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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 08.11.2005
Aktenzeichen: 3 U 41/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
Ist im Grundstückskaufvertrag vereinbart, die in einem neuen Baugebiet gelegene Liegenschaft werde erschlossen verkauft, so schuldet der Verkäufer das vollständig erschlossene Grundstück spätestens zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Er kann sich im Verhältnis zu den Käufern nicht auf öffentlich-rechtliche Vorschriften oder Verträge stützen, wonach das Grundstück trotz ausstehender Fertigstellung der Erschließungsanlagen als erschlossen gilt bzw. die Erschließung erst nach vollständiger Bebauung abzuschließen ist, wenn der erreichte Erschließungszustand hinter der privatrechtlichen Abrede im Grundstückskaufvertrag zurück bleibt. Vielmehr sieht sich der Verkäufer Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt, die zu einer Minderung des Kaufpreises führen können.

Dem Käufer mag in einem solchen Fall mit Blick auf die Gefahr der Beschädigung von Erschließungsanlagen in der Bebauungsphase des Gebiets nach § 242 BGB die Hinnahme unfertiger Anlagen für einen Übergangszeitraum zuzumuten sein. Mehr als 8 Jahre, ohne Aussicht auf Fertigstellung sind aber bei weitem zu lang.

Zur Auslegung eines vertraglichen Gewährleistungsausschlusses.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 41/05 OLG Naumburg

verkündet am: 8. Nov. 2005

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Schadensersatzes aufgrund Nichterfüllung u.a.,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2005 unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Hellriegel, Krause und Thole für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 17. Mai 2005 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.229,27 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5. August 2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 6.654,34 € festgesetzt.

Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO abgesehen.

Gründe:

[ A ]

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache zum Teil Erfolg, während sich das zulässige Anschlussrechtsmittel des Beklagten als unbegründet erweist. Für die rechtliche Beurteilung des auf dem Grundstückskaufvertrag vom 30. August 1997 <Bd. I Bl. 13-20 d.A.> beruhenden Streitverhältnisses der Parteien kommt es auf das bis zum 1. Januar 2002 maßgebliche Recht an (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I. Berufung:

Das angefochtene Urteil vom 17. Mai 2005 beruht hinsichtlich des Rückzahlungsbegehrens der Kläger i.H.v. 4.303 € auf einer Rechtsverletzung, hält aber im Übrigen wegen der nicht zugesprochenen Anwaltskosten i.H.v. 925,07 € sowie mit Blick auf das Feststellungsbegehren einer rechtlichen Nachprüfung durch den Senat stand. Nach § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen, die weitergehend zugunsten der Kläger streiten, sind nicht ersichtlich (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Die Kläger haben gegen den Beklagten Anspruch auf Rückzahlung eines Teils des auf die Erschließung entfallenden Kaufpreises i.H.v. 4.303 € aus §§ 433 Abs. 1 Satz 1, 459 Abs. 1 Satz 1, 446 Abs. 1 Satz 1, 462, 465, 472 Abs. 1 BGB a.F. Sie berufen sich zu Recht (hilfsweise) auf die Minderung des Kaufpreises.

Das Landgericht hat Ansprüche aus § 326 Abs. 1 BGB a.F., § 463 BGB a.F., positiver Vertragsverletzung (pVV), Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherungsrecht und § 242 BGB (Vertragsanpassung aufgrund des Fehlens, der Änderung oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage) geprüft und keine Rechtsgrundlage ersehen können, aufgrund derer die Kläger vom Beklagten die Rückzahlung des auf nicht erbrachte Erschließungsleistungen entfallenden Kaufpreisanteils von 4.053 € und 250 € <Bd. I Bl. 6, 154 d.A.> verlangen könnten. Dabei hat die Einzelrichterin die kaufvertragliche Beziehung der Parteien weitestgehend unerörtert gelassen und sich insbesondere nicht mit der Frage beschäftigt, ob der Beklagte den Klägern ein mit einem Mangel behaftetes Grundstück verschafft hat und sich deshalb berechtigten Sachmängelgewährleistungsansprüchen ausgesetzt sieht, die zumindest nach Gefahrübergang einen Rückgriff auf §§ 320 ff. BGB a.F., insbesondere § 326 BGB a.F. ausschließen.

