05.2000 durch die L. mbH vom 04.08.2000 für unwirksam zu erklären.

Die Beteiligte zu 3) und die Genehmigungsbehörde beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, bei dem verfahrensgegenständlichen Veräußerungsvorgang handele es sich um eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden, die eine Versagung der Genehmigung rechtfertige. Der Verkauf widerspreche Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, da der Beteiligte zu 1) nicht Landwirt sei und das Siedlungsunternehmen das Vorkaufsrecht ausgeübt habe, um einen Weiterverkauf der Flächen an die Agrargenossenschaft "E. " e. G. zu ermöglichen, die auf die Flächen dringend angewiesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Beteiligte zu 2) ergänzend zu der Frage vernommen, wann ihr der ablehnende Bescheid vom 22.08.2000 zugegangen ist. Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.08.2001 (Bl. 188 bis 190 d.A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Der angefochtene Bescheid des Landratsamtes vom 22.08.2000 ist aus formellen Gründen unwirksam, denn bereits vor seinem Erlass war die Genehmigungsfiktion des § 6 Abs. 2 GrdstVG eingetreten.

1. Nach § 6 Abs. 1 GrdstVG ist die Entscheidung über die Genehmigung binnen eines Monats nach Eingang des Antrages und der Urkunde über das zu genehmigende Kaufgeschäft bei der örtlich zuständigen Genehmigungsbehörde zu treffen. Kann die Prüfung in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden oder hat die Genehmigungsbehörde eine Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrecht nach § 2 GrdstVG herbeizuführen, so ist vor Ablauf der Frist dem Veräußerer ein Zwischenbescheid zu erteilen. Durch den Zwischenbescheid verlängert sich die Frist von einem Monat auf zwei Monate und, falls die bezeichnete Erklärung herbeizuführen ist, auf drei Monate.

2. Der Zwischenbescheid vom 21.06.2000 ist den Beteiligten rechtzeitig zugegangen.

a) Ein Zwischenbescheid, der die Regelfrist von einem Monat auf drei Monate verlängern soll, muss dem Antragsteller und dem Veräußerer innerhalb der laufenden Frist zugegangen sein (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.1993, III ZR 104/92, NJW 1993, 3061, 3062). Anderenfalls muss die Genehmigung als erteilt angesehen werden. Ein nach dem Eintritt der Genehmigungsfiktion zugehender Bescheid oder eine Mitteilung der Genehmigungsbehörde ist rechtlich unbeachtlich (vgl. BGH, a.a.O. S. 3064).

b) Ob der Zwischenbescheid vom 21.06.2000 der Beteiligten zu 2) übersandt worden ist, was der Antragsteller im Beschwerdeverfahren erstmals bestreitet, bedarf allerdings keiner Aufklärung. Denn die - nicht in Frage gestellte - rechtzeitige Mitteilung an den Notar reicht aus, weil sie nach dem Willen der Kaufvertragsparteien in § 10 Abs. 3 Satz 2 des notariellen Vertrages vom 29.05.2000 vorgesehen war. Zur Wirksamkeit des Zwischenbescheides musste dieser nicht förmlich zugestellt werden (vgl. BGHZ 123, 1, 4 ff.).

3. Des Weiteren setzt die formelle Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides vom 22.08.2000 voraus, dass auch dieser Bescheid den Beteiligten rechtzeitig zugegangen ist. Einen rechtzeitigen Zugang an die Beteiligte zu 2) vermag der Senat nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme indes nicht festzustellen.

a) Die Fiktion der Genehmigung nach § 6 Abs. 2 GrdstVG greift auch dann ein, wenn die Genehmigungsbehörde innerhalb der in § 6 Abs. 1 GrdstVG genannten Frist den Versagungsbescheid zwar dem Käufer als Antragsteller, aber nicht dem Veräußerer mitteilt (vgl. BGH, Beschluss vom 15.02.1979, V BLw 3/78, NJW 1979, 2609, 2610).

Auch der Veräußerer soll nach § 2 Abs. 1 Satz 3 GrdstVG schon kurzfristig Gewissheit über die Genehmigung erlangen (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zum Grundstücksverkehrsgesetz, 3. Wahlperiode, BT-Druck-S. 2635 "zu § 2" und "zu § 6"). Um dies zu gewährleisten, verlangt das Gesetz nicht nur eine formlose Mitteilung, sondern eine Zustellung des Bescheids an den Veräußerer.

b) Die Zustellung des ablehnenden Bescheides an den Notar reicht im vorliegenden Fall nicht aus, um die formelle Wirksamkeit zu gewährleisten.

