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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 04.10.2001
Aktenzeichen: 3 U 34/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Zur Unverzüglichkeit der Rüge geheimer (verborgener) Mängel nach den Deutschen Kartoffelgeschäftsbedingungen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 34/01 OLG Naumburg

verkündet am: 04. Oktober 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kleist, den Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und den Richter am Amtsgericht Thole

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 02.05.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg - Geschäftszeichen: 10 O 2947/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 130.000,00 DM abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Berufungsstreitwert und die Beschwer für den Beklagten betragen jeweils 80.570,68 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt den Kaufpreis in unstreitiger Höhe für die Lieferung von Pflanzkartoffeln, der Beklagte verteidigt sich mit Schadensersatzansprüchen aus Gewährleistungsgesichtspunkten.

Der Beklagte bestellte am 05. März 1999 Pflanzkartoffeln der Marke Forelle und Sava. Die Klägerin bestätigte den Auftrag am selben Tag schriftlich. Dem so zustandegekommenen Kaufvertrag lagen auch ausweislich der Auftragsbestätigung (Bl. 10 d. A.) die allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen für Pflanzkartoffeln sowie Deutschen Kartoffelgeschäftsbedingungen (Berliner Vereinbarung) sowie die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu Grunde. Letztere sehen in V. vor, dass der Käufer verdeckte Mängel unverzüglich, spätestens jedoch am 2. Geschäftstag nach Feststellung der Klägerin anzuzeigen hat. In Ziff. VI. ist geregelt, dass Zahlungen unverzüglich nach Rechnungserhalt zu erfolgen haben und die wechselseitigen Forderungen in ein Kontokorrentkonto nach HGB eingestellt würden. Auf dem Kontokorrentkonto waren die einzelnen Schuldsalden zum banküblichen Zinssatz, mindestens jedoch 4 % über dem Leitzins, zu verzinsen.

Nach der Lieferung der Pflanzkartoffeln legte die Klägerin 4 Rechnungen vom 04. August 1999, die alle zum 14. August 1999 fällig gestellt waren und sich auf insgesamt 99.226,45 DM belaufen. Weil der Beklagte nicht zahlte, mahnte die Klägerin unter dem 27. August, 24. September und 29. Oktober 1999. In der letzten Mahnung berechnete die Klägerin für den Zeitraum vom 14. August 1999 bis 30. September 1999 Zinsen in banküblicher Höhe von 12 % auf den Kaufpreis mit 1.521,47 DM.

Anlässlich einer Handelsklassenkontrolle der Bezirksregierung Hr. wurde am 21. September 1999 festgestellt, dass die vom Beklagten in den Handel gebrachten Kartoffeln der Sorte Forelle mit solchen der Sorte Linda vermischt waren, weshalb die Ernte des Beklagten aus dem Handel genommen werden musste (Bl. 101 d. A.).

In der Folgezeit wurden einige Untersuchungen, u. a. durch die Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Hl. , über die vom Beklagten gelieferten Kartoffeln angestellt, die ebenfalls ergaben, dass die Sorte Forelle mit Linda vermischt war. Der Beklagte, der nach unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin spätestens Ende September 1999 von dem Ergebnis der Untersuchungen und damit der Vermischung Kenntnis hatte (Bl. 126 d. A.), sprach der Klägerin gegenüber erstmals mit Schreiben vom 15. November 1999 (Bl. 19 d. A.) eine entsprechende Reklamation aus.

Die Klägerin behauptet, sie habe sortenrein geliefert, eine Sortenvermischung bei ihr sei ausgeschlossen. Weil daher kein Mangel der Kartoffeln vorliege, könne der Beklagte mit Gewährleistungsansprüchen nicht durchdringen. Hilfsweise beruft sich die Klägerin auf den Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen infolge verspäteter Mängelrüge.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 100.747,92 DM nebst Verzugszinsen in Höhe von 4 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank auf 99.226,45 DM ab dem 01.10.1999 sowie 30,00 DM vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte, der in der Sitzung vom 28. März 2001 die Klagforderung in Höhe von 18.655,77 DM anerkannt hat und insoweit antragsgemäß durch Teilanerkenntnisurteil verurteilt worden ist, hat im Übrigen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, die von der Klägerin gelieferten Pflanzkartoffeln Forelle seien mangelhaft gewesen, weil sie nicht sortenrein gewesen seien. Daher sei seine Ernte der Kartoffel Forelle mit Linda gemischt gewesen und infolge dessen vom Markt genommen worden, letztendlich hätten die Kartoffeln vernichtet werden müssen. Der Beklagte trägt vor, dass und warum bei ihm eine Sortenvermischung ausgeschlossen war und erklärte die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen in Höhe von 80.570,73 DM, die sich aus der Vernichtung der Ernte ergäben. Wegen der Berechnung der Schadensersatzforderung im Einzelnen wird auf Seite 3 ff. des Schriftsatzes vom 11. Dezember 2000 (Bl. 74 ff. d. A.) verwiesen.

Das Landgericht hat durch die angefochtene Entscheidung den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 80.570,68 DM nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen zurückgewiesen.

Gegen das ihm am 10. Mai 2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt und das Rechtsmittel in der verlängerten Frist begründet.