Nach § 459 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. haftet der Beklagte den Klägern dafür, dass das Grundstück zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. In diesem Sinne ist die Kaufsache fehlerhaft, wenn ihre physische Beschaffenheit von dem vertraglich Vereinbarten abweicht. Dabei werden auch Eigentümlichkeiten, die in der Beziehung der Sache zur Umwelt begründet sind und sich z.B. aus der Erschließung eines Grundstücks ergeben (OLG Hamm, Urteil vom 18. März 2002, 22 U 86/00 = OLGR 2002, 281-282; OLG Bamberg, Urteil vom 16. Oktober 2002, 3 U 128/01 = OLGR 2003, 152-154), als Sachmangel behandelt (Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., § 459 Rdn. 3). Weichen sie von der vertraglichen Vereinbarung ab, liegt ein zum Mangel führender Fehler vor. Ein Baugebiet ist erst dann für Wohnzwecke in vollem Umfang nutzbar, wenn es für den Verkehr, technisch und sozial erschlossen ist.

Hier ist zwischen den Parteien vereinbart, dass das Grundstück erschlossen verkauft wird und im Kaufpreis die Kosten für die äußere Erschließung mit Gas, Wasser, Abwasser, Strom, Telekom, Kabelanschluss und Zuwegung (Straße mit Gehweg) enthalten sind (Ziff. III.4. des Vertrages). Ein mit diesen Erschließungsmerkmalen versehenes Grundstück ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs, mithin der Eigentumsverschaffungspflicht des Beklagten (BFH, Urteil vom 15. März 2001, II R 39/99 = BFHE 194, 452). Dafür, dass nach dem Willen der Parteien die Erschließung erst nach Gefahrübergang vorhanden sein sollte (so aber wohl im Falle OLG Naumburg, Urteil vom 18. Januar 2000, 11 U 159/99 = OLGR 2000, 310-311), gibt es keinen Anhaltspunkt. Der ausdrücklich im Vertrag enthaltene Hinweis, das Grundstück werde erschlossen verkauft, lässt auf eine Beschaffenheitsvereinbarung schließen, die sich regelmäßig auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs bezieht.

§ 123 Abs. 2 BauGB, wonach die Erschließungsanlagen spätestens zum Zeitpunkt der Fertigstellung der anzuschließenden baulichen Anlage benutzbar sein sollen, also nicht fertig gestellt sein müssen, und die Bestimmungen des Erschließungsvertrages (§ 5 Abs. 5 <Bl. 53-59 d.A.>), die eine endgültige Fertigstellung erst nach Beendigung der Baumaßnahmen vorsehen, lassen zivilrechtlich keine andere Wertung zu. Für das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung und die Frage der Mangelhaftigkeit kommt es ausschließlich auf die Parteivereinbarungen an. Öffentlich-rechtliche Vorschriften oder Verträge, noch dazu wenn sie sich auf das Verhältnis von Dritten (Erschließungsträger und Gemeinde) beziehen, entfalten nur dann Wirkungen auf den Grundstückskauf, wenn sie in irgendeiner Weise zum Gegenstand der Vereinbarungen gemacht worden sind. Dafür gibt der Vertrag der Parteien nichts her. Ziff. III.4. des Grundstückskaufvertrages ist vom Empfängerhorizont her so auszulegen, wie die Käufer die Bestimmung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zu verstehen hatten (normative Auslegung - §§ 133, 157 BGB). Danach war den Klägern ohne jede Einschränkung ein erschlossenes Grundstück versprochen. Welche Erschließungsanlagen davon betroffen waren, ergibt sich aus Ziff. III.4. Satz 2 des Vertrages. Es ging um Gas, Wasser, Abwasser, Strom, Telekom und Kabelanschluss sowie das Regenrückhaltebecken. So hatte der Beklagte zu liefern. Er kann sich nicht unter Hinweis darauf, dass das Grundstück öffentlich-rechtlich als erschlossen gilt (was sicher zutreffend ist) und erst unter weitergehenden Voraussetzungen eine Fertigstellung der Erschließungsanlagen in Betracht kommt, teilweise oder für eine nicht absehbare Zeit gegenüber seinen Vertragspartnern von vertraglich übernommenen Pflichten freizuzeichnen suchen. Es war Sache des Beklagten, seine privatrechtlichen Pflichten mit den öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen ihrer Erfüllung in Übereinstimmung zu bringen, genau wie es seinem unternehmerischen Risiko unterfällt, das Baugebiet gewinnbringend zu vermarkten. Für die Käufer ergab sich hieraus bestenfalls die Pflicht, vorerst aus dem Mangel keine Rechte herzuleiten, weil z.B. die Aufbringung der Schwarzdecke erst nach Ende der Bauarbeiten Sinn machte (§ 242 BGB). Den Mangel selbst schließt das nicht aus, bringt vielmehr schon im Vertrag den Vorbehalt i.S.v. § 464 BGB zum Ausdruck.