aa) Beschränken die Parteien eines Grundstückskaufvertrages die Zustellungsvollmacht des beurkundenden Notars auf die Empfangnahme eines stattgebenden Bescheides, ist ein versagender Bescheid dem Veräußerer persönlich zuzustellen (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 03.07.1997, 10 W 16/97, RdL 1997, 241, 242). Die Zustellung an den Notar erfüllt hier die Voraussetzungen einer Zustellung an den Veräußerer nicht. Grundsätzlich gilt zwar nach § 3 Abs. 2 Satz 2 GrdstVG der Notar, der den Vertrag beurkundet hat, auch als ermächtigt, die Genehmigung zu beantragen, mit der Folge, dass dann auch die Zustellung an den Notar als Bevollmächtigten des Veräußerers erfolgen kann (vgl. BGH, RdL 1963, 90). Die gesetzlich vermutete Vollmacht des Notars zur Empfangnahme der auf den Antrag ergehenden Entscheidung der Genehmigungsbehörde kann jedoch von den Beteiligten widerrufen oder auch eingeschränkt werden (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Köln, JMBl. NRW 1962, 284; OLG München, RdL 1972, 187).

bb) Eine derartige Beschränkung haben die Vertragsparteien ausdrücklich in § 10 Abs. 3 Satz 1 des Kaufvertrages vorgenommen. Die dort getroffene Regelung, dass die Versagung einer Genehmigung, Auflagen und Bedingungen den Beteiligten persönlich zuzustellen ist, schließt zweifelsfrei die Möglichkeit aus, ablehnende Bescheide wirksam über den beurkundenden Notar der Veräußererin zuzustellen.

c) Nach dem Ergebnis der in beiden Instanzen durchgeführten Beweisaufnahme bestehen nicht unerhebliche Zweifel an der Rechtzeitigkeit des Zugangs des Bescheids vom 22.08.2000 an die Beteiligte zu 2).

aa) Sie hat zwar am 02.02.2001 eine schon der Genehmigungsbehörde vorformulierte "Bestätigung" unterzeichnet, wonach sie den Bescheid "im August 2000" erhalten habe. In ihrer Aussage vor dem Landwirtschaftsgericht hat sie diese Angabe jedoch eingeschränkt und ausgesagt, ob ihr der Bescheid noch im August oder erst Anfang September zugegangen sei.

In ihrer Vernehmung durch den Senat hat die Beteiligte zu 2) ergänzend angegeben, dass sie den tatsächlichen Zeitpunkt des Zugangs anhand der ihr vorliegenden Unterlagen nicht mehr nachvollziehen könne. Insbesondere habe sie den Umschlag mit dem Poststempel nicht aufbewahrt. Sie könne sich nicht mehr daran erinnern, wann ihr der Bescheid zugegangen sei. Ihre Angabe, es könne auch Anfang September gewesen sein, hat die Beteiligte zu 2) insoweit erläutert, als sie damit das erste Drittel des September 2000 gemeint hat. Auf Nachfrage hat die Beteiligte zu 2) klargestellt, dass sie einen Zugang am 10.09.2000 aus den von ihr genannten Gründen nicht ausschließen könne. Nach der Aussage der Beteiligten zu 2) kann deshalb ein Zugang des Bescheids vom 22.08.2000 innerhalb der am 09.09.2000 abgelaufenen Frist nicht festgestellt werden.

bb) Auch den Akten des Landkreises lässt sich nicht entnehmen, wann der Bescheid durch die Behörde abgesandt wurde. Die Vertreterin der Genehmigungsbehörde hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass Eintragungen in einem Postausgangsbuch o. ä. nicht hätten ermittelt werden können. Allein aus der Mitteilung des Landkreises vom 30.08.2000 an den Notar, dass der erteilte ablehnende Bescheid nicht nur ihm, sondern auch der Veräußererin und dem Erwerber zugestellt worden sei, vermag die notwendige Überzeugung von der Rechtzeitigkeit des Zugangs nicht zu begründen. Zum einen belegt dies die tatsächliche Absendung des Bescheides an die Beteiligte zu 2) nicht. Zum anderen ist die Mitteilung auch in anderer Hinsicht falsch, nämlich insoweit, als dort eine Zustellung behauptet wird, während die Bescheide tatsächlich formlos übersandt worden sind. Schließlich wäre, auch wenn man von einer rechtzeitigen Absendung ausgehen wollte, damit der Zugang nicht erwiesen, weil auch Verzögerungen auf dem Postweg möglich sind.

d) Zweifel an der Rechtzeitigkeit des ablehnenden Bescheides haben dessen Unwirksamkeit zur Folge. Denn weist die Genehmigungsbehörde nicht nach, dass das Vorkaufsrecht durch Zustellung der Mitteilung seiner Ausübung an den Veräußerer (hier mit dem Ablehnungsbescheid verbunden) fristgerecht ausgeübt worden ist, ist die Ausübung des Vorkaufsrechts unwirksam und die Genehmigung nach dem GrdstVG gilt als erteilt (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.11.1992, 10 W (Lw) 4/92, RdL 1993, 102, 103).

III.

Obgleich der angefochtene Bescheid aus formellen Gründen unwirksam ist, weist der Senat darauf hin, dass die Beschwerde auch dann Erfolg gehabt hätte, wenn der Bescheid allen Beteiligten rechtzeitig zugegangen wäre. Denn ein Versagungsgrund nach § 10 Satz 1 RSG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG bestand nicht.

1. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG darf für die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes die Genehmigung nur versagt werden, wenn die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten würde. Nach Absatz 2 der Vorschrift liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Was eine "Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur" ist, an der der Kaufvertrag gemessen werden muss, hat der Gesetzgeber nicht erläutert. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Januar 1967 (BVerfGE 21, 73 = NJW 1967, 619), der sich der BGH in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BGHZ 94, 292, 294 und Beschl. v. 06.07.1990, BLw 8/88, NJW 1991, 107, 109) angeschlossen hat, lassen sich die Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur anhand der gemäß § 5 des Landwirtschaftsgesetzes vom 5. September 1955 (BGBl I S. 565) von der Bundesregierung zu erstattenden Agrarberichte ermitteln. Nach diesem Maßstab hat der BGH eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann angenommen, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt oder an einen Nebenerwerbslandwirt veräußert werden soll und ein Vollerwerbslandwirt das Grundstück dringend zur Aufstockung seines Betriebes benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist (vgl. BGHZ 94, 292, 295 m.w.N.; Beschl. v. 06.07.1990, BLw 8/88, NJW 1991, 107, 108).

2. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht allein darauf an, ob der Antragsteller in absehbarer Zeit einen leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieb einrichten oder wenigstens durch den Zuerwerb zu einem leistungsfähigen (Nebenerwerbs-)Betrieb i.S. der vorgenannten Rechtsprechung machen wird, worüber die Beteiligten streiten. Entscheidend ist vielmehr auch, ob ein Inhaber eines anderen, leistungsfähigen Betriebes auf den Landerwerb dringend angewiesen ist. Diese zweite Voraussetzung liegt hier nicht vor.

a) Der BGH hat ein solches dringendes Bedürfnis ohne weiteres in einem Fall angenommen, in dem der Betrieb des Landwirts, zu dessen Gunsten das Vorkaufsrecht ausgeübt worden ist, 53,71 ha umfasste, wovon nur 4,25 ha in seinem Eigentum standen, die restlichen Flächen aber angepachtet waren. Bei einem derartigen Missverhältnis zwischen Eigenland und Pachtlandanteil dient die Vergrößerung des Eigenlandanteils der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebs und damit der Verbesserung der Agrarstruktur (vgl. BGH, Beschl. v. 29.11.1996, BLw 10/96, AgrarR 1997, 191, 193).

b) Ein solches Missverhältnis liegt hier aber nicht vor. Ob die allein am Erwerb der streitgegenständlichen Flächen interessierte Agrargenossenschaft "E. " e.G. in der Lage wäre, andere brachliegende Flächen in der Nähe anzupachten, bedarf dabei keiner Aufklärung. Der von ihr geführte Betrieb bewirtschaftet 1.190 ha, wovon 223 ha in ihrem Eigentum stehen. Die hier streitigen Flächen von weniger als 9 ha machen nur etwa 0,75 % der von der Agrargenossenschaft bewirtschafteten Fläche aus. Bei diesen Größenverhältnissen könnte auch der Umfang der - bereits vergleichsweise großen - Eigentumsflächen nicht nennenswert erhöht werden, zumal es sich überwiegend nicht um Ackerland, sondern um Grünland handelt (ebenso verneinend für 220 ha zu 7 ha: OLG Frankfurt, Beschl. v. 05.05.2000, RdL 2000, 188, 189).

c) Zwar kann nicht grundsätzlich angenommen werden, dass ein bestehender Betrieb auf kleine Flächen nicht angewiesen sein kann. Stellt aber der erstrebte Zuerwerb einen derart kleinen Anteil an der Nutzfläche eines sehr großen Betriebes (über 1.000 ha) dar, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dieser große Betrieb auf den verhältnismäßig geringfügigen Zuerwerb dringend angewiesen ist. Vielmehr müssten weitere Umstände vorliegen, die einen Zuerwerb in dem dargestellten Umfang ausnahmsweise als dringlich erscheinen lassen. Solche Umstände sind im vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Agrargenossenschaft auf Grund besonderer Charakteristika oder der Lage der Grundstücke auf diese trotz ihrer geringen Größe angewiesen sein könnte. Es kommt hinzu, dass die Agrargenossenschaft als einzig mögliche Erwerberin ein Verkaufsangebot der Beteiligten zu 2) zunächst abgelehnt hatte und während des Genehmigungsverfahrens auch nicht als Kaufinteressent benannt worden ist. Erst auf Grund der Intervention der Genehmigungsbehörde im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hat sie ihr Interesse an den streitgegenständlichen Flächen bekundet.

3. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht darauf angekommen, ob die Behauptung des Antragstellers zutrifft, er werde in zwei Jahren mit den bereits erworbenen Flächen einen leistungsfähigen landwirtschaftlichen Betrieb eröffnen können.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 42 Abs. 2, 45 LwVG.

Ende der Entscheidung

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