Der Beklagte behauptet, das Landgericht habe den Sachverhalt nicht ordentlich ermittelt. Wie sich aus der Anlage K 20 des Schriftsatzes der Klägerin vom 05.09.2000 ergebe, habe die Bezirksregierung Bg. bei einer Handelsklassenkontrolle im Sparmarkt in Hu. am 21.09.1999 eine Sortenvermischung festgestellt. Diese Feststellung beruhe auf einem Prüfbericht der LUFA vom 30.09.1999. Die Feststellung der Sortenvermischung werde nochmals im Schreiben vom 12.10.1999 der LUFA an die Bezirksregierung Hr. bestätigt. Die Bezirksregierung Bg. habe mit Schreiben vom 03.11.1999 an die Berg-quell-Naturhöfe in D. , die Firma, die die Kartoffeln des Beklagten vertreibe, die Sortenvermischung gerügt. Das Schreiben sei dort am 05.11.1999 eingegangen und unverzüglich an den Beklagten bzw. die Betriebsstätte in M. weitergereicht worden. Mit Schreiben vom 15.11.1999, also längstens innerhalb einer Woche habe der Beklagte die Sortenvermischung gerügt.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Klage abzuweisen,

hilfsweise beantragt er,

den Rechtsstreit an das Landgericht Magdeburg zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, der Beklagte habe mindestens 12 Tage vor seinem Schreiben vom 15.11.1999 Kenntnis von den festgestellten Mängeln bei den Saatkartoffeln gehabt. Seine Mängelrüge sei daher verspätet und zwar auch in Bezug auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Raiffeisen Hauptgenossenschaft Nord AG (HAGE). Denn dort sei festgelegt, dass verdeckte Mängel spätestens am 2. Geschäftstag nach Feststellung angezeigt werden müssten.

Im Übrigen habe sie die Vermischung der Kartoffelsorten nicht zu vertreten.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, denn sie ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden. Sie hat keinen Erfolg, denn das Landgericht hat eine im Ergebnis zutreffende Entscheidung getroffen.

Zwar kritisiert der Beklagte zu Recht, dass er entgegen der angefochtenen Entscheidung schon nach dem klägerischen Vortrag nicht bereits Ende September 1999 Kenntnis von der Sortenunreinheit der ihm von der Klägerin im März 1990 gelieferten Saatkartoffeln gehabt haben konnte. Denn der Prüfbericht der LUFA Hl. vom 30.09.1999 und mit gleichem Inhalt vom 12.10.1999 ist zunächst zur Bezirksregierung Hr. am 13.10.1999 und von dort aus zur Bezirksregierung Bg. gelangt. Diese hat mit Schreiben vom 03.11.1999 an die B. in D. , bei welcher die Kartoffeln des Beklagten gelagert und von dort im Auftrage des Beklagten vertrieben werden, die Sortenvermischung gerügt. Dieses Schreiben ist nach dem Eingangsstempel dort am 05.11.1999, einem Freitag, angelangt und nach Auffassung des Beklagten unverzüglich an ihn weitergeleitet worden. Demnach konnte der Beklagte nicht schon Ende September 1999 Kenntnis von der Sortenunreinheit haben und Mängelrüge erheben. Dass allerdings ändert nichts daran, dass der Beklagte dennoch nicht unverzüglich nach Feststellung der Sortenunreinheit Mängelrüge erhoben hat. Mängel der Sortenreinheit sind nach der Definition in § 16 Abs. 3 Deutsche Kartoffelgeschäftsbedingungen ein geheimer (verborgener) Mangel.

Die Richtigkeit des Beklagtenvortrags, er habe am 08. oder 09.11.1999 das von der Bezirksregierung Bg. an die B. gerichtetes Schreiben vom 03.11.1999 erhalten, unterstellt, erfolgte die Mängelrüge mit Schreiben vom 15.11.1999 verspätet, da nicht unverzüglich. Denn nach § 15 Abs. 7 der genannten Kartoffelgeschäftsbedingungen - diese allgemeinen Bedingungen haben die Streitparteien zum Inhalt ihres Vertrages erhoben, was sie, auch wenn der Beklagte nur Minderkaufmann ist, angesichts ihrer Dispositionsfreiheit auch durften - sind geheime Mängel unverzüglich nach ihrer Feststellung zu rügen. Unverzüglich ist dabei im Hinblick auf die abgestuften Regelungen in den Deutschen Kartoffelgeschäftsbedingungen zur Rüge von unterschiedlichen Mängeln insbesondere im Hinblick auf § 15 Abs. 6, der für verdeckte Mängel einen Zeitraum von spätestens 5 Werktagen nach Feststellung festlegt, jedenfalls ein Zeitraum unterhalb von fünf Werktagen.

Selbst dann, wenn man als Eingang des Schreibens der Bezirksregierung Bg. vom 03.11.1999 auf den 09.11.1999 annehmen würde, wie vom Beklagten behauptet - dagegen sprechen allerdings die allgemein üblichen Postlaufzeiten - hätte der Beklagte früher als am 15.11.1999 Mängelrüge erheben müssen, um die geforderte Unverzüglichkeit für sich in Anspruch nehmen zu dürfen.

Da die Mängelrügefrist nicht eingehalten worden ist, kann der Beklagte berechtigt Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin wegen der Mängel nicht erheben.

Die übrigen Entscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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