In diesem Sinne ist auch der Hinweis des Landgerichts auf § 460 BGB a.F. verfehlt. Ist, wie sich aus Ziff. III.4.Satz 1, III.5.Satz 1, 4 u. 5 des Vertrages ergibt, verabredet, das beim Kaufvertragsabschluss nur teilweise erschlossene Grundstück werde bis zum Gefahrübergang erschlossen sein, kommt § 460 Satz 1 BGB a.F. nicht zur Anwendung (Erman/Grunewald, § 460 Rdn. 9; Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 460 Rdn. 8; Jauernig/Vollkommer, BGB, 9. Aufl., § 460 Rdn. 1).

Ebenso wenig kommt der Gewährleistungsausschluss in Ziff. II.1.Satz 3 des Vertrages zum Tragen. Die Reichweite eines vertraglichen Gewährleistungsausschlusses ist durch Auslegung zu ermitteln (Erman/Grunewald, BGB, 11. Aufl., § 444 Rdn. 2). Maßgeblich ist der objektive Empfängerhorizont des Erwerbers. Von diesem Standpunkt aus betrachtet ergeben sich für die Kläger bereits aus der Systematik des Vertrages Zweifel, ob sich die Freizeichnung für Sachmängel auch auf die vereinbarte Erschließung bezieht. Die Erschließungsregelung in Ziff. III. folgt dem Gewährleistungsausschluss in Ziff. II. nach. Entscheidend tritt die in Aussicht genommene (weitere) Erschließung hinzu. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war das Grundstück zumindest noch nicht vollständig erschossen. Die Erschließung sollte erst nachfolgend abgeschlossen und hierzu ein Teil des von den Klägern gezahlten Kaufpreises verwendet werden. Es wurde daher nicht im Zustand bei Vertragsabschluss verkauft. Unter diesen Bedingungen ist nicht anzunehmen, dass sich die Parteien auch mit Blick auf die noch ausstehende Erschließung auf einen Gewährleistungsausschluss verständigen wollten (BGH, Urteil vom 24. Januar 2003, V ZR 248/02 = NJW 2003, 1316-1317).

Die bisher unstreitig nicht vollständig abgeschlossenen Erschließungsarbeiten der Gemeinde bzw. des Erschließungsträgers ziehen so Minderungsansprüche der Käufer nach sich (§ 462 BGB), da Wandlung nicht verlangt und ein Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung nach § 463 BGB a.F. nicht gegeben ist. Der Erschließungszustand des Grundstücks ist nicht zugesichert und der Beklagte hat nichts arglistig verschwiegen. Allein der Kaufpreis ist in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertrages der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde (§§ 462, 465, 472 BGB a.F.). Die Minderung kann anhand der Kaufpreisrelevanz noch ausstehender Arbeiten berechnet werden. Welche Kosten die Gemeinde für den Endausbau ansetzen wird, wenn sie ihn denn durchführt, ist für die Minderung des Kaufpreises ohne Bedeutung.

Auf einen Schaden der Kläger kommt es - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht an. Es mag sein, dass die Stadt M. das Grundstück der Kläger als erschlossen betrachten darf und betrachtet. Der vertraglich geschuldete Erschließungszustand ist aber unstreitig nicht erreicht. Es fehlen die Fußwege, der endgültige Straßenbelag und der TV-Kabelanschluss. Vor diesem Hintergrund ist nicht einmal auszuschließen, dass sich in naher Zukunft eine Fertigstellungspflicht der Gemeinde zumindest hinsichtlich der Straße ergibt, was dann mit Beitragspflichten der Kläger einhergeht. Inwieweit die Stadt auf gegebene Sicherheiten zurückgreifen wird und welche Konsequenzen das für den Beklagten und die Kläger hat, ist an dieser Stelle nicht entscheidend. Allein maßgeblich ist die Tatsache, dass der Beklagte ein mangelhaftes Grundstück verkauft hat und die hierdurch verursachte Minderung des Kaufpreises hinnehmen muss. Wie er dies mit dem Erschließungsträger und der Gemeinde regelt, ist für den Anspruch der Käufer ohne Bedeutung.

Der den Klägern zuzumutende Zeitraum provisorischer Erschließungsanlagen ist bei weitem überschritten. Die Gefahr ging am 15. Oktober 1997 auf die Kläger über (Ziff. IV.1. des Vertrages). Damit sind mehr als 8 Jahre vergangen, in denen die Erschließungsanlagen hätten fertig gestellt sein müssen. Ein längeres Hinnehmen provisorischer Zustände war und ist unter Beibehaltung des vereinbarten Kaufpreises nicht mehr zu akzeptieren, zumal ein Abschluss der Erschließung nicht in Aussicht steht.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Abweisung des Feststellungsbegehrens der Kläger.

Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, es bestehe auf Seiten der Kläger kein Feststellungsinteresse. Der Beklagte habe sich im Vertrag verpflichtet, die Erschließungskosten zu tragen. Diese Verpflichtung bestreite er nicht.

Das ist rechtlich unzutreffend.

Zunächst übersieht das Landgericht, dass sich der Beklagte beispielsweise vehement gegen die Erstattung der verauslagten Abwasserbeiträge wendet. Schon dieses Verhalten lässt an seinem Willen zur Vertragserfüllung zweifeln. Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an. Die Einzelrichterin verkennt bereits den Gegenstand des Feststellungsantrages. Es geht den Klägern nicht darum, zukünftige Erschließungsbeiträge vom Beklagten erstattet zu erhalten. Diese drohen angesichts des Erschließungsvertrages zwischen der Gesellschaft des Beklagten und der Gemeinde derzeit nicht (§§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2; 129 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BauGB i.V.m. dem Erschließungsvertrag vom 10. Februar 1994 <Bd. I Bl. 53-59 d.A.>). Die Kläger wollen eine weitergehende Schadensersatzverpflichtung des Beklagten festgestellt sehen, weil nach ihrer Rechtsauffassung die vertragliche Herstellungsverpflichtung des Beklagten nach fruchtloser Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entfallen ist. Dafür ist das Feststellungsinteresse i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO zu bejahen.

Woran es tatsächlich fehlt, ist der festzustellende Anspruch. Der Beklagte ist den Klägern nicht zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet. Aus dem Vertrag der Parteien ergibt sich keine, auf die Herstellung der Erschließungsanlagen durch den Verkäufer gerichtete Vereinbarung (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 18. Januar 2000, 11 U 149/99 = OLGR 2000, 310-311). Der Beklagte schuldet nur das erschlossene Grundstück. Die Erschließung selbst hat er nicht zu erbringen. Die Ansprüche der Kläger ergeben sich demnach allein aus dem Kaufrecht und dort aus den Vorschriften über die Sachmängelgewährleistung. Nach Gefahrübergang ist der Käufer auf Gewährleistungsansprüche beschränkt (Erman/Grune-wald, BGB, 10. Aufl., vor § 459 Rdn. 5). Die dortigen Rechtsbehelfe legen allein fest, unter welchen Bedingungen dem Käufer ein Schadensersatzanspruch zusteht (Erman/Grunewald, vor § 459 Rdn. 9). Diese, aus § 463 BGB a.F. hervor gehenden Anspruchsvoraussetzungen liegen nicht vor.

Die Klage ist deshalb - entgegen der Auffassung des Landgerichts - als unbegründet abzuweisen, was kein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot ist (Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 528 Rdn. 18 m.w.N.).

3. Aus entsprechenden Gründen hat das Landgericht den Klägern im Ergebnis zu Recht den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Form der Gebühren anwaltlicher Tätigkeit versagt.

Das mit Blick auf § 118 Abs. 2 Satz 2 BRAGO (vgl. § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG) problematische Rechtsschutzbedürfnis der Kläger an der Geltendmachung der Anwaltskosten (vgl. Palandt/Heinrichs, § 249 Rdn. 38) ist deshalb anzunehmen, weil neben den anteiligen Kosten der Kläger auch Aufwendungen anderer Grundstückserwerber geltend gemacht sind, die nicht im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden können.

Kosten der Geltendmachung eines nicht auf Schadensersatz gerichteten Anspruchs, nur darum kann es nach dem oben Gesagten (Ziff. 2.) gehen, sind vom Schuldner lediglich unter den Voraussetzungen des Verzuges, der nicht dem Gewährleistungsrecht unterfallenden Pflichtverletzung, der unerlaubten Handlung oder der Geschäftsführung ohne Auftrag zu erstatten (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 249 Rdn. 38). Derartige Ansprüche stehen den Klägern nicht zu. Es lag kein Verzug mit der Erschließung vor, weil der Beklagte eine Erschließung nicht schuldet. Alles andere ist eine Frage der Gewährleistung.

Was das Landgericht unberücksichtigt ließ, ist der Verzug des Beklagten mit der Erstattung der ebenfalls im Anwaltsschreiben vom 6. August 2003 <Bd. I Bl. 23-24 d.A.> geltend gemachten Abwasserbeiträge (§§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.), der sich zumindest für die Kläger und Frau K. aus den Schreiben vom 18. März 2002 <Bd. I Bl. 21 d.A.> und 24. April 2002 <Bd. I Bl. 22 d.A.> ergibt. Verzug des Beklagten im Falle der Eheleute G. , B. und F. , für die ebenfalls anwaltlich auf Zahlung gedrungen wurde <Bd. I Bl. 24 d.A.>, ist dem entgegen genauso wenig ersichtlich, wie die Abtretung der Ersatzansprüche durch die Eheleute B. und F. sowie das Betroffensein des auf Zahlungsverzug zurück gehenden Schadensersatzanspruches von den Abtretungserklärungen der Frau K. <Bd. I Bl. 71 d.A.> und der Eheleute G. <Bd. I Bl. 69 d.A.>. Auf diese Schlüssigkeitshindernisse kommt es im Ergebnis aber nicht an.

Nach dem Inhalt der Abtretungserklärungen wurde anwaltlich Hilfe vorgerichtlich nur deshalb in Anspruch genommen, weil es auch um die Herstellung noch ausstehender Erschließungsanlagen ging. Besteht insoweit kein Schadensersatzanspruch, ist für die Frage des Anwaltskostenersatzes allein auf den Zahlungsanspruch abzustellen. Für dessen Durchsetzung bedurfte es keiner weitergehenden vorgerichtlichen Anwaltstätigkeit. Anwaltskosten sind nur in dem Umfang zu erstatten, als sie sich zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig erweisen (Palandt/Heinrichs, § 249 Rdn. 39 m.w.N.). Das ist für eine Zahlungsaufforderung zu verneinen, weil die Kläger und die anderen Eigentümer schon zuvor selbständig in der Lage waren bzw. zur Begründung des Verzuges in der Lage gewesen sein müssen, den Beklagten zur Zahlung anzuhalten.

Eine weitere Zahlungsaufforderung musste zudem nicht durch den Gerichtsvollzieher zugestellt werden.

II. Anschlussberufung:

Die Anschlussberufung des Beklagten bleibt erfolglos. Soweit das Landgericht den Klägern einen Anspruch auf Erstattung verauslagter Abwasserbeiträge i.H.v. 926,27 € zugesprochen hat, ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.

Ist im Vertrag geregelt, im Kaufpreis seien die Kosten für die Erschließung u.a. für Abwasser enthalten (vgl. Ziff. III.4.Satz 2 des Vertrages), hat der Verkäufer auch die nach der Übergabe des Grundstücks fällig werdenden Erschließungskosten zu tragen (BGH, Urteil vom 2. Juli 1993, V ZR 157/92 = NJW 1993, 2796-2797; OLG Hamm, Urteil vom 5. Mai 1988, 22 U 297/87 = NJW-RR 1989, 335-336). Den Klägern erwächst hieraus ein Erstattungsanspruch, wenn sie die vom Beklagten aufzubringenden Abwasserbeiträge, was unstreitig geschehen ist, gezahlt haben.

Zu Unrecht zieht der Beklagte die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung durch den Abwasserzweckverband in Zweifel. Als Verwaltungsakte entfalten die Beitragsbescheide für die Zivilgerichte Tatbestandswirkung, d.h. sie sind als staatlicher Hoheitsakt mit dem von ihnen in Anspruch genommenen Inhalt zu beachten und der eigenen Entscheidung zugrunde zu legen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1978, VI ZR 43/77 = BGHZ 73, 114-120; Urteil vom 19. Juni 1998, V ZR 43/97 = NJW 1998, 3055-3056; BVerwG, Urteil vom 28. November 1986, 8 C 122-125/84 = NVwZ 1987, 496-498). Der Beklagte kann den Klägerin nur ein "Mitverschulden" analog § 254 Abs. 2 BGB entgegen halten, wenn diese Anlass hatten, die Beitragsrechnung anzufechten. Hierfür vermag der Senat allerdings keine Anhaltspunkte sehen.

Die mit dem Anschluss an die zentrale öffentliche Abwasseranlage verbundenen Abwasserbeiträge richten sich nach der Satzung des Abwasserzweckverbandes. Regelmäßig unterliegt danach das Grundstück spätestens dann der Beitragspflicht, wenn es an die zentrale öffentliche Abwasseranlage angeschlossen wird. Die Beitragspflicht entsteht mit der betriebsfertigen Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasseranlage für das zu entwässernde Grundstück. Der mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme der vom Verband hergestellten öffentlichen Einrichtung einher gehende besondere wirtschaftliche Vorteil ist mit der Errichtung des betriebsfähigen Haus- und Grundstücksanschlusses, also sobald Abwasser vom Grundstück in die Kläranlage gelangen kann, gegeben (OVG Magdeburg, Beschluss vom 26. September 1996, A 2 S 122/96 - zitiert in juris; VG Dessau, Urteil vom 16. Juli 1998, A 1 K 736/97 - zitiert in juris). Wo der öffentliche Teil der Anlage beginnt, also die Einleitung stattfindet, ist unerheblich (Senat, Urteil vom 4. Oktober 2005, 3 U 23/05).

Der Beklagte irrt, wenn er vorträgt, der Abwasserzweckverband dürfe aufgrund unzumutbarer Doppelbelastung die Kläger nicht zu Beiträgen heranziehen. Es geht bei den der Höhe nach unstreitigen Beiträgen nicht um die Abwasserleitungen in der Straße der Kläger bzw. im Wohngebiet. Abgerechnet ist lt. Beitragsbescheid <Bl. 27/28 d.A.> ausschließlich der nach wie vor beitragsfähige Aufwand für die Herstellung der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage <Bl. 7 d.A.>. Diese Beiträge sind nur ablösbar. Eine dahingehende Vereinbarung ist an keiner Stelle vorgetragen.

Die Kläger hatten daher keinen Anhaltspunkt für die Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides. Einen Anwalt mussten sie zu deren Überprüfung nicht aufsuchen.

III. Zinsen:

Das Landgericht hat auf die Forderung der Kläger beantragte Rechtshängigkeitszinsen ohne Erörterung nicht zugesprochen. Dieser Rechtsverstoß führt auch dahingehend zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 §§ 1 Abs. 1 Satz 3; 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB).

[ B ]

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713, 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.

Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Der Streitwert ist nach §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; 3, 4, 5 ZPO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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